Blutspender leisten einen wertvollen Dienst für die Gemeinschaft: Die ständige Verfügbarkeit von Blutkomponenten ist zur unverzichtbaren Voraussetzung für viele Bereiche der Medizin geworden. Nicht nur die Gewinnung und Aufarbeitung von Blut und Blutbestandteilen zur Sicherstellung einer qualitativ wie quantitativ guten Versorgung, sondern auch die kompetente Betreuung der Spender ist eine der großen Aufgaben der Transfusionsmedizin.

1 Physiologische Grundlagen der Blutspende

Der Verlust von bis zu 15 % des Blutvolumens über einen Zeitraum von etwa 5 min führt in der Regel nicht zu klinischer Symptomatik. Zwar sinkt der venöse Druck leicht ab und erreicht erst rund 30 min später wieder den Ausgangswert, Blutdruck und Pulsfrequenz bleiben jedoch unverändert. Eine erhöhte Vasokonstriktion und die Mobilisierung von Blut aus den venösen Anteilen des Gefäßsystems sichern die Blutmenge, die zur Erhaltung des normalen Herzschlagvolumens erforderlich ist. Da Männer pro kg Körpergewicht (kgKG) durchschnittlich 75 ml Blut haben, Frauen durchschnittlich 66 ml Blut, können bei gesunden Spendern mit mehr als 50 kgKG bis zu 525 ml Blut (einschließlich Untersuchungsproben) entnommen werden. Die klinische Erfahrung zeigt, dass selbst die Entnahme von 1 l Blut häufig zu keiner Veränderung des Blutdrucks führt, solange der Spender liegt. Mit dem Aufrichten kann es allerdings zur Beeinträchtigung der Kreislauffunktion und zu klinischer Symptomatik kommen. Ein Verlust von 1500–2000 ml Blut führt dann zu Blutdruckabfall und vermindertem kardialem Schlagvolumen mit der subjektiven Empfindung von Kälte und Atemnot.

Neben der kompensatorischen Vasokonstriktion kommt es auch zum Zustrom von interstitieller Flüssigkeit in das Gefäßsystem. Der durch die Blutspende bedingte Volumenverlust wird durch eine Erhöhung des Plasmavolumens innerhalb von 24 h ausgeglichen. Dieser Volumenzustrom bedingt gemeinsam mit der allgemeinen Stressreaktion als Antwort auf die Blutspende eine veränderte Zusammensetzung des peripheren Blutes. Die Gesamtleukozytenzahl steigt um 25 % gegenüber dem Ausgangswert an, wobei die Zahl der Eosinophilen, der Lymphozyten und der Monozyten mäßig absinkt. Diese Reaktion erreicht ihr Maximum 2–3 h nach der Spende und klingt nach etwa 5 h ab. Auch die Thrombozytenzahlen sinken zunächst um 10.000–15.000/μl ab, um nach wenigen Stunden wieder die Ausgangswerte zu erreichen.

Erythrozytenzahl und Hämatokrit zeigen nach 4–5 h eine sinkende Tendenz und erreichen nach etwa 24 h die niedrigsten Werte; im Mittel sinkt die Erythrozytenzahl um 250.000–350.000 × 109/l, der Hämoglobinwert um 1 g/dl und der Hämatokrit um 3 %. Der Abfall des Hämoglobins verschiebt die O2-Dissoziationskurve nach rechts und verbessert dadurch die O2-Abgabe an das Gewebe. Die leichte Hypoxämie stimuliert die Bildung von Erythropoetin und somit die Erythropoese. Diese geringfügigen Veränderungen des roten Blutbildes sind für den gesunden Erwachsenen ohne Bedeutung: Spätestens nach einer Woche sind die Erythrozyten vom Knochenmark ersetzt worden. Die Qualität der neu gebildeten Erythrozyten ist dabei natürlich von den Eisenreserven des Organismus abhängig. Verminderte Eisenreserven sowie ein verzögerter Ausgleich des Hämoglobins und des Erythrozytenverlustes infolge eines latenten Eisenmangels finden sich dabei häufiger bei Frauen als bei Männern. Der Einfluss einer Blutspende auf den Eisenhaushalt ist erheblich: Der durchschnittliche Eisenverlust beträgt 200–250 mg, der durchschnittliche Gesamteisengehalt des menschlichen Körpers liegt bei etwa 3500 mg (Einzelheiten ▶ Kap. 9).

Der durch die Spende verursachte Verlust an Plasmaeiweißen wird im Durchschnitt mit 8 % des Ausgangswertes angegeben. Er wird praktisch sofort ausgeglichen, da der Organismus über eine ausreichende Eiweißreserve verfügt.

Aufgrund der physiologischen Überlegungen sollen im Rahmen der Blutspende bei Erwachsenen, die mehr als 50 kg wiegen, nicht mehr als 500 ml Vollblut (zuzüglich Untersuchungsproben) entnommen werden. Zwischen zwei Spenden sollen im Regelfall 12 Wochen, mindestens aber 8 Wochen liegen, und die jährlich entnommene Blutmenge darf 2 l bei Frauen und 3 l bei Männern nicht übersteigen.

2 Blutspender

Blutspender leisten einen wichtigen Beitrag für die Gemeinschaft. Gemäß dem ethischen Kodex für Blutspenden der internationalen Gesellschaft für Bluttransfusion hat die Blutspende freiwillig zu erfolgen, insbesondere finanzieller Nutzen darf kein Beweggrund sein. Hierauf hebt auch §10 des Transfusionsgesetzes ab, in dem es heißt: „Die Spendeentnahme soll unentgeltlich erfolgen. Der spendenden Person kann eine Aufwandsentschädigung gewährt werden, die sich an dem unmittelbaren Aufwand je Spende orientieren soll.“ In Deutschland werden Blutspenden von regionalen Blutspendediensten, die oft kliniknah tätig sind, und von den überregionalen Blutspendediensten entnommen. Beide ergänzen sich in ihrem Versorgungsauftrag.

2.1 Vollblutspender

Blut spende n kann, wer mindestens 18 und höchstens 68 Jahre alt ist. Auch ältere Spender können nach individueller ärztlicher Entscheidung zur Blutspende zugelassen werden. Die Spendetauglichkeit wird durch eine vom Spender per Unterschrift zu bestätigende Anamnese, durch die ärztliche Untersuchung und durch Laboruntersuchungen gesichert. Die Entscheidung, ob ein Spendewilliger zur Spende geeignet ist, wird vom Arzt getroffen. Dabei muss er die in den Richtlinien zur Gewinnung von Blut und Blutbestandteilen und zur Anwendung von Blutprodukten (Hämotherapie) der Bundesärztekammer [66] festgelegten Vorgaben beachten, die in der jeweils gültigen Fassung als Stand der medizinischen Wissenschaft und Technik im Sinne des Transfusionsgesetzes anzusehen sind.

Vor der Blutspende muss der Spendewillige über das Wesen, die Bedeutung und die Durchführung der Spendeentnahme und der Untersuchungen umfassend aufgeklärt werden. Neben der Aufklärung und Einwilligung muss der Spendewillige auch die Verwendbarkeit seiner Spende erklären; diese Erklärungen sind schriftlich abzugeben. Die Spendeentnahme selbst und alle damit verbundenen Maßnahmen sind zu protokollieren und mindestens 15 Jahre aufzubewahren; auch hierzu muss der Spendewillige schriftlich sein Einverständnis geben.

Neben einer unauffälligen Organ-, Infektions- und Suchtanamnese sowie einem subjektiven Gesundheitsgefühl müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein: Körpergewicht mindestens 50 kg, Blutdruck systolisch 100–180 mmHg, diastolisch unter 100 mmHg, regelmäßiger Puls mit einer Frequenz von 50–100/min (bei Ausdauersportlern auch weniger), kein Fieber und keine erkennbaren Krankheitszeichen. Bei Frauen muss der Hämoglobinwert über 12,5 g/dl (oder der Hämatokritwert über 38 %) liegen, bei Männern sind die Grenzwerte 13,5 g/dl bzw. 40 %.

Auf Dauer von der Blutspende auszuschließen sind nach den Richtlinien alle Personen,

  • bei denen eine HCV-, HIV-, oder HTLV-I/II-Infektion nachgewiesen wurde, unabhängig davon, ob Krankheitserscheinungen aufgetreten sind,

  • die einer Gruppe mit einem gegenüber der Allgemeinbevölkerung deutlich erhöhten Risiko für eine HBV-, HCV- oder HIV-Infektion angehören oder dieser zugeordnet werden müssen (insbesondere homo- und bisexuelle Männer, Drogenabhängige, männliche und weibliche Prostituierte, Häftlinge),

  • die an einer Protozoonose erkrankt sind oder waren (insbesondere Malaria, Babesiose, Trypanosomiasis, Leishmaniasis),

  • die an Syphilis, Brucellose, Rickettsiose, Lepra, Rückfallfieber, Tularämie oder anderen, chronisch-persistierenden bakteriellen Infektionen erkrankt sind oder waren,

  • die an bösartigen Neoplasien leiden oder litten, wobei In-situ-Karzinome und Basalzellkarzinome nach kompletter Entfernung ausdrücklich ausgenommen werden,

  • die alkoholkrank, medikamentenabhängig oder rauschgiftsüchtig oder dessen begründet verdächtig sind,

  • bei denen ein erhöhtes Risiko für die Übertragung spongiformer Enzephalopathien besteht, insbesondere, weil sie mit Hypophysenhormonen humanen Ursprungs behandelt wurden, Kornea- oder Dura-mater-Transplantate erhalten haben, bei ihnen oder ihrer Familie spongiforme Enzephalopathien vermutet oder nachgewiesen wurden oder sie sich zwischen 1980 und 1996 länger als sechs Monate in Großbritannien aufgehalten haben bzw. nach 1980 in Großbritannien eine Bluttransfusion und/oder Operation erhalten haben,

  • die Xenotransplantate erhalten haben.

Dauerhaft von der Blutspende ist auch zurückzustellen, wer an chronischen Erkrankungen leidet oder litt und bei dem die Blutspende eine eigene Gefährdung oder eine Gefährdung des Empfängers nach sich ziehen kann. Personen, die ständig mit Arzneimitteln behandelt werden, können nach Beurteilung durch den Arzt zur Spende zugelassen werden.

Ein Dauerausschluss gilt auch für Personen mit HBV-Infektion, es sein denn, die Erkrankung liegt mehr als fünf Jahre zurück und virologische Kriterien sprechen für eine erloschene Kontagiosität (z. B. anti-HBs über 100 IE/l und kein Nachweis von HBV-Genom in einer sensitiven Nukleinsäurenachweistechnik).

Eine zeitlich begrenzte Zurückstellung von der Blutspende ist in der Regel angezeigt, wenn der Spendewillige sich einem Infektionsrisiko ausgesetzt hat oder einem solchen ausgesetzt wurde.

Nach den Richtlinien [66] ist eine Zurückstellung für 24 Monate vorgesehen:

  • nach medizinisch dokumentierter Heilung von Osteomyelitis, Q-Fieber, Tuberkulose und Infektionen mit Salmonella typhi und paratyphi,

  • nach Abschluss einer Behandlung wegen rheumatischen Fiebers.

Eine Zurückstellung für 12 Monate ist vorgesehen:

  • nach einer Tollwutimpfung im Rahmen der Postexpositionsprophylaxe,

  • nach Verabreichung von Sera tierischen Ursprungs.

Eine Zurückstellung für 6 Monate ist vorgesehen:

  • nach einer ausgeheilten Toxoplasmose.

Eine Zurückstellung für 4 Monate ist vorgesehen:

  • nach einer Hepatitis A,

  • nach Einreise aus HIV-, HCV-, HBV- oder HTLV-I/II-Endemiegebieten, wenn dort der zeitweilige Lebensmittelpunkt lag,

  • nach Intimkontakt mit Personen, die einer Gruppe mit erhöhtem Infektionsrisiko für HBV, HCV und/oder HIV angehören (insbesondere homo- und bisexuelle Männer, Drogenabhängige, männliche und weibliche Prostituierte und Häftlinge),

  • nach Entlassung aus der Haft,

  • bei engem Kontakt innerhalb einer häuslichen Lebensgemeinschaft mit dem Risiko einer Hepatitisinfektion (HAV, HBV, HCV) nach dem letzten Kontakt,

  • nach großen operativen Eingriffen sowie nach allogenen Organtransplantationen (außer Kornea und Dura mater: Hier ist der Spendewillige dauerhaft von der Blutspende auszuschließen),

  • nach Endoskopien, Biopsien und Katheteranwendungen (mit Ausnahme von Einmalkathetern),

  • nach Empfang von Blutkomponenten oder Plasmaderivaten (ausgenommen Humanalbumin),

  • nach unbeabsichtigter invasiver Exposition (auch Schleimhautkontakt) gegenüber Blut bzw. Verletzungen mit durch Blut kontaminierten Injektionsnadeln oder Instrumenten,

  • nach Akupunktur, soweit diese nicht unter aseptischen Bedingungen mit Einmalnadeln durchgeführt wurde,

  • nach Tätowierungen oder Durchbohrungen der Haut und/oder Schleimhaut zur Befestigung von Schmuck (Piercing).

Personen, die sich in Gebieten mit saisonal fortlaufender Übertragung des West-Nil-Virus aufgehalten haben, sind nach Verlassen dieses Gebietes 4 Wochen von der Blutspende zurückzustellen, sofern nicht auf West-Nil-Virus-Genom getestet wird. Ferner besteht die Möglichkeit, dass die Bundesoberbehörde bei besonderen epidemiologischen Situationen weitere Rückstellungen anordnet, wie zuletzt 2003 im Rahmen der SARS-Endemie.

Nach der Verabreichung von Lebendimpfstoffen (wie z. B. gegen Gelbfieber, Röteln, Masern, Mumps, Cholera, Typhus oder Poliomyelitis) ist eine Rückstellung für 4 Wochen, nach der Verabreichung einer Hepatitis-B-Impfung für 1 Woche vorgesehen. Nach allen anderen Impfungen (Tot- und Toxoidimpfstoffe, gentechnisch hergestellte Impfstoffe) ist keine Rückstellung erforderlich, wenn sich der Spender gesundheitlich nicht beeinträchtigt fühlt.

Nach fieberhaften Erkrankungen und/oder Durchfallerkrankungen unklarer Ursache sowie nach allen anderen Infektionserkrankungen, die nicht ausdrücklich in den Richtlinien aufgeführt werden, soll eine Rückstellung für 4 Wochen erfolgen. Nach allen unkomplizierten Infekten sollte die Rückstellung 1 Woche dauern; dieselbe Frist wird für kleine operative Eingriffe und Zahnextraktionen gesetzt. Zwischen einer zahnärztlichen Behandlung und der Spende soll 1 Tag liegen. Für operative Eingriffe erfolgt die Rückstellung von der Blutspende nach Entscheidung durch den Arzt. Auch die Zulassung von Allergikern sowie von Personen, die Medikamente einnehmen, liegt in der Entscheidung des Arztes. Während und 6 Monate nach Ende der Schwangerschaft kann keine Blutspende geleistet werden.

Hinsichtlich des Übertragungsrisikos einer Malariainfektion gelten folgende Ausschlussfristen:

  • Personen, die an Malaria erkrankt waren, sind nach dokumentierter Heilung für 4 Jahre von der Blutspende zurückzustellen;

  • Personen, die in einem Endemiegebiet geboren oder aufgewachsen sind oder dort ihren zeitweiligen Lebensmittelpunkt hatten, sind für 4 Jahre nach dem letzten Aufenthalt zu sperren; danach können sie zugelassen werden, wenn mittels geeigneter Verfahren nachgewiesen wurde, dass keine Infektiosität besteht;

  • Personen, die ein Malaria-Endemiegebiet besucht haben, sind für mindestens 6 Monate zu sperren.

