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Eigenerzeugung und Selbstverbrauch von Strom – Stand, Potentiale und Trends

Self-Production And Consumption Of Electricity: Current Status, Potentials And Trends

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Zusammenfassung

Aufgrund sinkender Kosten für Eigenerzeugungsanlagen, steigenden Endverbraucherpreisen für Strom sowie indirekten staatlichen Anreizen werden Eigenerzeugung und Selbstverbrauch von Strom für Endenergieverbraucher in sämtlichen wirtschaftlichen Sektoren zunehmend attraktiv. So ergeben sich durch den Selbstverbrauch von Strom im derzeitigen rechtlichen Rahmen Möglichkeiten zur Einsparung bei verschiedenen Steuern und Umlagen sowie Netzentgelten. Gleichzeitig zeigen sich sowohl bei den Voraussetzungen für die Inanspruchnahme als auch bei der statistischen Erfassung des Selbstverbrauchs häufig Unschärfen. Für die historische Entwicklung des gesamten Selbstverbrauchs zwischen 2008 und 2012 lässt sich ein Anstieg um 26 % auf 56,7 TWh angeben. Bei einer Abschätzung ökonomischer Potentiale und Trends zeigt sich, dass die zukünftige Entwicklung wesentlich beschleunigt ablaufen und wesentliche Anteile des Verbrauchs in allen Sektoren durch Eigenerzeugung gedeckt werden könnten. Diese Entwicklung wird jedoch maßgeblich durch die zukünftigen rechtlichen Rahmenbedingungen hinsichtlich der Belastung des Selbstverbrauchs mit Steuern und Umlagen bestimmt werden. Hierbei zeigt sich neben der Belastungshöhe auch die Bagatellgrenze für kleine Erzeugungsanlagen als entscheidende Stellgröße. Volkswirtschaftlich betrachtet ziehen die Ausnahmetatbestände aufgrund des verzerrten Wettbewerbs zwischen verschiedenen Technologien ineffiziente Erzeugungsstrukturen sowie umfangreiche Verteilungswirkungen nach sich. Darüber hinaus entsteht ein selbstverstärkender Effekt: Indem mehr Strom selbst verbraucht wird, verringert sich die Bemessungsgrundlage von Umlagen und Entgelten, und erhöht somit die Kostenbelastung für die übrigen Verbraucher. Daraufhin steigt der Anreiz zu mehr Selbstverbrauch erneut und mit ihm die volkswirtschaftlichen Ineffizienzen.

Abstract

Due to falling costs of self-production, increasing end-user electricity prices as well as indirect state incentives, self-production and consumption of electricity have become more and more attractive for end-users across all economic sectors. Thus, opportunities to evade taxes, surcharges and grid charges have arisen under the current legal framework. The situation is complicated by unclear requirements for the utilisation of state incentives as well as the vague statistical coverage of self-consumption. Historically, the total amount of self-consumption rose by 26 % between 2008 and 2012 to 56.7 TWh. The estimation of economic potentials and trends shows that development could accelerate substantially to a point where a considerable amount of the consumption in all sectors could be covered by self-production. This development will be significantly determined by the future legal framework regarding taxation and surcharges for self-consumption. Besides the level of taxes and surcharges, the minimum limit for charging small generation units will be a key control variable. From an economical point of view, derogations lead to distorted competition between various technologies that causes inefficient production structures and distributional effects. Moreover, they create a self-reinforcing effect: The higher the self-consumption is, the lower the assessment base for apportionments and charges becomes, and the higher the cost burden for the remaining end-users will be. As a result, the incentives for self-consumption are enhanced and, once again, the increased self-consumption causes further economic inefficiencies.

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Abb. 1

Notes

  1. Grundlage der Darstellung sind insbesondere zwei juristische Gutachten, die wesentlich zur Klarstellung der Voraussetzungen für Selbstverbrauchsprivilegien beigetragen haben (Mikešić et al. 2012; Moench et al. 2013).

  2. Im Unterschied zum vergüteten PV-Selbstverbrauch schätzt Energy Brainpool (2013) die gesamte (vergütete plus nicht-vergütete) Selbstverbrauchsmenge von PV-Strom auf 0,2 und 1,1 TWh in 2011 bzw. 2012 (und 0 TWh in den vorangegangenen Jahren).

  3. Anzumerken ist hierzu, dass die Erhebung aufgrund der Erhebungsgrenze von mindestens 20 Mitarbeitern keine vollumfängliche Erhebung der industriellen Eigenerzeugung gewährleistet. Bei einer umfassenden Erhebung wäre die obere Grenze demnach höher.

  4. Zur Berechnung der unteren Grenze des Selbstverbrauchs wird die untere Grenze pro Wirtschaftszweig auf Basis von sogenannten Abteilungen ermittelt. (Klassifikation der Wirtschaftszweige gemäß der WZ 2008 (Destatis 2008)). Negative Werte werden auf Null gesetzt. Durch Aufsummieren der unteren Grenze über alle Wirtschaftszweige wird die gesamte untere Grenze des Selbstverbrauchs der Industrie ermittelt.

  5. Klassifikation von Wirtschaftszweigen gemäß der WZ 2008. Die erste Gliederungsebene sind die sogenannten Abschnitte, die zweite Ebene die Abteilungen (Destatis 2008).

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Tab. 7 Parameter der Wirtschaftlichkeitsrechnung für den HH-Sektor. (Quelle: VDI 2008; BDEW 2013a; BMWi 2013b; Prognos 2013; BSW Solar 2014a; IÖW 2011; Jungbluth 2007; Jägemann et al. 2013; Prognos 2011)
Tab. 8 Parameter der Wirtschaftlichkeitsrechnung für den GHD-Sektor lle 8: Parameter der Wirtschaftlichkeitsrechnung für den GHD-Sektor. (Quelle: VDI 2008; BDEW 2013a; BMWi 2013b; Prognos 2013; BSW Solar 2014a; IÖW 2011; Jungbluth 2007; Jägemann et al. 2013; Prognos 2011)

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Bardt, H., Chrischilles, E., Growitsch, C. et al. Eigenerzeugung und Selbstverbrauch von Strom – Stand, Potentiale und Trends. Z Energiewirtsch 38, 83–99 (2014). https://doi.org/10.1007/s12398-014-0133-0

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