Bedeutung des Forschenden Lernens

Wissen ist in unserem digitalen Zeitalter leicht zugänglich, schnell verfügbar und entwickelt sich rapide weiter (AAAS 2009). Daher sollten Lernende einerseits in der Lage sein, vorhandenes Wissen bzw. vorhandene Erkenntnisse kritisch reflektieren zu können und andererseits die Fähigkeit erwerben, sich im Sinne lebenslangen Lernens Wissen selbst anzueignen und generell das naturwissenschaftliche Vorgehen als Modus der Welterschließung begreifen, um als mündige Bürger an einer Wissensgesellschaft wie der unseren partizipieren zu können (KMK 2005a; Mayer et al. 2004; Abd-El-Khalick et al. 2004; Harlen 1999; Harms et al. 2004; Mayer 2013; Schwartz et al. 2004). Außerdem kann die bloße Vermittlung des Ist-Standes von Wissen dem komplexen Prozess, der diesen Erkenntnissen vorausgeht, kaum dem Charakter von Wissenschaft gerecht werden (Crawford 2007; KMK 2005a; Zion et al. 2004). Deshalb sollen Lernende über fachwissenschaftliche Inhalte hinaus auch ein Verständnis für die Natur der Naturwissenschaften (nature of science) und die naturwissenschaftliche Erkenntnisgewinnung (nature of inquiry) entwickeln (Harms et al. 2004; iSTAR Assessment 2011; Mayer et al. 2004; Kremer und Mayer 2013; NRC 1996; Schwartz und Crawford 2006). Aus diesen Gründen sind Kompetenzen der Erkenntnisgewinnung integraler Bestandteil der naturwissenschaftlichen Grundbildung (scientific literacy) und damit ein international anerkanntes Ziel der Schulbildung (Bybee 2006). Daher sind sie auch in den Steuerungsdokumenten verschiedener Länder (z. B. Kanada: OME 2008a, 2008b; Großbritannien: DfES/QCA 2004; Australien: ACARA 2012 und USA: NGSS Lead States 2013; NRC 1996) und nicht zuletzt in den deutschen Bildungsstandards für den mittleren Schulabschluss (KMK 2005a, 2005b, 2005c) sowie den einheitlichen Prüfungsanforderungen der Abiturprüfung (KMK 2004) verankert und sollen auch in Oberstufenstandards entsprechendes Gewicht erhalten (Harms et al. 2004; Mayer et al. 2004, KMK 2005a, Kurth 2015; Stanat und Pant 2012).

Zusammenfassend steht der Biologie-Unterricht – speziell in der gymnasialen Oberstufe – vor der Aufgabe neben dem Aufbau eines grundlegenden Fachverständnisses auch Kompetenzen der naturwissenschaftlichen Erkenntnisgewinnung und ein angemessenes Bild von Wissenschaft und ihren MethodenFootnote 1 zu vermitteln. Hier wird das Forschende Lernen zur (gleichzeitigen) Förderung dieser Bereiche empfohlen (Mayer und Ziemek 2006). Allerdings wird die Wirksamkeit dieser Methode wegen der großen Schülerselbstständigkeit bzw. Offenheit sowie in Bezug auf die vielfältigen Lernziele in Frage gestellt (Kirschner et al. 2006). Konsens scheint zu sein, dass das Forschende Lernen aufgrund seiner inhaltlichen Komplexität der Strukturierung oder Unterstützung durch die Lehrkraft bedarf, um einer Überforderung der Schüler vorzubeugen und somit erfolgreiches Lernen überhaupt erst möglich zu machen (Hmelo-Silver 2004). Bisher fehlen jedoch Studien, die untersuchen, wie das Forschende Lernen für die verschiedenen abhängigen Variablen lernwirksam unterstützt werden kann. Die vorliegende Arbeit sucht diese Lücke zu schließen. Erste Hinweise, dass etwaige Unterstützungsformate im Bereich des prozeduralen Wissens sowie des Methodenwissens benötigt werden, um das Forschende Lernen zu fördern, liegen bereits vor (Arnold et al. 2014). In der vorliegenden Studie werden nun zwei bestehende Unterstützungsformate zur Förderung des prozeduralen Wissens und des Methodenwissens für die Methode des Forschenden Lernens weiterentwickelt und für den Biologie-Unterricht der Oberstufe nutzbar gemacht und anschließend auf ihre Wirkung anhand einer quasi-experimentellen Interventionsstudie in der gymnasialen Oberstufe untersucht.

Wissenschaftliches Denken, Methodenwissen und Fachwissen

Das Wissenschaftliche Denken beschreibt die Fähigkeit, wissenschaftliche Untersuchungen verstehen, durchführen und kritisch reflektieren zu können, und es wird durch deklaratives Wissen (Methodenwissen und Fachwissen) beeinflusst (KMK 2004; Mayer 2007). Diese drei Konstrukte werden im Folgenden kurz vorgestellt.

Das Wissenschaftliche Denken wird als naturwissenschaftlicher Problemlöseprozess beschrieben (Abd-El-Khalick et al. 2004; Klahr und Dunbar 1988; Mayer 2007). Einer umfassenden Analyse von (Kompetenz-)Modellen und entsprechenden Testinstrumenten zufolge kann dieser Prozess in die Problemlöseprozeduren Fragen entwickeln, Hypothesen aufstellen, Untersuchungen planen und Daten auswerten unterteilt werden, die speziell für das Experimentieren wie folgt ausdifferenziert werden (Arnold 2015):

  1. 1.

    Fragestellungen entwickeln: abhängige und unabhängige Variable werden identifiziert und als Frage nach deren kausalem Zusammenhang formuliert (bspw. Chinn und Malhotra 2002; Germann et al. 1996; Germann und Aram 1996, 1996b; Harwood 2004, Hofstein et al. 2005, Lin und Lehman 1999),

  2. 2.

    Hypothesen aufstellen: abhängige und unabhängige Variable werden aus der Fragestellung aufgegriffen und als Vorhersage formuliert. Zudem wird die Hypothese begründet und es werden alternative Hypothesen formuliert (bspw. Temiz et al. 2006; Tamir et al. 1992; Philips und German 2002; Klahr und Dunbar 1988),

  3. 3.

    Untersuchungen planen: die abhängige Variable wird operationalisiert und die unabhängige Variable variiert, sowie Störvariablen kontrolliert und darüber hinaus werden Messzeiten und Messwiederholungen festgelegt (bspw. Tobin und Capie 1982, Fraser 1980; Beaumont-Walters und Soyibo 2001; Klahr und Dunbar 1988) und schließlich

  4. 4.

    Daten auswerten: Daten werden beschrieben und interpretiert, wobei die Interpretation in ihrer Sicherheit sowie die gesamte Methode einer kritischen Prüfung unterzogen wird. Ferner wird ein Ausblick gegeben (bspw. Tamir et al. 1992; Philips und Germann 2002; Chinn und Malhotra 2002; Klahr und Dunbar 1988, Meier und Mayer 2011).