In begründeten Fällen kann von den in den Richtlinien festgelegten Auswahlkriterien nach Entscheidung durch den Arzt abgewichen werden. Dies gilt v. a. für die Eigenblutspende, ist aber auch zulässig, um Blut- und Plasmaspenden mit besonderen Bestandteilen zu gewinnen. Letztere sind in Behältnisse abzunehmen, die deutlich mit dem Hinweis „nicht zur Transfusion geeignet“ gekennzeichnet sind. Derartige Spenden sind gesondert zu dokumentieren. Die Abnahme der Spende ist vor Beginn der Tätigkeit bei der zuständigen Behörde anzuzeigen.

2.2 Hämapheresespender

Bei der präparativen Hämapherese wird das Vollblut durch einen extrakorporalen Kreislauf geleitet und in Bestandteile aufgetrennt. Die nicht für das Präparat benötigten Blutbestandteile werden dem Spender unmittelbar zurückgegeben. Neben den aufgeführten Anforderungen an einen Vollblutspender muss der Hämapheresespender daher weiter gehende Voraussetzungen erfüllen [15][60][66]. Die Venenverhältnisse müssen für das Aphereseverfahren geeignet sein. Der Spender muss über die Besonderheiten des Verfahrens sowie die möglichen Risiken und Nebenwirkungen aufgeklärt werden und diese Aufklärung und die Einwilligung in das Verfahren durch Unterschrift bestätigen. Zwischen einer Vollblutspende und einer Thrombozytenspende oder Plasmapherese sollen mindestens 48 h liegen.

2.2.1 Plasmapheresespender

Zu den oben genannten Eignungskriterien müssen für die Plasmapherese anlässlich jeder fünften Spende das Gesamteiweiß und die IgG-Konzentration bestimmt werden; das Gesamteiweiß muss mehr als 60 g/l, die IgG-Konzentration mehr als 6 g/l betragen. Die Eignungsuntersuchung soll anlässlich der ersten Plasmaspende und nach jeder 15. Plasmaspende, spätestens aber alle 2 Jahre, durchgeführt werden.

Personen, die ausschließlich Plasma zur Fraktionierung spenden, müssen nach Aufenthalt in Malaria-Endemiegebieten nicht zurückgestellt werden. Auch die übrigen Protozoonosen können unberücksichtigt bleiben, ebenso chronisch-bakterielle Infektionen, Aufenthalt in West-Nil-Virus-Endemiegebieten sowie operative Eingriffe und/oder Transfusionen in Großbritannien nach 1980. Zu beachten ist, dass bei Frauen, die ein niedrig dosiertes Gestagen-Monopräparat (sog. „Minipille“) einnehmen, zwischen Einnahme des Präparats und Apheresebeginn mindestens 3 h vergangen sein müssen.

Das maximale Entnahmevolumen pro Apherese richtet sich nach dem Körpergewicht des Spenders und beträgt unabhängig vom Geschlecht 650 ml bei Spendern bis 60 kgKG, 750 ml bei Spendern bis 80 kgKG und 850 ml bei Spendern ab 80 kgKG (einschließlich Antikoagulans, zuzüglich Untersuchungsproben). Zwischen einer Plasmapherese und einer weiteren Spende sollten zwei spendefreie Tage liegen; innerhalb von 12 Monaten können 45 Plasmapheresen durchgeführt werden.

Die Besonderheiten bei der Gewinnung von Hyperimmunplasma sind in einer entsprechenden Richtlinie der Bundesärztekammer zusammengefasst [65].

2.2.2 Thrombozytapherese spender

Neben den für Apheresespender festgelegten Kriterien ist zu beachten, dass die Thrombozyten des Spenders nicht durch Medikamente in ihrer Funktion beeinträchtigt sein dürfen (z. B. durch Acetylsalicylsäure). Vor der Apherese bzw. innerhalb von 15 min nach Beginn der Apherese ist neben dem Hb-Wert auch die Thrombozytenzahl zu bestimmen; diese muss über 150 × 109/l betragen. Die Eignungsuntersuchung soll anlässlich der ersten Thrombozytapherese und nach jeder 10. Thrombozytapherese, spätestens aber nach 2 Jahren durchgeführt werden.

Das maximale Entnahmevolumen beträgt 750 ml (einschließlich Antikoagulans, zuzüglich Untersuchungsproben). Pro Jahr können bis zu 26 Thrombozytapheresen durchgeführt werden, wobei auch tägliche Thrombozytapheresen an 5 aufeinanderfolgenden Tagen möglich sind; zwischen einem 5-Tage-Zyklus und der nächsten Spende müssen dann 14 Tage liegen, ein erneuter 5-Tage-Zyklus ist erst wieder nach 3 Monaten möglich.

2.2.3 Erythrozytapheresespender

Sollen anlässlich einer Erythrozytapherese 2 Präparate gewonnen werden, gelten für alle Spender untere Grenzwerte von 14,0 g/dl Hämoglobin sowie ein minimales Körpergewicht von 70 kg. Für die Eignungsuntersuchung gelten dieselben Vorgaben wie bei der Thrombozytapherese. Das maximale Entnahmevolumen pro Apherese beträgt 500 ml, auch für die Entnahme von 2 Präparaten. Nach der Erythrozytapherese müssen mindestens acht Wochen bis zur nächsten Vollblutspende oder Erythrozytapherese vergehen; nach der Gewinnung von zwei Erythrozytenpräparaten müssen 16 Wochen bis zur nächsten Vollblutspende oder Erythrozytapherese verstreichen. Das Gesamtspendevolumen darf 1000 ml Erythrozyten bei Frauen bzw. 1500 ml Erythrozyten bei Männern pro Jahr nicht übersteigen.

2.2.4 Multikomponenten-Apheresespender

Die gleichzeitige Entnahme mehrerer Produktarten, z. B. die gleichzeitige Gewinnung von einem Thrombozytenkonzentrat und einem Plasma oder von einem Erythrozytenkonzentrat und einem Plasma während einer Apherese, ist grundsätzlich möglich. Die Eignung zur Multikomponenten-Apherese ist anlässlich der ersten Spende sowie anlässlich jeder zehnten Multikomponenten-Apheresespende zu überprüfen, mindestens jedoch im Abstand von zwei Jahren. Da die Apheresesysteme eine Reihe von Kombinationsmöglichkeiten bieten, sollte darauf geachtet werden, dass die Multikomponenten-Apheresespende den Spender nicht stärker belastet als jede Einzelspendeart. Das maximale Bruttoentnahmevolumen soll 750 ml (einschließlich Antikoagulans, zuzüglich Untersuchungsproben) nicht überschreiten.

2.2.5 Granulozytapherese- und allogene Blutstammzellspender

An Spender für die Granulozytapherese und für die Gewinnung allogener Blutstammzellen sind besondere Anforderungen zu stellen. Die Spende dieser Präparate ist stets eine gerichtete Spende für einen bestimmten Patienten und unterliegt besonderen Vorschriften [15][66].

Granulozytapheresespender müssen mit Zytokinen und/oder Kortikoiden konditioniert werden. Vor Beginn der Konditionierung soll die Leukozytenzahl nicht unter 3 × 109/l und nicht über 13 × 109/l liegen; durch die Konditionierung sollen die Leukozytenwerte nicht über 70 × 109/l ansteigen. Beim Einsatz von Steroiden sollte eine Blutzuckerbestimmung durchgeführt werden. Die ärztliche Feststellung der Spendereignung sollte nicht länger als eine Woche vor der Apherese liegen. Während der Apherese gelangt aufgrund des Verfahrens (▶ Abschn. 16.7.2) neben dem Antikoagulans auch ein Sedimentationsbeschleuniger (in der Regel Hydroxyethylstärke) in die Zirkulation des Spenders. Eine Schwangerschaft muss durch geeignete Testverfahren ausgeschlossen sein. Ein Spender darf nicht mehr als vier Granulozytapheresespenden pro Jahr leisten.

3 Blutentnahme

Der Spendebereich, in dem die Entnahme durchgeführt wird, soll abgesondert, ausschließlich für diesen Zweck bestimmt und möglichst ruhig sein. Neben einer geordneten Spendeentnahme ist der Schutz der Persönlichkeitssphäre des Spenders sicherzustellen. Die Blutentnahme wird durch einen Arzt oder unter Aufsicht eines Arztes von entsprechend ausgebildetem medizinischem Assistenzpersonal durchgeführt. Die notfallmedizinische Versorgung des Spenders muss gesichert sein. Werden im Rahmen der Hämapherese Geräte eingesetzt, die nach dem Prinzip des extrakorporalen Kreislaufs arbeiten, müssen diese den Vorschriften der Medizinprodukte-Betreiberverordnung (MPBetreibV) [44] bzw. des Medizinproduktgesetzes (MPG) [43] entsprechen.

Alle eingesetzten Materialien, Behältnisse und Konservierungslösungen müssen pyrogenfrei, steril und gemäß den Richtlinien amtlich zugelassen und chargengeprüft sein [18] bzw. den Bedingungen der Europäischen Arzneibuches [16] entsprechen.

3.1 Technik

Da die Blutentnahme in der Regel durch eine andere Person als durch den Untersucher erfolgt, ist eine Identifizierung des Spenders unmittelbar vor der Blutspende erforderlich. Zur Gewährleistung der Identität des Blutes und der für Laboruntersuchungen erforderlichen Blutproben sind alle für einen Spender vorbereiteten Behältnisse vor Beginn der Blutentnahme zu kennzeichnen (Name, Nummer). Unmittelbar vor der Blutentnahme und nachdem der Spender sich auf die Spendeliege gelegt hat, ist er eindeutig positiv zu identifizieren (z. B. durch Überprüfung von Name und Geburtsdatum) und die Identität der Kennzeichnung an dem Blutbehälter und den Probenröhrchen nochmals zu überprüfen.

Nach dem Anlegen einer Blutdruckmanschette am Oberarm (günstiger als eine einfache Staubinde, bei welcher der Druck nicht kontrolliert werden kann) wird der Manschettendruck auf die Höhe des diastolischen Drucks eingestellt und der Spender aufgefordert, die Hand zur Faust zu schließen. Unter den so gestauten Kubitalvenen kann die am besten geeignete ausgewählt werden (wenn möglich, zentral gelegen, da bessere Lagerung der Kanüle).

Die Reinigung der Haut im Durchmesser von ca. 5 cm um die Einstichstelle hat mit einem für die Hautdesinfektion anerkannten Desinfektionsmittel [41] zu erfolgen, das mit einem sterilen Tupfer mehrmals wischend aufgetragen werden soll. Im Anschluss an die Reinigung soll dasselbe Desinfektionsmittel erneut aufgetragen werden; nach Ablauf der vorgeschriebenen Einwirkzeit erfolgt die Punktion ohne nochmalige Palpation der Vene, am besten leicht von der Seite, was für den Fall, dass der Spender durch Öffnen und Schließen der Faust den Blutfluss unterstützen muss, die Lage der Nadel stabilisiert. Nach der Punktion wird die für Untersuchungsproben erforderliche Blutmenge zunächst in einen Nebenbeutel geleitet; mit dieser Maßnahme soll die Gefahr der bakteriellen Kontamination des Vollblutes (durch Hautkeime) reduziert werden (sog. „predonation sampling“) [13]. Danach wird die Sperre am eigentlichen Konservenschlauch gelöst; der Druck in der Manschette sollte knapp unter den diastolischen Wert eingestellt werden. Für einen ungehinderten Blutfluss wird der Blutbehälter unterhalb der Ebene der Einstichstelle platziert. Da die Füllung der Plastikbeutel durch Schwerkraft erfolgt, ist eine Verlangsamung der Fließgeschwindigkeit in der Regel nicht erforderlich. Bei Bedarf kann sie durch Veränderung des Druckes in der Druckmanschette beeinflusst werden.

Um einer Gerinnselbildung im Blutbehälter vorzubeugen, ist mehrfaches Durchmischen während der Blutentnahme unerlässlich. Hierfür sind unterschiedliche Typen von Mischgeräten auf dem Markt. Ihr gemeinsames Funktionsprinzip ist eine andauernde Kipp- oder Schaukelbewegung des Blutbehälters während der Blutentnahme. In der Regel sind diese Geräte mit einer einstellbaren Gewichtsmessung (Mischwaage) versehen, die das Erreichen der gewünschten Blutmenge im Beutel akustisch oder optisch anzeigt. Die Gesamtdauer der Vollblutspende soll 15 min nicht überschreiten, um das Risiko einer Gerinnselbildung im Schlauchsystem, das frei von Antikoagulanzien ist, zu vermeiden.

Auf die Einhaltung des vorgeschriebenen Mischverhältnisses zwischen Blut und Konservierungslösung ist zu achten; in der Regel verschließt eine elektronische Klemme an der Waage den Zufluss, wenn das Sollgewicht erreicht wurde. Wenn der Blutbehälter gefüllt ist, wird der Entnahmeschlauch mit der Sperre verschlossen, der Staudruck aufgehoben, die Kanüle aus der Vene gezogen und die Einstichstelle mit einem Tupfer bedeckt. Der Spender soll bei gestrecktem, erhobenem Arm (nicht im Ellbogen knicken, da so leichter Hämatome entstehen) den Tupfer gegen die Einstichstelle drücken, die in der Regel nach 3–5 min verschlossen ist und nun verbunden werden kann. Der obere Schlauchanteil mitsamt der Kanüle kann durch Schweißung von der Vollblutkonserve getrennt werden.

Während und mindestens 10 min nach der Blutspende darf der Blutspender nicht unbeaufsichtigt bleiben. Zur Vorbeugung von Schwindel sind plötzliche Veränderungen der Körperlage (Aufsetzen, Aufrichten) zu vermeiden. Nach Möglichkeit sollten dem Spender nach der Blutspende ein kleiner Imbiss und ausreichend Getränke gereicht werden. Der Spender muss darauf hingewiesen werden, dass er frühestens 30 min nach der Spende am öffentlichen Straßenverkehr teilnehmen kann. Für bestimmte Betätigungen (z. B. Personenbeförderung) können längere Wartezeiten erforderlich sein.

3.2 Zwischenfälle bei der Blutentnahme

Bei etwa 2–5 % der Blutspender kommt es nach einem initialen Anstieg von Blutdruck und Herzfrequenz zu einer paradoxen, parasympathikotonen Reaktion mit Vasodilatation, Bradykardie und Hypotension (vasovagale Reaktion) [49]. Die Neigung zu diesem Reaktionstyp ist umso ausgeprägter, je jünger der Spender ist, je niedriger das Körpergewicht und je kleiner die Anzahl der zuvor geleisteten Spenden sind [78], doch ist der prädikative Wert dieser Variablen sehr gering. Angst, starke Emotionen und Schmerzen haben einen erheblichen Einfluss auf das Auftreten und den Verlauf einer vasovagalen Reaktion. Die klinischen Symptome sind Blässe, Benommenheit, Angst, Schweißausbruch, Hyperventilation, unregelmäßige Atmung, Übelkeit, Blutdruckabfall und Abfall der Herzfrequenz. In ausgeprägten Fällen kommt es zum Verlust des Bewusstseins (vasovagale Reaktion mit Synkope, Prävalenz < 0,3 %), in schweren Fällen können Zyanose, Tetanie, Konvulsionen und Inkontinenz auftreten.

