Auszug
Interessante Human-Factors-Fallbeispiele aus dem Bereich der Streitkräfte sind oftmals klassifiziert und können daher nicht veröffentlicht werden. Zitierbare Fallbeispiele finden sich jedoch im jährlichen Bericht des Wehrbeauftragten der Bundeswehr, der damit einen guten Einstiegsp unkt für Human-Factors-Themen in der Bundeswehr darstellt. So schreibt der Wehrbeauftragte (2007, S. 10) in seinem öffentlichen Bericht über das Jahr 2006 über die Veröffentlichung von Fotos, auf denen Bundeswehrsoldaten in Afghanistan mit Knochen und Totenschädel zu sehen sind: „Das Posieren mit menschlichen Skelettteilen ist mit der Werteordnung unseres Grundgesetzes nicht zu vereinbaren. […] So hat es in der öffentlichen Diskussion Stimmen gegeben, die darauf hingewiesen haben, bei der Bewertung der Vorgänge die besondere Situation des Einsatzes nicht aus dem Auge zu verlieren. […] Die Umstände sind bei der Bewertung persönlichen Fehlverhaltens zu berücksichtigen. Sie geben aber keinen Anlass, die Grundsätze der Inneren Führung unter Hinweis auf die Einsatzrealität zu relativieren oder grundsätzlich in Frage zu stellen. Bei der Aufstellung der Bundeswehr hat der Gesetzgeber den Primat der Politik, die parlamentarische Kontrolle und die Bindung der Streitkräfte an Recht und Gesetz festgeschrieben. Diese Entscheidung steht nicht zur Disposition. Darüber hinaus wurde mit dem Leitbild vom Staatsbürger in Uniform ein neues Verständnis von militärischer Führung entwickelt, das auf den mitdenkenden, aus eigener Verantwortung und Überzeugung handelnden Soldaten setzt und Vorgesetzte zu zeitgemäßer Menschenführung verpflichtet. Dieses Konzept hat sich nicht nur bewährt, es ist aktueller denn je, denn die Erfahrung der jüngsten Vergangenheit zeigt, dass nur der mitdenkende, innerlich gefestigte und auf dem Boden des Rechtsstaats stehende Soldat in der Lage ist, den vielschichtigen Anforderungen internationaler Einsätze gerecht zu werden. Vor diesem Hintergrund muss der Frage nachgegangen werden, warum die in die Fotoaffäre verwickelten Soldaten diesem Anspruch nicht gerecht geworden sind. Welche jungen Männer und Frauen finden überhaupt den Weg in die Streitkräfte und nach welchen Kriterien werden sie ausgewählt? Welches Wertebewusstsein bringen sie mit? Wie können sie mit den Grundsätzen der Inneren Führung intensiver vertraut gemacht werden? Welche Defizite gibt es in diesem Bereich und wie können sie ausgeglichen werden? Kommen die Vorgesetzten ihrer Pflicht zur Fürsorge und Dienstaufsicht konsequent nach?“
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Bresinsky, M., Detje, F., Littschwager, M. (2008). Militär: Handeln in komplexen Problemlagen. In: Badke-Schaub, P., Hofinger, G., Lauche, K. (eds) Human Factors. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-540-72321-9_15
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