Begriffsdefinition

Als „Kinderpornografie“ wird im europäischen Recht illegales pornografisches Material mit Abbildungen echter Personen mit kindlichem Erscheinungsbild, echter oder realistisch dargestellter nicht echter Kinder, die an einer eindeutig sexuellen Handlung aktiv oder passiv beteiligt sind, einschließlich aufreizenden Zur-Schau-Stellens der Genitalien oder der Schamgegend von Kindern bezeichnet (Union Rde. 2004; IWF 2013). Der Begriff Kinderpornografie wird häufig als verharmlosend kritisiert (z. B. Interpol 2016) und durch den alternativen Begriff „Missbrauchsabbildungen“ (Englisch „child abuse/exploitation material“) ersetzt, der den missbräuchlichen Charakter der Bilder angemessener zum Ausdruck bringt.

Pornografische Darstellungen von sexuellem Missbrauch an Kindern sind seit der Antike bekannt (vgl. z. B. O’Donnell und Milner 2007). In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts entwickelte sich parallel zum legalen Pornografiemarkt eine zunehmende Industrialisierung bzw. Kommerzialisierung von Herstellung und Vermarktung. Vor der Entwicklung und Verbreitung des Internets konzentrierte sich der europäische Markt für kinderpornografische Materialien aufgrund der damaligen dortigen gesetzlichen Regelungen (Legalisierung aller Arten von Pornografie in Dänemark 1969 und in Schweden 1971) vor allem auf die skandinavischen Länder (O’Donnell und Milner 2007). Nach einer ersten Welle öffentlicher Aufmerksamkeit für das Problem der Kinderpornografie zwischen Ende der 1980er- und Anfang der 1990er-Jahre und der Einstufung frei verkäuflicher Produkte aus dem FKK-Milieu als „sexuell desorientierend“ bzw. der Indizierung durch die Bundesprüfstelle (Wuttke 2013), erfuhr das Thema ab etwa Mitte der 2000er-Jahre parallel zur steigenden Verfügbarkeit der neuen Medien erneute Beachtung (Meier und Hüneke 2011).

Die Erscheinungsformen von illegaler bzw. „harter“ Pornografie sind so vielfältig wie die legaler Pornografie und umfassen Fotos, Filme, Texte, Zeichnungen, Animationen, Kurzmitteilungen, Chats, akustische und/oder visuelle Kommunikation sowie virtuelle Realitäten bzw. Multi-User-Domains (Ferraro und Casey 2004). Die bekannteste Typologie zur inhaltlichen Bewertung von kinderpornografischen Bildern, die sog. COPINE-Skala („Combating Paedophile Information Networks in Europe“, Tab. 1), stammt ursprünglich aus dem psychotherapeutischen Kontext und beschreibt zehn Stufen mit zunehmender sexueller Explizitheit und Gewalt der Darstellungen, wobei die Autoren betonen, dass letztlich die subjektive Wahrnehmung und Bewertung durch den Betrachter entscheidend für die sexuelle Komponente des Bildmaterials ist (Taylor et al. 2001).

Tab. 1 COPINE-Skala (Taylor et al. 2001), deutsche Übersetzung (Meier und Hüneke 2011)

Rechtslage

Im Bereich der Sexualdelikte ist Kinderpornografie ein sog. Hands-off-Delikt, das keinen Körperkontakt voraussetzt. Hürden bei der Strafverfolgung entstehen vor allem durch die Internationalität der Delinquenz (Herstellungsort, Konsumort, Verteilung) und durch verschiedene juristische Definitionen von „Kind“ und „Pornografie“. Beispielsweise liegt das Schutzalter in Italien, Frankreich, Kanada und den USA bei 18, in Belgien, der Schweiz, den Niederlanden und Großbritannien bei 16 und in Deutschland und Österreich bei 14 Jahren (Hesselbarth und Haag 2004; Sieber et al. 1999). Länder mit weniger strikten Strafverfolgungsgrundlagen sind häufig Produktionsorte für Missbrauchsabbildungen (Klain et al. 2001). Auch sog. „Pseudobilder“, die entweder kein reales Opfer oder nur Teile darstellen, können zu Problemen in der Strafverfolgung führen, wenn das entsprechende nationale Strafrecht ein als Einzelperson identifizierbares Opfer für Strafbarkeit voraussetzt (Merdian und Egg 2009). Die Altersbestimmung der Missbrauchsopfer auf Bildmaterialien ist häufig problematisch. Die Eingrenzung des Altersbereichs nach den sog. Tanner-Stadien (Tanner 1962), denen die Entwicklung von Schambehaarung und sekundären Geschlechtsmerkmalen zugrunde liegt, wurde für die Anwendung im forensischen Kontext verschiedentlich kritisiert und auch von Tanner selbst als unzulässig erklärt (Rosenbloom et al. 2012), da es aufgrund von biologischen, pathologischen und Umweltfaktoren große interindividuelle Unterschiede in der sexuellen Reifung gibt (Sherar et al. 2004; Biro et al. 2006).