Oft kann die Frühphase der Reaktion durch Hochlagern der Beine (Anheben über Kopfniveau), Beeinflussung des Atmungsmusters (z. B. Aufforderung zum Husten) und Ablenken der Aufmerksamkeit wirksam unterbunden werden. Bei Übelkeit und Erbrechen sind entsprechende Hilfestellungen erforderlich. Auch bei Synkopen, Tetanien und Konvulsionen ist die Hochlagerung der Beine die wichtigste Hilfemaßnahme, nachdem sichergestellt wurde, dass die Atemwege frei sind. Bei Krämpfen sind Maßnahmen zum Schutz des Spenders und seiner Umgebung zu ergreifen (Entfernen der Spendenadel, Einschieben von Beißkeil und/oder Güdeltubus, sichere Lagerung z. B. auf dem Boden). Ob bei ausgeprägten Reaktionen die Gabe von Volumen (isotone Kochsalzlösung) bzw. eine medikamentöse Therapie (z. B. Parasympathikolyse mit Atropin) indiziert ist, bleibt ärztliche Einzelfallentscheidung.

Ein Großteil der vasovagalen Reaktionen tritt im Nachsorgebereich auf, sodass rund 10 % der Spender mit vasovagalen Reaktionen Folgeverletzungen durch Sturzereignisse davontragen, insbesondere Schürfwunden [50]. Der für den Spendebereich verantwortliche Arzt muss im Einzelfall entscheiden, ob eine weitere Diagnostik und/oder Therapie erforderlich ist. Da für Blutspender in Deutschland eine allgemeine Unfall- und Wegeversicherung besteht, sollte in Verletzungsfällen die Vorstellung beim Durchgangsarzt nicht versäumt werden.

Zur Vermeidung derartiger Zwischenfälle während und nach der Blutspende sollte der Blutspender ausgeruht und entspannt zur Blutspende erscheinen, nicht unter Zeitdruck stehen und nach der Spende genügend Flüssigkeit zu sich nehmen. Es sollte darauf geachtet werden, dass die Kleidung nicht zu beengt ist und dass der Spender nach der Spende nicht sofort aufsteht. Die Möglichkeit zur körperlichen und psychischen Entspannung sollte gegeben sein. Der Spender soll die Spendeeinrichtung erst dann verlassen, wenn er sich vollkommen beschwerdefrei fühlt.

Seltene Zwischenfälle

Hämatome sind gelegentlich zu beobachten und in aller Regel unbedenklich, können durch Schwellung und Schmerz den Blutspender aber verunsichern. Kommt es während der Spende zur Ausbildung eines größeren Hämatoms, sollte diese abgebrochen werden. Ein straffer, aber nicht zu fester Kompressionsverband sollte 1 h angelegt bleiben. Der Spender sollte den Arm für etwa 6 h nach der Punktion nicht übermäßig beanspruchen (z. B. nicht schwer heben).

Überempfindlichkeitsreaktionen auf Desinfektionslösungen oder Verbandsmaterialien sind gelegentlich beobachtet worden.

Sehr seltene Ereignisse, die im Zusammenhang mit Blutspenden berichtet wurden, sind arterielle Pseudoaneurysmen und arteriovenöse Fisteln nach Fehlpunktion einer Arterie, Verletzungen von Ästen des N. medianus und N. ulnaris, lokale Wundinfektionen und/oder Thrombophlebitiden und Kompartmentsyndrome des Arms durch Einblutungen in die Muskellogen. Über Eintreten und Dauer eines jeden Zwischenfalls ist ein Protokoll zu führen, das den Spenderakten hinzugefügt wird. Der Zwischenfall ist vom Arzt nachträglich mit dem Spender zu besprechen.

Während und nach Häm- und Plasmapheresen mit Zellseparatoren können Zwischenfälle besonderer Art auftreten. Nebenwirkungen durch Citrat, die sich insbesondere durch Parästhesien und metallischen Geschmack auf der Zunge manifestieren, sind häufiger zu beobachten und können in der Regel durch die orale Gabe von Calcium unterbunden werden. Schwere Formen jedoch, die die Unterbrechung der Apherese oder die i.v.-Gabe von Calcium erfordern, sind selten (ca. 0,5 % aller Apheresen) [42].

4 Herstellung von Blutkomponenten

Bereits im ersten Weltkrieg setzte O. H. Robertson Glasflaschen mit Citrat-Glucose-Lösung ein. Glasflaschen blieben bis in die 1970er Jahre im Gebrauch, anschließend wurden sie komplett von Kunststoffbeuteln abgelöst. Um das Risiko der Übertragung von Syphiliserregern zu reduzieren, wurde eine schnelle Abkühlung und Lagerung von Vollblut bei 1–6 °C mindestens 72 h vor Transfusion angestrebt. Die Transfusion von Vollblut wurde gängige Praxis. Unter den Vollblut-Lagerungsbedingungen kam es jedoch zu einem erheblichen Verlust an funktionstüchtigen Gerinnungsfaktoren. Daraus wiederum ergab sich die Notwendigkeit zu einer möglichst frühen Trennung von Zellen und Plasma, damit letzteres zur Bewahrung der Gerinnungsaktivität rasch eingefroren werden konnte. Die Glasflasche ermöglichte diesen ersten Schritt in Richtung Blutkomponentenseparation, da sie zentrifugiert und das Plasma vom Zellsediment getrennt werden konnte. Das so gewonnene Plasma konnte transfundiert oder als Ausgangsmaterial zur Gewinnung von Gerinnungsfaktoren, Albumin, Immunglobulinen und anderen Plasmabestandteilen verwandt werden. Die Trennung von Vollblut in ein Erythrozytenkonzentrat (mit Thrombozyten und Leukozyten) und Gefrierplasma hatte darüber hinaus auch den Vorteil der Volumenreduktion.

Da es sich bei dieser Form der Blutkomponentenherstellung aber um ein Verfahren im offenen System handelte, bestand das erhöhte Risiko bakterieller Kontamination, ganz abgesehen vom Glasbruchrisiko während der Zentrifugation. Einen wesentlichen Fortschritt hinsichtlich der Handhabung und zur Reduktion des Kontaminationsrisikos bei der Blutkomponentenherstellung stellte die in den 1950er Jahren vollzogene Einführung von Kunststoffbeuteln dar. Um die durch Zentrifugation getrennten Blutkomponenten ohne Kontaminationsgefahr voneinander trennen zu können, wurden durch Schläuche miteinander verbundene Zweifach-, später auch Dreifach- bzw. Vierfachbeutelsysteme (◉ Abb. 16.1) für Gefrierplasma, Erythrozyten- und Thrombozytenkonzentrat sowie den „buffy coat“ entwickelt. Mehrfachbeutelsysteme ermöglichen heute zudem die Leukozytenreduktion durch Filtration im geschlossenen System (sog. „Inline-Filtration“).

Abb. 16.1
figure 1

Flussdiagramme zur Herstellung von Blutkomponenten aus Vollblut. 1Leukozyten-depletiertes Erythrozytenkonzentrat, 2Leukozyten-depletiertes Pool-Thrombozytenkonzentrat aus 4–6 „buffy coats“

Mit Einführung der gezielten Thrombozytensubstitution Anfang der 1960er Jahre in der Behandlung von Leukämiepatienten und dem damit einhergehenden erhöhten Thrombozytenbedarf begann die Ära der Gewinnung von Thrombozyten aus der Vollblutspende und durch maschinelle Zellseparation (Hämapherese). Die Fraktionierung von Vollblut in Erythrozytenkonzentrat, Gefrierplasma und ggf. Thrombozytenkonzentrat ist heute Standard. Die Transfusion von Vollblutkonserven wird weitgehend als obsolet angesehen, da wichtige Bestandteile wie Gerinnungsfaktoren und Thrombozyten während der Vollblutlagerung bereits nach kurzer Zeit funktionell inaktiv werden.

4.1 Blutbeutel

Walter u. Murphy [81] führten 1952 den Urtyp des modernen Kunststoffbeutels ein. Er bestand aus einem kollabierbaren Beutel, der mit ACD-Lösung gefüllt war, sowie einem integrierten Schlauch aus PVC (Polyvinylchlorid) mit Punktionsnadel. Die günstigen Eigenschaften hinsichtlich Verformbarkeit und Kollabierbarkeit (von der Füllung bei der Spende zur Entleerung bei der Transfusion), Temperaturverträglichkeit (+120 °C bei der Autoklavierung, –70 °C bei der Lagerung von Gefrierplasma), Widerstandsfähigkeit (bei der Zentrifugation) und Blutkompatibilität haben dazu beigetragen, dass Blutbeutel aus PVC mit zugesetzten Weichmachern bis heute zur Anwendung kommen. Neben dem Weichmacher DEHP (Di-[2-ethylhexyl]phthalat) wird auch TEHTM (Tri-[2-ethlhexyl]trimellitat) sowie in manchen europäischen Ländern (Spanien, Norwegen, Schweden) BTHC (Butyryl-n-trihexyl-citrat) verwendet.

Die eingesetzten Weichmacher gehen während der Lagerung aus der Beutelfolie in die Blutkomponente über. DEHP beispielsweise kann im Zytosol und der Membranfraktion gelagerter Erythrozyten nachgewiesen werden. Während aber ein stabilisierender Effekt von DEHP auf die Erythrozytenmembranen und geringere Hämolyseraten sicher nachgewiesen werden konnten, waren toxische oder kanzerogene Wirkungen der Weichmacher bisher nicht sicher nachzuweisen. Der Weichmacher TEHTM reichert sich in wesentlich geringerem Maße im Blutprodukt an.

Für Thrombozytenkonzentrate kommen neben modifizierten PVC-Beuteln auch solche aus Polyolefin zum Einsatz, die frei von Weichmachern sind (▶ Abschn. 16.4.6).

4.2 Antikoagulanzien und Stabilisatoren

1890 folgerten Arthus und Pagès, dass Calciumsalze unabdingbar für den Gerinnungsvorgang sind, und kurz darauf erkannte Wright 1893 die Bedeutung von Citrat für die Bluttransfusion. Die erste Transfusion beim Menschen von mit Citrat antikoaguliertem Blut führte vermutlich Hustin im März 1914 durch [45]. Die gerinnungshemmende Wirkung des Citrates beruht auf seiner hohen Bindungsfähigkeit mit ionisiertem Calcium (Chelatbildung). In geringen, langsam i. v. verabreichten Mengen ist es unbedenklich; bei normaler Leberfunktion wird das durch eine oder wenige Bluteinheiten zugeführte Citrat verhältnismäßig schnell abgebaut. Bei massiver und schneller Infusion hingegen wurden Citratintoxikationen (Tetanie, Hyporeflexie, Muskelschwäche, Bradykardie, Herzstillstand) beobachtet. Aus diesem Grunde werden Konservierungslösungen mit niedrigen Citratkonzentrationen bevorzugt. In geringer Konzentration hat Citrat zudem keinen Einfluss auf die Vitalität der Erythrozyten. Citrat ist heute das am häufigsten eingesetzte Antikoagulans. Rous und Turner zeigten 1916, dass der Zusatz von Zucker zur Citratlösung die Haltbarkeit des abgenommenen Blutes verbesserte [45]. Citrat und Glucose bilden bis heute die Basis aller Stabilisatorlösungen.

4.2.1 ACD-Stabilisator

ACD ist eine Mischung aus Zitronensäure (Acidum citricum), Natriumcitrat und Dextrose. Um das Karamelisieren der zur Ernährung der Erythrozyten zugefügten Glucose in Lösung während der Sterilisation zu verhindern, hatten Loutit und Mollison Zitronensäure zur Ansäuerung verwendet. Mit Überraschung wurde festgestellt, dass dadurch auch die Lebensfähigkeit der Erythrozyten im Blutbeutel deutlich verlängert werden konnte. Glucose-Citrat-Lösungen wurden daraufhin allgemein in die Blutkonservierung eingeführt, und es existieren heute viele Modifikationen, die sich in ihrer Zusammensetzung nur geringfügig unterscheiden. Da bei den meisten das Verhältnis zwischen Zitronensäure und Citrat gleich ist, liegt auch der pH-Wert der meisten Lösungen um 5. Nach der Mischung mit Blut im Verhältnis 4:1 (±10 %) ergibt sich durch die Proteinpuffer des Plasmas ein pH von 7,0–7,1. Die Einhaltung der vorgeschriebenen Mischverhältnisse von Stabilisatorlösung und Blut ist von wesentlicher Bedeutung für die Erhaltung der Überlebensfähigkeit von Erythrozyten. Die Lagerungszeit der ACD-Konserve beträgt 21 Tage; unzureichende Konservenfüllung vermindert die Lebensfähigkeit der gelagerten Erythrozyten stark [10].

4.2.2 CPD-Stabilisator

Der Abfall des pH-Wertes in der Konserve über die Zeit ist eine Folge der anaeroben Glykolyse durch die Erythrozyten mit Freisetzung von Milchsäure als Stoffwechselprodukt. Durch den Zusatz von Natriumphosphat als Puffersubstanz in der CPD-Lösung kann der pH-Wert stabilisiert werden [24]. Ein nicht genau eingehaltenes Mischverhältnis zwischen Stabilisatorlösung und entnommener Blutmenge hat in CPD-Lösungen einen geringeren Einfluss auf die Lebensfähigkeit der Erythrozyten als in ACD-Lösungen [9]. Von den meisten Untersuchern wird der Prozentsatz der lebensfähigen, in CPD-Lösungen gelagerten Erythrozyten etwas höher angegeben im Vergleich zu ACD-Lösungen; es gibt aber auch gleichlautende Befunde.

4.2.3 Stabilisatoren mit Zusatz von Purinnukleosiden

Der Zusatz von Purinbasen (Adenin, Inosin) zu Konservenblut verlängert dessen Lagerungsfähigkeit, indem die Synthese von ATP und 2,3-DPG gefördert und somit die Lebensfähigkeit der Erythrozyten verbessert wird. Gelagertes Blut, das gleichzeitig mit Inosin und Adenin versetzt war, wies einen höheren ATP-Gehalt auf als Blut, welchem nur Inosin zugesetzt wurde [2]. Allerdings verbesserte bereits der Zusatz von Adenin allein (Blutkonzentration 0,5 mmol) die Lebensfähigkeit der Erythrozyten so, dass nach 35-tägiger Lagerung noch 70 % der Erythrozyten 24 h in vivo überleben [72]. Das Risiko der Anwendung von Inosin besteht darin, dass 1 mol Inosin zu 1 mol Harnsäure metabolisiert wird und es so durch die Verabreichung einer größeren Anzahl von Konserven beim Patienten zu einer Hyperurikämie kommen kann.

Adenin selbst scheint nicht toxisch zu sein; ungefähr 10 % werden in vivo in relativ unlösliches 2,8-Dioxyadenin umgewandelt. Bei einer verabreichten Menge von 15 mg/kgKG kam es bei einigen Patienten zu Ablagerungen in der Niere, jedoch ohne Anzeichen einer Toxizität [21]. Diese Adeninmenge entspricht etwa 60 Vollblutkonserven bzw. 120 Erythrozytenkonzentraten, da nicht alles Adenin intrazellulär aufgenommen wird. Auch nach Austauschtransfusionen mit adeninhaltigem Blut (0,5 mmol) bei Neugeborenen wurden keine Schäden durch Adenin festgestellt. Der Adeninspiegel einer bei 4 °C gelagerten Konserve sinkt im Laufe von 3 Wochen auf ca. 15 % des Ausgangswertes ab.