Das Modell des Wissenschaftlichen Denkens beinhaltet nach Mayer (2007) zwei Arten deklarativen Wissens (Fach- und Methodenwissen) als Einflussfaktoren, die bereits bestätigt werden konnten (Arnold 2015). In unterschiedlichen Studien konnte gezeigt werden, dass die Schülerfähigkeiten im Bereich des Wissenschaftliches Denkens hinter den erwarteten Leistungen zurückbleiben. Zum Beispiel haben Lernende Probleme beim Generieren von Forschungsfragen und können dabei nicht auf einen Faktor fokussieren (Hofstein et al. 2005; Kuhn und Dean 2005). Im Bereich der Hypothesen zeigen Lernende Schwierigkeiten, Hypothesen als Zusammenhang zwischen Variablen (de Jong und van Joolingen 1998) und generell als widerlegbare Vorhersage mit entsprechenden Alternativen zu formulieren (Klahr und Dunbar 1988; Klahr et al. 1993). Dies spiegelt sich dann auch in der Planung von Experimenten wieder, die häufig mit nur einer Variation der unabhängigen Variable und ohne Kontrollversuch auskommen (Hammann et al. 2008), keine Störvariablen berücksichtigen (Duggan et al. 1996) oder durch die Konfundierung der Variablen keine validen Aussagen zulässt (Chen und Klahr 1999). Zudem werden Experimente eher als Bestätigung der Hypothesen durchgeführt, also nur einmalig und ohne Wiederholung (Duggan und Gott 2000a; Lubben und Millar 1996). In der Datenauswertung finden sich Schwierigkeiten in dem Rückbezug zur Hypothese und der Begründung der Schlussfolgerung (Germann und Abram 1996b), Schlussfolgerungen kritisch reflektieren zu können und dabei bspw. Stichprobengröße, Repräsentativität und Validität zu berücksichtigen (Lubben und Millar 1996; Roberts und Gott 2004). In Studien, die speziell auf ältere Lerner fokussieren, konnten ähnliche Schwierigkeiten identifiziert werden (Tamir et al. 1992; Arnold et al. 2013). Zudem konnte in einer ergänzenden Videostudie (Arnold et al. 2014) festgestellt werden, dass die Lernenden häufig Probleme in der konkreten Umsetzung (bspw. bei der Festlegung von Messzeiten) haben, also nicht wissen, wie vorzugehen ist und bspw. von Hilfestellungen auf prozeduraler Ebene profitieren könnten. Das Methodenwissen und das Fachwissen sollen als Einflussfaktoren des Wissenschaftlichen Denkens nun weiter ausgeführt werden.

Das Methodenwissen umfasst das Wissen über bzw. Verständnis für naturwissenschaftliche Methoden, deren Grenzen und Möglichkeiten sowie über Zweck und Funktion einzelner Aspekte wissenschaftlichen Arbeitens (Arnold 2015; Arnold et al. 2016). Davon ausgehend, dass wissenschaftliches Arbeiten mehr ist als die bloße Anwenwendung manueller Fähigkeiten und spezifisches Wissen benötigt (NRC 2012), beschreibt das Methodenwissen das Denken hinter dem Handeln (thinking behind the doing; Roberts 2001) und wird auch als das „Wissen, warum“ bezeichnet (bspw. Warum braucht man eine Hypothese? Warum sollte die unabhängige Variable variiert werden?; Glaesser et al. 2009a). Damit steht es in enger Verbindung zu den einzelnen Problemlöseprozeduren (siehe oben) und den Gütekriterien wissenschaftlichen Arbeitens (Objektivität, Reliabilität und Validität), die als Antwort auf die Frage „Warum?“ herangezogen werden können (Gott et al., o.J., Glaesser et al. 2009a). Ein Überblick über die in der Literatur aufgeführten Aspekte des Methodenwissens ist in Tab. 1 dargestellt.

Tab. 1 Aspekte des Methodenwissens

Das hier beschriebene Methodenwissen ist angelehnt an das Konstrukt des procedural understanding (Gott und Duggan 1995) bzw. der concepts of evidence (Gott et al. o.J.; Gott und Roberts 2008), was von Glaesser und Kollegen (2009a) als deklaratives Wissen beschrieben wird, das dem prozeduralen Wissen, also dem „Wissen wie“ zugrunde liegt. Ferner argumentieren die Autoren, dass dieses Wissen eine notwendige Bedingung für das erfolgreiche Experimentieren darstellt und bestätigen dies in einer Studie (Glaesser et al. 2009b). In einer weiteren Studie konnte gezeigt werden, dass zwischen dem procedural understanding, das im Evidence Test (Roberts und Gott 2004) operationalisiert wurde, und der erfolgreichen Durchführung eines Experiments ein Zusammenhang besteht. Überschneidungen zwischen dem Methodenwissen und dem Konstrukt der Nature of Science (NOS) bestehen insofern, dass es darum geht, wie Wissenschaft funktioniert bzw. wie Wissenschaftler arbeiten. Glaesser und Kollegen (2009a) sehen das procedural understandig auch als Teil von NOS und diese Verbindung kann anhand einer Studie, die den Zusammenhang zwischen Vorstellungen zu NOS und dem Wissenschaftlichen Denken untersucht, unterstützt werden (Kremer et al. 2013). Stärker auf den Erkenntnisprozess zugeschnitten ist das Konstrukt der Nature of Scientific Inquiry (NOSI; Neumann 2011; Schwartz et al. 2008; Lederman et al. 2014 ), das konkret die Vorstellungen zur naturwissenschaftlichen Erkenntnismethode beschreibt. Jedoch sind die Ansätze der NOS und der NOSI stark epistemologisch und soziologisch geprägt (Neumann und Kremer 2013) und weniger spezifisch auf die prozedurale Ebene bezogen als das procedural understanding.

Im Bereich des Methodenwissens identifizierten Roberts und Gott (2004) anhand des Evidence Test Schwierigkeiten der Lernenden, bspw. in der Fähigkeit, die Validität und Aussagekraft von Experimenten mit Stichprobengröße und Repräsentativität zu begründen, warum Messwiederholungen sinnvoll sind. In einer Studie von Völzke, Arnold und Kremer (2013) wurden ebenfalls Defizite im Methodenwissen identifiziert, die sich auf die Planung von Experimenten auswirkten und Arnold et al. (2014) konnten zeigen, dass sich Lernende beim Experimentieren häufig nicht im Klaren darüber sind, warum sie beim Experimentieren manche Dinge tun. Die Autoren legen dar, dass eine Förderung des Methodenwissens nötig ist, um die Experimentierfähigkeit der Lernenden zu elaborieren. In Bezug auf den Erwerb von Methodenwissen wird argumentiert, dass solche Konzepte explizit gefördert werden sollten (Sandoval und Morrison 2003; Abd-El-Khalick und Lederman 2000; Akerson et al. 2000; Khishfe und Abd-El-Khalick 2002) und diese Förderung geeignet ist, das wissenschaftliche Denken zu unterstützen (Sandoval und Reiser 2004). Duschl (2000) beschreibt, dass die NOS dann explizit wird, wenn Lernende untersuchen, diskutieren, über Belege argumentieren und zwischen alternativen Erklärungen entscheiden. In einer Interventionsstudie von Chen und Klahr (1999) konnte gezeigt werden, dass sich Reflexionen bzw. Diskussionen über die Anwendung der einzelnen Schritte des Experiments und deren zugrundeliegende Logik (also die Erläuterung des Warum) positiv auf den Erwerb der Variablenkontrollstrategie auswirken und zudem für den Erwerb von Fachwissen förderlich sind.