In der Europäischen Union wurden 2003 durch den Rahmenbeschluss 2004/68/JI rechtsverbindliche Mindestbestimmungen zum Umgang mit Kinderpornografie erlassen. Sexuelle Ausbeutung von Kindern und Kinderpornografie stellen schwere Verstöße gegen die Menschenrechte und das Grundrecht des Kindes auf eine harmonische Erziehung und Entwicklung dar. Kinderpornografie ist eine besonders schwere Form der sexuellen Ausbeutung von Kindern. Der Rahmenbeschluss regelt, dass Herstellung, Vertrieb, Verbreitung und Weitergabe, Anbieten oder sonstiges Zugänglichmachen von Kinderpornografie sowie Erwerb oder Besitz unter Strafe zu stellen sind. Den einzelnen Mitgliedsstaaten blieb die Regelung der Strafbarkeit von Fällen überlassen, in denen (a) eine echte Person mit kindlichem Erscheinungsbild zum Zeitpunkt der Abbildung in Wirklichkeit 18 Jahre alt oder älter war, (b) bei Fällen von Darstellungen echter Kinder oder echter Personen mit kindlichem Erscheinungsbild, in denen die abgebildeten Kinder die sexuelle Mündigkeit erreicht, ihre Zustimmung zu der Herstellung und dem Besitz der Bilder gegeben haben sowie die Bilder ausschließlich zu ihrer persönlichen Verwendung bestimmt sind und (c) in Fällen von realistisch dargestellten, nicht echten Kindern, die aktiv oder passiv an pornografischen Handlungen beteiligt sind und bei denen feststeht, dass das pornografische Material vom Hersteller ausschließlich zu seiner persönlichen Verwendung hergestellt worden ist und keine Gefahr der Verbreitung des Materials besteht (Union Rde. 2004).

In Deutschland bezieht sich der Tatbestand der Kinderpornografie nach § 184b StGB auf Kinder unter 14 Jahren (Jugendliche zwischen 14 und 18 Jahren: Jugendpornografie, § 184c) und ist mit Freiheitsstrafen von drei Monaten bis zu fünf Jahren bedroht (bei Gewerbsmäßigkeit: sechs Monate bis zehn Jahre). Der juristische Begriff der kinderpornografischen Schriften umfasst pornografische Darstellungen, die entweder sexuelle Handlungen von, an oder vor Kindern, ganz oder teilweise unbekleidete Kinder in unnatürlich geschlechtsbetonter Körperhaltung oder unbekleidete Genitalien oder Gesäße von Kindern zeigen. Strafbar sind Herstellung, Verbreitung, Erwerb und Besitz, wobei bei der Herstellung einer kinderpornografischen Schrift, die ein tatsächliches Geschehen wiedergibt, bereits der Versuch strafbar ist (Deutsches Strafgesetzbuch). Strafbares Verhalten liegt ebenfalls vor, wenn die entsprechenden Dateien automatisch im Browser-Cache oder im Arbeitsspeicher zwischengespeichert wurden (OLG Hamburg 2010). Im Falle einer tatsächlichen Beteiligung von Kindern bei der Herstellung von Kinderpornografie kommt außerdem die Strafbarkeit wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern (§ 176) in Betracht.

