Auszug
Humane embryonale Stammzellforschung (hES-Forschung) ist nach der Isolierung dieser Zellen, die 1998 erfolgte, in Deutschland sehr kontrovers diskutiert worden. Einen vorläufigen Schlusspunkt setzte das am 1. 7. 2002 in Kraft getretene Stammzellgesetz.1 Das Gesetz verbot in Deutschland hES-Forschung und stellte sie unter Strafe. Jedoch ließ es zu, dass im Ausnahmefall — nach Zustimmung der Zentralen Ethikkommission für Stammzellforschung und nach einer Genehmigung durch das Robert Koch-Institut — Forschungen an Zelllinien erfolgen durften, die aus dem Ausland importiert wurden; sie mussten in einem ausländischen Staat vor dem Stichtag des 1.1.2002 aus überzähligen Embryonen gewonnen worden sein. Diese Bestimmungen des Gesetzgebers sind von vielen Stimmen von vornherein als zu restriktiv erachtet wurden, so dass die Debatte über die Bedingungen für hES-Forschung in Deutschland nie zur Ruhe kam.2 Sie flammte Ende 2006 erneut auf, als die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) eine Fortentwicklung des Stammzellgesetzes einforderte und vorschlug, den die Forschung beeinträchtigenden starren Stichtag des 1.1. 2002 gänzlich abzuschaffen sowie in anderen Punkten gesetzliche Restriktionen aufzuheben.3
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Auszug
Vgl Bioethik-Kommission Rheinland-Pfalz, Fortpflanzungsmedizin und Embryonenschutz. Medizinische, ethische und rechtliche Gesichtspunkte zum Revisionsbedarf von Embryonenschutz-und Stammzellgesetz. Bericht der Bioethik-Kommission des Landes Rheinland-Pfalz vom 12. 12. 2005, im Internet: www.justiz. rlp.de → Ministerium → Bioethik (15. 4. 2008; dieses Zugriffsdatum gilt auch für die anderen in diesem Beitrag erwähnten Internet-Belegangaben); Anna M. Wobus ua, Stammzellforschung und Zelltherapie. Stand des Wissens und der Rahmenbedingungen in Deutschland (2006); Hartmut Kreß, Menschenwürde, Embryonenschutz und gesundheitsorientierte Forschungsperspektiven in ethisch-rechtlicher Abwägung, Zeitschrift für Rechtspolitik 39 (2006) H 7, 219-223. Deutsche Forschungsgemeinschaft, Stammzellforschung in Deutschland — Möglichkeiten und Perspektiven. Stellungnahme der DFG Oktober 2006, Weinheim 2007.
Friedrich Schleiermacher, Christliche Sittenlehre. Einleitung (Wintersemester 1826/27) (1983) 66.
Vgl Ivo Brosens, Are Catholic Universities giving up reproductive medicine? Reproductive BioMedicine Online 15 (2007) Suppl 2, 43–46.
Vgl H. Kreß, Ab wann ist der Embryo ein Mensch? Menschenwürde und Lebensschutz des Embryos in theologischer Sicht, in Klaus Diedrich ua (Hrsg), Reproduktionsmedizin in Klinik und Forschung: Der Status des Embryos (2007) (Nova Acta Leopoldina Neue Folge, Bd 96, Nr 354) 49–70, hier 50.
Annette Schavan, Nicht jedes Mittel heiligt den Zweck, Interview in Die Welt, 7. 4. 2008; Rede von Ministerin Schavan im Deutschen Bundestag am 11. 4. 2008, zit nach Frankfurter Allgemeine Zeitung, 12. 4. 2008, 1. 13 Frankfurter Allgemeine Zeitung, Bischöfe kritisieren Schavan in der Stamm-zell-Debatte, 10. 12. 2007, 3.