Das Fachwissen schließlich ist das Wissen über die jeweiligen biologischen Phänomene, die den Gegenstand der Untersuchung bilden. Das Fachwissen spielt beim Wissenschaftlichen Denken bzw. dem Forschenden Lernen zwei verschiedene Rollen. Einerseits beschreibt es das Wissen über bzw. Verständnis für Fakten, Konzepte, Gesetze und Theorien, das für die Lösung des Problems notwendig ist und beeinflusst so die Fähigkeit des Wissenschaftlichen Denkens (Mayer 2007). Dieser Zusammenhang konnte bereits in mehreren Studien gezeigt werden (bspw. Duggan et al. 1996; Solano-Flores et al. 1999; Glaesser et al. 2009a; Wellnitz und Mayer 2013; Hof 2011; Hammann et al. 2007). Andererseits wird das wissenschaftliche Arbeiten häufig auch genutzt, um Fachwissen zu erarbeiten und zu erlernen. Diesbezüglich ist die Studienlage uneindeutig. Während in der Meta-Analyse von Dochy und Kollegen (2003) das wissenschaftliche Arbeiten tendenziell negative Effekte auf den Erwerb von Fachwissen zeigt, stellen die Autoren fest, dass der Effekt stark durch das Expertise-Level der Lernenden moderiert wird und zudem, dass das Behalten durch das wissenschaftliche Arbeiten positiv beeinflusst wird. In der Meta-Analyse von Furtak und Kollegen (2009) hingegen zeigt sich ein positiver Effekt auf den Erwerb von Fachwissen. In dieser Rolle, also als abhängige Variable des wissenschaftlichen Arbeitens im Rahmen des Forschenden Lernens, wird das Fachwissen in der vorliegenden Studie verstanden. Im Folgenden wird näher auf das Forschende Lernen eingegangen.

Forschendes Lernen

Das Forschende Lernen wird als Methode zur Förderung des Wissenschaftlichen Denkens empfohlen (Mayer und Ziemek 2006; KMK 2004). In Anlehnung an Hmelo-Silver und Kollegen (2007), Mayer und Ziemek (2006) sowie Gijbels und Kollegen (2005) wird in dieser Arbeit davon ausgegangen, dass sich das Forschende Lernen durch zehn Merkmale auszeichnet: Das Forschende Lernen ist 1) eine konstruktivistische und kollaborative und 2) problemorientierte und schülerzentrierte Unterrichtsmethode, die 3) dem Erwerb von Fachwissen, wissenschaftsmethodischen Kompetenzen und Problemlösefähigkeiten dienen kann. Beim Forschenden Lernen werden 4) (von den Lernenden) aus authentischen Problemen Fragestellungen und Hypothesen abgeleitet, Untersuchungen (z. B. Experimente) geplant und durchgeführt und Daten ausgewertet, 5) die entsprechenden Versuche (Experimente) sind ergebnisoffen angelegt und 6) die Lernenden entscheiden selbst über die Ausgestaltung des Versuchs (Experiments). Zudem werden 7) Versuche (Experimente) mehrmals durchgeführt und ausgewertet, wobei das Vorgehen anschließend kritisch reflektiert und die Sicherheit der gewonnenen Ergebnisse diskutiert und ein Ausblick auf weitere Versuche gegeben wird. Beim Forschenden Lernen 8) arbeiten die Lernenden weitestgehend selbstständig in kleinen Gruppen, und 9) generieren und konstruieren Wissen und Fähigkeiten selbst, wobei 10) die Lehrperson in den Hintergrund tritt und als Moderator und Hilfegeber die Entdeckungsprozesse der Lernenden begleitet (Arnold 2015). Die Lernförderlichkeit dieser Methode konnte in den Bereichen Wissenschaftliches Denken (Dochy et al. 2003; Furtak et al. 2009; Blanchard et al. 2010; Hof 2011), Methodenwissen bzw. NOS Footnote 2 (Furtak et al. 2009; Blanchard et al. 2010; Glaesser et al. 2009a) und Fachwissen (Dochy et al. 2003; Hattie 2009; Furtak et al. 2009; Blanchard et al. 2010; Hof 2011) bereits (in Teilen) belegt werden. Allerdings ist die Studienlage uneindeutig (bspw. Dochy et al. 2003), was nicht zuletzt darauf zurückzuführen ist, dass „Forschendes Lernen“ unterschiedlich gefasst wird und die Studien sich in den abhängigen Variablen und deren Operationalisierung teils stark unterscheiden (Hattie 2009): Studien zeigen, dass die Effektivität des Forschenden Lernens bspw. von der adäquaten Umsetzung (Blanchard et al. 2010) bzw. dem Grad der Offenheit (Hof 2011; Kirschner et al. 2006; Klahr und Nigam 2004; Dean und Kuhn 2007) abhängt. Das Forschende Lernen kann in vielerlei Hinsicht als „offen“ beschrieben werden, bspw. in Bezug auf Fachinhalt, Phasen, Strategie, Methode, Lösung oder Lösungswege (Priemer 2011). Es wird jedoch argumentiert, dass die Offenheit, vor allem bei schwachen Schülern, zu hoher kognitiver Belastung führt, und daher nicht effektiv sein kann (Kirschner et al. 2006). Andererseits kann die direkte Instruktion die komplexe Natur der Naturwissenschaften nicht authentisch abbilden (Chinn und Malhotra 2002) und ist nicht konsistent mit konstruktivistischen Sichtweisen von Lernen (Hmelo-Silver et al. 2007). Daraus wird ersichtlich, dass die Unterstützung der Lehrkraft beim Forschenden Lernen ein zentraler Faktor ist. Der Ansatz des angeleiteten Forschenden Lernens (Guided inquiry; Furtak 2006) scheint hier eine Lösung darzustellen, denn er kombiniert die Essenz des offenen Forschenden Lernens mit instruktionaler Unterstützung. Durch die zeitweise Unterstützung oder ggf. Anleitung wird dann entsprechend der Grad der Offenheit reduziert. Allerdings stellt es eine große Herausforderung für die Lehrkräfte dar, darüber zu entscheiden, wann welche Unterstützungen notwendig sind und wie trotzdem der forschende Charakter aufrechterhalten werden kann (Crawford 2000; Furtak 2006). Daher ist es sinnvoll, zumindest teilweise standardisierte, Lernunterstützungen für das Forschende Lernen zu entwickeln, empirisch zu testen und so für die Förderung bereitzustellen.

Lernunterstützungen beim Forschenden Lernen

Komplexe Aufgaben, wie es naturwissenschaftliche Problemlöseaufgaben im Rahmen des Forschenden Lernens sind, können Schüler schnell überfordern (Schmidt-Weigand et al. 2008). Dies lässt sich mit der Cognitive Load Theory (Sweller et al. 1998), die davon ausgeht, dass das Arbeitsgedächtnis begrenzt ist, erklären. Demzufolge sollte es das Ziel sein, Materialien und die geforderten Aktivitäten so zu gestalten, dass die durch die Arbeitsaufträge bzw. Materialien verursachte Belastung (extraneous Cognitive Load) reduziert wird, und so mehr Kapazität für die Konstruktion von Schemata und damit zum Lernen (germane Cognitive Load; Schmidt-Weigand et al. 2008; Sweller et al. 1998) aufgewendet werden kann.

