Um der zuvor dargestellten Bedeutung des Controllings innerhalb und außerhalb des Unternehmens gerecht zu werden und die an das Controlling gestellten Anforderungen zu erfüllen, bedarf es verschiedener Controllinginstrumente, die nachfolgend im Detail beschrieben werden.

Die Nutzung der Controllinginstrumente steht dabei in Abhängigkeit zum Umfang eines Controllingsystems (vgl. Abb. 1.1), d. h., Informationstiefe und Informationsbreite (vgl. Abschn. 1.3) lassen sich hiermit in unterschiedlicher Ausprägung und Güte abbilden (s. Abb. 2.1).

Abb. 2.1
figure 1

Informationstiefe und -breite unterschiedlicher Controllinginstrumente

Wie Abb. 2.1 zeigt, sind aktuelle Unternehmenszahlen sowie daraus abgeleitete Kennzahlen lediglich die (Informations-)Basis für ein Controllingsystem. Erst durch Planwerte bzw. eine Planungsrechnung sowie Abweichungsanalysen erhält ein Controllingsystem ein Mindestmaß an Informationstiefe. Durch ein ausgewogenes Berichtswesens kann dann auch die erforderliche Informationsbreite gewährleistet werden, wobei Excel-basierte Instrumentarien (z. B. in Form einer Balanced Scorecard oder eines Vier-Fenster-Berichtes) in der Regel nur eine beschränkte und somit verhältnismäßig geringe Informationstiefe bieten. Erst ein vollintegriertes Datensystem (Management Informationssystem/MIS) ist in der Lage, den vollen Umfang eines Controllings sowohl in der Breite als auch in der Tiefe abzubilden, und stellt somit das perfekte Instrumentarium dar.

2.1 Aktuelle Unternehmenszahlen

Wie oben dargestellt, können aktuelle Unternehmenszahlen (Ist-Zahlen ) ausschließlich als Informationsbasis dienen. Ohne jegliche Planwerte bzw. eine entsprechende Planungsrechnung und somit ohne die Möglichkeit einer Abweichungsanalyse sind jegliche aktuelle Zahlen sowohl für eine strategische als auch für eine operative Unternehmensführung ungeeignet.

Dies wird so deutlich herausgestellt, da nach wie vor bei einer Vielzahl mittelständischer Unternehmen – insbesondere bei Kleinen Unternehmen und/oder Unternehmen aus dem Handwerk – die Meinung vorherrscht, dass es ausreichend sei, sich einmal im Monat die Unternehmenszahlen „anzuschauen“. Oftmals sind die Zahlen dabei extern vom Steuerberater erstellt und beziehen sich ausschließlich auf die Rentabilität (Gewinn- und Verlustrechnung). Hierdurch lässt sich jedoch bestenfalls eine Aussage darüber treffen, ob das Unternehmen im aktuellen Jahr einen Gewinn oder Verlust erwirtschaftet hat – mehr nicht. Dass dies heutzutage jedoch selbst für ein Kleinstunternehmen und egal in welcher Branche absolut nicht ausreichend ist und weder die Bezeichnung „Controlling“ noch „Unternehmensführung“ verdient, ist bereits erläutert worden (s. Abschn. 1.1, 1.3).

Oftmals liegen als aktuelle Unternehmenszahlen ausschließlich Zahlen aus der Buchhaltung bzw. des externen Steuerberaters vor. Bereits hierbei sind jedoch bestimmte Anforderungen zu berücksichtigen (s. nachfolgend Abschn. 3.4.2 und 4.3.1, und es ist sicherzustellen, dass neben einer monatlichen GuV mindestens auch eine monatliche Bilanz vorliegt, zumal beides bei richtiger Systemeinstellung und ordnungsgemäßer Buchhaltung automatisch von den Buchhaltungssystemen (z. B. Lexware, DATEV oder SAP FI/CO) erzeugt und ausgegeben wird.

Reine Zahlen der Erfolgs- und Bestandskonten sind jedoch als Informationsbasis für ein Controllingsystem nicht ausreichend (vgl. Abb. 1.1). Vielmehr sind diese durch aktuelle Liquiditätszahlen, operative Zahlen, Zahlen zu weichen Faktoren und externe Zahlen/Trends zu ergänzen. Welche Daten innerhalb dieser Rubriken für ein aussagekräftiges und ausgewogenes Controllingsystem und somit für eine fundierte Unternehmensführung benötigt werden, ist im Rahmen der unternehmensindividuellen Konzeption (s. nachfolgend Abschn. 4.2) festzulegen. Tabelle 2.1 bietet ein allgemeines Beispiel und soll verdeutlichen, dass entsprechende für das Controlling benötigte Unternehmenszahlen selbst bei einem Kleinen Unternehmen z. B. vom Sekretariat oder durch Delegation an mehrere zuständige Mitarbeiter erbracht werden können (vgl. nachfolgend Abschn. 3.3).

Table 2.1 Erfassung controllingrelevanter Unternehmenszahlen (Beispiele)

2.2 Kennzahlensysteme/KPI

Zusätzlich zu der Darstellung und Auswertung reiner Unternehmenszahlen bieten Kennzahlen – oder auch Key Performance Indicator (KPI) – ein gutes Instrument, um Zahlen zueinander in Bezug zu setzen und so eine wechselseitige Abhängigkeit auszudrücken bzw. diese für Analysezwecke zu nutzen.

Kennzahlen können je nach Bezugsgröße und Berechnungsmethodik verschiedene Vorteile bieten:

  • Effizienz: Mehrere Werte, die inhaltlich zueinander in Bezug stehen, können gebündelt werden und zu einem oder mehreren anderen Werten in Beziehung gesetzt werden. So werden z. B. bei der Working Cpaital Ratio (WCR) zunächst die einzelnen Positionen des Umlaufvermögens aufsummiert, davon die kurzfristigen Verbindlichkeiten subtrahiert und das Ergebnis dann in Bezug zu einer weiteren Größe wie z. B. Umsatz oder kurzfristiges Umlaufvermögen gestellt.

  • Fokussierung: Durch die zuvor genannte Effizienz ermöglichen Kennzahlen auch eine Fokussierung auf nur einen Wert – unabhängig von den ganzen Werten, die „im Hintergrund stehen“. Trotz einer Vielzahl von Stellgrößen fokussiert sich letztendlich alles auf eine Kennzahl, wie z. B. der Treiberbaum des Du-Pont-Kennzahlensystems (s. nachfolgend Abb. 2.2) sehr gut verdeutlicht.

    Abb. 2.2
    figure 2

    Du-Pont-Kennzahlsystem. (Nach Staehle, W. (1969))

  • Aussagekraft: Die Effizienz und Fokussierung durch die Nutzung einer Kennzahl ermöglicht es, mit der Kennzahl ein Ziel zu formulieren und eine plakative Aussage zu treffen. So drückt z. B. die Kennzahl der Kapitalrendite, Return on Investment (ROI), bereits in ihrer Bezeichnung das eigentliche Ziel aus (d. h. Erzielung einer Rendite auf das eingesetzte Kapital) und ermöglicht als Kennzahl (z. B. 3 %) einen allgemein verständlichen und plakativen Vergleich (z. B. Rendite auf Bankguthaben = 1,5 %).

  • Analysefunktion: Durch die Wahl der Bezugsgröße können Aussagen getroffen werden, deren Bedeutung sich bei bloßer Betrachtung einer der Zahlen nicht erschlossen hätte. So setzt z. B. die Lagerreichweite den Wert des aktuellen Lagerbestandes in das Verhältnis zum Wareneinsatz (bzw. Lagerverbrauchs), rechnet ggf. den resultierenden Monatswert auf Tage um und trifft somit eine – zugegebenermaßen sehr pauschale – Aussage über die Versorgungssicherheit bzw. Lieferbereitschaft in Tagen.

Durch die Nutzung verschiedener Unternehmenszahlen als Bezugsgrößen zueinander lassen sich ganze Kennzahlensysteme entwickeln, wie z. B. das Du-Pont-Kennzahlensystem (s. Abb. 2.2)1, das umfassende Kennzahlen in Bezug auf die Gewinn- und Verlustrechnung sowie die Bilanz bietet.