So Karl Jüsten, Leiter des katholischen Büros in Berlin. Er hielt ferner fest: „Katholische Politiker sollen sich an den Positionen des Lehramts und der Bibel orientieren und ihr Gewissen daran bilden“ („Konflikt ist sicher eine Belastung“, in Kölnische Rundschau, 4. 1. 2008). Belege für die Verpflichtung katholischer Laien und Theologen auf die Vorgaben des Lehramts, die dem katholischen Kirchenrecht oder Dokumenten des Vatikans zu entnehmen sind, werden im hier vorliegenden Beitrag nicht im einzelnen aufgelistet. Vgl Ilona Riedel-Spangenberger/ Norbert Witsch, Lehramt, katholisch, in Axel Frhr v Campenhausen ua (Hrsg) Lexikon für Kirchen-und Staatskirchenrecht, Band 2 (2002) 713–718.
Vgl Hans G. Ulrich, Embryonenforschung und Stammzellentherapie, epd-Dokumentation Nr 26/01, 18. 6. 2001, 31 ff; Wilfried Härle, Christlicher Glaube in unserer Lebenswelt (2007) 294-302.
Zit bei Johannes Reiter. Schwierige Verständigung. Weichenstellung in der deutschen Biopolitik, Herder Korrespondenz 55 (2001) 284–289, hier 285.
Ausführlicher hierzu: H. Kreß, Ab wann ist der Embryo ein Mensch? aaO 52 f.
VglWolfgang Huber, Was ist heute noch heilig? Grenzen der Forschungsfreiheit in einer säkularen Gesellschaft, epd-Dokumentation 9 (2002) 25. 2. 2002, 55 ff; ders, Wissenschaft verantworten. Überlegungen zur Ethik der Forschung, Zeitschrift für Evangelische Ethik 50 (2006) 170-181.
Vgl zB Franz-Josef Bormann, Embryonen, Menschen und die Stammzellforschung, in Giovanni Maio (Hrsg), Der Status des extrakorporalen Embryos (2007) 673–701, hier 683 FN 42.
Vgl Hermann Barth, Die evangelische Stimme in der biomedizinischen Debatte stärker zur Geltung bringen, epd-Dokumentation 26 (2001) 5 ff.
Aus der Fülle der Literatur: Eric Hilgendorf, Strafbarkeitsrisiken bei der Stammzellforschung mit Auslandskontakten, Zeitschrift für Rechtspolitik 39 (2006) H 1, 22 ff.
Einige Einzelheiten zu den früheren Voten der EKD: Klaus Tanner, Fünf Jahre Stammzellengesetz, ZEE 51 (2007) 83–87.
W. Huber, in Frankfurter Allgemeine Zeitung, 27. 12. 2007, 29. Kritisch zum Argumentationsstil und zu den Begründungsdefiziten bei W. Huber auch U. H. J. Körtner, in Stammzellforschung, epd-Dokumentation 7/2008, 12. 2. 2008, 5 ff.
Vgl H. Kreß, Ein neuer starrer Stichtag? Offene Fragen bei der Reform des Stammzellgesetzes, Zeitschrift für Rechtspolitik 41 (2008) H 2, 29. 2. 2008, 53 f; Tade M. Spranger, Novellierungsbestrebungen zum Stammzellgesetz. Stichtagsregelung und alternative Modelle in der Perspektive von nationalem und übernationalem Recht, Jahrbuch für Wissenschaft und Ethik Bd 12 (2007) 319-349.
Vgl Peter Löser/ Anna M. Wobus, Aktuelle Entwicklungen in der Forschung mit humanen embryonalen Stammzellen, Naturwissenschaftliche Rundschau 60 (2007) 229 ff, hier 232.
Vgl Irmgard Nippert, Präimplantationsdiagnostik — ein Ländervergleich. Gutachten im Auftrag der Friedrich-Ebert-Stiftung (2006); H. Kreß, Präimplantationsdiagnostik, Bundesgesundheitsblatt — Gesundheitsforschung — Gesundheitsschutz 50 (2007) 157–167.
Vgl Jochen Taupitz, Erfahrungen mit dem Stammzellgesetz, in Juristenzeitung (2007) H 3, 113 ff, hier 120 f.