In Österreich sind Herstellung, Verbreitung, Erwerb und Besitz pornografischer Darstellungen Minderjähriger und wissentlicher Zugriff auf pornografische Darstellungen Minderjähriger im Internet nach § 207a StGB verboten und werden mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren bestraft (Österreichisches Strafgesetzbuch).

Das Schweizer Strafgesetzbuch stellt die Herstellung, den Erwerb, den Besitz und die Verbreitung kinderpornografischer Materialen unter Strafe (Art. 197 Abs. 4 ff.). Das Strafmaß umfasst Geldstrafe und/oder Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren. Gegenstände oder Vorführungen sind im Sinne des Gesetzes nicht pornografisch, wenn sie einen schutzwürdigen kulturellen oder wissenschaftlichen Wert haben (Schweizerisches Strafgesetzbuch).

Verbreitung von Missbrauchsabbildungen im Internet

Über das Internet lassen sich große Datenmengen in kurzer Zeit transportieren, es ist leicht zugänglich, kostengünstig und verspricht nach wie vor vergleichsweise hohe Anonymität bzw. Schutz vor Entdeckung. In Bezug auf sexuell motivierte Straftaten an Kindern lassen sich im Internet drei verschiedene Deliktmechanismen ausmachen, die dazu beitragen können, dass sich eine aufgrund des sexuell abweichenden Interesses zuvor weitgehend isolierte Personengruppe in entsprechenden Netzwerken positiv verstärken kann: (a) Verteilung, Produktion und Konsum von illegaler Pornografie, (b) Kontaktaufnahme mit potenziellen Opfern zur Vorbereitung von Übergriffen („cyber-grooming“), und (c) Bildung von subkulturellen Täternetzwerken (Ferraro und Casey 2004; Quayle und Taylor 2002; McGrath und Casey 2002; Alexy et al. 2005; Bowker und Gray 2004; Wortley und Smallbone 2006).

Seit der Entwicklung des Internets und der damit verbundenen Möglichkeiten wurde eine erhebliche Zunahme der Anzahl kinderpornografischer Inhalte festgestellt. Die IWF (Internet Watch Foundation) identifizierte im Jahr 2010 1351 Webseiten mit Missbrauchsabbildungen von Kindern und im Jahr 2013 bereits 13.182 Seiten (IWF 2014). Im Jahr 2005 wurde 1/3 der verurteilten Sexualdelikte in England und Wales im Internet begangen (Middleton et al. 2009).

Kinderpornografie wird als profitträchtiger Kriminalitätsbereich bezeichnet, v. a. da die Herstellung, Vervielfältigung und Bearbeitung von Bildern durch kostengünstig verfügbare digitale Technik keine besonderen Anforderungen mehr an den Produzenten stellt (Hesselbarth und Haag 2004). Schätzungen zufolge werden mit Kinderpornografie global jährlich zwischen 3 und 20 Mrd. US-$ umgesetzt (Ropelato 2006; Bourke und Hernandez 2009; UNICEF 2008).

Aus der Polizeilichen Kriminalstatistik der Bundesrepublik Deutschland geht hervor, dass im Jahr 2014 wie im Vorjahr eine Zunahme der Fallzahlen wegen Verbreitung pornografischer Schriften auf insgesamt 10.192 Fälle (+7,4 %) zu verzeichnen war. Auch die Fallzahl der Verbreitung von Kinderpornografie stieg um 2,6 Prozent auf 2535 Fälle. Die Anzahl der Straftaten gegen das Verbot von Besitz und Verschaffung von Kinderpornografie war leicht rückläufig (−3,9 % auf 3982 Fälle; Bundesministerium des Innern 2015).

In der Schweiz stieg die Zahl der registrierten Straftaten wegen Verstoßes gegen Art. 197 StGB von 960 im Jahr 2010 auf 1207 im Jahr 2014; diese Art der Kriminalität machte 18,6 % aller Straftaten gegen die sexuelle Integrität aus (Bundesamt für Statistik 2015).