Vorteile des Du-Pont-Kennzahlensystems sind, dass es eine Ergebnis- und Bilanzanalyse ermöglicht und somit eine Basis für die kaufmännische Unternehmensführung darstellt. Zudem können sämtliche Kennzahlen sehr einfach durch das Rechnungswesen aus der Buchhaltung (Erfolgs- und Bestandskonten) ermittelt werden. Eindeutiger Nachteil diese Kennzahlensystems ist, dass es sich nur auf Finanzkennzahlen fokussiert und somit nach heutiger Auffassung als ausschließliche Informationsquelle bzw. als einziges Steuerungsinstrument für eine ausgewogene und nachhaltige Unternehmenssteuerung nicht ausreichend ist.

Grundsätzlich kann die Kapitalrendite (ROI) jedoch nach wie vor als wesentliche Kennzahl gesehen werden, da sie die finale Messgröße für jedes Unternehmen mit Gewinnerzielungsabsicht darstellt und sich jedes Unternehmen diesbezüglich im Rahmen der Marktwirtschaft daran messen lassen sollte bzw. sich selbst daran messen sollte, um die wirtschaftliche Sinnhaftigkeit der unternehmerischen Aktivität zu überprüfen. Jeder Unternehmer – egal ob Eigentümer einer Einpersonengesellschaft oder Gesellschafter eines Großunternehmens – sollte anhand der Kapitalrendite beurteilen, ob die durchschnittlich bzw. nachhaltig zu erzielende Rendite aus seiner unternehmerischen Aktivität profitabler ist als andere Anlageformen seines Kapitals (z. B einer festverzinslichen Anleihe mit 3,5 % Rendite).

Die Kapitalrendite sollte daher in jedem Controllingsystem als Basiskennzahl Beachtung finden und insbesondere im Rahmen einer langfristigen bzw. dauerhaften Zielsetzung genutzt werden. Auf dem Weg dahin sind jedoch eine Vielzahl anderer Kennzahlen für die strategische Unternehmensführung und das operative Tagesgeschäft von Bedeutung, sodass Kennzahlen insgesamt als wichtiges Instrument des Controllingsystems genutzt werden sollten. Im nachfolgenden Abschn. 4.2 werden hierzu verschiedene Basiskennzahlen, Detailkennzahlen und unternehmensspezifische Kennzahlen vorgeschlagen.

2.3 Planzahlen (Soll- oder Zielwerte)

Neben dem Bestehen aktueller Geschäftszahlen (Ist-Zahlen) als Informationsbasis ist die Festlegung von Soll- oder Zielwerten (Planzahlen ) das wichtigste Instrument des Controllings und die Basis eines jeden Controllingsystems. Ohne Planzahlen als Referenzgröße kann keine Abweichungsanalyse hinsichtlich der erwarteten Geschäftsentwicklung und somit auch keine Erfolgsbewertung vorgenommen werden. Zu allen Inhaltsbereichen eines Controllingsystems (strategisch, operativ, weich und externe Trends; vgl. Abb. 1.1) sollten daher zwei Datenarten bestehen: Ist und Plan.

2.3.1 Ausprägungsmöglichkeiten

Planzahlen können auf unterschiedliche Weise ermittelt, festgelegt und aktualisiert werden:

  • Planungsrechnung : In der Regel jährliche Ermittlung von Planzahlen für das nächste Geschäftsjahr sowie im Rahmen einer Mehrjahresplanung für weitere zwei bis fünf Jahre. Als Planungsbasis dienen häufig die aktuellen Geschäftszahlen des vergangenen Jahres, die entsprechend der operativen Geschäftserwartung (bottom-up, siehe nachfolgend Abschn. 2.3.2) und der strategischen Zielsetzung (top-down, Abschn. 2.3.2) angepasst werden.

  • Hochrechnung : Mathematische Ermittlung von Planzahlen für das gesamte Geschäftsjahr auf Basis aktueller Geschäftszahlen (Bsp. auf Basis aktueller Geschäftszahlen per Ende März eines Jahres: kumulierter Ist-Wert = 3.000 = Hochrechnung Gesamtjahr = 3.000/ 3 Monate × 12 Monate = 12.000). Auf eine inhaltliche Bewertung des Restjahresverlaufes im Sinne einer Geschäftserwartung oder Zielsetzung wird hierbei bewusst verzichtet, um eine neutrale mathematische Vergleichsgröße zu erhalten.

  • Forecast : In der Regel unterjährige Aktualisierung der Planung durch Verwendung der aktuellen Geschäftszahlen innerhalb des Planungsjahres (Bsp.: Ist-Zahlen bis Ende März) und Aktualisierung der Planzahlen für die Restmonate des Jahres. Die ursprüngliche Planung wird dadurch um die seit der Planerstellung hinzugekommenen Erkenntnisse zur Geschäftserwartung und strategischen Zielsetzung im laufenden Jahr aktualisiert.

  • Rollierende Planung : Eine monatlich/wöchentlich rollierende Planung entspricht im Prinzip einem monatlichen/wöchentlichen Forecasting, an das jeweils eine weitere Planungsperiode (Monate/Woche) angehängt wird. Die Planung löst sich somit von einem statischen Planungszeitraum (z. B. ein Geschäftsjahr) und wird für die Gesamtzahl der Planungsperioden (z. B. 12 Monate oder 52 Wochen) anhand der aktuellen Erkenntnisse zur Geschäftserwartung und strategischen Zielsetzung periodisch (z. B. jeden Monat oder jede Woche) und vollständig überarbeitet.

Entscheidend für die Wahl der Methodik und des Aktualisierungszeitraums der Planzahlen sind die Möglichkeiten eines Unternehmens, d. h. dessen verfügbare personelle und systemseitige Ressourcen (vgl. Abschn. 1.3.1), sowie die Notwendigkeit einer häufigen Aktualisierung, z. B. bei einer insgesamt gestiegenen Bedeutung des Controllings und der Planungsrechnung in einer besonderen Unternehmenssituation (vgl. Abschn. 1.3.3).

2.3.2 Anforderungen

Die Anforderungen an Planzahlen (dies schließt alle o. g. Ausprägungsmöglichkeiten ein) decken sich weitgehend mit den grundsätzlichen Anforderungen an das Controlling (vgl. Abschn. 1.2) bezüglich Verfügbarkeit, Transparenz und Genauigkeit, Zukunftsorientierung und Detaillierung. Die konkrete Bedeutung im Kontext der Erstellung und Nutzung von Planzahlen wird nachfolgend dargestellt.

Verfügbarkeit

Planzahlen können nur verlässlich festgelegt werden, wenn sie auf Basis bestehender Informationen (z. B. Ist-Zahlen) ermittelt werden können. Dies bedeutet, dass sich die Erstellung der Planzahlen sowie deren Detaillierung an den vorhandenen Datenstrukturen (z. B. Kontenplan) ausrichten sollten. Nur dies ermöglicht die Verfügbarkeit regelmäßiger Aktualisierungen der Planzahlen (Hochrechnungen, Forecasts etc.) sowie problemlose Abweichungsanalysen gegenüber Ist-Zahlen, Vergangenheitszahlen etc.

Transparenz

Sämtliche Annahmen, die zur Ermittlung der Planzahlen getätigt werden, sollten ausführlich und verständlich dokumentiert werden, damit sie nach geraumer Zeit selbst noch nachvollzogen werden können und zudem Dritten zur Verfügung gestellt werden können. Für eigene Zwecke genügt es ggf., entsprechende Kommentare in Excel einzufügen oder Anmerkungen am Rand zu tätigen. Für Dritte sollten die Annahmen hingegen in Text- oder Präsentationsform als „Erläuterungen zur Planung“ notiert werden. Sämtliche Nebenrechnungen (z. B. zur Berechnung der Personalkosten und Tantiemen) sollten – sofern die Planung in Excel erfolgt – möglichst als separate Tabellenblätter in die Planungsdatei eingebunden werden.

