Wie die derzeitige Ebola-Epidemie zeigt, bleiben Infektionskrankheiten ein ständig aktuelles Thema. Dieser Kurzreview zeigt eine kleine Auswahl an Neuigkeiten der letzten beiden Jahre.

Bakterielle Infektionen

Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus (MRSA)

An der MRSA-Front bei schweren Hautund Weichteilinfektionen zeigt sich zuletzt eine leichte Entspannung, so wurden nach der Zulassung von Ceftarolin (Zinforo™) im Jahr 2012 in den letzten Monaten bereits drei weitere neue Antibiotika gegen MRSA zugelassen: Dalbavancin (Dalvance™) im Mai, Tedizolid (Sivextro™) im Juni und Oritavancin (Orbactiv™) im August 2014. Wie schnell sich auch neue Resistenzen gegen diese Substanzen ausbilden werden, bleibt abzuwarten.

Neue Leitlinien zur Diagnose und Therapie von Haut- und Weichteilinfektionen

Im Juli 2014 wurden von der amerikanischen Gesellschaft für Infektionserkrankungen (IDSA) neue Leitlinien zur Diagnose und Behandlung von Infektionen der Kutis und Subkutis publiziert [1]. Dabei wird das gesamte Spektrum von kleineren oberflächlichen bis hin zu lebensbedrohlichen Infektionen, wie der nekrotisierenden Fasziitis, abgedeckt. Besonderes Augenmerk liegt auf Infektionen bei immunsupprimierten Patienten. Die Leitlinie soll helfen infektiöse Hauterkrankungen rasch zu erkennen und durch eine möglichst gezielte Antibiotikatherapie das Risiko schwerer Verläufe und Resistenzentwicklungen zu reduzieren. Zwei Algorithmen zum Management von postoperativen Wundinfektionen sowie von purulenten und nicht purulenten Hautinfektionen werden hier vorgestellt (Abb. 1).

Abb.1
figure 1

Algorithmus zum Vorgehen bei purulenten und nicht purulenten Hautinfektionen. (nach: [1])

Abb.2
figure 2

Algorithmus zur interventionellen und antibiotitischen Behandlung von Haut und Weichteilinfektionen. (nach: [2, 3])

Purulente postoperative Infektionen erfordern eine Entfernung der Nähte mit anschließender Inzision und gründlicher Drainage. Eine systemische Antibiotikatherapie erfolgt nicht routinemäßig, sondern bei Zeichen einer Systembeteiligung: Induration und Rötung von mehr als 5 cm über den Wundrand hinaus, Erhöhung der Körpertemperatur > 38,5 °C, Herzfrequenz > 110/min oder Leukozytose > 12.000/μl. Zur empirischen Antibiotikatherapie können Cephalosporine der ersten Generation oder gegen Staphylokokken wirksame Penizilline verabreicht werden. Bestehen Risikofaktoren einer MRSA Infektion (nasale Kolonisation, vorangegangene MRSA Infektion, rezenter Krankenhausaufenthalt, rezente Antibiotikatherapie) muss bis zum kulturellen Nachweis ein gegen MRSA wirksames Antibiotikum verwendet werden. Antibiotika gegen gramnegative Keime und Anaerobier werden bei Infektionen nach Eingriffen im Bereich der Achseln, des Perineums oder des weiblichen Genitaltrakts empfohlen.

Infektionen der Haut und Subkutis erfordern je nach Schweregrad der Infektion ein unterschiedliches Prozedere, ein entsprechender Algorithmus findet sich in Abb. 1. Bei schweren purulenten und nicht purulenten Infektionen muss immer eine chirurgische Inspektion erfolgen, nähere Informationen finden sich in der Orginalpublikation [1].

Abb. 3
figure 3

Atypische HFME bei einem zweijährigem Kind mit Fieber seit 10 Tagen, Ohren- und Halsschmerzen. Multiformeartiges Exanthem mit Kokardenbildung, sowie Schwellung und Rötung der Hände und Füße. Vergrößerung der zervikalen Lymphknoten. Besondere Konzentration des Exanthems auf Armund Kniebeugen

