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§94 Föderaler Zusammenhalt: Auf dem Weg zu einer europäischen Gedächtniskultur?

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Zusammenfassung

Europa hat im Laufe der letzten Jahrzehnte zu supranationaler Integration und mentaler Zugehörigkeit gefunden. Dies findet seinen Ausdruck in einem neuartigen europäischen Staatenverbund „sui generis“ auf föderaler Grundlage: der Europäischen Union. Aber wie bei jedem föderalen Gebilde stellt sich auch hier die Frage, welche Kräfte das Föderale zusammenhalten. Neben wirtschaftlichen Beziehungen und demokratischen Werten braucht Europa, das aus den Trümmern des zweiten Weltkriegs entstanden ist, auch die Vergewisserung seiner selbst in Herkunft und Zukunft im Rahmen einer dialogischen Erinnerungskultur.

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Notes

  1. 1.

    Renan, „Was ist eine Nation?“, Vortrag, gehalten an der Sorbonne am 11. März 1882; in: Was ist eine Nation? und andere politische Schriften, S. 57.

  2. 2.

    Judt, Große Illusion Europa. Gefahren und Herausforderungen einer Idee, Original: The Grand Illusion? An Essay on Europe. Ähnlich hatte sich zuvor schon Alan Milward in seiner klassischen Studie ausgesprochen: The European Rescue of the Nation-State.

  3. 3.

    Renan (Fn.1), 56.

  4. 4.

    Fiedler, in: Welsch (Hrsg.), Wege aus der Moderne, Schlüsseltexte der Postmoderne-Diskussion, S. 57 (73).

  5. 5.

    Diner, Gegenläufige Gedächtnisse, Über Geltung und Wirkung des Holocaust, Toldot 7, S. 39.

  6. 6.

    In Luxemburg verdrängte der neue Gedenktag, der 2007 zum ersten Mal begangen wurde, den 10. Oktober, den Jahrestag des Referendum von 1941. In Frankreich besteht der 27. 1. neben dem 16. Juli, dem Tag der größten Judenrazzia unter deutscher Besatzung („Rafle du Vel‘ d’Hiv“, 16./17. Juli 1942), an das sich die Franzosen seit 1995 erinnern, indem sie der „Opfer der rassistischen und antisemitischen Verbrechen der Vichy-Regierung“ gedenken und die französischen „Gerechten“ ehren. In den USA und in Israel hat der 27.1. als Gedenkdatum keine Geltung. In beiden Staaten findet das Holocaust Gedenken im Frühjahr in Entsprechung zum 27. Nissan statt, dem Ende der 60er Jahre eingeführten israelischen Holocaust-Gedenktag.

  7. 7.

    (Amtsblatt der Europäischen Union vom 27. 1. 2005;/eurlex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri = OJ:C:2005:253E:0037:0039:DE:PDF)

  8. 8.

    Knigge, in: ders./Frei (Hrsg.), Verbrechen erinnern. Die Auseinandersetzung mit Holocaust und Völkermord, S. 445. Besonders deutlich hat sich dazu Reinhart Koselleck geäußert: „Schon gar nicht dürfen wir uns hinter Opfergruppen verstecken, etwa den Juden, als gewönnen wir damit ein Holocaustdenkmal wie andere Länder auf dem Globus auch.“, in: ebd., 28.

  9. 9.

    Diner, Gegenläufige Gedächtnisse. Über Geltung und Wirkung des Holocaust, Toldot 7, S. 39.

  10. 10.

    Die standardisierte Holocaust-Erziehung bringt noch ein anderes Problem mit sich, und das besteht in der strukturellen Entprivilegierung anderer Opfergruppen (um hier den Ausdruck ‚Verdrängung‘ zu vermeiden). Da Erinnerung und (politische) Identität eng aufeinander bezogen sind, hat sich die größte Aufmerksamkeit bei der größten Opfergruppe der Juden verdichtet, die sich neben einem nationalen Gedächtnis in Israel auch auf die subnationalen Gedächtniskulturen der Diaspora stützen kann. Die Opfergruppe der Sinti und Roma dagegen, die bis heute zu einer nicht privilegierten und teilweise sogar noch immer verfolgten Minderheit gehört, kann sich auf keine entsprechenden Gedächtnisfundamente stützen. Auch ihr gebührt ein besonderer Platz im europäischen Gedächtnis.

  11. 11.

    Diner zum Beispiel hat sich besonders emphatisch gegen einen Vergleich ausgesprochen, bzw. das Anliegen als solches bereits als ideologisch falsch diffamiert. Er vermutet, dass der Vergleich die insgeheime Annahme bestätige, „die Verbrechen Stalins seien verwerflicher als die der Nazis.“ Diner, Kreisläufe. Nationalsozialismus und Gedächtnis, S. 53.

  12. 12.

    Über das Problem der Hierarchisierung von Menschheitsverbrechen fand unter dem Titel ‚The Lesser Evil‘ vom 1.-3. April 2001 an der New York University in New York eine Historiker-Konferenz statt.

  13. 13.

    Die Veröffentlichung ihres Vortrags, den sie im Oktober 2005 auf der Konferenz ‚Do States need a Memory?‘ am internationalen Zentrum Kulturwissenschaften in Wien gehalten hat, findet sich unter der Adresse: http://www.eurozine.com/articles/article_2007-04-18-kovacs-de.html.

  14. 14.

    Maier, in: Transit Nr. 22 (Winter 2001/2002).

  15. 15.

    Droit, in: Buchinger/Gantet/Vogel (Hrsg.), Europäische Erinnerungsräume, S. 257 ff.

  16. 16.