Genauigkeit

Genauigkeit mag im Zusammenhang mit der Ermittlung von Planzahlen auch im Sinne von Verlässlichkeit verstanden werden. Nur genau ermittelte Planzahlen ermöglichen eine verlässliche Planung nach bestem Wissen, die als Referenzgröße für die Abweichungsanalyse eine wertvolle Quelle zur Analyse der Geschäftsentwicklung ist. Wesentliche Voraussetzung für eine Verlässlichkeit auf die Planung ist dabei eine eher konservative denn optimistische Herangehensweise bei der Festlegung der Planzahlen. Dies kann in der Regel dadurch garantiert werden, dass den strategischen Zielsetzungen des Managements (top-down, also „von oben herab“, d. h. ohne operative Detailkenntnisse) die konkrete operative Geschäftserwartung der Verantwortungsträger (bottom-up, also „von unten nach oben“, d. h. im Tagesgeschäft von Einzelpersonen erreichbare Ziele) gegenübergestellt wird. Häufig werden Planzahlen daher zunächst bottom-up ermittelt, z. B. Vertriebsplanzahlen durch die einzelnen Außendienstmitarbeiter (bzw. Key Account Manager) und Kosten durch die entsprechenden Kostenstellenverantwortlichen, und anschließend in Abwägung mit den strategischen Unternehmenszielen top-down vom Management mit ggf. gesteigerten Zielen versehen. Wichtig hierbei ist, dass die Diskrepanz zwischen bottom-up ermittelten Planzahlen und top-down festgelegten Planzahlen nicht zu groß ist, da die Planung hierdurch erstens an Realitätsbezug – und somit Verlässlichkeit – verliert und zweitens nicht als Zielsetzung für die jeweiligen Verantwortungsträger im Tagesgeschäft (Mitarbeiter) genutzt werden kann (bzw. nur gegen Widerstand der Mitarbeiter und somit mit fehlender Akzeptanz und Motivationskraft). Sofern eine Diskrepanz jedoch nicht vermieden werden kann, sollten unterschiedliche Szenarien gebildet werden, z. B. im Sinne der klassischen Szenarien einer schlechten (Worst Case), realistischen (Real Case) und positiven (Best Case) Geschäftserwartung. Wichtig ist jedoch, dass schlussendlich nur eines der Szenarien als das Planungsszenarium und somit als Referenzgröße für sämtliche Abweichungsanalysen ausgewählt werden sollte. Die anderen Szenarien (z. B. Best Case) können allenfalls punktuell für besondere Vergleichszwecke genutzt werden (z. B. als externe Planungsversion für Banken, Ratingagenturen etc).

Zukunftsorientierung

Planzahlen sollten grundsätzlich nicht nur die konkret absehbaren Entwicklungen in den nächsten Wochen oder Monaten abbilden, sondern eine mittel- und langfristige Zukunftserwartung widerspiegeln. Die Ermittlung von mittel- und langfristigen Planzahlen mag oftmals einem „Blick in die Kristallkugel“ gleichen, was jedoch unerheblich ist, da der Anspruch an eine Planungsrechnung ausschließlich die Abbildung der Geschäftserwartungen und strategischen Zielsetzungen nach bestem Wissen zum Zeitpunkt der Planung ist. Nur durch eine entsprechende Zukunftsorientierung können strategische Unternehmensziele für die nächsten Jahre festgelegt werden und zur Zielerreichung notwendige mittel- und langfristige Geschäftsentscheidungen getroffen werden.

Detaillierung

Nur möglichst detaillierte Planzahlen ermöglichen auch eine detaillierte Abweichungsanalyse und somit Erkenntnisse für das Controlling und die Unternehmensführung. Daher sollte möglichst zu jeder verfügbaren und für das Controlling relevanten aktuellen Geschäftszahl (Ist-Zahlen) eine korrespondierende Planzahl ermittelt und festgelegt werden. In Bezug auf die Planungsrechnung bezüglich Rentabilität und Bilanz bedeutet dies, dass eine Planung möglichst auf Konten- und Kostenstellenebene erfolgen sollte. Auf diese Weise können Kostenabweichungen im Detail nachvollzogen und ihre Ursachen hinterfragt werden. Zudem ermöglicht ein entsprechend hoher Detaillierungsgrad, dass Planzahlen (z. B. Reparaturen und Instandhaltung Maschine XY) auch als vom einzelnen Mitarbeiter beeinflussbare Zielgröße für Zielvereinbarungen (s. OKR, Abschn. 4.2.3) genutzt werden können.

2.3.3 Beispiel Rentabilität

Für die Ermittlung der Planzahlen zur Rentabilität sollte eine möglichst breite Datenbasis als Ausgangslage genutzt werden, damit diese so genau (bzw. verlässlich) wie möglich festgelegt werden können (vgl. Genauigkeit, Abschn. 2.3.2). In Bezug auf die Erstellung einer Rentabilitätsplanung bedeutet dies, dass möglichst viele Vergangenheitswerte als Datenbasis genutzt werden sollten, um auf ein bestehendes Erlös-/Kostenniveau bzw. eine Entwicklung der Erlöse/Kosten schließen zu können. Dies kann durch die Darstellung der absoluten und relativen Abweichung der jeweiligen Planzahl zu den Vorjahren zusätzlich unterstützt werden (s. Abb. 2.3). Zudem kann durch die Darstellung des prozentualen Anteils des Monatsplanwertes am Gesamtjahresplanwert die unterjährige Aufteilung der geplanten Erlöse/Kosten verdeutlicht und hierdurch Saison- oder Sondereffekte auf einfache Weise erkannt werden. Eine entsprechend umfangreiche Datenbasis zur Ermittlung der Planzahlen kann in MS Excel dann ggf. durch Gruppierung (s. MS Excel: „Daten“/„Gruppieren“) ein- oder ausgeblendet und somit die Planungsrechnung mit oder ohne die detaillierten Planungsgrundlagen dargestellt werden (s. Abb. 2.3).

Abb. 2.3
figure 3

Beispiel einer Rentabilitätsplanung für ein kleines Handwerksunternehmen (Auszug)

Des Weiteren empfiehlt es sich, die Rentabilitätsplanung auf der in der Buchhaltung verwendeten Kontenstruktur aufzubauen, damit später aktuelle Geschäftszahlen in der gleichen Struktur vorliegen und eine Abweichungsanalyse ohne aufwendige Anpassungen bzw. Zuordnung oder Aufteilung von Planwerten zu Ist-Werten verfügbar ist (vgl. Verfügbarkeit, Abschn. 2.3.2). Zusätzlich zur Kontenstruktur sollte die Rentabilitätsplanung ggf. auch auf einzelne Kostenstellen (oder andere Abgrenzungsmerkmale) heruntergebrochen werden, sofern Zielwerte oder -vorgaben hierfür für Abweichungsanalysen im Unternehmen benötigt werden (z. B. für das operative Controlling oder die Personalführung) (vgl. Detaillierung, Abschn. 2.3.2).

Abbildung 2.3 stellt als Beispiel einen Auszug der Planungsrechnung für einzelne Konten der Betrieblichen Aufwendungen (Kontenklasse 4) des Standardkontenrahmens 03 (SKR03) dar. Das Beispiel illustriert die folgenden Planungsannahmen:

  • Übernahme Vorjahresniveau: Teilweise, wie z. B. bei den Mietkosten, kann aufgrund von langfristigen Verträgen eine hohe Planungssicherheit bestehen, und die Erlöse oder Kosten können ggf. unverändert gegenüber dem Vorjahresniveau (bzw. angepasst um vertraglich fest vereinbarte Änderungen) eingeplant werden.

  • Saisonalisierung: Bei der Planung gewisser Erlöse oder Kosten müssen Saisoneffekte berücksichtigt werden, wie z. B. die Verursachung von Heizaufwand ausschließlich in den Wintermonaten oder der Anstieg der Kfz-Betriebskosten in den beispielsweise im Handwerk leistungsstarken Monaten von April bis Oktober.

  • Sondereffekte: Zusätzlich zu Saisoneffekten können auch Sondereffekt bestehen, die einen Anstieg oder eine Reduzierung von Erlös- oder Kostenpositionen in einzelnen Monaten und/oder des Vorjahresniveaus begründen können. Im Beispiel laut Abb. 2.3 wurde z. B. bei den Werbekosten unterstellt, dass das Unternehmen vor der Saison und zum Ende der Saison (April bis Oktober; siehe oben) verstärkt Werbung betreibt, um die Saison zu verlängern, und im Dezember Weihnachtsgrüße an alle Kunden verschickt, was auch eine Kostenauswirkung auf Porto und Bürobedarf hat.

