Augmentationen des Alveolarkamms und des Sinusbodens im Rahmen einer implantologischen Versorgung sind ein zentrales Thema unseres Faches. Nahezu alle Indikationen können durch die zur Verfügung stehenden Operationsmethoden versorgt werden. Die zunehmenden ästhetischen und funktionellen Ansprüche der Patienten erfordern eine Gesamtstrategie, bei der die Augmentationschirurgie herausragende Bedeutung hat. Aufgrund der Komplexität wird deutlich, dass der Erfolg der Gesamtbehandlung mit dem chirurgischen Können und weniger mit der Auswahl des Materials oder Verfahrens zu tun hat. Man könnte das mit dem Begriff der „internen Evidenz“ beschreiben. So muss nicht jedes Verfahren bei jedem Chirurgen zum Erfolg führen und umgekehrt. Ein gutes Beispiel für Techniksensitivität stellt die Augmentation mit Polytetrafluorethylen(PTFE)-Folien dar, die je nach Arbeitsgruppe zu deutlich unterschiedlichen Dehiszenzraten führt. Dies stellt jedoch keinen Freibrief dar sich auszuruhen, weil es „schon immer so gemacht wurde“, sondern fordert uns auf, die Entwicklungen zu diesem Thema zu verfolgen.

Entwicklungen zum Thema „Augmentation“ verfolgen

Die Frage nach dem „Goldstandard“ würde man z. B. heute nicht mehr automatisch mit „autologer Knochen“ beantworten. Vielmehr haben sich Knochenersatzmaterialien einen stabilen Platz bei mehrwandigen Knochendefekten und beim Sinus-Lift erobert. Sich durch den Dschungel von Materialien zu bewegen, bedarf einer inhaltlichen Unterstützung, die von der Hamburger Arbeitsgruppe in Form des vorliegenden Beitrags geliefert wird. Insbesondere die Rolle bzw. Indikation von allogenem „Knochenersatzmaterial“ ist für unser Fach noch nicht abschließend geklärt. Eine weitere Entwicklung stellt der Trend zur enoralen, lokalen Entnahme von autologem Knochen dar. Schalen- und Split-Techniken führen dazu, dass auch komplexe Defekte mit enoralem Knochen aufgebaut werden können und extraorale Entnahmestellen immer seltener werden. Noch komplexer wird die Situation durch die alternative Verwendung von kurzen oder durchmesserreduzierten Implantaten. Neben dieser Fülle von Therapiemöglichkeiten ist die Kenntnis der prothetischen Planungskriterien nach statischen und funktionellen Aspekten unter der Anwendung von 3-dimensionalen Röntgentechniken für den Chirurgen von großer Relevanz. Jede Maßnahme muss sich letztlich an der Prognose, den Risiken und den möglichen Alternativen messen lassen. Nur der informierte Chirurg kann mit den Patienten die individuell beste Therapieoption erarbeiten.

Im vorliegenden Heft von Der MKG-Chirurg sind die Augmentationstechniken nach Indikationen gegliedert. Sie erhalten eine Übersicht über die Versorgung von horizontalen und vertikalen Defekten sowie über Möglichkeiten der Sinusbodenelevation. Eine Übersicht über die Knochenersatzmaterialien und eine synoptische Darstellung der komplexen Augmentationen runden das Thema ab. Damit die Lektüre im modernen Sinne durch „blended learning“ unterstützt wird, bietet der Herbstkongress der Deutschen Gesellschaft für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie (DGMKG) in Warnemünde 2016 spannende Vorträge zu diesem Thema. Abgerundet werden soll das Spektrum durch einen Kadaverkurs im Januar 2017 in Düsseldorf.

Wir wünschen viel Spaß beim Startschuss dieses Konzepts.

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Prof. Dr. Dr. B. Al-Nawas

Dr. K. Dawirs

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