FormalPara Originalpublikation

Chang M, Ahn J‑M, Lee CW et al (2016) Long-term mortality after coronary revascularization in nondiabetic patients with multivessel disease. J Am Coll Cardiol 68:29–36

Bei Patienten mit koronarer 3‑Gefäß-Erkrankung empfehlen die Leitlinien der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie (ESC) von 2014 die Bypassoperation (Klasse-I-Indikation). Nur bei Patienten mit gut zugänglichen Stenosen (niedriger SYNTAX-Score) kann ebenfalls eine Koronarintervention (PCI) durchgeführt werden. In der klinischen Realität sieht dies häufig aber anders aus. Eine Metaanalyse von 2 randomisierten Studien zeigt nun im Langzeitverlauf einen klaren Vorteil für die Bypassoperation bei Nicht-Diabetikern.

Zusammenfassung der Studie

Mineok Chang und Kollegen aus der Arbeitsgruppe um Seung-Jung Park (Seoul, Korea) analysierten das Langzeitüberleben von insgesamt 1275 nicht-diabetischen Patienten (medianes Alter: 65 Jahre, 79 % Männer) mit Mehrgefäß-KHK, die entweder mittels Bypassoperation oder PCI behandelt wurden. Dazu wurden Daten von 2680 Patienten aus 2 randomisierten Studien (SYNTAX und BEST) in einer Datenbank zusammengeführt. Patienten mit Hauptstammstenose (n = 705) bzw. Diabetes mellitus (n = 700) wurden von der Analyse ausgeschlossen. Zur Erinnerung: In der SYNTAX-Studie wurde ein Paclitaxel-beschichteter Drug-eluting-Stent (DES) der 1. Generation (Taxus) verwendet, in der BEST-Studie ein DES der neueren Generation mit Everolimus-Beschichtung.

Bypass- und PCI-Patienten zeigten keine Unterschiede bezüglich der Patientencharakteristika. Das Operationsrisiko beider Gruppen war niedrig (mittlerer EuroSCORE 3,3 %). Über einen Nachbeobachtungszeitraum 61 Monaten verstarben 38 (6 %) Patienten nach Bypassoperation bzw. 59 (9,3 %) nach PCI. Die Gesamtsterblichkeit war somit in der Bypassgruppe signifikant um 35 % vermindert (Hazard Ratio [HR] 0,65; p = 0,039). Noch deutlicher zeigte sich der Vorteil für die Bypassoperation in einer Reduktion der kardialen Sterblichkeit um 59 % (HR 0,41; p = 0,005). Dies betraf v. a. Patienten mit komplexer Koronaranatomie (SYNTAX-Score >23). Bei Patienten mit weniger komplexer Stenosemorphologie (SYNTAX-Score 0–22) bestand dagegen kein Unterschied in der Langzeitsterblichkeit zwischen Bypassoperation und PCI (6 % vs. 7,5 %, p = 0,662). Auch bezüglich des Endpunkts Herzinfarkt zeigte sich ein deutlicher Vorteil für die Bypassoperation. Dieser trat bei 3,3 % der Bypasspatienten und bei 8,3 % der PCI-Patienten auf (HR 0,40; p = 0,714). Die Rate an Schlaganfällen war in beiden Gruppen dagegen nicht unterschiedlich. Subgruppenanalysen bestätigten die Überlegenheit der Bypassoperation. Auch bei Verwendung neuerer DES war die Sterblichkeit nach Bypassoperation numerisch niedriger als nach PCI (3,9 % vs. 5,7 %; HR = 0,68), allerdings nicht mehr signifikant unterschiedlich (p = 0,343).

Kommentar

Die Analyse von Chang et al. bestätigt die Leitlinienempfehlungen der ESC: Nicht-Diabetiker mit komplexer Mehrgefäß-KHK profitieren von der Bypassoperation. Bei Patienten mit weniger komplexer Stenosemorphologie besteht dagegen kein Unterschied zur PCI. Limitationen der Analyse müssen berücksichtigt werden: So stammen die meisten Patienten aus der SYNTAX-Studie, bei der der inzwischen überholte TAXUS-Stent verwendet wurde. Einblicke in kontemporäre PCI wird die angelaufene SYNTAX-II-Studie erbringen.

Bis dahin bleibt die Wahl des optimalen Therapieverfahrens aber auch immer eine individuelle Entscheidung und muss neben der Koronaranatomie patientenseitige Faktoren und Wünsche wie auch die Expertise des Interventionalisten einbeziehen.