  • Konstante Erlöse/Kosten: Sämtliche Erlös- oder Kostenpositionen, deren Verursachung/Nutzung gleichmäßig über das gesamte Jahr erfolgt (z. B. Gas/Strom/Wasser, Kfz-Versicherungen, Rechts- und Beratungskosten, Abschluss- und Prüfungskosten), sollten in der Planung unbedingt gleichmäßig über das Jahr verteilt werden. So mögen z. B. Versicherungsbeiträge zwar jedes Jahr im Januar als Jahresbeitrag fällig werden, d. h., die Zahlung ist aus Liquiditätssicht in diesem Monat zu berücksichtigen, aber da der Versicherungsschutz vom Unternehmen im gesamten Jahr genutzt wird, sind die Beiträge aus Rentabilitätssicht gelichmäßig über das gesamte Jahr zu verteilen. Um spätere Abweichungen in der Abweichungsanalyse zu vermeiden, muss die Rentabilität natürlich auch in der Buchhaltung periodengerecht dargestellt werden (s. Abschn. 3.4.2), d. h., entsprechende Rechnungen müssen unterjährig abgegrenzt werden (s. nachfolgend Abschn. 4.3.1 und Tab. 4.11).

Wie in Abschn. 2.3.2 dargestellt (vgl. Transparenz), sollten die Planungsannahmen unbedingt schriftlich festgehalten werden, um deren Nachvollziehbarkeit zu gewährleisten.

Die in der Abb. 2.3 dargestellte Rentabilitätsplanung für das Jahr 2013 sollte um mittel- und langfristige Planwerte für die Folgejahre 2014 und 2015 ergänzt werden, um die strategischen Unternehmensziele für die nächsten Jahre abzubilden (vgl. Zukunftsorientierung, Abschn. 2.3.2).

2.3.4 Beispiel Liquidität

Entgegen der Rentabilitätsplanung wird für die Liquiditätsplanung nicht unbedingt eine breite Datenbasis benötigt, da die zukünftigen Einzahlungen und Auszahlungen in der Regel nicht von Vergangenheitswerten abgeleitet werden können. Für die Liquiditätsplanung ist vielmehr der aktuelle Stand der Offenen Posten (OPOS) entscheidend, anhand dessen auf der Ebene der einzelnen Positionen überlegt werden sollte, welche Ein- und Auszahlungen in den nächsten Wochen zu erwarten sind (s. Tab. 2.2).

Table 2.2 Detailplanung Ein- und Auszahlungen (Beispiel)

Die Detailplanung der Ein- und Auszahlungen auf Basis der OPOS-Liste entsprechend Tab. 2.2 kann dann in die Liquiditätsplanung einfließen (s. Abb. 2.4) und um Zukunftswerte (d. h. zu erwartende Rechnungen/Zahlungen in den nächsten Wochen) ergänzt werden. Die Liquiditätsplanung sollte dabei nicht zu tief gegliedert sein, sondern sich vielmehr auf die wesentlichen Zahlungspositionen beschränken (s. Abb. 2.4).

Abb. 2.4
figure 4

Beispiel einer Liquiditätsplanung

2.4 Abweichungsanalyse

Jede Zahl entwickelt nur dann eine Aussagekraft, wenn sie in Bezug auf eine Referenzgröße bewertet werden kann. Erst durch den Vergleich zu einer Referenzgröße lässt sich eine Zahl, die per se nur eine mathematische Größe darstellt, inhaltlich bewerten und erfolgsorientiert interpretieren. Der Vergleich ist demzufolge die Erfolgsbemessungsgrundlage und die aus dem Vergleich resultierende Abweichung der Erfolgsindikator. Darüber hinaus ermöglicht eine Analyse der Abweichung, d. h. die Erforschung der Ursache und somit die Entwicklung von Gegenmaßnahmen zur zukünftigen Reduzierung/Vermeidung der Abweichung, wertvolle Erkenntnisse für operative und strategische Entscheidungen zur erfolgreichen Unternehmensentwicklung.

Die Abweichungsanalyse stellt daher ein Kerninstrument des Controllings dar, dessen Aufgabe es ist,

  • den Erfolg aktueller Geschäftszahlen zu bewerten,

  • Gründe für Abweichungen zu analysieren,

  • geeignete Gegenmaßnahmen zu entwickeln

und somit eine Basis für Geschäftsentscheidungen darzustellen.

2.4.1 Ausprägungsmöglichkeiten

Entsprechend der großen Bedeutung von Abweichungsanalysen für das Controlling lassen sich diese an unterschiedlichen Stellen und in verschiedener Ausprägung im Unternehmen einsetzen. Die Abweichungsanalyse lässt sich hinsichtlich der Ermittlung, Darstellung und Analyse der Abweichungen variieren.

Ermittlung der Abweichung

Zu einer Zahl können je nach Bezugsgröße unterschiedliche Abweichungen ermittelt werden. Die Bezugs- und somit Vergleichsgröße kann in der Vergangenheit, der Gegenwart oder der Zukunft liegen:

  • Historische Abweichungsanalyse: Darstellung einer Entwicklung gegenüber der Vergangenheit durch Vergleich aktueller Zahlen (Ist-Zahlen) zu aussagekräftigen Werten der Vergangenheit, wie z. B. dem entsprechenden Wert des Vormonats, des Vorjahresmonats oder dem rollierenden 12-Monats-Durchschnitt.

  • Aktuelle Abweichungsanalyse: Bewertung der aktuellen Zahlen (Ist-Zahlen) durch Vergleich zur internen Erwartungshaltung, z. B. gegenüber Hochrechnung aus dem Vormonat, Planungsrechnung oder Forecast, oder externer Vergleichsgrößen, wie z. B. aktuelle Branchendurchschnitte oder –indikatoren.

  • Prognostische Abweichungsanalyse: Überprüfung der weiteren Zukunftserwartung durch Vergleich der ursprünglichen Planungsrechnung (Plan) zu unterschiedlichen, auf Basis der aktuellen Geschäftszahlen aktualisierten, Planzahlen (z. B. Hochrechnung oder Forecast) oder verschiedener Zukunftsszenarien (z. B. Real Case zu Worst Case).

Darstellung der Abweichung

Die aus der Gegenüberstellung mit einer Referenzgröße resultierenden Abweichungen lassen sich auf verschiedene Weise darstellen:

  • Absolute Werte: Die Darstellung der Abweichung als absoluter Wert (z. B. Euro) ermöglicht eine genaue wertmäßige Erfolgsbewertung.

  • Relative Werte: Die relative Abweichung gegenüber der Bezugsgröße (Prozent) drückt eine Verhältnismäßigkeit aus und ermöglicht, die Bedeutung der Abweichung zu bewerten.

  • Indikatoren/Farben: Indikatoren (z. B. steigende, gerade oder sinkende Richtungspfeile/Ampelfarben) stellen eine eindeutige, kategorisierte, visuelle Bewertung dar. Eine Sonderform hiervon ist die Darstellung des Wertes auf einer Skala (z. B. Tachometer mit Ampelfarben), die eine dynamischere Zuordnung zu Bewertungskategorien ermöglicht (z. B. gelber/hellroter Bereich = geringe negative Abweichung) und somit die Abweichung bzw. den Erfolg des dargestellten Wertes detailliert visualisiert.

Analyse der Abweichung

Die Analyse der Abweichung ist von entscheidender Bedeutung, um erstens die weitere Entwicklung prognostizieren zu können und zweitens ggf. notwendige Gegenmaßnahmen ergreifen zu können. Die Analyse kann dabei u. a. kaufmännisch durch die Auswertung zugrunde liegender Detailzahlen (z. B. Kostenstellen, Buchungskonten oder Buchungssätze), produktions-/leistungsbezogen durch die Analyse von Rahmendbedingungen der Leistungserbringung (z. B. Produktmix, Mitarbeiter/Schichtbesetzung), technisch durch die Überprüfung von Maschineneinstellungen (z. B. Temperaturführung, Werkzeugeinsatz) oder mathematisch durch statistische Analyse- oder Prognoseverfahren (z. B. Varianzanalyse, Lückenanalyse/Gap-Analyse) erfolgen.

2.4.2 Anforderungen

Von den grundsätzlichen Anforderungen an das Controlling (vgl. Abschn. 1.2) sind in Bezug auf Abweichungsanalysen insbesondere die Anforderungen bezüglich Genauigkeit, Detaillierung und Visualisierung zu beachten, deren konkrete Bedeutung in diesem Kontext nachfolgend dargestellt wird.