Vergleicht man die Lebensfähigkeit von in CPD gelagerten Erythrozyten mit der von in CPD-Adeninlösungen (CPDA) gelagerten, so beträgt diese nach 4 Wochen Lagerzeit in reiner CPD-Lösung 66 %, in CPD-Adeninlösung 76 % [1]. Die CPDA-1-Lösung ist heute weit verbreitet und gilt als sichere und gut verträgliche Konservierungslösung (Zusammensetzung ◉ Tab. 16.1). Die mögliche Lagerzeit wird für Vollblut mit 35 Tagen angegeben. In der Folge wurden 2 weitere CPDA-Lösungen entwickelt: CPDA-2 und CPDA-3. Beide Lösungen enthalten im Vergleich zu CPDA-1 die doppelte Endkonzentration an Adenin.

Tab. 16.1 Zusammensetzung ausgewählter Antikoagulanzien und Stabilisatoren. (Nach Angaben der Hersteller und [16])

Mit Hilfe einer Zweistufenmethode, d. h. der Vollblutentnahme in ein Antikoagulans und der anschließenden Weiterverarbeitung mit Gewinnung eines Erythrozytenkonzentrates, lassen sich Erythrozyten auch in eiweißarmen Elektrolytmedien, sog. additiven Lösungen (◉ Tab. 16.5), über 49 Tage lagern. Im Vergleich zur Lagerung in CPDA-1 zeigen Erythrozyten in Adsol gelagert signifikant geringere morphologische Veränderungen und Vesikelbildungen [26].

Die Erythrozyten haben nach 49-tägiger Lagerung eine 24-h-Überlebenszeit in vivo von über 75 % und zeigen nur eine minimale Hämolyse. Als weiterer Vorteil dieser Methode sind die guten Fließeigenschaften anzuführen, die sich aus einem Hämatokrit von ca. 60 % ergeben [29]. Daher ist die Zweistufenmethode heute das am häufigsten eingesetzte Verfahren zur Gewinnung von Erythrozytenkonzentraten.

4.3 Leukozytendepletion

Leukozyten in Blutkomponenten können nach der Transfusion beim Empfänger zahlreiche unerwünschte Wirkungen auslösen. Hierzu gehört die febrile, nichthämolytische Transfusionsreaktion, die Alloimmunisierung gegen HLA-Antigene, die Übertragung leukozytenständiger Krankheitserreger (z. B. HTLV-I, CMV, EBV, Yersinia enterocolitica), die Graft-vs.-Host-Krankheit und die Beeinflussung immunologischer Funktionen beim Empfänger. Eine Reduktion der transfundierten Leukozyten auf unter 5 × 107 Zellen verhindert die meisten der benannten unerwünschten Wirkungen, ausgenommen die Graft-vs.-Host-Krankheit, zu deren Verhinderung die Blutprodukte bestrahlt werden müssen.

Die effektive Abreicherung von Leukozyten wird durch Filter erreicht, die aus mehreren Schichten nichtgewebter, synthetischer Fasern aufgebaut sind (Übersicht bei [8]). Während ursprünglich zunächst Baumwolle, dann Zelluloseacetat und auch Nylon zum Einsatz kamen, dominieren heute Filter aus Polyesterfasern; auch Polyurethanfasern werden eingesetzt. Ionisation und chemische Behandlung erhöhen die Benetzungsfähigkeit der verwendeten Fasern. Die modernen Filter mit geringem Totraum haben dazu beigetragen, dass die Filtration heute ein einfaches Ein-Schritt-Verfahren darstellt, bei dem die Leukozytenabreicherung bis zu 5 log-Stufen beträgt. Dabei beruht der Filtrationsmechanismus im Wesentlichen auf

  1. 1.

    dem (mechanischen) Siebeffekt,

  2. 2.

    der Adhäsion von Leukozyten an die Fasern und

  3. 3.

    der Adhäsion von Leukozyten an Thrombozyten, die ihrerseits an Fasern adhäriert haben.

Die Gewichtung der Einzelfaktoren ist dabei abhängig von dem verwendeten Filter (Fasertyp und Aufbau), der Zusammensetzung des Blutpräparates, der Temperatur und dem Filtrationszeitpunkt. So konnte für Polyesterfilter gezeigt werden, dass nach Filtration bei Raumtemperatur mindestens doppelt so viele Restleukozyten im Präparat zurückblieben wie nach Filtration bei 4 °C [79].

Ein niedriger Ausgangsleukozytenwert durch vorangegangene Entfernung des „buffy coat“ fördert den Filtrationserfolg, denn die schlechter durch den Filter entfernbaren Lymphozyten werden bereits mit dem „buffy coat“ eliminiert. Der günstigste Zeitpunkt für die Filtration scheint zwischen 6 h und 24 h nach Blutabnahme zu liegen, da die Leukozytenreduktionsrate noch kurz nach Abnahme ( < 2 h) weniger als 99 % beträgt und für die Bakterienabtötung eine Lagerung für 6 h bei Raumtemperatur empfohlen wird [9][25][57]. Nach 24 h ist mit vermehrtem Zerfall der Granulozyten und Freisetzung phagozytierter, nicht abgetöteter Mikroorganismen zu rechnen, die andernfalls durch Filtration entfernt würden.

Nach den Vorgaben der AABB [77] enthält eine leukozytendepletierte Einheit (Erythrozyten- oder Thrombozytenkonzentrat) weniger als 5 × 106 Leukozyten, nach den Empfehlungen des Europarates [14] sind es weniger als 1 × 106 Leukozyten; die verfügbaren Filtersysteme ermöglichen die Abreicherung auf den europäischen Grenzwert. In Deutschland dürfen nur noch Erythrozyten- und Thrombozytenkonzentrate in Verkehr gebracht werden, die weniger als 1 × 106 Leukozyten pro Einheit enthalten.

4.4 Vollblutlagerung

Nach den für Deutschland gültigen Richtlinien [66] soll die Auftrennung von Vollblut in seine Komponenten so schnell wie möglich erfolgen und spätestens nach 24 h abgeschlossen sein. Vergehen mehr als 8 h bis zur Auftrennung, soll die Umgebungstemperatur bei 4(±2) °C oder bei 18–24 °C liegen. In den USA ist eine maximale Lagerzeit von 8 h bis zur Weiterverarbeitung vorgesehen, wobei die Vollbluteinheiten auf 1–6 °C heruntergekühlt werden sollen [77]. Falls auch Thrombozyten aus dem Vollblut gewonnen werden sollen, liegt die Lagertemperatur bei 20–24 °C.

Eine möglichst rasche Vollblutabkühlung auf 1–6 °C und eine Plasmaseparation innerhalb von 6 h ist insbesondere für die Erhaltung der Aktivität der Gerinnungsfaktoren im Plasma wünschenswert. Wird Vollblut hingegen für einige Stunden bei Raumtemperatur gelagert, kommt es zu einer Verhinderung oder Verminderung des Wachstums kontaminierender Bakterien.

Kontaminierende Bakterien stammen in aller Regel von der Haut des Blutspenders und können sich in Erythrozyten-, v. a. aber in den bei Raumtemperatur gelagerten Thrombozytenkonzentraten vermehren und zu Transfusionszwischenfällen führen. Eine längere Kontaktzeit zwischen Bakterien und Leukozyten im Konservenblut verbessert die Phagozytose und Abtötung der Mikroorganismen. Wird anschließend außerdem die Zahl der Leukozyten abgereichert, so werden mit den Leukozyten auch alle phagozytierten, aber noch nicht abgetöteten Bakterien aus dem Blut entfernt [32][33][57]. Inwieweit diese Maßnahmen nach Einführung des „predonation sampling “ noch tatsächliche Bedeutung besitzen, ist nicht untersucht. In den meisten Blutspendeeinrichtungen wird die Zeitdauer der Vollblutlagerung operativ festgelegt, d. h. nach den räumlichen und zeitlichen Gegebenheiten.

Für die Vollblutseparation in Gefrierplasma, Erythrozyten- und Thrombozytenkonzentrat nach dem Buffy-coat-Verfahren (▶ Abschn. 16.4.6.2) konnte gezeigt werden, dass Vollblut bis zu 20 h bei 20 °C gelagert werden kann, wenn es mit Hilfe von 1,4-Butan-diol-Kühlelementen innerhalb von 2–3 h nach Abnahme auf 20 °C gekühlt wird. Wird das später gewonnene Plasma innerhalb von 30 min auf –23 °C tiefgefroren, kommt es nur zu einem Faktor-VIII-Aktivitätsverlust von 1 % pro Vollblutlagerstunde [55]. Auch die Qualität der gewonnenen Erythrozytenkonzentrate erfüllt die Anforderungen mit Ausnahme einer stärkeren 2,3-DPG -Verminderung, die jedoch nach Transfusion in vivo schnell ausgeglichen wird. Die aus dem „buffy coat“ hergestellten Thrombozyten zeigten keine signifikanten Funktionsverminderungen im Vergleich zu Thrombozyten aus 2–3 h gelagertem Vollblut [56]. Vorteilhaft ist die erhöhte Thrombozytenausbeute.

4.5 Blutkomponentenseparation durch Zentrifugation

Blutkomponenten werden nach Zentrifugation des Vollbluts in einem sterilen, geschlossenen Kunststoffbeutelsystem gewonnen. Die Sedimentation der Blutzellen folgt der Svedberg-Gleichung:

$$ {\rm{V = }}\frac{{\frac{2}{{\rm{9}}} * {\rm W^2*R*}\left[ {{\rm d_{Zellen}} - {\rm d_{Plasma}}} \right]*{\rm r^2}}}{{{\rm n_t}}} $$

V Sedimentationsgeschwindigkeit, W Winkelgeschwindigkeit, R Abstand der Blutzellen zur Drehachse, d spezifisches Gewicht, r Radius der Blutzellen, n t Viskosität des Mediums bei t °C

Das spezifische Gewicht (Dichte) der Blutkomponenten nimmt in der Reihenfolge Plasma, Thrombozyten, Monozyten, Lymphozyten, Granulozyten und Erythrozyten zu (◉ Tab. 16.2). Anhand ihrer Größe ergibt sich die Reihenfolge mit: Thrombozyten, Erythrozyten, Granulozyten, Monozyten. Zu Beginn der Zentrifugation wird die Zellsedimentation von der Zellgröße (Zellradius) bestimmt. Deshalb sedimentieren die Leukozyten schneller als Erythrozyten und Thrombozyten. Wenn die Masse der Erythrozyten den Boden des Plastikbeutels erreicht hat, werden das zwischen ihnen eingeschlossene Plasma und die Leukozyten nach oben in die Grenzschicht zwischen Erythrozyten und Plasma gedrückt. Die langsam sedimentierenden, kleinen Thrombozyten erreichen das Zellsediment als letzte. Nach Beendigung der Zentrifugation sind Erythrozyten, Leukozyten, Thrombozyten und Plasma entsprechend ihrer Dichte übereinander geschichtet. Dieses Gleichgewicht nach zunehmender Dichte ist temperaturabhängig (20 °C), da die Temperatur die Viskosität der Erythrozyten, die ihrerseits von der Verformbarkeit der Membranen bestimmt wird, beeinflusst.

Tab. 16.2 Mittlere Dichten von Blutbestandteilen. (Nach [14])

Zur Beschreibung der Zentrifugationsbedingungen werden in der Regel die relative Zentrifugalbeschleunigung als Vielfaches der Erdbeschleunigung (in g), die Temperatur (in °C) und die Zentrifugationsdauer (in min) angegeben. Im Gegensatz zur Beschleunigungszeit ist die Abbremszeit in der Zentrifugationsdauer nicht eingeschlossen. Aus der relativen Zentrifugalbeschleunigung und dem Radius r (in cm) der vorhandenen Zentrifugen lässt sich die notwendige Umdrehungszahl (in U/min) berechnen:

$$ \begin{aligned} &{\rm{Umdrehungszahl}}\;\;\left[ {\frac{{\rm{U}}}{{\min }}} \right] \\ & = \sqrt {\frac{{{\rm{rel}}{\rm{.}}\;{\rm{Zentrifugalbeschleunigung\;[g]}}}}{{{\rm{r}}^*11,\!18\left[{\displaystyle\frac{{\rm{m}}}{{{{\rm{S}}^2}}}} \right]}}} *1000 \end {aligned} $$

Der Faktor 11,18 m/s2leitet sich von der Erdbeschleunigung ab. Alternativ lässt sich die Umdrehungszahl auch aus Nomogrammen entnehmen. Die Qualität der Zellseparation hängt aber auch vom Volumen der zu zentrifugierenden Zellsuspension, der Form des Blutbeutels und des Zentrifugenbechers ab, weshalb die im folgenden angegebenen Zentrifugationsbedingungen nur Anhaltswerte darstellen, die durch Optimierungsprotokolle den jeweiligen Gegebenheiten entsprechend angepasst werden müssen.

4.6 Auftrennung von Vollblut

4.6.1 Erythrozytenkonzentrate und Frischplasma

Die einfachste Art der Aufarbeitung des Vollblutes einer Einzelspende besteht in der Trennung der zellulären von den plasmatischen Bestandteilen in einem Zweifachbeutelsystem. Unter den zellulären Bestandteilen überwiegen die Erythrozyten mengenmäßig bei weitem, weshalb man das zelluläre Produkt als Erythrozytenkonzentrat bezeichnet. Ferner werden die enthaltenen Leuko- und Thrombozyten während der Lagerung bei 4 °C funktionell schnell inaktiv. Der Hämatokrit soll um 70 %, jedoch nicht über 80 % liegen, um die Lagerfähigkeit der Erythrozyten nicht zu beeinträchtigen.

Da Thrombozyten und Leukozyten für eine Reihe von unerwünschten Lager- und Transfusionsproblemen (pH-Abfall während der Lagerung, Verstopfung der Transfusionsfilter durch große Zellaggregate sowie Nebenwirkungen) verantwortlich waren, wurde die Entfernung des „buffy coat“ in Dreifachbeutelsystemen eingeführt. Das Vollblut wird hierzu hochtourig zentrifugiert und das überstehende Plasma in einen Transferbeutel abgepresst (Frischplasma, Volumen ca. 200–250 ml). Danach wird der „buffy coat“, d. h. die Zellschicht von ca. 2 cm Dicke unterhalb der Plasma-Zell-Grenze, vom Erythrozytenkonzentrat abgetrennt und in einen weiteren Beutel überführt (Volumen ca. 30 ml). Die Auftrennung von scharf zentrifugiertem Vollblut in Erythrozyten, Plasma und „buffy coat“ wird heute in der Regel mit Hilfe von von Automaten durchgeführt (◉ Abb. 16.2). Der abgetrennte „buffy coat“ enthält ca. 70 % der Leukozyten und 90 % der Thrombozyten bei einem Erythrozytenverlust von ca. 10 % [58][63].

Abb. 16.2
figure 2

Optipress II der Fa. Baxter als Beispiel für einen automatischen Blutkomponenten-Extraktor. Bei diesem System wird das Vollblut nach der Zentrifugation in einem Beutel mit 2 abführenden Schäuchen zwischen 2 parallelen Platten zusammengepresst. Gesteuert durch optische Sensoren und wechselnd schließende Klemmen am oberen und unteren Schlauch kann aus dem Vollblut plättchenarmes Plasma (nach oben) und Buffy-coat-armes Erythrozytenkonzentrat (nach unten) abgepresst werden. Dabei dient ein voreingestelltes und vom Automaten überwachtes Buffy-coat-Volumen als Stoppkriterium. Auch die Weiterverarbeitung gepoolter „buffy coats“ kann nach der Zentrifugation im Blutkomponenten-Extraktor erfolgen: Der Überstand wird als Thrombozytenkonzentrat abgepresst. Die Detektion von Hämoglobin im abführenden Schlauch beendet den Abpressvorgang. Ein Buffy-coat-Rückstand verbleibt im Beutel zwischen den Platten. Die Automatisierung der Komponententrennung bietet neben dem Vorteil höherer Effizienz (Bedienung mehrerer Automaten durch eine Person) den Vorteil einer besser standardisierten Aufarbeitung des Spenderblutes. Ein weiterer verfügbarer Automat ist der Compomat G4 der Fa. Fresenius

Plasma wird durch geeignete Gefrierautomaten innerhalb von 30 min auf unter –23 °C tiefgefroren [53]; als optimal wird eine Wärmeextraktion von 38 kcal/h und Plasmaeinheit angesehen. Die Richtlinien empfehlen ein vollständiges Gefrieren des Plasmas innerhalb 1 h auf unter –30 °C.