Ein wichtiger Ansatz im Bereich der Lernunterstützungen ist der der scaffolds (zu Deutsch: Gerüste). Der Begriff wird teils sehr breit und synonym mit jeglicher Art von Unterstützung gebraucht. Dabei geht jedoch der wahre Charakter von scaffolds verloren, denn eine andauernde Diagnose, die Anpassung der Unterstützung, sowie das Ausschleichen der Unterstützung (analog zum Abbau des Gerüsts) sind wichtige Faktoren des scaffolding im eigentlichen Sinne (Puntambekar und Hübscher 2005). Saye und Brush (2002) unterscheiden zwei Arten von Unterstützungen: soft scaffolds und hard scaffolds. Als soft scaffolds beschreiben sie dynamische und situative Unterstützungsmaßnahmen der Lehrkräfte (scaffolds i. e. S.). Dies verlangt auf Seiten der Lehrkraft viel Aufmerksamkeit und situative Diagnostik von Verständnisproblemen und entsprechend den abgestimmten Einsatz von Hilfestellungen. Hard scaffolds hingegen sind statische Unterstützungen, die typische Schülerprobleme antizipieren und vorbereitet werden können (Saye und Brush 2002). Sie werden häufig in computer-basierten Experimentier-Umgebungen genutzt (Wichmann und Leutner 2009; Künsting et al. 2010). In der vorliegenden Studie liegt der Schwerpunkt auf den hard scaffolds und deren Verwendung in Hands-on-Experimenten. Dies liegt darin begründet, dass sie einerseits fertige Materialien darstellen, die die Lehrenden entlasten (Hmelo-Silver 2006) und es ihnen zudem ermöglichen, sich weiter aus der schülerselbstständigen Arbeit herauszuziehen (siehe Kapitel „Forschendes Lernen“), und andererseits eignen sie sich aus methodischen Gründen besser als soft scaffolds, da sie standardisiert und so systematisch in ihrer Wirkung untersucht und dann weiter verwendet werden können. Dabei ist der Anspruch, möglichst viele der positiven Aspekte von soft scaffolds in die Lernunterstützungen zu integrieren. Folgend werden zwei Formate als Lernunterstützungen vorgestellt, die sich im Rahmen des Forschenden Lernens eignen: gestufte Lernhilfen und diskursiv-reflexive Szenarien.

Gestufte Lernhilfen

Gestufte Lernhilfen sind eine Weiterentwicklung von Lösungsbeispielen (worked-out examples) (Hänze et al. 2010; Forschergruppe Kassel 2007). Zweitere haben im Bereich des Problemlösens eine lange Tradition zur Förderung von kognitiven Fähigkeiten (Atkinson et al. 2000). Sie kommunizieren den Prozess und geben konkrete Hilfestellungen zur Lösung der Aufgabe. Lösungsbeispiele bestehen aus der Problemformulierung, Lösungsschritten und der finalen Lösung (Renkl 2005). Sie können zwar ausgeschlichen werden, jedoch findet keine Diagnose und entsprechende Anpassung der Unterstützung statt. Die Wirksamkeit von Lösungsbeispielen gegenüber dem offenen Problemlösen konnte bspw. von Atkinson und Kollegen (2000) nachgewiesen werden.

Bei den gestuften Lernhilfen, die ähnlich wie Lösungsbeispiele aufgebaut sind, werden Lösungshinweise jedoch schrittweise gegeben und die Schüler können nach Wunsch oder Bedarf darauf zurückgreifen (Schmidt-Weigand et al. 2008; Schmidt-Weigand et al. 2009). Somit werden Diagnose und Ausschleichen in Schülerhand gegeben. Im Vergleich zu konventionellen Lösungsbeispielen konnte im Bereich physikalischen Fachwissens bereits gezeigt werden, dass gestufte Lernhilfen lernförderlicher sein können (Schmidt-Weigand et al. 2008). Im Bereich naturwissenschaftlicher Untersuchungen (Physik) zeigte sich, dass mit Lösungsbeispielen und gestuften Lernhilfen mehr Lösungsschritte erinnert und höhere Leistungen im anschließenden Fachwissenstest erzielt werden als beim offenen Problemlösen (Schmidt-Borcherding et al. 2013). Bislang fehlen Instruktionsstudien, die die Wirksamkeit von gestuften Lernhilfen beim wissenschaftlichen Arbeiten auf den Erwerb von Wissenschaftlichem Denken oder Methodenwissen differenziert untersuchen.

Diskursiv-reflexive Szenarien (Concept Cartoons)

Als Format zur Anregungung von Diskussionen über das Methodenwissen (siehe Kapitel „Wissenschaftliches Denken, Methodenwissen und Fachwissen“) wurden in dieser Arbeit Concept Cartoons (Naylor und Koegh 1999) gewählt. Es handelt sich um hard scaffolds, die der Sprechanregung dienen. Concept Cartoons beinhalten die Darstellung verschiedener Figuren (Cartoons), die über Sachverhalte diskutieren und dienen als Impulse zur Äußerung von Vorstellungen, deren Diskussion und somit der Ko-Konstruktion von Wissen (Keogh 1999). Özmen und Kollegen (2012) überprüften die Wirksamkeit von Concept Cartoons auf den Erwerb von Fachwissen innerhalb von Laboraktivitäten und zeigten damit signifikant höhere Lernzuwächse gebenüber einem Vergleich ohne diese Lernunterstützung. Über die Effektivität von Concept Cartoons zur Förderung von Wissenschaftlichem Denken und Methodenwissen liegt nach derzeitigem Stand nur eine Studie vor, die die Wirksamkeit der Concept Cartoons in Bezug auf das Methodenwissen nahelegt und zeigt, dass sie sich partiell auf die Performanz beim Experimentieren auswirken können (Kuhn et al. 2000).

Ziel der Studie und Hypothesen

Bisher wurde die Wirksamkeit beider Lernunterstützungen (gestufte Lernhilfen und Concept Cartoons) sowie deren Kombinationen nicht systematisch im Zusammenhang mit dem Forschenden Lernen in Bezug auf den Erwerb von Wissenschaftlichem Denken, Methodenwissen und Fachwissen sowie die empfundene kognitive Belastung untersucht. Ziel der vorliegenden Studie ist es daher zu prüfen, inwiefern deren Nutzung und somit die gezielte Förderung des prozeduralen Wissens bzw. des Methodenwissens sich eignet, um den Erwerb von Wissenschaftlichem Denken, Methodenwissen und Fachwissen zu fördern und die kognitive Belastung zu reduzieren. Im Folgenden wird immer von der Wirkung der einzelnen Unterstützungsformate (gestufte Lernhilfen und diskursiv-reflexive) sowie deren Kombination ausgegangen. Die Kombination wird untersucht, weil geprüft werden soll, ob die beiden Unterstützungen, die jeweils unterschiedliche Wissensarten (prozedurales Wissen und deklaratives Methodenwissen) ansprechen, sich sinnvoll ergänzen können. Dies liegt nahe, weil davon ausgegangen werden kann, dass die beiden Wissensarten zusammenhängen und sich somit positiv beeinflussen können (siehe Kapitel „Wissenschaftliches Denken, Methodenwissen und Fachwissen“). Darüber hinaus kann aus Cognitive Load-Sicht argumentiert werden, dass eine Entlastung durch Unterstützung im einen Bereich Arbeitsgedächtniskapazitäten für den anderen Bereich zur Verfügung stellt und somit die Kombination aus beiden den Effekt erhöhen könnte. Allerdings ist auch denkbar, dass ein Mehr an Materialien oder Informationen in Form von Lernunterstützungen zusätzliche Kapazitäten bindet.