Genauigkeit

Genauigkeit ist im Zusammenhang mit der Analyse von Abweichungen insbesondere hinsichtlich der Vergleichbarkeit zur Bezugsgröße zu verstehen. Jede dargestellte Abweichung kann nur dann eine richtige Aussage bzw. Schlussfolgerung implizieren, wenn die Abweichung gegenüber einer inhaltlich vergleichbaren Bezugsgröße besteht. So sind z. B. bei einem historischen Vergleich gegenüber dem Vormonat oftmals saisonale Effekte zu beachten, die die Aussagekraft des Vergleichs verfälschen. So mag z. B. ein rein mathematischer Vergleich des Monatsumsatzes der Monate November und Dezember allein deshalb schon unzulässig sein, da häufig aufgrund von Betriebsferien rund um die Weihnachtsfeiertage deutlich weniger Arbeitstage im Dezember (z. B. 15 Tage) als im November (z. B. 20 Tage) bestehen. In diesem Fall mag daher die Auswahl des Vorjahresmonates oder eines rollierenden Durchschnitts als Bezugsgröße aussagekräftiger sein.

Möglich ist jedoch auch, dass die Bezugsgröße zunächst bereinigt werden muss, d. h., für die zu vergleichenden Zahlen sind sämtliche Einflussgrößen zu berücksichtigen und so anzupassen, dass eine Vergleichbarkeit gewährleistet wird. Dies ist z. B. der Fall bei Währungskurseffekten: Sofern die rein operativen Effekte betrachtet werden sollen, muss bei einem historischen Vergleich (z. B. aktueller Monat gegenüber Vorjahresmonat) eines auf einer Fremdwährung basierenden Wertes (z. B. Darstellung in Euro, aber Wertentstehung in Britischem Pfund) die Bezugsgröße um die Währungskurseffekte bereinigt werden, d. h., die Bezugsgröße ist mit dem gleichen Wechselkurs umzurechnen wie der aktuelle Wert.

Detaillierung

Eine Detaillierung kann bei Abweichungsanalysen dadurch entstehen, dass Abweichungen mehrfach auf unterschiedliche Weise dargestellt werden, z. B. als absolute Abweichung (z. B. Euro) und relative Abweichung (z. B. Prozent) oder als Indikatorpfeil (z. B. steigende, gerade oder sinkende Richtungspfeile). Dies ermöglicht, den Betrachtungsschwerpunkt – und die damit verbundenen Stärken und Schwächen der Darstellungsform – zu kombinieren und dem Betrachter die jeweils für ihn relevante Bewertung zu ermöglichen:

  • Absolute Abweichungen legen den Betrachtungsschwerpunkt auf den Abweichungswert selbst. Die Schwäche dieser Darstellungsform besteht darin, dass der Betrachter keine Information darüber erhält, ob die dargestellte Abweichung in Relation zur Bezugsgröße eine große oder geringe Abweichung darstellt und somit ggf. Handlungsbedarf besteht. Die Stärke besteht darin, dass die tatsächliche Größe der Abweichung dargestellt wird und der Betrachter diese selbst subjektiv einordnen kann (Bsp.: „Sind 1.000 € viel oder wenig?“).

  • Relative Abweichungen rücken die Relation der Abweichung zur Bezugsgröße in den Vordergrund und ermöglichen hierdurch häufig eine einfache Bewertung der Relevanz. Die (Betrachtungs-)Schwäche liegt dabei logischerweise in der Relativität selbst, da die Relevanz lediglich in Bezug auf die Vergleichsgröße dargestellt wird und somit keine Aussage über die (absolute) Wertigkeit im Rahmen der Gesamtbetrachtung darstellt: 1.000 € Abweichung können je nach Bezugsgröße z. B. 1 % oder z. B. 500 % darstellen – der Beitrag zur Gesamtabweichung bleibt jedoch immer der gleiche (= 1.000 €).

  • Indikatoren im Sinne von Richtungspfeilen legen den Betrachtungsschwerpunkt auf die Bewertung der Abweichung und bieten somit den Vorteil, dass eine Einordnung der Entwicklung, bzw. Abweichung auf einen Blick möglich ist. Nachteilig ist hierbei, dass dem Betrachter keinerlei Informationen zur Verfügung gestellt werden, die ihm eine eigene Bewertung ermöglichen. Aus diesem Grund werden Indikatoren häufig mit den anderen Darstellungsformen (absolute oder relative Werte) z. B. durch Färbung der Werte in Ampelfarben kombiniert und somit sowohl eine inhaltliche Information als auch eine vorgegebene Bewertung realisiert.

Aufgrund der dargestellten Stärken und Schwächen der Darstellungsformen sollten Abweichungsanalysen daher in der Regel mindestens zwei Darstellungsformen kombinieren.

Visualisierung

Visualisierung bedeutet im Hinblick auf Abweichungsanalysen vor allem Übersichtlichkeit. Insbesondere bei der Kombination mehrerer Darstellungsformen der Abweichungen (siehe oben) ist eine klare Gliederung unbedingt erforderlich, d. h., die unterschiedlichen Darstellungsformen sollten in logischer Gruppierung und deutlich voneinander getrennt dargestellt werden (z. B. in Spalten). Aus der Gliederung sollte zudem eindeutig ersichtlich sein, gegenüber welcher Bezugsgröße die Abweichung dargestellt wird. Nur hierdurch kann gewährleistet werden, dass der Betrachter nicht den Überblick verliert und die einzelnen Abweichungen analysieren kann.

2.4.3 Beispiel

Bei einer Abweichungsanalyse zu strategischen Zahlen, z. B. bezüglich der Rentabilität (Gewinn- und Verlustrechnung), bietet es sich an, die aktuellen Geschäftszahlen gegenüber dem Vorjahr (d. h. historisch) und der Planung (d. h. aktuell) zu vergleichen, um die aktuelle Geschäftsentwicklung analysieren und einordnen zu können. Eine klassische Darstellungsweise ist dabei die Gliederung der Datenarten Vorjahr, Plan, Ist in Spalten nebeneinander. Diese können dann um eine historische (gegenüber Vorjahr) und aktuelle (gegenüber Plan) Abweichungsanalyse in den darauf folgenden Spalten ergänzt werden. Es empfiehlt sich, die Abweichungen dabei sowohl absolut als auch relativ darzustellen, um die o. g. Stärken und Schwächen der Darstellungsweisen (vgl. Abschn. 2.4.2) zu kombinieren und somit dem Betrachter immer mindestens eine aussagekräftige Abweichungsdarstellung anzubieten.

Abbildung 2.5 stellt ein entsprechendes Beispiel sowohl für Monatszahlen (Geschäftszahlen des aktuellen Monats) als auch für kumulierte Zahlen (Geschäftszahlen des Jahres bis zum aktuellen Monat) dar. Das Beispiel zeigt, dass

Abb. 2.5
figure 5

Beispiel einer Abweichungsanalyse für ein großes Handelsunternehmen

  • die absoluten Abweichungen in Bezug auf den Umsatz (z. B. − 50.000 €) eine eher geringe Aussagekraft haben und diesbezüglich die prozentuale Abweichung (z. B. − 6,3 %) die maßgebliche Abweichungsgröße (z. B. gegenüber Plan) darstellt;

  • die relative Abweichung in Bezug auf die sonstigen betrieblichen Erträge (z. B. + 100 %) eine eher irritierende Aussagekraft hat und diesbezüglich eher die absolute Abweichung (+ 500 €) eine einzuordnende Abweichung darstellt.

Eine Kombination der beiden Darstellungsformen ist daher insbesondere bei dem Beispiel lt. Abbildung 2.5 sinnvoll. Die Darstellung könnte weiter optimiert werden durch die Färbung der Abweichungen in Ampelfarben: grüne Schriftfarbe für inhaltlich positive Abweichungen (d. h. positive Werte bei Umsatz-/Ertragspositionen und negative Werte bei Kosten-/Aufwandspositionen) und rote Schriftfarbe für inhaltlich negative Abweichungen (d. h. negative Werte bei Umsatz-/Ertragspositionen und positive Werte bei Kosten-/Aufwandspositionen) bzw. ggf. orange Schriftfarbe als Zwischenschritt für geringe inhaltlich negative Abweichungen (z. B. unter 5 % oder unter 1.000 €).

