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Das Modell des produktiv realitätsverarbeitenden Subjekts (1980er–1990er Jahre)

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Book cover Sozialisation und Ungleichheit

Part of the book series: Bildung und Gesellschaft ((BILDUNGUG))

Zusammenfassung

Das „Bemühen um eine tragfähige Subjektkonstruktion“ (Hurrelmann et al. 1986, S. 94) ist das Signum der nach-schichtspezifischen Sozialisationsforschung. Für diese Prägung stehen die Arbeiten Klaus Hurrelmanns im Besonderen, und dies ist auch als deren Verdienst anzusehen. Die Annahme, die häufig genug als Kritik an der Tradition schichtspezifischer Ansätze auftritt, dass der/die Heranwachsende nicht nur als Opfer passiv-hinnehmend, sondern aktiv gestaltend an der Entwicklung einer eigenständigen Persönlichkeit beteiligt ist, bildet den Kern des von Hurrelmann entworfenen Sozialisations- bzw. Subjektkonzepts der produktiven Realitätsverarbeitung. Hurrelmann selbst bezeichnet die seinem Konzept zu Grunde liegende Auffassung von Subjektivität auch als „epistemologisches Subjektmodell“, also als das Modell des erkennenden Subjekts (Hurrelmann 1983a, S. 91; Hurrelmann et al. 1986, S. 95; Fend und Hurrelmann 1986, S. 3).

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Notes

  1. 1.

    So besonders in den einschlägigen und sehr lesenswerten Arbeiten im Forschungskontext Schulerfolg und Schulversagen im Jugendalter. Grundlage dieses Projekts stellt die längsschnittlich angelegte Untersuchung von 40 SchülerInnen an Hauptschulen und Gymnasien dar, die ab der achten Schulklasse bis zur nachschulischen Transition wiederholt befragt wurden (vgl. besonders lesenswert noch heute: Arbeitsgruppe Schulforschung 1980; Rodax/Spitz 1982; Hurrelmann/Wolf 1986; Hurrelmann/Rosewitz/Wolf 1984, 1985; Hurrelmann 1983b, 1985; Wolf 1985).

  2. 2.

    Der Vergleich über den Zeitraum von zwanzig Jahren verdeutlicht: Nur 66 % der 17-jährigen im Jahr 1960 befanden sich gegenüber 89 % der gleichen Altersgruppe noch im Jahr 1980 im Bildungssystem. Der Anteil der achtzehnjährigen SchülerInnen stieg im gleichen Zeitraum sogar von 32 % auf 70 % an (Hurrelmann/Wolf 1986: 7). Obwohl der absolute Anteil der SchülerInnen in den darauf folgenden Jahren durch die geringere Geburtenrate zurückgegangen ist, belegt die auch seit den 1990er Jahren steigende Frequentierung der gymnasialen Oberstufe auf allgemeinbildenden und der Anstieg der SchülerInnenzahlen auf beruflichen und Kollegschulen (Statistisches Bundesamt 1994: 48 ff.; vgl. auch Arbeitsgruppe Bildungsbericht 1994) die Fortsetzung eines Trends zum verlängerten Verbleib im Bildungssystem.

  3. 3.

    Und dieser Doppelcharakter widersetzt sich zugleich einer theoretisch einseitigen Interpretation der Individualisierungsannahme als evolutionärem Anstieg der individuellen Handlungsoptionen infolge jener Entbettungsmechanismen. Beck gibt – wenn auch nur vereinzelt – einige Beispiele jener Schattenseiten der Individualisierung (Heitmeyer et al. 1995): So der Zwang, „bei Strafe materieller Benachteiligung eine eigene Existenz über Arbeitsmarkt, Ausbildung, Mobilität aufzubauen und diese notfalls gegen Familien-, Partnerschafts- und Nachbarschaftsbindungen durchzuhalten.“ (Beck/Beck-Gernsheim 1990: 14; vgl. auch Beck/Lash/Giddens) Deshalb sei hier bereits auf die Ungenauigkeit einer auf die Optionenvielfalt hin vereinfachenden Rezeption des Individualisierungsparadigmas hingewiesen, die in Beck eben nicht den geeigneten Fürsprecher findet, was bereits in den 1990er Jahren sehr hellsichtig gesehen wurde (vgl. auch Konietzka 1995: 60–67).

  4. 4.

    Vgl. u. a.: Baacke/Heitmeyer 1985; BMJFFG 1990; Ferchhoff 1985; Ferchhoff/Neubauer 1997; Fuchs 1983; Heitmeyer/Jacobi 1991; Heitmeyer/Möller 1989; Heitmeyer/Olk 1990; Heitmeyer/Möller/Sünker 1989; Heitmeyer et al. 1992, 1995; Hurrelmann/Mansel 1993; Hurrelmann/Ulich 1991b: 12; Hurrelmann/Rosewitz/Wolf 1985; Jostock 1999; Mansel 1995; Mansel/Hurrelmann 1991, 1992; Mansel/Palentin 1998; Olk 1985; Tillmann 1989: 255; Zentrum für Kindheits- und Jugendforschung 1993. Wobei darauf hinzuweisen ist, dass in den genannten Arbeiten häufig auch noch jener populäre Rezeptionsfehler begangen wurde, nach dem Individualisierung zugleich De-Standardisierungstendenzen bezeichnet. Diese Interpretation verfällt in die einseitige Beschreibung einer historisch neuen Entwicklungs- und Handlungsfreiheit (gleichgültig, ob im Heranwachsenden- oder Erwachsenenalter), der einer seriösen Beck-Rezeption entgegensteht.

  5. 5.

    Klar erkennbar ist, dass Struktur- und Handlungsannahmen im Individualisierungsansatz auf die Sozialisationsforschung bedeutsamen Einfluss genommen haben. Wilhelm Heitmeyer ging zum Beispiel davon aus, dass die Fähigkeit zur produktiven Realitätsverarbeitung als „Sozialisationsmodus erst im Zuge der neuen Individualisierungsprozesse entsteht“ (Heitmeyer et al. 1995: 31) und rekurriert häufiger auf den von ihm bezeichneten „zentralen Sozialisationsmodus der Individualisierung“ (Heitmeyer et al. 1992: 15).

  6. 6.

    Ein gutes Beispiel für diese theoretische Entwicklung stellen die Beiträge in Bertram 1986a dar, die allesamt modernen arbeitsteiligen Gesellschaften die Qualität unterstellen, einen Nährboden für die Entwicklung autonomer Handlungskompetenzen auszubilden (Bertram 1986b: 16 ff.).

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© 2012 VS Verlag für Sozialwissenschaften | Springer Fachmedien Wiesbaden

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Bauer, U. (2012). Das Modell des produktiv realitätsverarbeitenden Subjekts (1980er–1990er Jahre). In: Sozialisation und Ungleichheit. Bildung und Gesellschaft. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-531-93488-4_4

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-531-93488-4_4

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  • Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden

  • Print ISBN: 978-3-531-18189-9

  • Online ISBN: 978-3-531-93488-4

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