Interventionsstudien, die die Wirksamkeit von gestuften Lernhilfen beim wissenschaftlichen Arbeiten auf den Erwerb von Wissenschaftlichem Denken beim Forschenden Lernen untersuchen, sind derzeit nicht bekannt. Es wird jedoch vermutet, da dieses Instruktionsformat allgemein das prozedurale Wissen fördern kann (Atkinson et al. 2000), dass es auch in diesem Bereich lernförderlich ist. Darüberhinaus kann aufgrund der oben angeführten Befunde erwartet werden, dass sich die Lernunterstützungen sowie deren Kombination positiv auf den Erwerb von Wissenschaftlichem Denken auswirken (HWissenschaftliches Denken).

Für die Lernförderlichkeit von gestuften Lernhilfen in Bezug auf das Methodenwissen liegen ebenfalls keine Ergebnisse vor. Es wird jedoch erwartet, dass sich die Erläuterung der einzelnen Schritte des Prozesses wissenschaftlichen Arbeitens positiv auf das Methodenwissen auswirken. Hier wird zusätzlich auf Grundlage der oben genannten Studien erwartet, dass sich die Lernunterstützungen und die Kombination aus diesen positiv auf den Erwerb von Methodenwissen auswirken (HMethodenwissen).

In Bezug auf Fachwissen konnte die Lernförderlichkeit von gestuften Lernhilfen (im Kontext wissenschaftlichen Arbeitens) mit Bezug zum Fachwissen bereits tendenziell, wenn auch nicht statistisch signifikant, belegt werden (Schmidt-Borcherding et al. 2013). Auch für fachwissensbezogene Concept Cartoons konnte im Rahmen von Laboraktivitäten gezeigt werden, dass sie sich in Bezug auf das Fachwissen positiv auswirken (Özmen et al. 2012). Der Einfluss dieser Lernunterstützungen mit methodenbezogenen Inhalten ist noch nicht untersucht. Hier kann aber erwartet werden, dass durch die Lernunterstützungen im Methodenbereich kognitive Kapazitäten für das Erlernen von Fachwissen frei werden (Hof 2011). Daher ist zu erwarten, dass sich die Lernunterstützungen positiv auf den Erwerb von Fachwissen auswirken (HFachwissen).

Weiterhin soll untersucht werden, ob die Lernunterstützungen geeignet sind, den Cognitive Load zu reduzieren. Es wird davon ausgegangen, dass durch die gestuften Lernhilfen die Aufgaben stärker strukturiert und die geförderten Aktivitäten vereinfacht werden können und somit der extraneous Cognitive Load reduziert wird. Durch die Bearbeitung der Concept Cartoons wird für den Problemlöseprozess relevantes Hintergrundwissen aktiviert, das die Bearbeitung der Problemlöseaufgaben vereinfachen und so ebenfalls den extraneous Cognitive Load reduzieren kann. Daher wird erwartet, dass die Schüler mit Lernunterstützungen weniger kognitive Belastung berichten (HCognitive Load).

Design & Methodik

Zur Prüfung der Hypothesen wurde eine quasi-experimentelle Interventionsstudie im 2 × 2‑faktoriellen Design mit Pre- und Post-Test in neun Einführungskursen der gymnasialen Oberstufe (11. Jgst.) zum Thema Enzymatik durchgeführt (N = 220). Die Interventionsstudie dauerte ca. 8 Wochen und wurde als Feldstudie im Regelunterricht von den jeweiligen Lehrkräften durchgeführt (Abb. 1).

Abb. 1
figure 1

Übersicht Studiendesign

Während der Studie arbeiteten die Lernenden gemäß der obigen Beschreibung des Forschenden Lernens selbstständig in Gruppen von zwei bis drei Personen („Forscherteams“). Die Intervention begann mit einer Einführung in das naturwissenschaftliche Arbeiten und die Enzymatik, die insgesamt ca. drei Unterrichtsstunden in Anspruch nahmen und anhand von ArbeitsblätternFootnote 3 angeleitet wurden. Während der Einführung wurde das Experiment inkl. abhängige und unabhängige Variable sowie die Gütekriterien wissenschaftlichen Arbeitens (Objektivität, Reliabilität und Validität) beschrieben. Außerdem wurden die Teilprozesse (Fragestellung, Hypothese, Planung, Durchführung und Datenauswertung) mit den entsprechenden Aspekten behandelt (siehe Kapitel „Wissenschaftliches Denken, Methodenwissen und Fachwissen“). Bei der Einführung in die Enzymatik wurde die allgemeine Funktion von Enzymen beschrieben und es wurden Begriffe wie Biokatalysator, Substrat, Produkt und Aktivierungsenergie geklärt. Dadurch erhielten die Lernenden das für die selbstständige Bearbeitung der folgenden Materialien notwendige Wissen. Anschließend folgte die schülerselbstständige Bearbeitung von zwei Experimentierheften zum Thema Enzymatik mit unterschiedlichen Lernunterstützungen (unabhängige Variablen). Hier bearbeiteten die Gruppen jeweils ein Experimentierheft gemeinsam und wechselten selbstständig nach Abschluss des ersten Experimentierhefts zum zweiten. Die beiden Experimentierhefte waren strukturell gleich aufgebaut (Abb. 2), hatten jedoch unterschiedliche thematische Schwerpunkte.

Abb. 2
figure 2

Struktur der Experimentierhefte

Bei der Unterrichtseinheit wurde darauf geachtet, dass die Lernenden selbstständig mit den Materialien arbeiten und die Lehrkräfte wirklich nur als Moderatoren und Hilfengeber tätig sein konnten (Theyßen 2014). Die Lehrkräfte wurden entsprechend in mehreren Besprechungen in die Studie und ihre Rolle eingeführt. Der Unterricht wurde in allen Gruppen regelmäßig hospitiert, und die Einhaltung der vereinbarten Richtlinien kann bestätigt werden. Regelmäßige Gespräche und Pausenkonferenzen dienten dazu, den zeitlichen Verlauf zu koordinieren. Für Gruppen, die entsprechend schneller mit der Bearbeitung fertig waren, waren zusätzliche Aufgaben intendiert, jedoch ergaben sich keine zeitlichen Differenzen im Abschluss der beiden Experimentierhefte. Dies kann ggf. darauf zurückgeführt werden, dass die Lernenden mit den Lernunterstützungen zwar zusätzlichen Leseaufwand hatten, aber dann aufgrund der Unterstützung zügiger arbeiten konnten.

Pre- und Post-Test wurden flankierend direkt vor bzw. nach der Unterrichtseinheit durchgeführt.

Unabhängige Variablen: Lernunterstützungen

Die beiden Unterstützungsformate diskursiv-reflexive Szenarien (Concept Cartoons) und die prozessunterstützenden gestuften Lernhilfen (Forschertipps) wurden im 2 × 2‑Design, wie in Abb. 1 dargestellt, auf drei Treatmentgruppen und eine Vergleichsgruppe verteilt (Tab. 2). Der Unterricht wurde in allen Gruppen gleich gestaltet und es lagen die gleichen Experimentierhefte zugrunde, die sich lediglich in den Lernunterstützungen unterschieden. Die Vergleichsgruppe erhielt keine zusätzliche Unterstützung zur Bearbeitung der Experimentierhefte. Die Zeit zur Bearbeitung wurde in allen Gruppen gleich gehalten.

Tab. 2 Übersicht über die Lernunterstützungen

Die prozessunterstützenden gestuften Lernhilfen (Forschertipps) fanden während der Forschungsaufgaben Anwendung. Sie beinhalteten Erläuterungen der jeweiligen Teilprozesse sowie Lösungsbeispiele für die Aufgaben, mit dem Ziel die einzelnen Schritte des Erkenntnisprozesses zu verdeutlichen und die Schüler in der Anwendung zu unterstützen (prozedurales Wissen). Bei den Forschertipps handelt es sich um gestufte Lernhilfen, die aus zwei Seiten bestehen: auf der ersten Seite findet sich ein Denkanstoß mit Lösungshinweisen und auf der zweiten Seite eine Beispiellösung mit Erklärung (Abb. 3).