2.5 Balanced Scorecard

Nachdem die vorangegangenen Abschnitte die allgemeinen Instrumente des Controllings zur Ermittlung und Nutzung unterschiedlicher Datenarten (Ist, Plan und Abweichungen) dargestellt haben – und somit hauptsächlich die Tiefe der Information und des Controllingsystems bestimmt ist (vgl. Abb. 1.1) –, ist die Balanced Scorecard (BSC) ein Instrument des Berichtswesens, das unterschiedliche Inhaltsbereiche (strategische Informationen, operative Informationen, weiche Faktoren, externe Trends) abbilden kann – und somit die Breite der Information und des Controllingsystems ermöglicht.

Die Balanced Scorecard ist, wie die englische Bezeichnung bereits ausdrückt, ein Berichtsbogen („card“) zur Abbildung ausgewogener Unternehmensinformationen („balanced“) mit klaren Zielvorgaben („score“) und stellt somit ein mögliches Instrument für die strategische und/oder operative Unternehmensführung dar (vgl. Abschn. 1.1).

2.5.1 Aufbau und Ausprägung im Unternehmen

Der Begriff Balanced Scorecard wird heute häufig als Synonym für Berichtsbögen oder Anzeigentafeln (Dashboard) verwendet, die visuell (und hoffentlich auch inhaltlich) möglichst ausgewogene Informationen darstellen. Klassisch stellt die Balanced Scorecard jedoch nach Kaplan und Norton (1997) Ziele, Kennzahlen, Vorgaben und Maßnahmen für vier klar bezeichnete und definierte Perspektiven dar (s. Abb. 2.6):Footnote 1 Finanzielle Perspektive : Stellt die strategischen Informationen hinsichtlich Rentabilität, Unternehmenswert (Bilanz) und Finanzkraft (Liquidität) dar.

Abb. 2.6
figure 6

Die vier Perspektiven der Balanced Scorecard nach Kaplan/Norton (1997). (Kaplan, Norton, 1997, S. VII)

  1. 1.

    Kundenperspektive : Ergänzt die unternehmensbezogene Betrachtung durch eine Betrachtung von außen aus Sicht des Kunden und dessen Wahrnehmung bzw. Bewertung des Unternehmens.

  2. 2.

    Interne Prozessperspektive : Bildet die operativen Informationen hinsichtlich der Produktivität und Leistungserbringung des Unternehmens ab.

  3. 3.

    Lern- und Wachstumsperspektive : Richtet den Blick auf quantifizierbare und nicht quantifizierbare weiche Faktoren in der Organisation.

Die Perspektiven der Balanced Scorecard bilden somit die gesamte Breite der Information ab (vgl. Abb. 1.1).

Die unternehmensspezifische Anpassung der Inhalte der o. g. Perspektiven, d. h. die Ausprägung der Ziele, Kennzahlen, Vorgaben und Maßnahmen je Perspektive, entsprechend der spezifischen Unternehmensbedürfnisse ist die wichtigste Voraussetzung zur Nutzung einer Balance Scorecard im Rahmen eines Controllingsystems. Tabelle 2.3 zeigt hierfür Beispiele für unterschiedliche Branchen.

Table 2.3 Perspektiven der Balanced Scorecard für verschiedene Branchen (Beispiele)

Die unternehmensspezifische Ausprägung der einzelnen Perspektiven kann auch unter Einbindung der Mitarbeiter, Kunden und Lieferanten erfolgen, um den Kerngedanken der Balanced Scorecard hinsichtlich einer möglichst ausgewogenen Informationsdarstellung zu erfüllen.

Neben der Ausgewogenheit („balance“) durch die Betrachtung des Unternehmens aus mehreren Perspektiven ist die Komplexitätsreduktion durch eine klar gegliederte Übersicht der erreichten Ergebnisse und der eindeutigen Bewertung des Erfolges – entsprechend einer sog. Scorekarte („scorecard“) im Golfsport – der wesentliche Anspruch des Konzeptes der Balanced Scorecard. Der konsequenten Auswahl bzw. Reduzierung auf wenige, den Unternehmenserfolg bestimmende Ziele, deren Quantifizierung durch Zahlen und/oder Kennzahlen sowie der visuellen Erfolgsbewertung durch Indikatoren (vgl. Darstellung der Abweichung Abschn. 2.4.1) kommt daher eine große Bedeutung zu. Typischerweise, wie auch beispielhaft in Tab. 2.3 dargestellt, sollte eine Balanced Scorecard nur zwei Ziele je Perspektive bzw. insgesamt maximal 20 Ziele enthalten.

2.5.2 Beispiel

Eine Balanced Scorecard kann z. B. mit MS Excel konzipiert und somit recht einfach in das Berichtswesen eingebunden werden. Die unternehmensspezifischen Ziele jeder der vier Perspektiven sollten kurz beschrieben werden und mit einer Gewichtung entsprechend dem geschätzten Beitrag zum Unternehmenserfolg versehen werden. Je Ziel sollten dann die Werte oder Kennzahlen im Jahresverlauf dargestellt und deren Abweichung gegenüber den Zielvorgaben (Planzahlen) durch Indikatoren (z. B. Ampelfarben) gekennzeichnet werden. Teil des Konzeptes der Balanced Scorecard ist es, anschließend zu jedem Ziel und jeder Abweichung eine Maßnahme festzulegen und zu dokumentieren.

Abbildung 2.7 stellt ein Beispiel für eine solche Balanced Scorecard auf Basis von MS Excel dar. Das Beispiel illustriert den charakteristischen Aufbau der Balance Scorecard und die Ausprägung für das Unternehmen in folgender Weise:

Abb. 2.7
figure 7

Beispiel einer Balanced Scorecard für ein mittelgroßes Industrieunternehmen

  • Perspektiven und Ziele: Zu jeder der vier klassischen Perspektiven sind je maximal fünf unternehmensspezifische Ziele definiert und in Form einer konkreten Zielvorstellung formuliert worden.

  • Kennzahlen und Vorgaben: Um den Unternehmenserfolg im Hinblick auf die definierten Ziele zu bemessen, ist zu jedem Ziel eine quantifizierbare Größe (Werte oder Kennzahlen) definiert und eine Planzahl als (Ziel-)Vorgabe festgelegt worden. Die Abweichungen gegenüber der Vorgabe werden durch farbliche Indikatoren (Ampelfarben) visualisiert. Idealerweise lässt sich die Anzeige der Werte und Kennzahlen zwischen Ist, Soll und Abweichung umschalten bzw. besteht analog zu Abb. 2.7 auch ein Berichtsblatt, das die jeweiligen Soll-Werte und Abweichungen darstellt.

  • Maßnahmen: Entsprechend der Abweichungen des aktuellen Status zu den Vorgaben sind Einzelmaßnahmen beschlossen worden, die die Zielerreichung gewährleisten sollen.

  • Gesamtbewertung: Auf Basis der Abweichungen von den Vorgaben lässt sich der aktuelle Status der jeweiligen Zielerreichung z. B. in „erfüllt“, „gefährdet“ und „nicht erfüllt“ kategorisieren und z. B. eine Gesamtbewertung der Zielerreichung in Abhängigkeit zu der Gewichtung der einzelnen Ziele in Prozent darstellen.

Im Rahmen des Berichtswesens kann die Balanced Scorecard als sog. Cockpit, d. h. als zentrale Übersicht und Steuerungszentrale (s. nachfolgend Abschn. 4.5.1), genutzt und um Detailinformationen (s. nachfolgend Abschn. 4.5.2), wie z. B. eine detaillierte Abweichungsanalyse bezüglich Rentabilität und Liquidität, Benchmarks zu operativen Werten und Kennzahlen sowie Auswertungen zur Kundenzufriedenheit und Mitarbeiterführung, ergänzt werden.

2.6 Vier-Fenster-Bericht

Der Vier-Fenster-Bericht greift die wesentlichen Forderungen der Balanced Scorecard nach Ausgewogenheit und Komplexitätsreduktion auf (vgl. Abschn. 2.5.1) und ist somit eine Sonderform bzw. Gestaltungsvariante der Balanced Scorecard. Während die Balanced Scorecard in ihrer Ursprungsform jedoch sehr klar definierte und eher wissenschaftlich-theoretische bzw. ideele (Harmonie der Ressourcen und Ursache-Wirkungs-Logik von Input und Output) Perspektiven festlegt, ist der Vier-Fenster-Bericht vollkommen frei in der Definition der vier Fenster und somit eher pragmatisch bzw. auf den wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens sowie die im jeweiligen Unternehmen notwendigen Geschäftsentscheidungen bezogen.

