Auszug
Der jüngste Militäreinsatz der EU in der Demokratischen Republik Kongo rief zunächst-zumindest in Deutschland — eine heftige Debatte über Sinn und Zweck dieses EUFOR RD Congo getauften Unternehmens hervor. Die Diskussion wurde mit „realistischen“ und „idealistischen“ Argumenten geführt, von denen einige wenig weiterfuhren, andere jedoch durchaus bedenkenswert sind. Zur ersten Kategorie bei den Realisten zählten beispielsweise Einlassungen wie die Operation sei gefährlich, die Bundeswehr sei ausgelastet, das Ganze solle man Frankreich überlassen. Bedenkenswert waren Einwände, die ein klares Mandat, die Beachtung einer vernünftigen Ziel-Mittel-Relation oder eine stringente Interessenanalyse einfordern. Gleiches gilt für die „idealistischen“ Argumente. Während die Gegner neokolonialistische Motive unterstellten und militaristische Tendenzen in der EU befürchteten, argumentierten die Befürworter eher im Sinne des liberal peace oder kosmopolitisch. In diesem Beitrag soll die EUFOR RD Congo aus der Perspektive eines „realistischen Kosmopolitismus“ analysiert werden. Dazu wird zunächst kurz auf das Leitbild einer Friedensmacht6 und auf die Herausforderung des Staatszerfalls eingegangen. Dann folgen eine empirische Analyse des Einsatzes mit Handlungsempfehlungen und die Antwort auf die Frage, ob die EU im Kongo als Friedensmacht agiert hat.
Künftig der Kürze halber nur noch als Kongo oder DRK bezeichnet.
Recherchen des Autors ergaben, dass EUFOR RD Congo weder in Frankreich noch in Groß britannien ein umstrittenes Thema waren. Die Gründe dafür dürften vor allem in der interventionistischen Tradition dieser Länder und dem größ eren sicherheitspolitischen Handlungsspielraum der jeweiligen Exekutive liegen.
Vgl. die Presseberichterstattung im Vorfeld des Einsatzbeschlusses (insbesondere vom März 2006).
Vgl. etwa www.uni-kassel.de/fb5/frieden/regionen/Kongo/baf.html.
Vgl. etwa ICG: Security Sector Reform in the Congo, Africa Report No. 104, 13. Februar 2006 und ICG: Escaping the Conflict trap: Promoting Good Governance in the Congo, Africa Report No. 114,20 July 2006.
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Literatur
Künftig der Kürze halber nur noch als Kongo oder DRK bezeichnet.
Recherchen des Autors ergaben, dass EUFOR RD Congo weder in Frankreich noch in Groß britannien ein umstrittenes Thema waren. Die Gründe dafür dürften vor allem in der interventionistischen Tradition dieser Länder und dem größ eren sicherheitspolitischen Handlungsspielraum der jeweiligen Exekutive liegen.
Vgl. die Presseberichterstattung im Vorfeld des Einsatzbeschlusses (insbesondere vom März 2006).
Vgl. etwa www.uni-kassel.de/fb5/frieden/regionen/Kongo/baf.html.
Vgl. etwa ICG: Security Sector Reform in the Congo, Africa Report No. 104, 13. Februar 2006 und ICG: Escaping the Conflict trap: Promoting Good Governance in the Congo, Africa Report No. 114,20 July 2006.
Zur Leitbilddebatte vgl. den Beitrag von Bernhard Rinke in diesem Band.
Vgl. etwa Schneckener, Ulrich: States at risk. Fragile Staaten als Sicherheits-und Entwicklungsproblem, SWP-Studie, Berlin 2004.
Vgl. etwa Kaldor, Mary: New and Old Wars. Organized Violence in a Global Era, Cambridge 1999.
Vgl. United Nations: 2005 World Summit Outcome, 15. September 2005, A/60/L.1, unter: http://www.un.org/ summit2005/presskit/fact_sheet.pdf. Vgl. auch Jürgen Habermas, Zwischen Naturalismus und Religion, Frankfurt am Main 2005, S. 349f.
Vgl. Rosenau, James N.: Turbulence in World Politics. A Theory of Change and Continuity, New York 1990.
Vgl. 2005 World Summit Outcome, a.a.O.; sowie Gemeinsame Erklärung des Rats und der im Rat vereinigten Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten des Europäischen Parlaments und der Kommission zur Entwicklungspolitik der Europäischen Union: Der Europäische Konsens, Abl. 2006/C und Council of the European Union, European Union Concept for strengthening African capabilities for the prevention, management and resolution of conflicts, 7. July 2006, Dok. 11316/06.
