Zusammenfassung
Forschung in der Psychiatrie ist Forschung für und mit Patienten. Aber zwischen medizinischer Grundlagenforschung zu Ursachen und Grundlagenforschung zu Ursachen und Bedingungskonstellationen von Entstehung, Manifestation und Verlauf psychischer Krankheiten einerseits und angewandter Forschung zur Optimierung der Behandlung und Versorgung von psychisch Kranken andererseits gibt es ein weites Feld unterschiedlicher Nähe zum Patienten und deren ethischen Implikationen. Idealiter werden Forschungshypothesen aus Beobachtungen am Patienten gebildet, dann gegebenenfalls von methodisch spezialisierten Grundlagenforschern geklärt („bed to bench“) und das Ergebnis wieder in der Klinik geprüft („bench to bed“). Ethisch relevant ist vor allem, ob Forschung mit oder ohne potentiellen individuellen Nutzen für die beteiligten Patienten durchgeführt werden soll. Klinische Forschung wird somit als Intervention verstanden, die mit Patienten mittels wissenschaftlichen Methoden auf überindividuelles Wissen zielt und damit über den individuellen Nutzen für den teilnehmenden Patienten hinausgeht. Solche Forschungsintervention ist ethisch nur vertretbar, wenn i) ihr Nutzen-Risiko-Verhältnis vernünftig und gerechtfertigt und ii) die Einwilligung nach Aufklärung („free informed consent“) gültig ist.
Die folgenden Kapitel erläutern diese ethischen Voraussetzungen psychiatrischer Forschung, veranschaulichen ihre Umsetzung in der Praxis und suchen Antworten auf die ethische Relevanz von Fragen wie: Warum wird geforscht? Wer forscht? Wie wird geforscht? Was wird erforscht? Was geschieht mit den Forschungsergebnissen? Welche Konfliktfelder gibt es? Wie verbindlich sind normative Texte?
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Helmchen, H. (2013). Einführung. In: Helmchen, H. (eds) Ethik psychiatrischer Forschung. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-35055-9_1
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