Die dicht gepackten Erythrozyten werden in addiviter Lösung resuspendiert, der mittlere Hämatokrit dieses Erythrozytenkonzentrates liegt bei 60 %. Die Verwendung einer Additivlösung (◉ Tab. 16.5) hat mehrere Vorteile. Bestandteile wie Adenin und Mannitol, die die Lagerfähigkeit der Erythrozyten verlängern, gelangen nur ins Erythrozytenkonzentrat. Wären diese Stoffe bereits in der Stabilisatorlösung des Primärbeutels enthalten, würden sie beim ersten Zentrifugationsschritt ungefähr zur Hälfte durch die Plasmaseperation entfernt. Der geringe Restplasmagehalt (unter 20 ml) sorgt für eine geringe Endkonzentration an Isoagglutininen und auch ggf. weiteren im Plasma des Spenders vorhandenen Antikörpern.

Die Zentrifugationsbedingungen sind in ◉ Tab. 16.3aufgeführt. Erythrozytenkonzentrat und Gefrierplasma sollten die in ◉ Tab. 16.4angegebenen Qualitätskriterien erfüllen, deren Einhaltung durch die regelmäßige Untersuchung von 1 % der hergestellten Einheiten, mindestens aber von 4 Einheiten pro Monat zu kontrollieren ist. Abweichend sind die Vorschriften für die mikrobiologische Untersuchung (Frequenz \(0,4 \times \sqrt n \)mit n  =  Anzahl der hergestellten Einheiten pro Monat).und bei Plasmen für die Bestimmung der Faktor-VIII-Aktivität (0,5 % der hergestellten Einheiten, mindestens jedoch 2 pro Monat).

Tab. 16.3 Zentrifugationsparameter für die Herstellung von Erythrozytenkonzentraten (EK) und Gefrierplasmen (GFP) sowie von Thrombozytenkonzentraten (TK) aus Vollblut
Tab. 16.4 Qualitätskriterien für Blutprodukte. Die monatliche Prüfhäufigkeit beträgt 1 % der hergestellten Einheiten, mindestens jedoch 4 Einheiten je Monat. Sterilitätskontrollen müssen mit einer Häufigkeit von \(0,4 \times \sqrt n \)(mit n  =  Anzahl der hergestellten Einheiten) durchgeführt werden. (Nach [66]).

4.6.2 Thrombozytenkonzentrate

Die zusätzliche Gewinnung eines Thrombozytenkonzentrats aus Vollblut kann nach 2 Verfahren erfolgen: nach dem v. a. in den USA angewandten Verfahren der Herstellung von Thrombozytenkonzentraten aus plättchenreichem Plasma (PRP-Verfahren) oder nach der in Europa weit verbreiteten Thrombozytenkonzentratherstellung aus dem „buffy coat“ hochtourig zentrifugierten Vollbluts (BC-Verfahren). Die genauen Zentrifugationsparameter finden sich in ◉ Tab. 16.3.

1980 beschrieben Prins et al. [61] die Entfernung des „buffy coat“ aus dem Erythrozytenkonzentrat zur Prävention der Mikroaggregatbildung. Pietersz et al. veröffentlichten 1985 [54] ein Verfahren zur Thrombozytengewinnung aus dem „buffy coat“ unter Verwendung eines Vierfachbeutelsystems. Für das Buffy-coat-Verfahren wird das Vollblut scharf zentrifugiert und das überstehende Plasma bis auf eine 1–2 cm dicke Plasmaschicht oberhalb der Plasma-Zell-Grenze abgequetscht. Restplasma und der „buffy coat“ werden in einen getrennten Beutel übergeleitet (Volumen ca. 50–70 ml). Der „buffy coat“ wird mit autologem Plasma auf ein Volumen von ca. 105 ml aufgefüllt. Bei vorausgegangener Vollblutlagerung von 16–20 h schließt sich die Weiterverarbeitung sofort an; ansonsten führt eine Zwischenlagerung des „buffy coat“ von 2–4 h in Ruhe mit anschließender Kopf-über-Kopf-Bewegung der Beutel zu einer höheren Thrombozytenausbeute. Zum Teil finden auch längere Lagerzeiten des „buffy coat“ von 12 h bzw. über Nacht mit und ohne Bewegung Anwendung. Die Buffy-coat-Beutel werden bei niedriger g-Zahl zentrifugiert und der plättchenreiche Überstand abgepresst. Um die Leukozytenkontamination möglichst niedrig zu Halten, wird empfohlen, 1 cm oberhalb des Leuko- und Erythrozytensediments den Pressvorgang zu beenden [58].

Die in Deutschland übliche Standardpräparation besteht im Zusammenführen („Poolen“) von 4–6 AB0-Blutgruppen-gleichen „buffy coats“ mit Plasma oder Additivlösung für Thrombozyten (◉ Tab. 16.5) in einem „Poolingbeutel“. Dazu werden die „buffy coats“ sorgfältig durchmischt und zusammen mit autologem Plasma aus einer der 4–6 Spenden oder einer speziellen Additivlösung für Thrombozytenkonzentrate über ein „Poolingset“ steril an einen Beutel angeschweißt. Die „buffy coats“ werden in den „Poolingbeutel“ überführt, und mit dem Plasma oder der Additivlösung werden die entleerten Buffy-coat-Beutel ausgespült, um möglichst alle Thrombozyten zu gewinnen. Anschließend erfolgt die Zentrifugation (480 g, 13 min). Der plättchenreiche Überstand kann dann durch einen Leukozytendepletionsfilter in den Lagerbeutel überführt werden. Das Poolen und Isolieren der Thrombozyten aus den 4–6 „buffy coats“ kann auch maschinell erfolgen (Orbisac®, Fa. Caridian; TACSI®, Fa. Terumo).

Tab. 16.5 Zusammensetzung einiger häufig verwendeter additiver Lösungen zur Lagerung zellhaltiger Blutkomponenten. (Angaben der FDA und Herstellerangaben)

Der Vorteil dieses Verfahrens liegt in der Gewinnung eines leukozytendepletierten Pool-Thrombozytenkonzentrates mit einer Standarddosis Thrombozyten für Erwachsene bei minimaler Restleukozytenzahl ( < 1 × 106). Das Produkt wird bei 22±2 °C und unter ständiger Agitation gelagert [19][20].

Die Herstellung nach dem Plättchenreichen-Plasma- (PRP-)Verfahren erfolgt in der Regel im Dreifachbeutelsystem. Nur wenn die leukozytenhaltige Plasma-Zell-Grenzschicht des Erythrozytenkonzentrats entfernt werden soll, benötigt man ein Vierfachbeutelsystem.

Das Vollblut wird zuerst langsam zentrifugiert. Kurze Zentrifugationszeiten mit entsprechend erhöhter g-Zahl sollen die Lagerfähigkeit der Thrombozyten verbessern [74]. Das plättchenreiche Plasma wird in den Thrombozytenbeutel abgepresst und anschließend durch eine hochtourige Zentrifugation in Thrombozyten (Sediment) und plättchenarmes Plasma getrennt. Die sedimentierten Thrombozyten werden nach 1–2 h vorsichtig resuspendiert.

Nachteilig beim PRP-Verfahren ist die Thrombozytenaktivierung (Verlust der diskoiden Form, Plättchenfaktor-4- und β-Thromboglobulinfreisetzung, erhöhte Expression von GPIIb/IIIa und CD62p) [23][82]. Dies wird auf die Pelletierung an die Beutelwand bei der zweiten, hochtourigen Zentrifugation beim PRP-Verfahren zurückgeführt. Plättchenreiches Plasma wird heute wegen der Volumenbelastung (6–8 × 1010Thrombozyten in 200–250 ml Plasma) und dem Verlust an Material zur Herstellung von Frischplasma immer weniger hergestellt.

Thrombozytenkonzentrate müssen die in ◉ Tab. 16.4aufgeführten Qualitätsanforderungen erfüllen. Die Untersuchung des Thrombozytenkonzentrates auf die als „Swirling-Phänomen “ bezeichnete schimmernde Opaleszenz bzw. die Prüfung auf das Vorliegen von Aggregaten (im Gegenlicht) sollte vor Ausgabe des Präparates durchgeführt werden. Das Gewicht sollte bei allen Einheiten bestimmt werden, für die übrigen Parameter genügen Stichproben (4 Einheiten je Monat oder 1 % aller Einheiten, falls dies eine höhere Zahl ergibt). Da Thrombozyten ihre Energie zum größten Teil über den oxidativen Abbau in der Atmungskette gewinnen, kann es durch die CO2- bzw. H2CO3-Bildung zu einem kritischen Abfall des pH-Wertes im Thrombozytenkonzentrat kommen. Diesem wird durch Verwendung von Kunststoffen mit erhöhter Gaspermeabilität wie PVC/TEHTM oder Polyolefin mit einer O2-Transferrate von 13 bzw. 16 μmol/h im Vergleich zu 6–8 μmol/h bei herkömmlichen PVC/DEHP-Kunststoffen oder durch Vergrößerung des Verhältnisses von Beutelvolumen zu Zelloberfläche begegnet [12].

4.7 Pathogeninaktivierung

Erwägungen, dass Erreger, auf die Blutspenden (noch) nicht getestet werden, die Empfängersicherheit beeinträchtigen könnten, haben der Entwicklung von Verfahren Vorschub geleistet, deren Ziel die Inaktivierung von Infektionserregern in der Blutkomponente ist.

Die Inaktivierungsmechanismen basieren entweder auf der Solubilisierung von Lipidmembranen durch Detergenzien sowie auf der direkten (z. B. UV-C-Behandlung) oder indirekten Schädigung der Erbsubstanz von Viren und Bakterien. Bei letzterer werden den Blutkomponenten Substanzen zugesetzt, die nach Aktivierung durch Licht („Photosensitizer“) oder durch pH-Verschiebung sich mit der mikrobiellen Erbsubstanz verbinden (z. B. Vernetzung der DNA-Stränge) und/oder zur Bildung von Photoxydanzien führen, welche mit den Nukleinsäuren reagieren. Diese Reaktionen mit der Erbsubstanz hemmen deren Replikationsfähigkeit.

4.7.1 Frischplasma

Für Frischplasma kommen schon lange Solvent/Detergent- (SD-)Verfahren unter Einsatz von Tri-n-butyl-phosphat und Detergenzien wie Triton X-100 zum Einsatz [35], welche Lipidmembranen zerstören. Nach Inkubation müssen die Substanzen durch Öl und Adsorptionschromatographie wieder aus dem Plasma entfernt. Es hat sich gezeigt, dass die SD-Behandlung zu einem Abfall von FV, FVIII, Protein S, Antitrypsin und Antiplasmin führt [71]. Aufgrund des Wirkprinzips werden nur Infektionserreger mit einer Lipidhülle inaktiviert, jedoch nicht z. B. nichtumhüllte Viren, auch kann das Verfahren nicht für zellhaltige Blutkomponenten eingesetzt werden. Ebenso auf Plasma beschränkt bleibt der Einsatz des Phenothiazinfarbstoffs Methylenblau . Nach Zusatz zum Plasma (1 µmol/l) und photodynamischer Aktivierung (UV-Bestrahlung bei 590 nm) kommt es zur Interkalierung in im Plasma vorhandener Nukleinsäurestränge sowie zur Freisetzung von Sauerstoffradikalen, die zur irreversiblen Schädigung der Nucleinsäuren führen [83]. Da Methylenblau wenig in Bakterien, Protozoen und Restzellen eindringt, werden diese auch unvollständig inaktiviert. Nach Behandlung werden Methylenblau, seine Photoderivate sowie vorhandene Restzellen durch einen Filter aus dem Plasma entfernt. Es ist bekannt, dass die entstehenden Photoxydanzien auch zu einem Abfall der Fibrinogen- und FVIII-Aktivität um 20–35 % in den behandelnden Plasmen führen [84].

Prinzipiell können auch Psoralene (Amotosalen) und Riboflavin (Vit. B2) nach Zusatz und photodynamischer Aktivierung zur Pathogeninaktivierung von Frischplasma eingesetzt werden, bisher haben sie aber noch keine breitere Anwendung gefunden.

4.7.2 Thrombozytenkonzentrate

Für Thrombozytenkonzentrate ist es wichtig, dass auch intrazelluläre Erreger ohne signfikante Schädigung der Thrombozyten inaktiviert werden. Photoaktive Moleküle aus der Familie der Psoralene können als kleine planare Moleküle Zellmembranen durchdringen. Sie interkalieren mit der Erbsubstanz. Nach Bestrahlung mit UV-Licht (320–400 nm) entstehen Addukte mit den Pyrimidinbasen, die zu einer irreversiblen Vernetzung der Nukleinsäurestränge führen. Dieses „Cross-linking“ behindert die Replikationsfähigkeit des Krankheitserregers bzw. der Zelle. Psoralen und Nebenprodukte werden durch Photodegradation sowie einen Absorptionsfilter aus der Blutkomponente wieder entfernt [40].

Auch Riboflavin (Vitamin B2) bindet durch Interkalation an die DNA. UV-Licht induziert die Oxidation der Nucleinsäure Guanin. Folge sind Einzelstrangbrüche und die Ausbildung kovalenter Addukte, was ebenfalls zur Unterbindung der Replikationsfähigkeit der Krankheitserreger führt [70].

Neuere Untersuchungen beschäftigen mit der direkten Schädigung des Erbguts der Infektionserreger durch UV-C-Belichtung. Agitation der Thrombozytenkonzentrate während der UV-C-Behandlung scheint die antiinfektiöse Wirkung wesentlich zu verstärken.

Bei pathogeninaktivierten Thrombozytenkonzentraten ist die Recovery-Rate ca. 20 % niedriger und das Überleben der Thrombozyten in vivo 20–27 % kürzer als bei nichtinaktivierten Thrombozytenkonzentraten [85].

4.7.3 Erythrozytenkonzentrate

Der Einsatz photoaktiver Substanzen in Erythrozytenkonzentraten wird durch die physikalischen Eigenschaften des Hämoglobins erschwert. Hämoglobin streut und absorbiert UV- und sichtbares Licht bis 700 nm. Membrangängige Substanzen (S-303, PEN110), die ohne Aktivierung mittels Belichtung Nukleinsäuren irreversibel schädigen, wurden erprobt. Wegen Ihrer potenziellen Mutagenität müssen diese Substanzen nach Behandlung wieder aus der Blutkomponente entfernt werden. Da es in der Vergangenheit zur Induktion von Antikörpern bei den Transfusionsempfängern kam, wurden die klinischen Studien zunächst ausgesetzt [84]. Es bleibt abzuwarten, ob durch modifizierte Verfahren die Bildung von erythrozytären Antikörpern verhindert werden kann.