Im Gegensatz dazu meldete die Schweizerische Koordinationsstelle zur Bekämpfung der Internetkriminalität in ihrem Jahresbericht 2014, dass die Anzahl der Meldungen zu Delikten gegen die sexuelle Integrität im Internet erneut deutlich abgenommen hat. Die Zahl der Meldungen sei gegenüber dem Vorjahr um fast 58,8 % von 1842 auf 758 gesunken. Auch die Anzahl der gemeldeten Webseiten, welche verbotene Pornografie mit Kindern anbieten, habe weiter deutlich von 1414 Meldungen im Vorjahr auf 698 Meldungen (−50,6 %) abgenommen. Diese Abnahme wurde zum einen mit nicht (mehr) vorhandener strafrechtlicher Relevanz gewisser Darstellungen erklärt (Gesetzesänderung in der Schweiz bez. Verbot der Darstellung menschlicher Ausscheidungen), zum anderen wurde darauf verwiesen, dass viele Suchmaschinenanbieter wie Google und Microsoft inzwischen mit INTERPOL zusammenarbeiten, sodass viele Seiten nicht mehr über die Suchmaschinen gefunden werden können. Außerdem könnte der Meldungsrückgang mit den seit 2012 festgestellten Tendenzen zusammenhängen, dass verbotene pornografische Inhalte in nicht öffentlichen Bereichen bzw. verschlüsselt („The Onion Router“ [Tor]-Netzwerk, „Invisible Internet Project“ [I2P]) ausgetauscht werden oder die Täterschaft auf private Peer-to-Peer-Lösungen ausweicht (KOBIK 2014).

Opfer

Bereits 2001 ergab eine repräsentative Befragung von 1501 Kindern und Jugendlichen zwischen 10 und 17 Jahren, dass 19 % innerhalb eines Jahres unerwünschte sexuelle Kontaktversuche im Internet erlebt haben und 3 % eine aggressive sexuelle Belästigung (Mitchell et al. 2001).

Das Risikoprofil für Kinder, Opfer von Kinderpornografie zu werden, schließt Faktoren ein, die auch bei anderen Missbrauchsformen relevant sind (Hesselbarth und Haag 2004): Ein erhöhtes Risiko besteht für Kinder, die keine sichere Bindung zu ihren Eltern oder anderen Vertrauenspersonen haben und emotional vernachlässigt werden. Opferbefragungen wiesen außerdem darauf hin, dass Kinder ohne männliche Bezugspersonen, mit geistigen Behinderungen, mit einer Missbrauchsvorgeschichte oder aus wirtschaftlich prekären Verhältnissen mit höherer Wahrscheinlichkeit zu Opfern werden. Potenzielle Missbrauchsopfer sind außerdem Kinder, die von ihren Eltern eine ungenügende oder keine Sexualerziehung erfahren haben.

Zum Zweck der Herstellung des Bildmaterials werden Kinder missbraucht, die dadurch neben körperlichen Verletzungen (einschließlich sexuell übertragbarer Krankheiten) auch schwere psychische Folgeschäden wie affektive Störungen, posttraumatische Störungen, Abhängigkeitserkrankungen und selbstschädigendes Verhalten davontragen können (Klain et al. 2001). Opfer von Kinderpornografie haben im Vergleich zu Opfern anderer Formen sexueller Ausbeutung Minderjähriger durch die Kommerzialisierung, die organisierte Herstellung und die dauerhafte, vom Opfer nicht kontrollierbare Existenz des Bildmaterials zusätzliche Traumatisierungen zu bewältigen (Wuttke 2013). Der andauernde und irreversible Eingriff in die Persönlichkeitsrechte und die Menschenwürde führt zu außerordentlicher Scham, Erniedrigung und Ohnmacht (Klain et al. 2001).

Eine Untersuchung aus dem Jahr 2005 unter Personen, die wegen des Besitzes von Kinderpornografie verhaftet worden waren, zeigte, dass über 80 % der Personen Bilder von präpubertären Kindern besaßen und 80 % der Bilder das Penetrieren von Kindern zeigten; 20 % der Täter besaßen sadistisches Material (Wolak et al. 2005). Die IWF berichtet, dass 51 % der dort analysierten Bilder Vergewaltigungen und/oder Folter zeigten (IWF 2013).

