Zusammenfassung
Noch vor wenigen Jahrzehnten verstand man eigentlich nichts von dem, was für unser praktisches Leben am wichtigsten ist, nämlich vom Verhalten fester und flüssiger Stoffe. Diese Dinge sind nach der klassischen, nichtquantentheoretischen Physik nicht zu begreifen.
Man muss allerdings zugeben, dass auch die modernste Physik noch nicht richtig versteht, warum Masse und Ladung immer in so sauberen „Quanten“, Teilchen genannt, abgepackt sind. Nimmt man aber die Teilchen, besonders Proton, Elektron und Neutron, als gegeben hin, dann ist die klassische Physik grundsätzlich nicht imstande, daraus irgendetwas Geformtes und Haltbares zu bauen. In einer „klassischen“ Welt gäbe es nicht einmal Atome. Protonen und Elektronen würden sofort ineinander stürzen. Es gäbe auch keine Moleküle, denn auch aus mehreren Kernen und Elektronen könnte man kein stabiles System aufbauen. Da Atome und Moleküle während der beschränkten Zeit ihrer Existenz keine definierten Abmessungen hätten, würden sie auch im Festkörper keine definierten Abstände einhalten. Die Kräfte, die den Festkörper zusammenhalten und seine mechanischen Eigenschaften bedingen, blieben so gut wie völlig im Dunkeln. Die Welt der klassischen Physik wäre formlos. Es gäbe bestenfalls mehr oder weniger dichte Gase. Feste Abstände, Form, Gestalt kommen erst durch die Quantengesetze zustande.
Selbst wenn man der klassischen Physik das Zusatzprinzip einräumt, dass Elektronen von Kernen und Atome untereinander gewisse feste Abstände einhalten und dass gewisse Kraftgesetze zwischen ihnen herrschen, kommen die meisten Eigenschaften der Festkörper immer noch falsch heraus. Man hat z. B. das Verhalten der Metalle schon sehr früh qualitativ dadurch erklärt, dass sie viele freie Elektronen (ungefähr eines pro Atom), eingebettet in ein Grundgitter aus Rumpfionen, enthalten. Wie es diese Elektronen aber fertig bringen, sich so leicht durch das Gitter positiver Ladungen zu schieben, war nicht einzusehen. Ein „klassischer“ Kupferdraht würde nicht besser leiten als Kohle. Außerdem müssten die Elektronen als freie Teilchen etwa ebenso viel zur spezifischen Wärme beitragen wie die Rumpfionen, d. h. man müsste den doppelten Dulong-Petit-Wert messen, was durchaus falsch ist.
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Meschede, D. (2015). Festkörperphysik. In: Gerthsen Physik. Springer-Lehrbuch. Springer Spektrum, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-45977-5_19
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