Duchêne, François: Die Rolle Europas im Weltsystem: Von der regionalen zur planetarischen Interdependenz, in: Kohnstamm, Max (Hrsg.): Zivilmacht Europa. Supermacht oder Partner? Frankfurt/M. 1973, S. 11–35. Vgl. zu den neueren Ansätzen beispielsweise Smith, Karen: The End of Civilian Power EU: A Welcome Demise or Cause for Concern?, in: The International Spectator 2/2000, S. 11-28 und Sjursen, Helene: What Kind of Power?, in: Journal of European Public Policy 2/2006, S. 169-181.
Bull, Hedley: Civilian Power Europe: A Contradiction in Terms, in: Journal of Common Market Studies 1-2/1982-83, S. 149–170. Vgl. auch Hyde-Price, Adrian: Normative’ Power Europe: a Realist Critique, in: Journal of European Public Policy 2/2006, S. 217–234; vgl. auch den Beitrag von Franz-Josef Meiers in diesem Band.
Vgl. dazu Ehrhart, Hans-Georg: What Model for CFSP?, Chaillot Papers 55, Paris 2002. Vgl. auch Ders.: Die EU und das Leitbild „Friedensmacht“: Auß en-und sicherheitspolitische Konzepte nach dem Irak-Krieg, in: Jäger, Thomas et al (Hrsg.): Transatlantische Beziehungen, Wiesbaden 2005, S. 87-99.
Vgl. Wulf, Herbert: Good Governance beyond borders: Creating a multi-level public monopoly of legitimate force, DCAF Occasional Paper 10/2006, Genf 2006; A Human Security Doctrine for Europe. The Barcelona Report of the Study Group on Europe’s Security Capabilities, Presented to EU High Representative for CFSP, Barcelona, 15 September 2004.
Beck, Ulrich: Der kosmopolitische Blick oder: Krieg ist Frieden, Frankfurt 2004. Vgl. auch Ders./Grande, Edgar: Das kosmopolitische Europa, Frankfurt 2004. Vgl. auch Woodhouse, Tom/Ramsbotham, Oliver: Cosmopolitan Peacekeeping and the Globalization of Security, in: International Peacekeeping, Nr.2/2005, S. 139-156.
Vgl. zu den zu prüfenden Legitimationskriterien für die Anwendung von Zwangsmitteln durch den UN-Sicherheitsrat Evans, Gareth: When is it right to fight? Legality, legitimacy, and the use of military force, in: Journal of Social Affairs 82/2004, S. 13-36 und United Nations: A more secure world: our shared responsibility, Report of the High Level Panel on Threats, Challenges and Change, 2004, unter: www.un.org/secureworld, (Zugriff: 21.2.2005).
State-building betrifft den Aufbau legitimierter Staatlichkeit, während Nation-building sich mit dem gesellschaftlichen Wiederaufbau befasst. Beide Ebenen bedingen einander und sollten idealiter gemäß dem Subsidiaritätsprinzip die vorrangigen Elemente eines Mehrebenensystems legitimer Gewalt sein. Vgl. Wulf, a.a.O., S. 36f.
Vgl. Ottaway, Martna/ Lieven, Anatol: Rebuilding Afghanistan: Fantasy versus Reality, in: Carnegie Endowment for International Peace, Policy Brief, January 2002, S. 4f.
Vgl. Ehrhart, Hans-Georg: Staatszerfall, Gewaltkonflikte und „Nation-building“ als politische Herausforderung für die EU, in: Ehrhart, Hans-Georg/ Schmitt, Burkard (Hrsg.): Die Sicherheitspolitik der EU im Werden. Bedro-hungen, Aktivitäten, Fähigkeiten, Baden-Baden 2004, S. 45–59.
Dafür hat der UNO-Sicherheitsrat eine Verstärkung um 300 Blauhelme gestattet.
Vgl. Ein sicheres Europa in einer besseren Welt. Europäische Sicherheitsstrategie, Brüssel 2003, unter: http:// ue.eu.int/uedocs/cmsUpload/031208ESSIIDE.pdf
Vgl. Council Common Position 2004/374/CFSP of 26 January 2004, in: Official Journal of the European Union, L 21/25. Mit der Verabschiedung eines Aktionsplans zur Unterstützung von Frieden und Sicherheit in Afrika zehn Monate später erfolgte ein erster Schritt zur Umsetzung der Gemeinsamen Position.
Council of the European Union, The EU and Africa. Towards a Strategic Partnership, Brüssel, 19. Dezember, 2005, Dok. 15961/05 (Presse 367), unter: http://doku.cac.at/1972_the_eu_and_africa_towards_a_strategic_partnership.pdf.
Vgl. http://ec.europa.eu/development/body/country/country_home_en.cfm?cid=cd&status=new.
Vgl. Contribution by EU High Representative Javier Solana to the EU Strategy for Africa, Brüssel, 21. November 2005, S377/05, unter: http://ue.eu.int/ueDocs/cms_Data/docs/pressdata/en/reports/87088.pdf.