Die Pathogeninaktivierungsspektren aller Verfahren sind nicht umfassend. Die behandelnden Präparate weisen spezifische Beeinträchtigungen auf. Beim Einsatz von Pathogeninaktivierungsverfahren ist (noch) mit erheblichen Mehrkosten bei der Herstellung von Blutkomponenten zu rechnen. Schließlich wird das Sicherheitsprofil (Risiko der Induktion von Autoimmunerkrankungen oder Tumoren) der zur Zeit eingesetzten photoaktiven Substanzen kontrovers beurteilt, da Langzeituntersuchungen fehlen. Ob diese Nachteile durch den vermuteten Nutzen aufgewogen werden, ist Gegenstand der Diskussion [84].

5 Lagerung von Blutkomponenten

Optimale Lagerungsbedingungen sind Voraussetzung für die Erhaltung der Funktionsfähigkeit der einzelnen Blutbestandteile. Daher wird das Vollblut in einem definierten Zeitfenster fraktioniert und die gewonnenen Blutbestandteile entsprechend gelagert: Frischplasma, um einem Verlust an Gerinnungsaktivität zu begegnen, tiefgefroren; Thrombozyten, um einen Funktionsverlust zu vermeiden, bei Raumtemperatur; und Erythrozyten bei 4 °C, damit ein reduzierter Stoffwechsel möglichst lange Lagerzeiten erlaubt und zugleich das bakterielle Wachstum gehemmt wird.

Einzelheiten der Kryokonservierung von Blut- und Knochenmarkzellen werden in ▶ Kap. 10behandelt.

5.1 Lagerung von Erythrozyten

Erythrozyten werden nach der Gewinnung aus Vollblut in eine additive Lösung überführt, die die Voraussetzungen für möglichst lange Lebensfähigkeit unter Lagerungsbedingungen bietet.

Bei dem CPD/SAG-M-System wird Vollblut in einen CPD-Beutel entnommen, und nach der Zentrifugation werden die vom Plasma getrennten Erythrozyten in der SAG-M-Lösung (Sodium, Adenin, Glucose, Mannitol) auf einen Hämatokritwert von etwa 60–70 % aufgeschwemmt und bei 4 °C gelagert. Nach 42 Tagen Lagerungszeit beträgt die 24-h-Überlebenszeit der Erythrozyten in vivo 73,3 %. Nach 4 Wochen Lagerungszeit ist der ATP-Gehalt der Erythrozyten nahezu normal, morphologische Veränderungen und Hämolyse sind mäßig (weniger als 0,8 % der Erythrozytenmasse am Ende der Lagerungszeit).

Mit der Konservierungslösung PAGGS-Sorbit (saure Phosphate, Adenin, Guanosin, Glucose, Sorbit) wurden günstige Hämolysewerte und eine 24-h-Überlebenszeit der Erythrozyten in vivo von 78 % nach 49-tägiger Lagerung erreicht. Ähnlich gute Erfahrungen wurden auch mit PAGGS-Mannitol gemacht. Rheologische Untersuchungen haben gezeigt, dass Erythrozyten in PAGGS-Sorbitol oder SAG-Mannitol gelagert eine bessere Verformbarkeit als in CPDA-1 aufweisen [4].

Erythrozytenkonzentrate sind in einem erschütterungsfreien, temperaturüberwachten Kühlschrank oder Kühlraum aufzubewahren; die geforderten technischen Daten sind in DIN 58371 festgelegt. Für die Lagerung ist eine Temperatur von +4 °C (±2) einzuhalten. Die Lagerungstemperaturen sind fortlaufend zu messen und zu dokumentieren (z. B. mittels Temperaturschreiber). Die Lagerungszeiten werden in Abhängigkeit vom Herstellungsverfahren vom Hersteller durch das Verfallsdatum angegeben.

Eine 2-stündige Erwärmung einer bereits gekühlten Konserve steigert die Stoffwechselaktivität der Erythrozyten so stark, dass bei weiterer Lagerung bei 4 °C die Laufzeit der Konserve um ungefähr 1/3 gekürzt werden sollte. Demgegenüber hat eine Erwärmung der Konserve auf 22 °C kurz vor der Transfusion wahrscheinlich keinen Einfluss auf die Erythrozyten. Diese Empfindlichkeit von Erythrozyten gegenüber Temperaturveränderungen muss insbesondere bei längeren Transporten und bei der Vorbereitung zur Bluttransfusion berücksichtigt werden. Es sei darauf hingewiesen, dass übermäßiges Erhitzen der Blutkonserve unmittelbar vor der Verabreichung eine schwere Hämolyse verursachen kann.

Trotz verbesserter Konservierungs- und Lagerungsbedingungen sind Veränderungen des Erythrozytenstoffwechsels während der Lagerung nicht zu vermeiden (Lagerungsschäden). Schon in den 1950er Jahren wurde festgestellt, dass sich die O2-Dissoziationskurve in gelagerten Blutkonserven bereits nach einer Woche nach links verschiebt, was bedeutet, dass diese Erythrozyten im Gewebe nicht dieselbe Menge Sauerstoff freisetzen können wie frisch entnommene. Nach Transfusion normalisiert sich diese Linksverschiebung im Verlauf von 24 h. Die Linksverschiebung der Dissoziationskurve geht mit dem Verlust von 2,3-DPG einher. Auch die im CPD-Blut im Vergleich zum ACD-Blut geringer ausgeprägte Linksverschiebung der Dissoziationskurve wird auf einen höheren 2,3-DPG-Spiegel zurückgeführt.

Die klinische Bedeutung des im Konservenblut verminderten 2,3-DPG-Spiegels ist noch immer umstritten. Es wird angenommen, dass dies nur unter kritischen Bedingungen (z. B. begrenzte Myokardreserven, Koronarinsuffizienz) zum Tragen kommen kann.

Der ATP-Gehalt der Erythrozyten vermindert sich im Laufe der Lagerung zunehmend. Parallel dazu stellen sich ein Lipidverlust der Zellmembranen, Sphärozytose und ein Anstieg der Rigidität der Zellen ein [11]. Wurde so veränderten Erythrozyten Adenin und Inosin zugesetzt, so gewannen sie ihre ursprüngliche diskoide Form wieder, ihr ATP-Gehalt näherte sich dem Normalwert und die 24-h-Überlebenszeit in vivo betrug 90 %. Kommt es zu einer ATP-Verminderung, so treten die Formveränderungen vor der Abnahme der Verformbarkeit auf [22]. Die während der Lagerung in Konservierungslösungen gesteigerte Schwellung und Hämolyse der Erythrozyten wird durch Zugabe von Mannitol verhindert [6]. Veränderungen der Verformbarkeit von Erythrozyten zeigen dabei eine relativ gute Korrelation mit ihrer Überlebenszeit in vivo [86].

Die normale Lebensfähigkeit der Erythrozyten nach der Übertragung in den Empfängerorganismus ist der wichtigste Parameter, an welchem der Erfolg der Lagerung von Blut und Blutbestandteilen gemessen werden kann. Verlässliche Angaben über die Lebensfähigkeit können nur mit In-vivo-Methoden gewonnen werden, wobei in der Regel Isotopenmethoden, z. B. unter Verwendung von 51Chrom, durchgeführt werden. Alle in der Konserve vorhandenen, bereits lädierten oder abgestorbenen Erythrozyten werden in den ersten 24 h nach der Transfusion im Organismus abgebaut. Erythrozyten, die diese Zeitspanne überlebt haben, altern normal, soweit dies nicht durch extra-erythrozytäre Umstände (z. B. Antikörper) negativ beeinflusst wird. Als Maß für den Wert der Erythrozytenkonservierung wird der Prozentsatz der Erythrozyten angegeben, der länger als 24 h im Empfängerkreislauf überlebt. Dieses Kriterium sollen mindestens 70 % der transfundierten Zellen erfüllen.

Vor der Einführung der allgemeinen Leukozytendepletion war die Bildung von Mikroaggregaten in Erythrozytenkonzentraten Gegenstand zahlreicher Untersuchungen. Insbesondere im Rahmen der Massivtransfusion maß man ihnen klinische Bedeutung bei und verwendete Mikrofilter bei der Transfusion. Mit Einführung der Leukozytendepletion kann davon ausgegangen werden, dass sich Mikroaggregate in Erythrozytenkonzentraten nicht mehr in nennenswertem Umfang bilden können. Damit ist auch der Einsatz von Mikrofiltern heute obsolet.

Eine erhöhte Aggregationsbereitschaft der Erythrozyten (sog. Rouleau-Bildung) in Abhängigkeit von der Lagerungszeit ist in vitro nachweisbar [30].

Während die Lagerungszeit keinen Einfluss auf die Blutgruppenmerkmale AB0 und Rh hat, wurde mit fortscheitendem Alter der Konserve ein Reaktivitätsverlust der Blutgruppenmerkmale Lewis und P beschrieben [48]. Zuckerreste auf der Erythrozytenoberfläche, die im Verlauf der Lagerung exprimiert werden, können antigenen Charakter haben und beispielsweise eine positive serologische Verträglichkeitsprobe hervorrufen [37].

5.2 Lagerung von Frischplasma

Nach den Richtlinien soll Frischplasma möglichst innerhalb 6–8 h nach der Spende, spätestens jedoch nach 24 h eingefroren werden. Zwar bleiben nahezu alle Gerinnungsfaktoren über diesen Zeitraum stabil, doch Faktor VIII zeigt bereits nach 8 h Lagerung bei Raumtemperatur eine Abnahme um 13 % und nach 24 h um weitere 15–20 % [51].

Die Lagerung des Plasmas erfolgt bei –30 bis –40 °C (±3 °C) über 1 Jahr oder die ermittelte Haltbarkeit. Die Mindestlagerzeit beträgt 4 Monate, da nach den Bestimmungen der Richtlinien Frischplasma erst dann therapeutisch eingesetzt werden darf, wenn bei einer nachfolgenden Spende oder Blutentnahme keine infektiologischen Auffälligkeiten vorlagen (Quarantäneplasma). Von dieser Bestimmung ausgenommen ist pathogeninaktiviertes Plasma, das als gepooltes Produkt einer Virusinaktivierung unterzogen wurde.

Die Vorgaben der AABB [77] sehen eine 8-h-Frist zur Tiefkühlung bei –18 °C für Plasma aus CPD- oder CPDA-1-Vollblut vor und eine 6-h-Frist für ACD-Plasma, das durch Apherese gewonnen wurde. Bei einer Lagerungstemperatur von –18 °C oder darunter wird die Lagerzeit mit 1 Jahr angegeben.

Nach dem Auftauen in zugelassenen Wärmegeräten bei maximal 37 °C oder in für diesen Zweck zugelassenen Mikrowellengeräten ist das Frischplasma zur unmittelbaren Anwendung bestimmt [66]. Die Bestimmungen der AABB [77] hingegen erlauben eine weitere Lagerung bei 1–6 °C über maximal 24 h; erst nach diesem Zeitraum ist von einer klinisch signifikanten Reduktion des Gehaltes an Faktor VIII auszugehen.

5.3 Lagerung von Thrombozyten

Im Hinblick auf ihre hämostatische Funktionsfähigkeit können Thrombozyten in speziellen, gasdurchlässigen Beuteln bei Raumtemperatur (20–24 °C) und unter ständiger Agitation bzw. Rotation mehrere Tage gelagert werden. Die Bemühungen, die Lagerungszeit von Thrombozytenkonzentraten auf bis zu 7 Tage zu verlängern, werden durch die Möglichkeit von bakteriellen Kontaminationen eingeschränkt, die zu schweren septischen Zwischenfällen geführt haben (▶ Kap. 21, 35). Aufgrund des Kontaminationsrisikos beläuft sich die empfohlene Lagerungszeit für Thrombozytenkonzentrate in Deutschland auf vier Tage (berechnet ab Mitternacht des Entnahmetages plus 96 h) [3].

Statt in autologem Plasma können Thrombozyten auch in synthetischen Lösungen gelagert werden, wobei auch dann ein gewisser Plasmaanteil (ca. 30 %) im Produkt verbleibt. Die photochemische Behandlung mit dem Ziel der Bakterien- und Virusinaktivierung wird als großer Vorteil additiver Lösungen angesehen; daneben werden eine bessere Funktionsfähigkeit der Thrombozyten und die Reduktion plasmavermittelter unerwünschter Wirkungen als Vorteile benannt. Insgesamt liegen erst wenige Erfahrungswerte zur Anwendung von Thrombozyten in Additivlösung vor [17][27][67][80].

Eine 6- bis 12-stündige Unterbrechung der agitierten Lagerung zu Transportzwecken mit darauf folgender erneuter Lagerung im Rotator bis zu einer Gesamtlagerungszeit von 72 h soll zu keiner Verminderung der Recovery-Rate und der In-vivo-Überlebenszeit führen [73].

5.4 Lagerung von Granulozyten

Granulozytenkonzentrate sind zur umgehenden Transfusion bestimmt und sollten innerhalb von 6 h transfundiert werden. Die Richtlinien der AABB [77] in den USA sehen für Granulozytenkonzentrate eine maximale Lagerzeit von 24 h bei 20–24 °C ohne Bewegung vor.

6 Sonderpräparate

6.1 Bestrahlte Präparate

Die Bestrahlung von Blutkomponenten mit ionisierenden Strahlen dient der Verhinderung des Anwachsens transfundierter Lymphozyten im Empfänger und damit der Ausbildung einer Graft-vs.-Host-Reaktion (GvHR ). Bereits 104 transfundierte Zellen pro kg Körpergewicht des Patienten werden als ausreichend zur Auslösung einer GvHR angesehen [38]. Durch die Bestrahlung wird die DNS der Lymphozyten irreversibel geschädigt. Empfänger bestrahlter Blutpräparate sind in erster Linie stark immungeschwächte Patienten (wie Knochenmark-/Blutstammzell-Transplantierte, Patienten vor autologer Blutstammzellentnahme, Patienten mit angeborenen Immundefekten sowie Feten im Rahmen der intrauterinen Transfusionen); ebenfalls bestrahlt werden müssen Blutkomponenten, die von Angehörigen ersten Grades stammen, etwa bei Transfusion von elterlichem Blut („one way HLA-mismatch“). Eine Übersicht über die Indikationen geben die Leitlinien der Bundesärztekammer [62].

Granulozytenkonzentrate sind aufgrund ihres herstellungsbedingt hohen Gehaltes an Lymphozyten immer zu bestrahlen.

Die notwendige Energiedosis zur Vermeidung einer GvHR liegt nach experimentellen Untersuchungen in der Größenordnung von 30 Gy [52][69]. Die Richtlinien empfehlen, Blutpräparate mit einer mittleren Dosis von 30 Gy zu bestrahlen, wobei die Energiedosis an keiner Stelle des Präparates 25 Gy unterschreiten darf.

Die Bestrahlung der Blutkomponenten erfolgt in eigens für diese Anwendung hergestellten Bestrahlungsgeräten [46]. Die Blutpräparate werden dabei in einen zylinderförmigen Behälter einer drehbaren Bleitrommel eingelegt. Durch Rotation der Trommel um 180 ° wird die Blutkomponente in die Nähe der Bestrahlungsquelle gebracht. In der Regel kommt 137Caesium, selten 60Cobalt als Radioisotop zur Anwendung. (Prinzipiell wäre die Anwendung von Röntgenstrahlen, wie sie z. B. in Linearbeschleunigern erzeugt werden, dem Einsatz von γ-Strahlen gleichwertig. Sie ist jedoch in der Regel technisch ungleich aufwendiger.)