Vgl den Vierten und bereits den Dritten Tätigkeitsbericht der Zentralen Ethikkommission für Stammzellenforschung (Verabschiedung des Dritten Tätigkeitsberichts am 14. 12. 2005; Veröffentlichung des Vierten Berichts am 25. 1. 2007), dort vor allem die Schlussabschnitte (im Internet einsehbar über die homepages des Bundesgesundheitsministeriums oder des Robert Koch-Instituts); Peter Löser/ Bettina Hanke/ Claudia Lerch, Forschung an humanen embryonalen Stammzellen in Deutschland, Jahrbuch für Wissenschaft und Ethik Bd 12 (2007) 285–317, hier 305 f; H. Kreß, Ein neuer starrer Stichtag? aaO 54; ders, Forschung ja — Anwendung nein? Die medizinische und pharmakologische Nutzung humaner embryonaler Stammzelllinien in ethischer Sicht, in Bundesgesundheitsblatt — Gesundheitsforschung — Gesundheitsschutz 51 (2008) 9.
Vgl Hans-Werner Denker, Ein anderes ethisches Problem, Deutsches Ärzteblatt 105 (2008) A 577 f.
David Cyranoski, 5 things to know before jumping on the iPS bandwagon, in nature Vol 452, 27 March 2008, 406–408. Das Zitat aus dem japanischen Wissenschaftsministerium findet sich ebd 408. Vgl auch Die Presse, 31.3. 2008: „Kinder aus Stammzellen? Die ethisch scheinbar unbedenklichen Wunderzellen stellen ganz neue Probleme“, http://diepresse.com/home/techscience/wissenschaft/373584/index.do.
Vgl Johannes Fischer, Menschenwürde und Anerkennung, Zeitschrift für Evangelische Ethik 51 (2007) 24–39. Gelegentlich spielt in der evangelischen Theologie die Deutung vorgeburtlichen Lebens in der Beziehung zur austragenden Frau sogar in recht überdehnter und einseitiger Form eine Rolle, so dass der Eigenwert und die Schutzwürdigkeit des Embryos oder Fetus geradezu davon abhängig gemacht worden sind, dass die Mutter oder Dritte ihn „annehmen“ oder „anerkennen“. — Aus außertheologischer Perspektive zur Beziehungsdimension vorgeburtlichen und geborenen Lebens: Claudia Wiesemann, Von der Verantwortung, ein Kind zu bekommen. Eine Ethik der Elternschaft (2006).
Vgl H. Kreß, Embryonenstatus und Gesundheitsschutz. Reformbedarf im Rahmen eines umfassenden Fortpflanzungsmedizin-und Stammzellgesetzes, Jahrbuch für Recht und Ethik Bd 17 (2007) 23–50, hier 41-45.
Vgl H. Kreß, Embryonenstatus und Gesundheitsschutz, aaO, 45 ff.
Vgl H. Kreß, Ab wann ist der Embryo ein Mensch? aaO, 56.
Vgl H. Kreß, Embryonenstatus und Gesundheitsschutz, aaO 31 ff; Rudolf Neidert, „Entwicklungsfähigkeit“ als Schutzkriterium und Begrenzung des Embryonenschutzgesetzes, Medizinrecht 25 (2007) 279–286; Eberhard Merz/Volker v Loewenich, Muster-Richtlinie der Bundesärztekammer zur Durchführung der assistierten Reproduktion, Novelle 2006, Ethik in der Medizin 20 (2008) 60–61; Petra Thorn/Tewes Wischmann, Eine kritische Würdigung der Novellierung der (Muster-) Richtlinie zur Durchführung der assistierten Reproduktion der Bundesärztekammer 2006, Ethik in der Medizin 20 (2008) 61–63.
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Kreß, H. (2008). Humane embryonale Stammzellforschung in der Sicht protestantischer Ethik und die Reform des Stammzellgesetzes in Deutschland am 11. April 2008. In: Körtner, U.H.J., Kopetzki, C. (eds) Stammzellforschung. Schriftenreihe Ethik und Recht in der Medizin, vol 2. Springer, Vienna. https://doi.org/10.1007/978-3-211-77512-7_11
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