Das CIAT tagt unter Vorsitz des Sondergesandten der UNO und besteht aus den akkreditierten Botschaftern der ständigen Mitglieder des Sicherheitsrats sowie Belgiens, Kanadas, Südafrikas, Angolas, Sambias, Mosambiks und der EU-Präsidentschaft.
Vgl. http://ec.europa.eu/development/body/country/country_home_en.cfm?cid=cd&status=new.
MONUC kostet zur Zeit ca. 1,1 Mrd. Dollar im Jahr.
EU-Operationen mit militärischem oder verteidigungspolitischem Bezug werden grundsätzlich nicht aus dem EU-Budget bezahlt. Allerdings können bestimmte Kosten wie z.B. für gemeinsam genutzte Infrastruktur nach dem so genannten Athena-Mechanismus als „gemeinsame Kosten“ in einer Art Umlageverfahren geltend gemacht werden. Vgl. Council Decision 2004/197/CFSP of 23 February establishing a mechanism to administer the financing of the common costs of European Union operations having military or defence implications, Official Journal of the European Union L 63/82.
Das belastet insbesondere die Framework-Nation, weil sie die meisten Soldaten stellt und für die Führung des Hauptquartiers zuständig ist. So hat Frankreich im Rahmen der Operation Artemis alleine 60 Mio. Euro Transportkosten begleichen müssen. Interview im Bundesverteidigungsmimsterium am 14. März 2006.
Vgl. www.consilium.europa.eu/cms3_fo/showPage.asp?id=788&lang=en&mode=g.
Vgl. www.consilium.europa.eu/cms3_fo/showPage.asp?id=909&lang=en&mode=g.
Vgl. Contribution by EU High Representative Javier Solana to the EU Strategy for Africa, a.a.O.
Vgl. dazu Schmidt, Peter: Freiwillige vor! Bundeswehreinsatz im Kongo — zur Dialektik einer Führungsrolle wider Willen, in: Internationale Politik 11/2006, S. 68-77.
1.100 waren im Einsatzgebiet stationiert, der Rest in Gabun. Vgl. Twenty-second report of the Secretary-General on the United nations Organization Mission in the Democratic Republic of Congo, S/2006/759, S.U.
Vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 24. August 2006.
Vgl. Reuters vom 7. November 2006 nach www.monuc.org.
Das Rotationssystem bestand darin, dass deutsche Kampftruppen nach Kinshasa geflogen werden, wenn die spanischen und französischen Einheiten an anderen Orten im Westkongo gebraucht werden sollten.
Vgl. www.kongo-kinshasa.de/news/praeswahl_congo2006_II.pdf.
Die zu zahlenden „gemeinsamen Kosten“ lagen bei 16,7 Millionen Euro. Den Groß teil der Kosten für Militäroperationen mussten die teilnehmenden Staaten tragen. Die Bundesregierung rechnet mit 56 Millionen Euro, Frankreichs Kosten dürften ähnlich hoch sein.
Das Überbrückungs-bzw. Bridging-Modstt war ja bereits 2003 mit der Operation Artemis erfolgreich getestet worden. Vgl. Rat der Europäischen Union, Bericht des Vorsitzes zur ESVP, Brüssel, 15. Juni 2004, Anhang II.
Vgl. International Herald Tribune vom 10. November 2006, S. 3 und VOA News vom 1. November 2006 nach www. Monuc.org.
Vgl. S/RES/1711(2006).
Vgl. UNSC-Resolution 1291 und 1304.
Vgl. Tüll, Dennis: Herkulesaufgabe Kongo, in: Vereinte Nationen 3/2006, S. 90-97.
Verwiesen sei auf die Projekte der Kommission vor Ort und auf den runden Tisch, der von der EUFOR eingerichtet wurde und der zur regelmäß igen Kommunikation und Abstimmung der Operation mit anderen Akteuren diente. Daran nahmen neben Vertretern von UN-Agenturen, der MONUC, der EU, der kongolesischen Regierung, der Sicherheitskräfte, der Unabhängigen Wahlkommission und internationalen Beobachtern auch Vertreter der Kirchen, gesellschaftlicher Gruppen und lokale Würdenträger teil.
Gemeinsame Erklärung über die VN-EU-Zusammenarbeit bei der Krisenbewältigung, New York, 24. September 2003,Dok. 12510/03 (Presse 266). Vgl. dazu auch den Beitrag von Wibke Hansen in diesem Band.
Das es dabei auch eine Reihe von Problemen gab, aus denen wiederum für künftige gemeinsame Operationen gelernt werden kann, sollte nicht überraschen. Vgl. dazu die gemeinsam erstellte „After-Action Review“ vom 16. November 2006.
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Ehrhart, HG. (2007). Friedensmacht in Aktion?. In: Ehrhart, HG., Jaberg, S., Rinke, B., Waldmann, J. (eds) Die Europäische Union im 21. Jahrhundert. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-90576-1_13
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