Abb. 3
figure 3

Forschertipp „Hypothese – unabhängige Variable“

Auf die Forschertipps wurde bei den jeweiligen Forschungsaufgaben hingewiesen (Verlinkungen), damit die Schüler wussten, wann sie auf welchen Tipp zugreifen konnten. Die Schüler der entsprechenden Treatmentgruppen erhielten pro Gruppe einen Umschlag je Experimentierheft mit je 15 kleineren Umschlägen, die die einzelnen Forschertipps enthielten. Diese Umschläge waren beschriftet und nummeriert, sodass sie den einzelnen Teilkompetenzen und Kompetenzaspekten zugeordnet werden konnten. Dadurch, dass die Umschläge verklebt waren, war es möglich, deren Nutzung nachzuvollziehen. Die Auszählung der Forschertipps ergab, dass sie in den entsprechenden Gruppen eher selten genutzt wurden. Während in Treatmentgruppe 1, die nur die Forschertipps zur Verfügung hatte, im ersten Experimentierheft ca. 20 % und im zweiten Experimentierheft ca. 23 % der Hilfen genutzt wurden, hat die Treatmentgruppe 3, der beide Lernunterstützungen zur Verfügung standen, ca. 12 % bzw. 18 % der Hilfen genutzt (Arnold 2015).

Die diskursiv-reflexiven Szenarien (Concept Cartoons; Abb. 4) wurden in Anlehnung an die aus der Theorie hergeleiteten Aspekte des Methodenwissens (Tab. 1) konstruiert. Sie dienten dazu, Diskussionen über Sinn und Zweck einzelner Schritte des wissenschaftlichen Erkenntnisprozesses zu initiieren und somit die Aufmerksamkeit auf die hinter dem Prozess liegenden Konzepte (Methodenwissen) zu lenken.

Abb. 4
figure 4

Concept Cartoon „Wozu braucht man eine Hypothese?“ (Zeichnung: Kathrin Ziepprecht)

Die Bearbeitung der Cartoons wurde ebenfalls ausgewertet. Es konnte gezeigt werden, dass ca. 64 % der von den Lernenden notierten Begründungen für die jeweiligen Schritte des Experiments einen (indirekten) Bezug zu den Gütekriterien wissenschaftlichen Arbeitens aufwiesen und somit den intendierten Begründungen entsprachen (Arnold et al. 2016).

Abhängige Variablen und Instrumente

Die abhängigen Variablen Wissenschaftliches Denken, Methodenwissen und Fachwissen (Enzymatik) wurden in schriftlichen Leistungstests operationalisiert und entsprechend vorgetestet (Arnold 2015). Die finalen Tests wurden vor und nach der Intervention als Pre- bzw. Post-Test eingesetzt. Die Test-Kennwerte sind in Tab. 3 dargestellt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Winsteps (Linacre 2011) zwei Werte für Reliabilitäten ausgibt: für Items und Personen. Der erste Wert, die Item-Reliabilität, ist ein Index für die Reproduzierbarkeit der Item-Reihenfolge und hat kein Äquivalent in der klassischen Testtheorie (Bond und Fox 2012). Der Reliabilitäts-Wert für Personen hingegen ist die sog. Test-Reliabilität (Bond und Fox 2012; Linacre 2011). Er ist analog zu Koeffizienten der internen Konsistenz, wie bspw. Cronbachs α, der ebenfalls angegeben ist (Linacre 2011). Für diesen Wert gibt Winsteps (Linacre 2011) untere („real“) and obere („model“) Grenzen der echten Reliabilität an (Linacre 2011). Die Rasch-Reliabilitäten sind die konservativeren Werte. Zum Vergleich von Gruppen ist eine Reliabilität von 0,5 ausreichend (Lienert und Raatz 1998).

Tab. 3 Testkennwerte Tests Wissenschaftliches Denken, Methodenwissen und Fachwissen

Der Test zum Wissenschaftlichen Denken wurde im offenen Antwortformat verfasst und bestand aus insgesamt sechs Items (Arnold 2015). Er enthielt je zwei Items zu den Teilkompetenzen „Hypothese“, „Planung“ und „Daten“. Da es sich um offene Aufgaben handelt, wurden die Schülerantworten mittels Codieranleitung bewertet (Cohens κ: 0,89–0,94 je nach Teilkompetenz).

Der Test zum Methodenwissen wurde in Anlehnung an die Aspekte des Methodenwissens (Tab. 1) entwickelt. Die finale Version des Tests bestand aus 15 Multiple Choice-Items. Ein Beispiel-Item ist in Abb. 5 dargestellt.

Abb. 5
figure 5

Beispiel-Item Methodenwissen (Aspekt „Zweck von Hypothesen“; Arnold 2015)

Das Fachwissen zum Thema Enzymatik wurde in Anlehnung an die Unterrichtsmaterialien der Intervention operationalisiert (Arnold 2015). Hier wurde das Fachwissen über die Katalase-Reaktion, die Lipolyse, sowie die Temperatur- bzw. pH-Wert-Abhängigkeit enzymatischer Reaktionen erfasst. Ein Beispiel-Item ist in Abb. 6 dargestellt.

Abb. 6
figure 6

Beispiel-Item Fachwissen (Arnold 2015)

Außerdem wurde die kognitve Belastung (Cognitive Load) jeweils nach Beendigung der beiden Experimentierhefte erfasst. Hierbei wurde auf die Skalen von Künsting (2007) in gekürzter und leicht veränderter Form zurückgegriffen.

Stichprobe

Insgesamt haben 220 Schüler an der Intervention teilgenommen. Die Zahl der Schüler, die sowohl am Pre-Test als auch am Post-Test teilgenommen haben betrug je Gruppe zwischen 40 und 56 Personen. Zu Beginn der Intervention waren die Schüler zwischen 15 und 19 (M = 16,92) Jahre alt; 60 % der Probanden waren weiblich. Die Lernenden hatten zu Beginn der Studie noch keinen Unterricht im Bereich der Enzymatik. Zur Kontrollte der Ausgangsbedingungen wurden die Pre-Test-Daten der jeweiligen Treatmentgruppen mittels Kruskal-Wallis-Test verglichen und es konnten keine signifikanten Unterschiede zwischen den Gruppen festgestellt werden (Wissenschaftliches Denken: H(3) = 3,40, p = 0,334; Methodenwissen: H(3) = 1,27, p = 0,735; Fachwissen: H(3) = 1,57, p = 0,665). Da dennoch tendenzielle Unterschiede zwischen den Gruppen bestehen, werden die Residualgewinne berechnet und als Grundlage der folgenden Intergruppenvergleiche verwendet, um diese Unterschiede zu minimieren (Walpuski und Sumfleth 2007).

