Zusammenfassung
Der Beitrag nutzt unterschiedliche Blickwinkel, mit denen ein Zugang zur Konstruktion von „Männlichkeit“/„Männlichkeiten“ versucht werden soll. Der erste befaßt sich mit der Soziologie der Geschlechterverhältnisse und beleuchtet zunächst weniger die „problematische Männlichkeit“ als problematische Theoriemodelle, mit denen in der deutschsprachigen Diskussion „Männlichkeit“ angegangen wird. Danach wird das Theoriekonzept „hegemoniale Männlichkeit“ vorgestellt und seine Brauchbarkeit für die Analyse von geschlechtsspezifischen Formen der Herrschaftsanwendung erläutert. Der zweite Abschnitt nimmt „Männlichkeit“ in konkreten sozialstrukturellen Gegebenheiten in Industrieländern in den Blick, insbesondere die Beharrlichkeit von geschlechtsspezifischen Orientierungen (Männlichkeitsleitbilder) in Zeiten dramatischen sozialen Wandels. Schließlich werden die Risiken einer Bewerkstelligung von Geschlecht in ihrer Abhängigkeit von sozialen Ressourcen beschrieben.
Eine frühere Fassung von Teilen dieses Beitrags wurde in einer Vortragssammlung hrsg. von N. Scheiwe im Hartung-Gorre Verlag Konstanz (1996) und im Kriminologischen Journal (Juventa), 6. Beiheft 1997 abgedruckt.
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Literatur
Die in neuester Zeit wieder aufgelegte Debatte um die „Soziobiologie der Gewalt“ visiert im Unterschied zur Rollen- und Subkulturtheorie und zu den essentialistischen Ableitungen den Komplex Schicht/ Geschlecht/ Gewalt immerhin an, wenngleich mit einem reduktionistischen Blickwinkel. Die Forschung zur Bedeutung von Neurotransmittern zeigt: Nicht der Körper bedingt das Verhalten. Es ist genau umgekehrt: Die Körperchemie paßt sich der Umwelt an. Die psychiatrisch-medizinische Auffassung von einem Ursache-Wirkungsmodell verdreht den Prozeß, in dem neben anderen Faktoren die sozialen und kulturellen Bedingungen den Selbstwert des statusniederen jungen Mannes beeinflussen. Dessen Körperchemie wird wiederum von dieser Erfahrung des andauernden niedrigen Selbstwerts beeinflußt. Neurotransmitter stehen übrigens nicht nur mit impulsiver Aggressivität, sondern auch mit Eß-, Schlaf- und Sozialverhalten, mit Depressivität, Suizidalität etc. im Zusammenhang. Insofern verbieten sich Kausalannahmen, die aus genetischen Dispositionen und einem verengten Verständnis von „Umweltfaktoren“ Kriminalitätsrisiken bei Individuen bestimmen wollen.
Dies haben Soziologinnen wie BENARD und SCHLAFFER in ihren Interviews mit Frauen aus der Oberschicht mit deutlicher Enttäuschung feststellen müssen. Von sozialpädagogischer Warte spricht C. THÜRMER-ROHR (1987) vorwurfsvoll und Ausgrenzungs- und Strafbedürfnisse bedienend von der „weiblichen Mittäterschaft“.
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© 1999 Leske + Budrich, Opladen
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Kersten, J. (1999). Risiken und Nebenwirkungen. In: Scarbath, H., Schlottau, H., Straub, V., Waldmann, K. (eds) Geschlechter. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-95099-4_5
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-322-95099-4_5
Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften
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Online ISBN: 978-3-322-95099-4
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