Um eine möglichst homogene Dosisverteilung zu erreichen, dreht sich in den Blutbestrahlungsgeräten der Zylinder mit dem Blutpräparat in der ruhenden Trommel kontinuierlich während der gesamten Bestrahlungszeit. Nach Ablauf der Bestrahlungszeit rotiert die Bleitrommel wieder zur Ausgangsposition zurück, und das bestrahlte Präparat kann entnommen werden. Kontrollstreifen (sog. Bestrahlungsindikatoren), die sich oberhalb einer Energiedosis von 25 Gy verfärben, helfen sicherzustellen, dass die Bestrahlung tatsächlich durchgeführt wurde (z. B. überdeckt der Indikatorfarbumschlag ins Schwarze das Wort „not“ im Aufdruck „not irradiated“). Thrombozytenkonzentrate erfahren durch Bestrahlung keine Funktionsbeeinträchtigungen und keine Einschränkung der Lagerzeit [64][68]. Bei Erythrozytenkonzentraten beeinflusst die Bestrahlung zwar weder die Hämolyserate noch die Glykolyseleistung [5], mit zunehmender Lagerdauer kommt es aber zu einer erheblichen Freisetzung von Kalium. So weisen mit 30 Gy bestrahlte Erythrozytenkonzentrate nach 2-tägiger Lagerung bereits Konzentrationen an freiem Kalium auf, wie sie üblicherweise erst nach 14-tägiger Lagerung gemessen werden [63].

Auch die Recovery bestrahlter Erythrozyten nimmt mit zunehmender Lagerungszeit ab; Erythrozytenkonzentrate sollten daher bei Bestrahlung relativ frisch sein (nicht älter als 14 Tage), und die Lagerung bestrahlter Erythrozytenkonzentrate sollte entsprechend der ermittelten Haltbarkeit 28 Tage nach der Entnahme nicht überschreiten [47].

6.2 Gewaschene Präparate

Reagieren Empfänger auf die Zufuhr von Fremdprotein mit schweren allergischen Reaktionen, kann es indiziert sein, den Proteingehalt in Blutkomponenten soweit wie möglich zu verringern.

Erythrozytenkonzentrate können dazu 3- bis 6-mal mit isotoner Kochsalzlösung gewaschen werden. Mit Hilfe einer SCD-Schweißnaht wird eine sterile Verbindung zu einem Beutel mit Kochsalzlösung hergestellt, damit das Erythrozytenkonzentrat für den Prozess nicht eröffnet werden muss. Nach Zugabe der Kochsalzlösung (ca. 250 ml) wird der Beutel zentrifugiert (Bedingungen wie Vollblut, ◉ Tab. 16.5), anschließend wird der Überstand z. B. mit Hilfe einer Federpresse in einen Leerbeutel überführt und der Vorgang entsprechend oft wiederholt. Der Proteingehalt soll auf 1–0,5 g/dl, nach den Empfehlungen des Europarates auf unter 0,5 g/dl, reduziert werden. Ein Erythrozytenverlust ist durch die Waschvorgänge nicht vermeidbar; das Produkt sollte aber etwa 75–85 % des Erythrozytengehaltes des Ausgangspräparates aufweisen. Bei Transfusion eines gewaschenen Erythrozytenkonzentrats ist der Anstieg der Hämoglobinkonzentration daher auf ca. 0,75 g/dl vermindert.

Bei Thrombozytenkonzentraten kommt Waschen insbesondere zur Abreicherung von Antikörpern in Betracht, insbesondere, wenn Thrombozyten von der Mutter bei der Behandlung der neonatalen Alloimmunthrombozytopenie des Kindes zum Einsatz gelangen sollen. Thrombozytenlagerbeutel sind nicht für die Zentrifugation geeignet, d. h., das Präparat muss nach Herstellen einer sterilen Verbindung („sterile docking“) in einen geeigneten Leerbeutel überführt werden. Die Thrombozyten werden durch Zufügen von ACD-A (10 % v/v) angesäuert und sollen 15 min ruhen, bevor sie zentrifugiert werden (◉ Tab. 16.3). Danach können der Plasmaüberstand in einer Federpresse entfernt und die Thrombozyten in Plasma oder Additivlösung resuspendiert werden.

6.3 Lyophilisiertes Plasma

Gefrorenes Frischplasma muss bei –30 °C gelagert und bei Bedarf aufgetaut werden, was – abhängig vom Auftaugerät – bis zu 30 min in Anspruch nehmen kann. Anschließend ist noch der Weg von der Blutzbank zum Transfusionsort zu bewältigen. Die Gabe von gefrorenem Frischplasma ist daher mit einem erheblichen logistischen und zeitlichen Aufwand verbunden, weshalb bei Operationen der Plasmabedarf zu Beginn sorgfältig abzuschätzen ist, um unnötige Plasmagaben oder Plasmaverwurf zu vermeiden. Bei Unfällen kann gefrorenes Frischplasma erst nach Einlieferung des Patienten in die Klinik transfundiert werden. Nach neueren Studien weisen jedoch bis zu 25 % der Traumapatienten eine traumabedingte akute Koagulopathie auf, die mit einer 4-fach höheren Letalität verbunden ist [7]. Um dieser vorzubeugen, wird heute die frühzeitige Gabe von Frischplasma nach dem Traumereignis empfohlen [31]. Dies hat zur Entwicklung von gefriergetrocknetem (lyophilisiertem) Plasma geführt, das bei Raumtemperatur gelagert und nach Zugabe von sterilem Wasser innerhalb weniger Minuten verabreicht werden kann. Zur Herstellung von lyophilisiertem Plasma wird eine definierte Menge Plasma in Glasflaschen oder Kunststoffbehältnisse überführt und tiefgefroren. Anschließend wird dem Plasma über mehrere Tage in Gefriertrocknern das Wasser unter Vakuum durch Sublimation entzogen, wobei infolge der Verdunstungskälte die zu trocknende Substanz in der Struktur des gefrorenen Zustands verbleibt. Zur Rekonstitution wird dem Plasmapulver steriles Aqua ad injectabilia zugefügt. Die Gefriertrocknung hat keinen nachteiligen Einfluss auf die Gerinnungsfaktoren [75].

7 Hämapherese

Die Hämapherese unterscheidet sich von der konventionellen Blutspende durch den Einsatz von Zellseparatoren mit extrakorporalem Kreislauf am Spender. Die Fraktionierung des Blutes erfolgt noch während der Spende: Einzelne Blutkomponenten werden gezielt gewonnen, während die übrigen Blutbestandteile dem Spender wieder zurückgegeben werden. Die präparative Hämapherese wird eingesetzt zur Herstellung von Thrombozyten-, Granulozyten- und (selten) Erythrozytenkonzentraten sowie zur Gewinnung von Plasma. Die gleichzeitige Entnahme und Auftrennung von verschiedenen Blutbestandteilpräparaten wird als Multikomponentenapherese bezeichnet. Auch periphere Blutstammzell-, Lymphozyten- und Monozytenpräparate werden durch Hämapherese gewonnen (▶ Kap. 17).

Nach Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Transfusionsmedizin und Immunhämatologie [15] erfordert die unmittelbare Überwachung und Durchführung eine qualifizierte Fachkraft. Auch bei vollautomatisch kontrollierten Systemen sollte in der Regel ein Operator nicht mehr als 3 Zytapheresen oder 5 Plasmapheresen gleichzeitig überwachen. Der Operator muss in der Lage sein, Störungen rasch zu erkennen und zu beheben. Dazu sind in der Regel eine Ausbildung an extrakororalen Systemen über mindestens drei Monate, Kenntnisse in der Notfallmedizin sowie eine regelmäßige Tätigkeit in der Hämapherese (zumindest 5 Apheresen pro Monat) zu fordern. Hämapheresen sind unter ärztlicher Aufsicht und Weisung durchzuführen. Die Räume, in denen die Zellseparation durchgeführt wird, müssen für ein Notarztteam in ausreichender Zeit erreichbar sein. Der Spender muss jederzeit von allen Seiten aus zugänglich sein, pro Separationsplatz wird daher ein Raumbedarf von mindestens 10 m2veranschlagt.

Alle Zellseparationsverfahren beruhen auf der Auftrennung des Blutes durch Zentrifugation. Für den extrakorporalen Kreislauf werden Einmalkunststoffsets mit den Separationskammern und computergesteuerte Separatoren mit Rollerpumpen eingesetzt. Zellseparatoren unterliegen dem Medizinproduktegesetz [43] und verfügen über selbstkontrollierende Überwachungssysteme u. a. für Zu- und Rückfluss, Hämolyse, Undichtigkeit, Unterdruck und Antikoagulanziendosierung. Die Zell- oder Plasmasammlung sowie die Funktionskontrolle erfolgen mehr oder weniger vollautomatisch unter Verwendung bestimmter Sammelprotokolle und Separationskammern. Zur Antikoagulation wird ACD-A oder ACD-B (◉ Tab. 16.1) im Verhältnis 1:8 bis 1:12 dem Blut unmittelbar am Punktionsort für die Blutentnahme zugeführt. Grundsätzlich unterscheidet man kontinuierliche von diskontinuierlichen Verfahren, deren Funktionsweisen am Beispiel der Thrombozytapherese dargestellt werden.

7.1 Thrombozytapherese

7.1.1 Diskontinuierliches Verfahren

Bei diesem Verfahren wird dem Spender ein bestimmtes Blutvolumen entnommen und nach Abtrennung der gewünschten Blutkomponente anschließend wieder zurückgegeben. Dabei darf das Extrakorporalvolumen 15 % des zirkulierenden Blutvolumens nicht überschreiten.

Dieses Verfahren findet Anwendung in den Zellseparatoren der Firma Haemonetics, in denen das Blut in einer sog. Latham-Glocke aufgetrennt wird (◉ Abb. 16.3). Die Glocke besteht aus einem fest stehenden Bereich mit dem Zu- und Ablaufkanal und einem rotierenden Teil mit Separationskammer und der Drehdichtung. Während der Blutentnahmephase wird das antikoagulierte Vollblut über den Einlasskanal zum Glockenboden gepumpt. Durch die Zentrifugalkraft wandert das Blut am Glockenboden in die Separationskammer zwischen Glockenkern und Außenwand. Die in der Glocke vorhandene sterile Luft wird durch das einströmende Blut nach oben gedrückt und in einem Sammelbeutel aufgefangen. Das Blut trennt sich in seine Komponenten entsprechend ihrer Dichte auf, wobei die schweren Erythrozyten an der Glockenwand sedimentieren. Das zuerst oben ankommende zellarme Plasma und die nachfolgende Schicht plättchenreichen Plasmas werden dann in jeweils separate Sammelbeutel geleitet. Dieser Prozess wird von optischen Sensoren gesteuert.

Abb. 16.3
figure 3

Blutkomponententrennung in der rotierenden Latham-Glocke (Fa. Haemonetics). Da es sich um ein diskontinuierliches Verfahren handelt, wird die Glocke zunächst mit Vollblut gefüllt, das durch die Rotation in die Komponenten Plasma, „buffy coat“ (Leukozyten und Thrombozyten) und Erythrozytensediment aufgetrennt wird. Es schließt sich dann eine Phase an, in der Plasma gesammelt wird. Die Abbildung zeigt jetzt die Phase der Thrombozytensammlung. Das zuvor in einem Beutel gesammelte Plasma wird mit hoher Geschwindigkeit durch den Vollbluteinlasskanal zurück in die Glocke gepumpt und läuft anschließend in der Trennkammer durch die Zellschichten. Der starke Plasmastrom bewirkt, dass die leichten Thrombozyten aus dem „buffy coat“ herausgewaschen werden und somit in höherer Reinheit und Ausbeute gesammelt werden können. Gleichzeitig verbleiben die schweren Komponenten in der Glocke. Sie werden nach Abschluss der Thrombozytensammlung dem Spender zusammen mit dem Restplasma zurückgegeben

Im Anschluss an die Plasmaseparation wird ein Teil des gesammelten Plasmas aus dem Plasmasammelbeutel mit hoher Geschwindigkeit über den Einlasskanal zum Glockenboden gepumpt, wo es in die Separationskammer gelangt. Die leichten Thrombozyten werden von dem durch die Zellschichten von unten nach oben abfließenden Plasmastrom mitgezogen, während Leukozyten und Erythrozyten zurückbleiben. Dieser zweite Schritt erhöht damit die Thrombozytenausbeute, während die Zahl kontaminierender Leukozyten vermindert wird. Sobald die optischen Sensoren die Erythrozytenschicht erkennen, stoppt die Drehbewegung der Glocke, und der Blutrückgabemodus wird aktiviert. Erythrozyten, Leukozyten und der Rest des separierten Plasmas werden vermischt und zum Spender zurückgepumpt.

7.1.2 Kontinuierliches Verfahren

Bei den kontinuierlichen Verfahren erfolgt die Blutkomponentengewinnung während der ständigen Entnahme einer kleinen Blutmenge und der Rückgabe der nicht benötigten Blutbestandteile. Waren ursprünglich zwei Punktionsstellen für einen zu- und einen abführenden Schlauch erforderlich, sind seit längerem auch „Single-needle-Systeme“ auf dem Markt.

Das kontinuierliche Verfahren kommt bei den Separatoren der Firmen Caridian BCT, Fenwal und Fresenius zum Einsatz.

Bei den Kunststoffeinsätzen handelt es sich um geschlossene Systeme ohne Gleitflächen, da durch eine geschickte Konstruktion die Verdrillung der zu- und abführenden Schläuche des rotierenden Kunststoffringes, der die Separationskammer enthält, während der Rotation vermieden werden kann.

Der Zellseparator Com.Tec der Firma Fresenius arbeitet mit einer starren Kammer aus transparentem Kunststoff, die die Form einer progressiv-ansteigenden Spirale besitzt (◉ Abb. 16.4). Das antikoagulierte Spenderblut gelangt über den sog. Vollblutport in die Separationskammer. Durch die Zentrifugalkraft kommt es zur Separation der Blutzellen und zum Aufbau einer Trenngrenze mit einem aus Erythrozyten und Leukozyten bestehenden Zellsediment und dem überstehenden plättchenreichen Plasma. Dabei wird die Trenngrenze vom Gerät so eingestellt, dass Erythrozyten und Leukozyten den im Kammerring vorhandenen Winkel (die sog. „RBC-Barriere“) nicht überwinden können. Die Einstellung der Trenngrenze wird optisch überwacht.

Abb. 16.4
figure 4

Einstufige Separationskammer C5 der Fa. Fresenius für die Gewinnung von leukozytendepletierten Thrombozytenkonzentraten durch Apherese

Da der Winkel im Kammerring nur vom plättchenreichen Plasma überwunden werden kann, verbleiben die Erythrozyten und Leukozyten im Bereich vor dieser Barriere und verlassen die Kammer über eine Abflussleitung, die zurück zum Spender führt. Das leukozytendepletierte plättchenreiche Plasma hingegen wird in einer Ausbuchtung des Kammerrings vor dem Thrombozytenport aufkonzentriert: Es entsteht das eigentliche Thrombozytenkonzentrat, das aus dem Kammerring von der Zellenpumpe abgezogen wird, und plättchenarmes Plasma. Dieses Plasma gelangt bis zum inneren Ende des Ringes und wird dort abgezogen. Ein Teil des gewonnenen plättchenarmen Plasmas wird zusammen mit den Erythrozyten und Leukozyten dem Spender zurückgegeben oder kann wahlweise gesammelt werden (kombinierte Plasma- und Thrombozytapherese), der andere Teil wird dem zufließenden Vollblut beigemischt. Mit dieser Plasmarezirkulation soll ein konstanter Hämatokrit in der Kammer erreicht werden, um die Separationsbedingungen während der gesamten Apherese möglichst gleichmäßig zu gestalten. Durch eine Variation des Plasmaflusses kann die Position der Trenngrenze verändert werden.