2.6.1 Aufbau und Ausprägung im Unternehmen

Wie der Name bereits sagt, werden beim Vier-Fenster-Bericht Informationen in vier Fenstern klar strukturiert dargestellt. Diese vier Fenster können genutzt werden, um die gesamte Breite der Information eines Controllingsystems abzubilden (s. Abb. 2.8):

Abb. 2.8
figure 8

Aufteilung der Informationsbereiche des Controllingsystems auf vier Fenster

  • Fenster I: Darstellung ausgewählter strategischer Werte und Kennzahlen zur Rentabilität (Gewinn- und Verlustrechnung), Bilanz und Liquidität (s. nachfolgend Abschn. 4.2.1) in Form einer Abweichungsanalyse mit Indikatoren und Tendenzen.

  • Fenster II: Darstellung ausgewählter operativer Werte und Kennzahlen (s. nachfolgend Abschn. 4.2.2) hinsichtlich Angebots- und Auftragslage, Effizienz der Leistungserbringung (Auslastung/Produktivität) und Status der Leistungserbringung (z. B. Baustellenfortschritt) ebenfalls in Form einer Abweichungsanalyse mit Indikatoren und Tendenzen.

  • Fenster III: Darstellung von Informationen zu weichen Faktoren, wie z. B. zur Unternehmensvision, Mitarbeitermissionen und Mitarbeiterführung (s. nachfolgend Abschn. 4.2.3) in Form von Stichworten und/oder Kennzahlen.

  • Fenster IV: Darstellung externer Trends, wie z. B. in Bezug auf die Marktentwicklung, Wettbewerber oder Lieferanten (s. nachfolgend Abschn. 4.2.3) in Form von Text, Kennzahlen und/oder Graphiken.

Die Informationen und Inhalte der einzelnen Fenster lassen sich somit sehr flexibel auf die spezifischen Unternehmensbedürfnisse anpassen und können im Rahmen der unternehmensindividuellen Konzeption des Controllingsystems im Detail festgelegt und gestaltet werden (s. nachfolgend Kap. 4).

Wie Abb. 2.9 zeigt, ist der Vier-Fenster-Bericht im Vergleich zur klassischen Balanced Scorecard visuell ausgewogener, da er unterschiedliche Darstellungsformen (Text, Zahlen, Abweichungen, Graphiken, Indikatoren) kombiniert und hierdurch die Anforderung der Visualisierung (vgl. Abschn. 1.2.5) in idealer Weise erfüllt. Dies ermöglicht auch die Integration von nicht-quantifizierbaren Zielen (wie z. B. Unternehmensvision und Mitarbeitermissionen) in die Steuerungszentrale bzw. das Berichtswesen.

2.6.2 Beispiel

Auch der Vier-Fenster-Bericht kann z. B. mit MS Excel konzipiert und somit recht einfach in das Berichtswesen eingebunden werden. Die einzelnen Fenster sollten dabei klar voneinander abgegrenzt sein und visuell ansprechend gestaltet sein. Die Inhalte der vier Fenster sollten, wie zuvor dargestellt, möglichst alle Inhaltsrubriken des Controllingsystems abdecken, dabei die unterschiedlichen Controllinginstrumente (aktuelle Unternehmenszahlen, Kennzahlensysteme, Planzahlen, Abweichungsanalysen) nutzen und einen möglichst ausgewogenen visuellen Mix aus Text, Zahlen, Abweichungen, Graphiken und Indikatoren bieten.

Abbildung 2.9 stellt ein Beispiel für einen solchen Vier-Fenster-Bericht auf Basis von MS Excel dar. Für die einzelnen Fenster wurde dabei folgende Ausprägung gewählt:

  • Rentabilität & Finanzen: Das erste Fenster stellt einige Basiswerte zur Rentabilität und Liquidität inklusive der absoluten und relativen historischen sowie aktuellen Abweichung dar. Die Zahlendarstellung wird mit drei aussagekräftige Kennzahlen (Key Performance Indicators/KPI) aufgelockert und die Tendenz der Kennzahlen durch den Vergleich zum Vormonat aufgezeigt.

  • Leistungserbringung: Das zweite Fenster fokussiert sich ganz auf die Leistungserbringung. Daim Falle des Beispielunternehmens aus dem Handwerk eine Auslastung schwierig zu ermitteln ist (im Falle eines Industrieunternehmens könnten hier die Durchsätze und Auslastungsquote der wichtigsten Produktionsanalagen abgebildet werden), wird zunächst der Status der Leistungserbringung (Baustellenfortschritt) und dessen Entwicklung im Vergleich zum Vormonat sowie gegenüber der Planung (Baustellenplanung) dargestellt und anschließend die Angebotslage und Pipeline inklusive Kennzahlen und Tendenzen gegenüber dem Vormonat abgebildet.

  • Mitarbeiterführung: Das dritte Fenster bewertet die weichen Faktoren im Unternehmen und gibt anhand eines stichwortartigen Statusberichtes zu einzelnen Missionen der Mitarbeiter sowie der aktuellen OKR-Quote (beides wird nachfolgend in Abschn. 4.2.3 erläutert) einen Überblick zur aktuellen Mitarbeiterführung. Die OKR-Erfüllung könnte dabei noch durch farbliche Indikatoren (Ampelfarben) gekennzeichnet werden, um einen ggf. bestehenden Handlungsbedarf (z. B. bei einer OKR-Erfüllung unter 50 %) noch einfacher zu erkennen.

  • Externe Trends: Das vierte Fenster richtet den Blick auf externe Trends und ermöglicht einerseits durch Graphiken zu externen Indizes (Umsatz Bauhauptgewerbe und Anzahl Baugenehmigungen) einen Ausblick auf die weitere konjunkturelle Entwicklung der Branche sowie andererseits durch einen Benchmark auf Basis der Daten der Rationalisierungsgemeinschaft Handwerk einen kritischen Vergleich der eigenen Kostenstruktur zu direkten Wettbewerbsunternehmen.

Abb. 2.9
figure 9

Beispiel eines Vier-Fenster-Berichtes für ein kleines Handwerksunternehmen

Genau wie die Balanced Scorecard kann auch der Vier-Fenster-Bericht als sog. Cockpit, d. h. als zentrale Übersicht und Steuerungszentrale (s. nachfolgend Abschn. 4.5.1), genutzt und um Detailinformationen (s. nachfolgend Abschn. 4.5.2), wie z. B. eine detaillierte Abweichungsanalyse bezüglich Rentabilität und Liquidität, Benchmarks zu operativen Werten und Kennzahlen sowie Auswertungen zur Kundenzufriedenheit und Mitarbeiterführung, ergänzt werden.

2.7 Management Informationssystem (MIS)

Abgesehen von der Steuerungszentrale (Cockpit/Dashboard), die bei vielen Management Informationssystemen (MIS) dem grundsätzlichen Konzept der Balanced Scorecard (s. Abschn. 2.5), bzw. des Vier-Fenster-Berichtes (s. Abschn. 2.6) nachempfunden ist, löst sich das MIS vollständig von ausgewählten und festgelegten Werten bzw. Kennzahlen eines Berichtswesens, sondern bietet durch den Zugriff auf die zentrale Datenbank (Data Warehouse), in der sämtliche Daten aller Unternehmenssysteme (Anlagensteuerung, Produktionswirtschaft, Warenwirtschaft, Buchhaltung etc.) abgelegt werden, die Möglichkeit, die jeweils für eine Geschäftsentscheidung benötigten Informationen auszuwählen und entsprechend der individuellen Wünsche darzustellen.

Die Integration sämtlicher Unternehmenssysteme, die im Mittelstand in der Regel im Verlauf der letzten zehn bis 25 Jahre sukzessive eingeführt wurden und somit meistens einen ganz unterschiedlichen technologischen Stand haben, ist häufig jedoch mit einem sehr großen Aufwand verbunden, da Schnittstellen (Interfaces) zur zentralen Datenbank bzw. dem gewünschten Management Informationssystem individuell von IT-Beratungsfirmen erstellt werden müssen. Oftmals stellt sich dabei zudem heraus, dass einzelne Systeme, wie z. B. die Buchhaltungssoftware des Unternehmens von Anfang der 90er Jahre, schlichtweg nicht mehr zeitgemäß sind und die Anforderungen, die durch Analysen im Rahmen eines MIS gestellt werden, erfüllen können. Hinzu kommt der Anpassungsbedarf (Customizing) des MIS auf die spezifischen Bedürfnisse des Unternehmens.

