Auszug
Zwischenmenschliche Beziehungen beruhen auf ständigen Verhandlungen. Informationen werden dabei ausgetauscht oder zurückgehalten, Absichten mitgeteilt oder angedeutet, Emotionen zur Schau gestellt, inszeniert oder verheimlicht. Oft zielt die Kommunikation zwischen Individuen oder Gruppen, aber auch zwischen menschlichen und übermenschlichen Wesen, auf Überzeugung ab; aus kommunikationstheoretischer Sicht kann Kommunikation sogar als Prozeß verstanden werden, der „notwendig immer persuasiven Charakter trägt“ (Pasbrig 1998, 7).1 Der Initiator einer auf Überzeugung ausgerichteten Kommunikation bemüht sich darum, einen oder mehrere Adressaten zu einer Entscheidung oder Handlung zu bewegen. Er selbst ist von der Zweckmäßigkeit der Entscheidung bzw. Handlung überzeugt, bisweilen auch von deren Richtigkeit oder Legitimität. Mitunter kann ihm aber auch bewußt sein, daß die erwünschte Entscheidung oder Handlung primär — oder gar ausschließlich — ihm und nicht dem Adressaten Vorteile bringt. Manchmal dient die Kommunikation auch der Rechtfertigung einer bereits getroffenen Entscheidung oder erzwungenen Handlung. Es hängt vom jeweiligen Kontext ab, ob der unbeteiligte Betrachter den kommunikativen Vorgang — etwa im Rahmen von Werbung, Predigt, politischer oder religiöser Propaganda — als Überzeugungsarbeit, Überredungsversuch oder Rechtfertigung versteht und inwieweit er ihn als logische Argumentation, Vorwand, Irreführung oder gar implizite Drohung deutet.
Ein wesentlicher Beitrag zum konzeptuellen Hintergrund des Projektes „Überzeugungsstrategien“ wurde von Dr. Marion Steinicke, Leiterin des Interdisziplinären Doktorandenkollegs der Universität Heidelberg (2004–2006), geleistet; grundlegende Begriffsbestimmungen entstammen dem im Rahmen des Projektes „Überzeugungsstrategien“ gebildeten Arbeitskreis (Leitung Dr. Amina Kropp).
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Chaniotis, A., Kropp, A., Steinhoff, C. (2009). Einleitung. In: Chaniotis, A., Kropp, A., Steinhoff, C. (eds) Überzeugungsstrategien. Heidelberger Jahrbücher, vol 52. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-540-88647-1_1
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