Datenanalyse

Die Datenanalyse erfolgte mittels Item-Response-Theory (IRT) mit dem Programm Winsteps (Linacre 2011) und Varianzanalysen (ANOVA) mit dem Programm SPSS. Auf die IRT wurde zur Testanalyse und Datenaufbereitung aus verschiedenen Gründen zurückgegriffen. Erstens aufgrund der für das Rasch-Modell spezifischen Objektivität, die es erlaubt, die Limitationen, die durch die klassische Testtheorie entstehen, zu überwinden (Fox und Jones 1998). Dies ist teils dadurch gewährleistet, dass das Rasch-Modell Itemschwierigkeiten und Personenfähigkeiten nicht konfundiert (Fox und Jones 1998). Die Nutzung des Rasch-Modells, wenn die Daten zum Modell passen, gewährleistet somit, dass Person-Measures nicht von dem Itemsatz abhängen, den die Person beantwortet hat bzw. dass die Einschätzung der Itemschwierigkeit nicht von der Personengruppe abhängt, die sie beantwortet hat. Zweitens stellt die Rasch-Skalierung intervallskalierte Daten bereit, die es erlauben, parametrische Tests durchzuführen (Boone et al. 2014). Rohdaten von Tests oder Fragebögen hingegen können nonlinear sein und daher die Voraussetzung von parametrischen Tests verletzen (Boone et al. 2014). Drittens eignet sich das Rasch-Modell bei Datensätzen mit fehlenden Daten. D. h., dass Schüler, wenn sie ein Item nicht bearbeitet haben, dennoch sinnvoll in ihrer Fähigkeit eingeschätzt werden können (Boone und Scantlebury 2006). Der vierte Grund für die Verwendung der IRT ist, dass hier das Partial-Credit-Modell zur Verfügung steht, das bei polytomen Items unterschiedlich große Schritte von Niveau zu Niveau (bspw. von null Punkten zu einem Punkt und von einem Punkt zu zwei Punkten) zulässt, innerhalb und zwischen Items. Darüber hinaus erlaubt das Partial-Credit-Modell die Nutzung von Items mit unterschiedlich vielen Stufen (bspw. dichotome und polytome Items; Bond und Fox 2012; Boone et al. 2014; Fox und Jones 1998).

Die ANOVAs wurden gemäß den Hypothesen mit a‑priori Kontrasten durchgeführt, bei denen jeweils die Treatmentgruppen mit der Vergleichsgruppe verglichen wurden (Simple). Prinzipiell wurde dabei berücksichtigt, dass die einzelnen Schüler, von denen die Testdaten vorlagen, in Forscherteams arbeiteten, die in Klassen organisiert waren, die wiederum die Treatmentgruppe bildeten, daher wurden geschachtelte ANOVAs berechnet.

Da die Treatmentgruppen sich zwar nicht statistisch signifikant (Wissenschaftliches Denken: H(3) = 3,40, p = 0,334; Methodenwissen: H(3) = 1,27, p = 0,735; Fachwissen: H(3) = 1,57, p = 0,665), aber dennoch tendenziell in den Pre-Test-Resultaten unterschieden, wurden die Lernzuwächse als Residualgewinne berechnet und als solche für die Varianzanalysen verwendet (Walpuski und Sumfleth 2007). Die Residualgewinne stellen nicht die absoluten, sondern die relativen Lernzuwächse im Vergleich zur Gesamtstichprobe dar und können daher auch negative Werte annehmen.

Ergebnisse

In Abb. 7 sind die mittleren Residualgewinne der Gruppen für die Tests Wissenschaftliches Denken (A), Methodenwissen (B) und Fachwissen (C) dargestellt.

Abb. 7
figure 7

Lernzuwächse (Residualgewinne) nach Gruppen – a Wissenschaftliches Denken, b Methodenwissen und c Fachwissen. TG1 (FT) Treatmentgruppe mit Forschertipps; TG2 (CC) Treatmentgruppe mit Concept Cartoons. TG3 (2x) Doppeltreatment; VG Vergleichsgruppe. *signifikanter Kontrast

Es zeigt sich, dass die Forschertipps, die Concept Cartoons und die Kombination aus beiden in allen Bereichen zu höheren Lernzuwächsen führen als in der Vergleichsgruppe. Eine Ausnahme bilden die Forschertipps im Bereich Fachwissen, da hier die Treatmentgruppe hinter der Vergleichsgruppe zurückbleibt. Die Unterschiede im Lernzuwachs sind im Wissenschaftlichen Denken für die Gruppen mit Forschertipps und Concept Cartoons signifikant im Vergleich zur Vergleichsgruppe (d = 0,47 bzw. 0,43). Die Ergebnisse der a‑priori-Kontraste sind in Tab. 4 dargestellt.

Tab. 4 Residualgewinne – Wissenschaftliches Denken. A‑priori-Kontraste

Somit kann festgehalten werden, dass sich die Lernunterstützungen Forschertipps und Concept Cartoons positiv auf den Erwerb von Wissenschaftlichem Denken auswirken (HWissenschaftliches Denken). Für die Treatmentgruppe 3 (Doppeltreatment) trifft die Hypothese ebenfalls zu, die Unterschiede können jedoch nicht als signifikant ausgewiesen werden. Auch die Hypothesen HMethodenwissen und HFachwissen können nur tendenziell bewertet werden, da die Unterschiede zur Vergleichsgruppe keine statistische Signifikanz aufweisen. Hier zeigt sich, dass alle drei Treatments (Forschertipps, Concept Cartoons sowie die Kombination aus beiden) im Vergleich zur Vergleichsgruppe tendenziell für den Erwerb von Methodenwissen lernwirksam sind. Im Bereich Fachwissen zeigen sich die Concept Cartoons und das Doppeltreatment als tendenziell lernwirksam.

In Abb. 8 sind die Mittelwerte der Gruppen zum Cognitive Load angegeben. Es ist zu erkennen, dass die Vergleichsgruppe im Mittel die größte kognitive Belastung angibt.

Abb. 8
figure 8

Cognitive Load nach Gruppen

Die Ergebnisse der a‑priori-Kontraste sind in Tab. 5 dargestellt. Es zeigt sich, dass alle Treatmentgruppen im Vergleich zur Vergleichsgruppe signifikant geringere kognitive Belastungen berichten. Diese Unterschiede gehen mit hohen Effektstärken einher (0,72 < d < 1,40), wobei der Effekt bei den Concept Cartoons am größten ist.

Tab. 5 Cognitive Load. A‑priori-Kontraste

Somit kann die Hypothese HCognitive Load für alle Treatmentgruppen bestätigt werden.

Diskussion und Desiderata

In der vorliegenden Studie wurden erstmals zwei Lernunterstützungs-Formate zur Förderung des prozeduralen Wissens sowie des Methodenwissens beim Forschenden Lernen in Bezug auf ihre Wirksamkeit für den Erwerb von Wissenschaftlichem Denken, Methodenwissen, Fachwissen und zur Reduktion der kognitiven Belastung vergleichend untersucht. Zentrale Befunde der Studie sind, dass die Lernunterstützung beim Forschenden Lernen (Forschertipps, Concept Cartoons sowie die Kombination aus beiden) zu einem höheren Lernertrag im Wissenschaftlichen Denken führen und zudem die kognitive Belastung beim Forschenden Lernen reduzieren können (Sweller et al. 1998). Für die Bereiche Methodenwissen und Fachwissen kann die Wirksamkeit nur tendenziell angenommen werden. Eine Ausnahme bildet die Gruppe mit Forschertipps im Bereich Fachwissen. Ähnliches konnte bereits von Hof (2011) festgestellt werden. Dort zeigte sich bereits, dass je nach Instruktion der Erwerb von wissenschaftsmethodischen Kompetenzen zu Lasten des Erwerbs von Fachwissen gehen kann.