Aufgrund dieses Aufwandes ist die Einführung eines Management Informationssystems derzeit für die Mehrzahl der mittelständischen Unternehmen sicherlich nicht relevant (vgl. Abschn. 1.3). Die nachfolgenden Ausführungen richten sich daher eher an Großunternehmen, bei denen spätestens ab ungefähr 1.000 Mitarbeitern ein MIS empfehlenswert sein kann.

2.7.1 Aufbau und Ausprägung im Unternehmen

Der Begriff Management Informationssystem (MIS) oder Executive Information System (EIS) bezeichnet eher eine Funktion als ein konkretes Konzept bzw. ein definiertes Instrument. Während die Balanced Scorecard (BSC) mit ihrem Grundgedanken, ausgewogene Informationen zu allen für den Unternehmenserfolg wesentlichen Bereichen darzustellen (vgl. Abschn. 2.5.1), als ein geradezu bahnbrechendes Grundsatzkonzept und der Vier-Fenster-Bericht mit seinem Grundgedanken einer eindeutigen und ausgewogenen visuellen Darstellung als ein grundsätzliches, sehr praxisorientiertes Berichtsinstrument angesehen werden kann, stellt ein MIS/EIS eine Softwarelösung dar, die es ermöglichen soll, Unternehmensinformationen nutzerindividuell zusammenzustellen bzw. abzurufen.

Entsprechend der auf Aufsichtsrat, Geschäftsführung und Management ausgerichteten Nutzergruppe verfolgt ein MIS/EIS dabei In der Regel den klassischen Managementansatz (Management Approach) eines Top-down-Vorgehens, d. h., sämtliche Informationen werden zunächst sehr aggregiert dargestellt, aber können bei Bedarf durch den Nutzer vertieft werden:

  • Steuerungszentrale/ Cockpit : Die Steuerungszentrale ist die oberste aggregierte Ebene und häufig als Anfangsbildschirm (Home Screen/Dashboard) eingerichtet. Dieser Bereich sollte alle für die erfolgreiche Unternehmensführung notwendigen Informationen darstellen. Oftmals werden hierbei die klassischen Perspektiven der Balanced Scorecard (vgl. Abschn. 2.5.1) bzw. des Vier-Fenster-Berichtes (vgl. Abschn. 2.6.1) übernommen.

  • Detailinformationen/ Reports : Zur Vertiefung der Information über einzelne Funktionsbereiche im Unternehmen (Vertrieb, Produktion, Personalwesen etc.) sollten dem Nutzer ergänzende Berichte (Reports) oder Detailbildschirme zur Verfügung stehen, die den aggregierten Anfangsbildschirm um Detailinformationen ergänzen.

  • Detailanalysen/ Drill-down : Zusätzlich bieten moderne MIS-/EIS-Systeme in der Regel die Möglichkeit, jede Information, die in Form von Werten oder Kennzahlen dargestellt ist, durch Anklicken zu vertiefen und somit weitergehend zu analysieren. Hierdurch können aggregiert dargestellt Werte schrittweise bis auf die tiefste Informationsebene heruntergebrochen (Drill-down) werden (z. B. von Gesamtumsatz weltweit über Umsatz je Kontinent und Umsatz je Land bis zu Umsatz je Kunde bzw. Umsatz je Kundenniederlassung).

Ein Management Informationssystem/Executive Information System ermöglicht somit eine nutzergerechte Information in beliebiger Darstellung, Fokussierung und Detaillierung.

2.7.2 Beispiel

Der Grundgedanke eines Management Informationssystem (MIS)/Executive Information System (EIS) ist, aus der Fülle der im Unternehmen vorhandenen Daten nutzer- und bedarfsspezifische Informationen anzubieten. Sofern alle im Unternehmen verfügbaren Daten in einer zentralen Datenbank (Data Warehouse) integriert wurden, sollten im Rahmen der Systemanpassung (Customizing) gewisse unternehmensspezifische Standardanzeigen konzipiert werden, die dann von jedem Nutzer bedarfsspezifisch angepasst und so die jeweilige Information individuell vom System abgerufen und dargestellt werden kann.

Abbildung 2.10 und 2.11 stellen hierzu aus der Fülle verfügbarer MIS-/EIS-Softwarelösungen zwei Beispielbildschirme dar, die den grundsätzlichen Aufbau eines MIS/EIS (vgl. Abschn. 2.7.1) illustrieren und folgende beispielhafte Ausprägung aufweisen:

Abb. 2.10
figure 10

Beispiel einer Steuerungszentrale eines Management Informationssystems (MIS). (Stas GmbH, Reilingen, Deutschland)

Abb. 2.11
figure 11

Beispiel einer Detailansicht eines Management Informationssystems (MIS). (Wise Software Ltd, Lincoln, UK)

  • Steuerungszentrale/ Cockpit : Die Steuerungszentrale entsprechend Abb. 2.10 stellt ausgewählte aktuelle und geplante Geschäftszahlen inklusive Abweichungsanalyse dar und strukturiert diese in vier Zielbereiche (Finanzielle Ziele, Kunden Ziele, Interne Ziele, Mitarbeiter Ziele), die an die vier Perspektiven einer Balanced Scorecard (Finanzielle Perspektive, Kundenperspektive, Interne Geschäftsprozessperspektive, Lern- und Entwicklungsperspektive; vgl. Abschn. 2.5.1) bzw. an die in diesem Buch vorgeschlagenen Informationsbereiche eines Vier-Fenster-Berichtes (Rentabilität & Finanzen, Externe Trends, Leistungserbringung, Mitarbeiterführung; vgl. Abschn. 2.6.2) angelehnt sind.

  • Detailinformationen / Reports : Abb. 2.11 stellt ein Beispiel für Detailinformationen zu den unterschiedlichen Informationsbereichen des MIS/EIS (im Beispielfall: Products, Sales, Purchasing, CRM etc.) dar, die die aggregierten Informationen der Steuerungszentrale (im Beispielfall: Home) bei Bedarf ergänzen. Das Beispiel zeigt die Detailansicht zur Absatzlage (Sales), die u. a. die Umsatzerlöse im Zeitverlauf, die Kunden-Top-10 und die Umsätze je Vertriebsmitarbeiter darstellt.

  • Detailanalysen/ Drill-down : Zusätzlich sollte das MIS/EIS die Möglichkeit bieten, die einzelnen dargestellten Werte bzw. Informationen nach Bedarf herunterzubrechen. Im Beispiel nach Abb. 2.10 können etwa verschiedene Unternehmensbereiche (im Beispielfall: Mandanten) oder Zeitschienen eingestellt werden. Typisch für eine Drill-down-Funktionalität wäre im Beispielfall der Abb. 2.10, dass sich durch ein Anklicken des Ist-Wertes der „OP Überfällig“ eine Übersicht sämtlicher überfälliger Offenen Posten (OP/OPOS) öffnen würde, die z. B. durch Sortierung nach Betragsgröße oder Kundenname analysiert werden kann und durch Anklicken z. B. eines Kundennamens weitere Detailinformationen (z. B. überfällige Kundenrechnungen mit Betrag, Datum und Rechnungsnummer) ermöglicht.

Checkup

Ist Ihnen die Abhängigkeit zwischen dem Umfang der eingesetzten Controllinginstrumente, der Informationstiefe und Informationsbreite des Controllingsystems und somit der Informationsbasis für Ihre Geschäftsentscheidungen bewusst (vgl. Abb. 2.1)?

Stellen Sie sich die folgenden Fragen:

  • Welche Controllinginstrumente setzen Sie derzeit in Ihrem Unternehmen ein, und welche Informationen erhalten Sie daraus?

  • Welche Informationstiefe und Informationsbreite würden Sie benötigen, um Ihre Geschäftsentscheidungen auf Basis detaillierter und ausgewogener Informationen treffen zu können?

  • Welche Controllinginstrumente müssen in Ihrem Unternehmen noch eingeführt werden, um die o. g. Informationsbasis im Rahmen eines Controllingsystems abzubilden?