    Ihre Holocaust-Autobiographie ist soeben auf deutsch erschienen: Veil, Und dennoch leben. Die Autobiographie der großen Europäerin.

  17. 17.

    Zit. nach Droit, S. 159. Sandra Kalniete hat ihr Schicksal in dem Buch Mit Ballschuhen im sibirischen Schnee. Die Geschichte meiner Familie erzählt.

  18. 18.

    Faulenbach, in: Weidenfeld (Hrsg.), Deutschland. Eine Nation – doppelte Geschichte. Materialien zum deutschen Selbstverständnis, S. 190.

  19. 19.

    Diner, Gegenläufige Gedächtnisse, S. 9.

  20. 20.

    Diner, Gegenläufige Gedächtnisse, S. 58.

  21. 21.

    Dazu ausführlicher: Assmann, „Europe: A Community of Memory?“ Twentieth Annual Lecture of the GHI, November 16, 2006, in: German Historical Institute Bulletin, No. 40 (Spring 2007), 11 ff.

  22. 22.

    Middell (Hrsg.), Alles Gewordene hat Geschichte. Die Schule der Annales in ihren Texten 1929–1992, S. 159.

  23. 23.

    A. und M. Mitscherlich, Die Unfähigkeit zu Trauern. Grundlagen kollektiven Verhaltens, Nachwort 1970, S. 365.

  24. 24.

    Sennett, in: Fara/Patterson (Hrsg.), Memory, Cambridge UP 10–26; hier: 14.

  25. 25.

    Jahn, „27 Millionen“, in: Die ZEIT Nr. 25 vom 14. Juni 2007.

  26. 26.

    Passerini, „Shareable Narratives? Intersubjectivity, Life Stories and Reinterpreting the Past“, Berkeley Ms. (August 2002), P. 5 (14).

  27. 27.

    Esterhazy, „Alle Hände sind unsere Hände“, in: Süddeutsche Zeitung, Nr. 236, 11. Oktober 2004, 16.

  28. 28.

    Konrad, „Aufruhr“. Rede zur Eröffnung des 50-jährigen Bestehens der Aktion Sühnezeichen am 3. Mai 2008 im Haus der Kulturen der Welt in Berlin. (www.asf-ev.de/fileadmin/asf_upload/aktuelles/Jubilaeum2008/gyoergy.pdf).

  29. 29.

    Vgl. Dazu Joas, Gewalt und Menschenwürde. Wie aus Erfahrungen Rechte werden (Ms. 2009).

Schrifttum

  • D. Diner, Kreisläufe. Nationalsozialismus und Gedächtnis, 1995

    Google Scholar 

  • ders., Gegenläufige Gedächtnisse. Über Geltung und Wirkung des Holocaust, Toldot 7, 2007

    Google Scholar 

  • E. Droit, „Die Shoah: Von einem westeuropäischen zu einem transeuropäischen Erinnerungsort?“, in: K. Buchinger/C. Gantet/J. Vogel (Hrsg.), Europäische Erinnerungsräume, 2009

    Google Scholar 

  • B. Faulenbach, „Probleme des Umgangs mit der Vergangenheit im vereinten Deutschland. Zur Gegenwartsbedeutung der jüngsten Geschichte“, in: W. Weidenfeld (Hrsg.), Deutschland. Eine Nation – doppelte Geschichte. Materialien zum deutschen Selbstverständnis, 1993

    Google Scholar 

  • L. Fiedler, „Cross the Border, Close the Gap“, in: W. Welsch, (Hrsg.), Wege aus der Moderne. Schlüsseltexte der Postmoderne-Diskussion, 1988

    Google Scholar 

  • H. Joas, Gewalt und Menschenwürde. Wie aus Erfahrungen Rechte werden (Ms. 2009)

    Google Scholar 

  • T. Judt, Große Illusion Europa. Gefahren und Herausforderungen einer Idee, 1996. Original: The Grand Illusion? An Essay on Europe, 1996

    Google Scholar 

  • S. Kalniete, Mit Ballschuhen im sibirischen Schnee. Die Geschichte meiner Familie, 2005

    Google Scholar 

  • V. Knigge, Nachwort in: ders./N. Frei (Hrsg.), Verbrechen erinnern. Die Auseinandersetzung mit Holocaust und Völkermord, 2002

    Google Scholar 

  • M. Middell, (Hrsg.), Alles Gewordene hat Geschichte. Die Schule der Annales in ihren Texten 1929–1992, 1994

    Google Scholar 

  • A. Milward, The European Rescue of the Nation-State, 1992

    Google Scholar 

  • A. und M. Mitscherlich, Die Unfähigkeit zu Trauern. Grundlagen kollektiven Verhaltens, Nachwort 1970, 1977

    Google Scholar 

  • L. Passerini, „Shareable Narratives? Intersubjectivity, Life Stories and Reinterpreting the Past“, (Ms. August 2002)

    Google Scholar 

  • E. Renan, „Was ist eine Nation?“, Vortrag, gehalten an der Sorbonne am 11. März 1882 in: Was ist eine Nation? und andere politische Schriften, 1995

    Google Scholar 

  • R. Sennett, „Disturbing Memories“, in: P. Fara/K. Patterson (Hrsg.), Memory, Cambridge UP, 10–26

    Google Scholar 

  • S. Veil, Und dennoch leben. Die Autobiographie der großen Europäerin, 2009.

    Google Scholar 

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Assmann, A. (2012). §94 Föderaler Zusammenhalt: Auf dem Weg zu einer europäischen Gedächtniskultur?. In: Härtel, I. (eds) Handbuch Föderalismus – Föderalismus als demokratische Rechtsordnung und Rechtskultur in Deutschland, Europa und der Welt. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-16883-3_15

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