Es ist darüber hinaus anzumerken, dass die Forschertipps, die auf die Förderung des prozeduralen Wissens abzielten (Atkinson et al. 2000), im Bereich Methodenwissen zu höheren Lernzuwächsen führten, als die Concept Cartoons, die zur expliziten Förderung des Methodenwissens konstruiert wurden (Sandoval und Reiser 2004). Zwar unterscheiden sich die Gruppen nicht signifikant in ihren Lernzuwächsen, aber hier sind weitere Untersuchungen notwendig, um die Wirkzusammenhänge zu analysieren. Bspw. ist es möglich, dass die Forschertipps ebenfalls zum reflektierten Handeln (Warum sind die einzelnen Schritte sinnvoll?) anregen und somit den Erwerb von Methodenwissen begünstigen (Keogh 1999).

Zudem fällt auf, dass die Doppeltreatments hinter dem Einzeltreatment Forschertipps zurückbleibt. Hier kann die Auszählung der Forschertipps als Erklärung herangezogen werden. Es zeigte sich, dass im Doppeltreatment im Mittel 15 % und im Einzeltreatment ca. 22 % der Forschertipps genutzt wurden. Dies kann ein Indiz dafür sein, dass die Schüler im Doppeltreatment, auch wenn sie keine höhere kognitive Belastung berichten, aufgrund der Materialfülle die Lernunterstützungen nicht adäquat und vollständig nutzen konnten und daher geringere Lernzuwächse verzeichnen (Sweller et al. 1998), dies weißt auf sog. Over-scripting hin (Dillenbourg 2002). Beim Doppeltreatment wurde mit der kompletten Anzahl Hilfen und Cartoons zu den Einzeltreatments additiv verfahren. Ob eine reduzierte Anzahl der Hilfsformate in der Kombination jedoch effektiver sein könnte, bleibt offen.

Zusammenfassend war das Forschende Lernen in dieser Konstellation effektiv, sogar für die Vergleichsgruppe. Dass die Gruppen sich nur wenig unterscheiden, (nur im Wissenschaftlichen Denken statistisch signifikant), kann dadurch erklärt werden, dass alle Gruppen, schon relativ strukturierte Materialien (Experimentierhefte) mit Hinweisen auf die einzelnen zu berücksichtigenden Aspekte, die für die Forschertipps die Verlinkungen enthielten, hatten. In vergleichbaren Studien mit Kontrollgruppen, die normal, d. h. auch nicht im Stil des Forschenden Lernens, beschult wurden, sind ebenfalls nur kleine Effekte zu finden (Roesch et al. 2015). Darüber hinaus kann die Nutzung der Unterstützungen als Erklärung herangezogen werden. So wurden die Forschertipps nur relativ selten genutzt (durchschnittlich 17 %). Eine genauere Analyse der Bearbeitung der Concept Cartoons zeigt zudem, dass die Aussagen der Schüler sich nur in ca. 64 % auf die Gütekriterien wissenschaftlichen Arbeitens bezogen und somit nur eingeschränkt zu den intendierten Diskussionen führten (Arnold et al. 2016). Hier sind weitere Untersuchungen notwendig, die die Nutzung der Lernunterstützungen optimieren. So sind zum Beispiel gezielte Trainings im Umgang mit den Unterstützungsformaten denkbar. Zukünftige Forschung sollte sich daher der weiteren Optimierung der Lernunterstützungen bzw. deren Nutzung widmen. Bspw. sollte überprüft werden, ob die Verklebung der Forschertipps, die der Kontrollierbarkeit dienen sollte, eine Hemmschwelle darstellt und sich negativ auf den Gebrauch auswirkt. Es ist zu erwarten, dass die Forschertipps häufiger genutzt werden, wenn diese frei zugänglich sind und somit auch lernwirksamer sein können. Für die Concept Cartoons ist denkbar, dass eine ausführlichere Schulung im Wissen um die Gütekriterien sich ggf. positiv auf die Diskussionen auswirken kann und somit die Lernförderlichkeit der Concept Cartoons gesteigert werden kann. Alternativ ist es denkbar, um die Qualität der Diskussionen zu fördern, diese im Plenum unter Moderation der Lehrkraft durchzuführen.

Nicht zuletzt konnte in anderen Studien gezeigt werden, dass die Leistungen in chemischen Experimentieraufgaben durch motivationale Faktoren, wie bspw. das Interesse an den zugrundeliegenden fachlichen Konzepten beeinflusst werden (Nehring et al. 2015). Dieser Einfluss kann für die Bearbeitung von Lernumgebungen und somit den Lernzuwachs wahrscheinlich noch umso stärker angenommen und als Erklärung für individuelle Varianzen und geringere Gruppenunterschiede herangezogen werden.

Schließlich kann an der Testgüte der Instrumente weitergearbeitet werden, wodurch verlässlichere und ggf. signifikante Ergebnisse zu erwarten wären, bspw. in Bezug auf die Reliabilitäten. Zudem weisen relativ hohe Out-Fit Werte auf Messfehler hin. Zukünftige Forschung sollte sich der Verbesserung dieser Instrumente widmen, um etwaige Unterschiede besser detektieren zu können. Darüber hinaus ist die relativ geringe Stichprobengröße der einzelnen Gruppen zu berücksichtigen. Generell ist anzumerken, dass die Studie in einer Jahrgangsstufe durchgeführt wurde, die Generalisierbarkeit der Ergebnisse auf andere Jahrgangsstufen sollte zukünftig sichergestellt werden.

Als Fazit lässt sich festhalten, dass Lernunterstützungen zur Förderung des prozeduralen Wissens sowie des Methodenwissen geeignet sind, den Erwerb Wissenschaftlichen Denkens zu fördern (Mayer 2007). Mit dieser Studie wurden Fördermöglichkeiten von prozeduralem Wissen und deklarativem Methodenwissen in Form von jeweils einem Format überprüft. Es stellt sich die Frage, ob andere Formate ebenfalls oder sogar besser geeignet wären um diese Wissensarten zu fördern. Zukünftig sollten darüber hinaus etwaige Mediationseffekte untersucht werden und Kontrollvariablen, wie bspw. kognitive Fähigkeiten Berücksichtigung finden. Des Weiteren wäre es sinnvoll, die Wirkung der Lernunterstützungen differenziert nach Leistungsstärke zu untersuchen. Erste explorative Analysen zeigen, dass im Wissenschaftlichen Denken leistungsschwache Lernende besonders von Forschertipps und leistungsstarke Lernende stärker von den Concept Cartoons profitieren (Arnold 2015). Außerdem beschränkt sich diese Studie insgesamt auf die Untersuchung von hard scaffolds. Der Bereich der soft scaffolds, d. h. situativen Lehrerunterstützung, bedarf ebenfalls der weiteren Untersuchung. Diesbezüglich könnten die vorgestellten Formate auch eine Hilfestellung bieten.

Die gewonnenen Erkenntnisse über die Wirkung der Lernunterstützungen legen ferner nahe, dass das Wissenschaftliche Denken durch weitere Variablen als das Methodenwissen, das Fachwissen und die allgemeinen kognitiven Fähigkeiten beeinflusst wird. Dies deckt sich mit den Befunden, dass durch diese Variablen 30 % der Varianzen im Wissenschaftlichen Denken erklärt werden können (Arnold 2015). Weitere mögliche Einflussfaktoren müssen zukünftig systematisch gesucht werden, um so das theoretische Modell zu erweitern und die Förderung zu optimieren.