Zusammenfassung
Derzeit leben etwa 6,8 Millionen Menschen mit ausländischer Staatsangehörigkeit (Statistisches Bundesamt 2011) bzw. 15,7 Millionen Menschen mit Migrationshintergrund (Statistisches Bundesamt 2010/Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) 2011) in Deutschland. Untersuchungen zur Sterblichkeit von älteren Migrantinnen und Migranten sind jedoch eher selten, was vor allem durch die begrenzte Anzahl geeigneter und verfügbarer Datenquellen begründet ist (Kohls 2008a).
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Nachfolgend werden im Rahmen des Forschungsüberblicks sämtliche Personen mit Migrationshintergrund (Ausländerinnen/Ausländer, (Spät-)Aussiedlerinnen und -Aussiedler, Deutsche mit Migrationshintergrund) betrachtet, sofern belastbare Erkenntnisse vorliegen. In der anschließenden empirischen Analyse werden aufgrund von Datenrestriktionen nur jene Personen betrachtet, die ausschließlich eine oder mehrere ausländische Staatsangehörigkeiten oder einen (Spät-)Aussiedler-Status besitzen.
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Ebenso ist einzuschränken, dass Personen in der GRV mit Wohnsitz in Deutschland zwar 92 Prozent (Männer) bzw. 95 Prozent (Frauen) der gesamten Wohnbevölkerung Deutschlands ab dem Alter 65 abbilden, aber dennoch nicht die Bevölkerung vollständig repräsentieren. Erwerbsgruppen, wie Selbstständige, Beamte oder Hausfrauen, sind nicht bzw. unvollständig in den Datensätzen der GRV vertreten (Kohls 2009).
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Die Grundlage der nachfolgend verwendeten Daten stellen die Daten des Forschungsdatenzentrums der Rentenversicherung (FDZ-RV) dar. Diese wurden als Scientific Use Files sowie für einen Aufenthalt als Gastwissenschaftler zur Verfügung gestellt. Weitere Informationen und Nutzungsmöglichkeiten: www.fdz-rv.de.
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Neben der Türkei werden Personen aus Ex-Jugoslawien (Bosnien-Herzegowina, Kroatien, Slowenien, Serbien-Montenegro, Mazedonien, ‚alte‘ jugoslawische Staatsangehörigkeit) sowie aus den ehemaligen südeuropäischen ‚Gastarbeiteranwerbeländern‘ (Griechenland, Italien, Portugal, Spanien ohne Türkei) unterschieden. Darüber hinaus werden die Personen aus den Nachbarländern Deutschlands, die vor 2011 vollständig EU-freizügigkeitsberechtigt waren (Belgien, Dänemark, Frankreich, Luxemburg, Niederlande, Österreich, Schweiz) sowie Personen aus den übrigen europäischen Staaten (alle weiteren Staaten Europas ohne Türkei) analysiert. Diese werden ergänzt durch Migrantengruppen aus Amerika, Afrika, Asien sowie der restlichen Welt (Australien und Ozeanien, Staatenlose, Fälle ungeklärt bzw. ohne Angaben).
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So ist der soziale Status einer Migrantin und eines Migranten mit unbefristeter Niederlassungserlaubnis in der Regel höher als der einer Migrantin und eines Migranten mit befristeter Duldung. Auch die Möglichkeit zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit, die Migrantinnen und Migranten mit befristeter Aufenthaltserlaubnis sowie Geduldeten lediglich in geringem Ausmaß erlaubt ist, erzeugt hierbei sozial bedingte Unterschiede (Kohls 2011).
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Dabei charakterisiert in der Abbildung 4 die gestrichelte Linie die Mortalität der gesamten ausländischen Bevölkerung nach dem Alter ohne Berücksichtigung der Aufenthaltsdauer und nimmt den Wert 1 an. Alle weiteren Sterblichkeitsverläufe, die die Mortalität der jeweiligen Migrantengruppen unter Berücksichtigung der Aufenthaltsdauer abbilden, stehen im relativen Vergleich dazu.
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Kohls, M. (2012). Leben ältere Migranten länger?. In: Baykara-Krumme, H., Schimany, P., Motel-Klingebiel, A. (eds) Viele Welten des Alterns. Alter(n) und Gesellschaft, vol 22. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-531-19011-2_8
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