Wird dieses Aphereseverfahren für die „Single-needle-Spende“ angewandt, so fließen Erythrozyten, Leukozyten und Plasma nach der ersten Auftrennung in einen Reservoirbeutel (Volumen ca. 200–250 ml); dieses Blut durchläuft dann die Kammer erneut, bevor es dem Spender zurückgegeben wird.

Beim Zellseparator Cobe Spectra besteht die Separationskammer ebenfalls aus einem asymmetrischen, rotierenden Kunststoffring, der den Separationskanal enthält. Die Abtrennung von Erythrozyten/Leukozyten und plättchenreichem Plasma erfolgt am sog. Trenndamm: Das Zellsediment wandert aufgrund des Widerstandes am Damm entgegen dem Uhrzeigersinn zum Auslass (Rückführung zum Spender), das plättchenreiche Plasma gelangt mit dem Uhrzeigersinn zur Thrombozytensammelstelle. Dort werden Thrombozyten und Plasma separiert, die Thrombozyten gelangen zum Sammelbeutel, und das plättchenarme Plasma wandert weiter im Uhrzeigersinn den Ringkanal entlang, dessen Radius stark abnimmt, und wird schließlich an dem am weitesten zentral liegenden Wandabschnitt abgesaugt. Über einen Kontrollschlauch, dessen Öffnung sich in Höhe der Grenzschicht von konzentrierten Leukozyten und Erythrozyten sowie Plasma befindet, lässt sich an der Färbung die korrekte Trennhöhe ablesen und durch Änderung der Plasmapumpenleistung variieren.

Der Zellseparator Trima Accel desselben Herstellers besitzt einen kleineren Separationskanal, wohingegen die zur Leukozytenreduktion verwendete Kammer länger ausgebildet ist. Diese Ringgeometrie ermöglicht eine effizientere Thrombozytenanreicherung, wobei die verstärkt mit eingesammelten Leukozyten in der größeren Kammer zurückgehalten werden, sodass das Aphereseprodukt die Vorgaben eines leukozytenreduzierten Thrombozytenkonzentrats erfüllt.

Im Gegensatz zu den zuvor beschriebenen Zellseparatoren besitzt die CS-3000 der Firma Fenwal keinen ruhenden, außen liegenden Thrombozytensammelbeutel, sondern dieser rotiert während der Separation mit. Das Trennprinzip basiert auf einer Zweikammerzentrifugation: Vollblut wird in die 1. Kammer (Separationskammer) gepumpt und dort durch die Zentrifugationskräfte in plättchenreiches Plasma und Erythrozytensediment mit Leukozyten getrennt. Die Geometrie der Kammer hat zur Folge, dass die Zellschicht aus Erythrozyten und Leukozyten durch das ständig zugeführte Vollblut über zwei oben außen liegende Öffnungen der Kammer in den Rückgabeschlauch gedrückt und kontinuierlich dem Spender zurückgegeben wird. Das sich oben innen ansammelnde plättchenreiche Plasma wird mittels der Plasmapumpe in die 2. Kammer (Sammelkammer) überführt. Ein optischer Detektor, der plättchenreiches Plasma erkennt, verhindert eine Kontamination mit Erythrozyten.

In der Sammelkammer sedimentieren die Thrombozyten an die Kammerwand, während das Plasma durch eine Öffnung am oberen Ende der Kammer herausgepresst wird. Die Thrombozyten werden nach der Separation vorsichtig im Plasma resuspendiert. Eine Weiterentwicklung stellen Sammelkammern dar, in denen die Thrombozyten nicht mehr an die Kammerwand sedimentieren, sondern in Suspension verbleiben und so eine bessere Funktion behalten.

Das Amicus-System desselben Herstellers ermöglicht eine stärkere Aufkonzentrierung des Thrombozytenkonzentrates. Damit wird auch der Zusatz von Additivlösung möglich, sodass ein auf diesem Wege hergestelltes Thrombozytapheresekonzentrat etwa ein Drittel autologes Plasma und zwei Drittel Additivlösung enthält. Das System eignet sich damit insbesondere zur Herstellung sog. pathogeninaktivierter, weil photochemisch behandelter Thrombozytapheresekonzentrate (▶ Abschn. 16.4.7).

Thrombozytapheresekonzentrate sollten 2–4 × 1011Thrombozyten und höchstens 3 × 109 Erythrozyten in höchstens 300 ml Plasma enthalten. Der pH muss zwischen 6,5 und 7,4 liegen. In den leukozytendepletierten Präparaten sind weniger als 1 × 106Restleukozyten/Einheit vorhanden.

Bei den meisten Apheresesystemen ermöglichen die Kammereigenschaften eine ausreichende Leukozytenabreicherung, sodass diese Thrombozytapheresekonzentrate herstellungsbedingt leukozytenarm sind. Bei Verwendung anderer Systeme muss das Präparat nach der Gewinnung noch gefiltert werden.

7.2 Granulozytapherese

Die Gewinnung ausreichender Mengen von Granulozyten ist nur durch medikamentöse Konditionierung des Spenders und den Einsatz von Sedimentationsbeschleunigern für Erythrozyten möglich. Zur Konditionierung können Kortikoide (z. B. 20 mg Prednison p. o. 17, 12 und 2 h vor Apherese) oder Zytokine (5–10 μg/kgKG G-CSF s. c. 8–16 h vor Apherese) verwendet werden; einige Zentren wenden auch Kortikoide und G-CSF in Kombination an [34][39]. Beide Substanzgruppen sind in Deutschland für diese Indikation nicht zugelassen.

Um während der Zentrifugation eine ausreichende Trennung von Granulozyten und Erythrozyten zu erreichen, hat sich der Einsatz von hochmolekularer Hydroxyethylstärke (HES) als Sedimentationsbeschleuniger bewährt. Da Unverträglichkeitsreaktionen auf HES beschrieben sind, wird eine sog. biologische Vorprobe durch intravenöse Injektion von 1 ml 6 %iger HES mit anschließender 5-minütiger Beobachtungszeit empfohlen [66]. Während der Apherese werden dem Spenderblut dann 200 bis maximal 750 ml 6 %ige HES zugesetzt.

Granulozytenkonzentrate sollten mehr als 1 × 1010 Granulozyten/m2Körperoberfläche des Empfängers in maximal 500 ml Konzentratvolumen enthalten. Der Hämatokritwert des Präparates sollte 30 % nicht übersteigen. Granulozytenkonzentrate sind aufgrund des hohen Lymphozytenanteils vor der Transfusion mit 30 Gy zu bestrahlen.

7.3 Plasmapherese

Die Plasmagewinnung kann durch die beschriebenen Zellseparatoren erfolgen oder durch Geräte, die Plasma mittels mechanischer Filtration gewinnen. Um extrem zellarmes Plasma zu erhalten, werden Zentrifugation und Filtration auch kombiniert angewendet. Bei der maschinellen Plasmapherese dürfen nicht mehr als 850 ml Plasma (mit Antikoagulans gerechnet) je Spende gewonnen werden.

Das durch maschinelle Plasmapherese gewonnene Plasma muss die gleichen Qualitätskriterien erfüllen wie das durch konventionelle Vollblutspende gewonnene.

8 Blut für Neugeborene

Viele unreife Neugeborene, v. a. solche mit einem Körpergewicht von weniger als 1 kg, müssen in den ersten Lebenswochen regelmäßig transfundiert werden. Lange Zeit wurde frischen Erythrozytenkonzentraten mit einer Lagerzeit < 7 Tage der Vorzug gegeben, da mit zunehmender Lagerzeit die Konzentration an freiem Kalium in der Additivlösung ansteigt und der Gehalt der Erythrozyten an 2,3-DPG abnimmt. Ein 42 Tage altes Erythrozytenkonzentrat enthält etwa 50 mmol freies Kalium/l extrazelluläre Flüssigkeit; bei der üblichen Transfusionsmenge von 15±5 ml/kgKG ist die Kaliumzufuhr mit 0,1–0,15 mmol/kgKG im Vergleich zum Tagesbedarf (ca. 2–3 mmol/kgKG) jedoch gering. Die Verminderung an 2,3-DPG führt zu einem Abfall des zur 50 %igen Sättigung erforderlichen Sauerstoffpartialdruckes (p50) von 27 mmHg (Frischblut) auf 18 mmHg. Dieser Wert entspricht aber den physiologischen Verhältnissen, wie sie Erythrozyten von Frühgeborenen zeigen, allerdings mit dem Unterschied, dass der 2,3-DPG-Spiegel in den Spendererythrozyten nach der Transfusion rasch ansteigt und nach wenigen Stunden wieder Normalwerte erreicht hat.

Mehrere Studien haben mittlerweile gezeigt, dass der Transfusionserfolg und die Rate unerwünschter Wirkungen nicht vom Alter des Erythrozytenkonzentrates abhängig sind (Übersicht bei [76]). Auch die Art der verwendeten Additivlösung und ihr Gehalt an Glucose, Phosphat und Mannitol sind ohne klinische Bedeutung, sodass es unnötig ist, sie vor der Transfusion kleiner Volumina zu entfernen. Von Austauschtransfusionen abgesehen, ist es unklar, ob bei größeren Transfusionsvolumina die Additivlösung entfernt werden soll.

Für intrauterine Transfusionen muss die Additivlösung weitgehend entfernt werden, damit der empfohlene Hämatokritwert von 75–85 % eingestellt werden kann (Hämatokrit von Erythrozytenkonzentraten in Additivlösung ca. 50–70 %); für Austauschtransfusionen wird ein Hämatokrit von 40–50 % empfohlen, der nach Entfernen der Additivlösung durch Zusatz von Plasma eingestellt werden kann [77].

Die für die Transfusion Früh- und Neugeborener benötigten kleinen Mengen werden in der Regel durch Verwendung von Beutelsystemen mit kleinen Satellitenbeuteln („Babybeutel“) bereitgestellt, aus denen Spritzen zur Transfusion gefüllt werden können. Viele Neonatologen befürworten eine möglichst geringe Spenderexposition, die dadurch erreicht werden kann, dass die Satellitenbeutel aus einem Konzentrat einem Empfänger zugeordnet werden und über die Lagerzeit für diesen reserviert bleiben.

Bei intrauterinen Transfusionen und Austauschtransfusionen bei Neugeborenen ist zu beachten, dass die Präparate bestrahlt werden müssen [66].

Während rund 80 % der Frühgeborenen mit Erythrozytenkonzentraten versorgt werden müssen, sind nur 15–20 % auf die Transfusion weiterer Blutkomponenten angewiesen.

Für Thrombozytensubstitutionen (mittlere Dosis: 5–10 ml/kgKG) kann es nötig werden, das Plasmavolumen eines Thrombozytenkonzentrates auf 10–20 ml zu reduzieren. In volumenreduzierten Thrombozytenkonzentraten, die in Spritzen umgefüllt wurden, fällt der pH rasch ab. Dieser Schritt sollte daher frühestens 4 h vor Transfusion durchgeführt werden [59]. Da die Transfusion inkompatiblen Plasmas bei Kleinkindern größere Gefahren birgt als im höheren Lebensalter, soll AB0-ident transfundiert werden. Müssen Thrombozytenkonzentrate zur Anwendung kommen, die inkompatibles Plasma enthalten, sollen das Plasma entfernt und die Thrombozyten in Kochsalzlösung, Albumin oder kompatiblem Plasma resuspendiert werden [77].

Die übliche Dosis für gefrorenes Frischplasma ist 10–15 ml/kgKG. Frischplasmen stehen in der Regel nicht in kleinen Abpackungen zur Verfügung und sind nach dem Auftauen zur unmittelbaren Anwendung bestimmt [66]. Mit einem klinisch signifikanten Verlust an Gerinnungsaktivität (insbesondere Faktor VIII) ist nach 24 h zu rechnen [77].

9 Sterile Schlauchverbindungen

Zur Überführung von Blutkomponenten aus Beutelsystemen in zusätzliche, nicht bereits angeschlossene Beutel muss das Eröffnen des kontaminationssicheren „geschlossenen“ Systems vermieden werden. Dies kann erreicht werden, indem mit Schweißgeräten („sterile connecting devices“, STCD) sterile Verbindungen zwischen 2 Schläuchen konventioneller Beutelsysteme hergestellt werden. Dazu werden die Schläuche in Schlauchhalterungen eingelegt, mittels einer auf 320 °C erhitzten Kupferklinge durchtrennt, entlang der Klinge zur gewünschten Verbindung verschoben und während der Klingenentfernung unter Zusammenführung der Schnittenden miteinander steril verschweißt. Während des Schweißvorganges wird evtl. vorhandene Flüssigkeit durch Zusammendrücken des Schlauches von der Schweißnaht getrennt. Die Flüssigkeit in den Schläuchen kann auch durch eine entsprechende Schlauchführung („Bend-tube-Methode“) von der Schweißstelle ferngehalten werden. Integrierte Temperatursensoren überwachen kontinuierlich die Klingentemperatur. Die Kupferklinge ist nur einmal verwendbar. Die zu verbindenden Schläuche sollten den gleichen Innendurchmesser (in der Regel 2,9–3,1 mm) haben und aus demselben Material bestehen. Verbindungen zwischen zwei trockenen Schläuchen weisen 75 % der Ziehfestigkeit der Ausgangsschläuche auf [36].

10 Transport von Blutkomponenten

Der Transport von Blutkomponenten vom Hersteller zum Depot des Anwenders erfolgt unter der Verantwortung des Herstellers [66]. Von besonderer Bedeutung ist die Einhaltung der vorgesehenen Transporttemperaturen, die während des Transportes durch geeignete Maßnahmen (z. B. Temperaturschreiber oder Min/Max-Thermometer) zu überwachen sind. Dabei gilt, dass Erythrozytenkonzentrate ohne Unterbrechnung der Kühlkette bei 1–10 °C transportiert werden sollen. Für Thrombozytenkonzentrate gilt Raumtemperatur als geeignete Lagertemperatur, wobei 20 °C nicht unterschritten werden dürfen. Gefrierplasma ist tiefgefroren zu transportieren. Andere schädigende Einflüsse (massive Erschütterung u. Ä.) sind zu vermeiden.

Werden Blutkomponenten von einem Blutdepot zu einem anderen weitergegeben, so geht die Verantwortung für deren Qualität und Unbedenklichkeit sowie die Transportverantwortung vom Hersteller auf den Leiter der weitergebenden Einrichtung über.

Innerhalb der Einrichtung des Anwenders sollen Blutkomponenten nur zur unmittelbaren Anwendung am Patienten aus dem Blutdepot abgerufen werden. Der Transport soll durch einen eingewiesenen Botendienst (und nicht durch Besucher, Patienten oder deren Angehörige) und unter geregelten Bedingungen erfolgen. Dabei sollten v. a. die Art der Transportbehältnisse und die Transportzeiten geregelt werden.

In großen Krankenhäusern kann es erforderlich werden, Satellitendepots, insbesondere für Erythrozytenkonzentrate, einzurichten. Für die Lagerung in solchen Depots gelten dieselben Vorschriften wie für die Lagerung im Blutdepot selbst; Satellitendepots sind sorgfältig zu überwachen. Eine Rücknahme von Erythrozytenkonzentraten aus solchen Depots ist nur unter definierten Bedingungen möglich, wobei neben der sicheren Dokumentation der Lagertemperatur zumindest die Haltbarkeit, die Unversehrtheit des Beutels und die Hämolyse geprüft werden sollten.