Zusammenfassung
Soviel kann mit Sicherheit über Emile Durkheim gesagt werden: Er ist einer der Gründungsväter der Soziologie. Was weiterhin zweifelsfrei über Durkheim ausgesagt werden kann, ist, dass sein Oeuvre ein breites Themenspektrum abdeckt. Es reicht von seiner gesellschaftstheoretischen Dissertation über soziale Arbeitsteilung, Fragen der allgemeinen soziologischen Theorie, Studien zum Selbstmord, der Religionssoziologie bis hin zur Erziehungs- und Moralsoziologie. Die Frage allerdings, ob Emile Durkheim dabei ein normativ argumentierender Soziologe war, lässt sich nicht ohne weiteres mit einem eindeutigen Ja oder mit einem eindeutigen Nein beantworten. Auf der einen Seite kann Durkheim als positivistischer Soziologe gelten, dem es einzig darum zu tun ist, die Gesetzmäßigkeiten des Sozialen wissenschaftlich – und das meint in diesem Fall: wertfrei – aufzuklären. Auf der anderen Seite stehen Durkheims Äußerungen zur Moral bzw. zur normativen Integration der Gesellschaft, die er nicht nur mit den Mit teln des Positivismus analysiert: Er bezieht eine politische Position, die als konservativ oder ordnungspolitisch eingeordnet werden kann und die ihn zu einem geistigen Schöpfer jener Strömungen des 20. Jahrhunderts werden lässt, die auf eine strukturierte Gesellschaftsordnung setzen, innerhalb derer jedem und jeder ein der jeweiligen Leistungsfähigkeit entsprechender Platz zukommt (etwa auch Parsons 1999). Kurzum: Durkheim bietet eine Anschlussfähigkeit für zwei konkurrierende Lesarten, die sich an der Methode einerseits und an den gesellschaftstheoretischen Positionen andererseits festmachen lassen.
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Literatur
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Beer, R. (2011). Normativität bei Emile Durkheim. Reflexionen zur Möglichkeit einer positivistischen Soziologie. In: Ahrens, J., Beer, R., Bittlingmayer, U.H., Gerdes, J. (eds) Normativität. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-93010-7_3
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