Infektionsprophylaxe bei dermatologischen Eingriffen

Eingriffe an der Haut haben ein geringes Risiko für postoperative Wundinfektionen. Eine perioperative Antibiotikaprophylaxe zur Vermeidung von bakteriellen Infektionen wird zu häufig verschrieben. Gegen den unnötigen Einsatz von Antibiotika sprechen unvorhersehbare Arzneimittelnebenwirkungen, das Risiko von Resistenzentwicklungen und vermeidbare Ausgaben für das Gesundheitssystem. Ein rezent aktualisierter Algorithmus wird hier vorgestellt [2, 3]. In der Leitlinie wird versucht durch Erstellen von Risikoprofilen die perioperative Antibiotikaprophylaxe auf eine solide auf Evidenz beruhende Basis zu stellen. Die Entscheidung für eine perioperative Antibiotikaprophylaxe beruht auf Eingriffsund patientenbezogenen Risikofaktoren (Abb. 2). Für die Risikobewertung werden folgende Faktoren einbezogen: die Lokalisation des Eingriffs (höheres Risiko an Lippen, Ohren, Perineum, Inguinal und unterhalb des Knies), die Art und Dauer des Eingriffs (höheres Risiko bei größeren Lappenplastiken und freien Hauttransplantaten), das Risiko einer Endokarditis oder Infektion von Gelenksprothesen und der Gesundheitszustand des Patienten (z. B. Immunsuppression). Sollte eine Antibiotikaprophylaxe notwendig sein, ist diese an die laut Lokalisation zu vermutende mikrobielle Flora anzupassen. Bei Verletzungen der Mundschleimhaut werden 2 Gramm Amoxicillin, bei allen übrigen Eingriffen 2 Gramm Cefalexin als Prophylaxe empfohlen. Die prophylaktische Antibiotikatherapie erfolgt oral 30–60 min vor dem Eingriff. Bleibt das Risiko einer Wundinfektion auch nach dem Eingriff hoch, kann eine Antibiotikagabe für weitere 7–10 Tage erwogen werden.

Virale Infektionen

Atypische Hand-Fuß-Mund-Erkrankung und Eczema coxsackium

Die Hand-Fuß-Mund-Erkrankung (HFME) ist ein akuter fieberhafter Virusinfekt mit papulovesikulösem Exanthem an den Handflächen und Fußsohlen, sowie Bläschen und Erosionen der Mundschleimhaut. Die vorzugsweise bei Kindern auftretende Erkrankung hat einen selbstlimitierten Verlauf und wird meist durch Coxsackievirus (CV)-A16 oder Enterovirus Typ 71 ausgelöst. Seit wenigen Jahren häufen sich Berichte über schwere und atypische Verlaufsformen der HFME, welche bevorzugt durch das CV-A6 verursacht werden [46]. Dabei finden sich neben den klassischen Symptomen der HFME zusätzlich papulovesikulöse oder vesikulobullöse Läsionen an atypischen Hautarealen. Vier verschiedene Morphologien werden bei CV-A6 gefunden:

  1. 1.

    disseminierte vesikulobullöse Läsionen mit Betonung der distalen Extremitäten, der Gluteal- und Perioralregion,

  2. 2.

    Gianotti Crosti-ähnliche Eruptionen

  3. 3.

    akral betonte Petechien und Purpura

  4. 4.

    Bläschen und Erosionen in den für die atopische Dermatitis typischen Arealen (Abb. 3) [5].

    Abb. 4
    figure 4

    großlächige, teils fibrinös belegte Erosionen und Ulzerationen am gesamten Integument

Diese auch als eczema coxsackium bezeichnete Verlaufsform tritt besonders häufig in Erscheinung und kann leicht mit einem eczema herpeticatum oder einem impetiginisierten atopischen Ekzem verwechselt werden. Ein Virusnachweis kann bei klinischem Verdacht mittels Enterovirus PCR aus Stuhlproben, Haut- oder Rachenabstrichen erfolgen [6]. Der klinische Verlauf der atypischen HFME entspricht der klassischen HFME: selbstlimitiert und benigne. Vor aggressiveren Therapien wie der systemischen Gabe von Steroiden sollte Abstand genommen werden.

Primäre Herpesinfektion in der Schwangerschaft

Altbekanntes und vielleicht Verharmlostes kann unter Umständen fatale Folgen haben. Dies verdeutlicht eine rezente Fallpublikation über eine intrauterine Herpes simplex Typ 1 (HSV-1)-Infektion bei zweieiigen Zwillingen [7]. Eine unerkannt gebliebene fieberhafte erosive Gingivostomatitis herpetica der Mutter führte zu einer transplazentaren Herpesinfektion beider Feten. Aufgrund von CTG-Auffälligkeiten und Zeichen einer fetalen Anämie wurde in der 27. Schwangerschaftswoche eine Notsectio eingeleitet. Bei Geburt zeigten beide Säuglinge großflächige Erosionen und Ulzerationen am gesamten Integument mit Beteiligung aller hautnahen Schleimhäute (Abb. 4). Das Labor zeigte eine ausgeprägte Leukozytose, Anämie und Erhöhung der Transaminasen sowie des Creatinins. Beide Zwillinge verstarben trotz sofort eingeleiteter hochdosierter antiviraler Therapie und intensivmedizinischer Betreuung innerhalb weniger Tage an Multiorganversagen. Eine primäre HSV-Infektion in der Schwangerschaft ist selten, eine intrauterine Infektionsübertragung aber zu jedem Zeitpunkt der Schwangerschaft möglich [8]. Die primäre HSV-Infektion in der Schwangerschaft gehört zur Gruppe der potentiell teratogenen Infektionskrankheiten „TORCH“ (Toxoplasma gondii, others/andere wie Treponema pallidum, Rubella Virus, Cytomegalovirus und Herpes simplex Virus). Der tragische Verlauf unterstreicht die Wichtigkeit einer zuverlässigen Diagnose und prompten intravenösen Therapie der werdenden Mutter bei primärer HSV-Infektion in der Schwangerschaft.