Das Alter der Opfer von kinderpornografischen Straftaten reicht vom Säuglingsalter bis zur Pubertät. Laut IWF sind 81 % der abgebildeten Kinder jünger als zehn Jahre, davon 3 % zwei Jahre und jünger (IWF 2013). Mädchen und Jungen sind hierbei gleichermaßen betroffen, wobei die Jungen im Schnitt etwas älter sind, da sie durch die später einsetzende körperliche Entwicklung länger „interessant“ für Pädophile bleiben (Hesselbarth und Haag 2004).

Täter

Die meisten Untersuchungen über Täter/Konsumenten von Kinderpornografie fokussierten auf deren soziodemografische Charakteristika und/oder psychische Auffälligkeiten, insbesondere das Vorliegen einer Paraphilie, und verglichen diese mit anderen Sexualstraftätern oder Normstichproben. Problematisch sind dabei wie auch bei anderen Sexualdelikten die Frage nach dem Dunkelfeld und das Risiko von möglicherweise verzerrten Ergebnissen durch Selektionseffekte, z. B. bei den Daten aus der sog. „Landslide-Inc.“-Ermittlung, wo der Bezug kinderpornografischen Materials den Besitz einer Kreditkarte und ausreichende Englischkenntnisse voraussetzte, woraus auf ein höheres sozioökonomisches Funktionsniveau dieser Stichprobe geschlossen werden kann (Merdian und Egg 2009).

Zur Frage der diagnostischen Einordnung des Verhaltens von Personen, die Kinderpornografie konsumieren, existieren verschiedene Modelle, die eingehender differenzialdiagnostischer Prüfung bedürfen, da sie für die Therapieindikation und Risikobeurteilung relevant sind. Bestehende Konzepte ordnen den Konsum, wenn nicht als Symptom einer Paraphilie, je nach Ausprägung beispielsweise als Verhaltenssucht, als sexuelle Sucht, als Impulskontrollstörung oder als Paraphilie-verwandte Störung ein (Goodman 1998; Kafka und Hennen 1999; Briken et al. 2005; Bancroft et al. 2004). Die Paraphilie-verwandte Störung/sexuelle Sucht beinhaltet ein zeitliches Kriterium (mindestens sechs Monate), Kontrollaspekte (wiederkehrende Schwierigkeiten, sexuelle Fantasien oder Verhaltensweisen zu kontrollieren), ein inhaltliches Kriterium (nicht-paraphile Symptome wie z. B. exzessive Masturbation, Pornografie oder Promiskuität) und subjektiven Leidensdruck (klinisch relevante Schwierigkeiten oder Einschränkungen im sozialen Funktionsniveau) (Briken et al. 2005).

Entscheidend für die Diagnose einer Pädophilie ist nicht die Begehung eines Deliktes wie Kinderpornografie, sondern der Nachweis des Vorliegens einer sexuellen Neigung zu präpubertären Kindern (Nitschke et al. 2011). Von Glasgow wurde ein Modell entwickelt, das eine schematische Beurteilung von Pornografiesammlungen beispielsweise angesichts des Umfangs der Sammlung und des Verhältnisses zwischen Erwachsenen- und Kinderpornografie ermöglicht und so zur Beurteilung des Vorliegens einer Pädophilie herangezogen werden kann (Glasgow 2010).

In zwei Schweizer Untersuchungen wurde nur bei etwa 10–15 % der Konsumenten illegaler Pornografie eine Störung der sexuellen Präferenz nach ICD-10 diagnostiziert. Bei der Beurteilung, ob die diagnostischen Kriterien erfüllt sind, wurde auf die Schwere der Auswirkungen des Konsums von Kinderpornografie auf die soziale Funktionsfähigkeit und auf den subjektiven Leidensdruck Wert gelegt (Frei et al. 2005; Graf et al. 2009). In einer Stichprobe von 685 Kinderpornografietätern wurde allerdings gezeigt, dass diese bei phallometrischen Testungen ein höheres Ausmaß an Erregung bei Bildern von Kindern im Vergleich zu Bildern von Erwachsenen zeigten und sich außerdem von Kindesmissbrauchern, Sexualstraftätern mit erwachsenen Opfern und allgemeinen sexualmedizinischen Patienten unterscheiden, sodass die Autoren den Konsum von Kinderpornografie als validen Indikator für Pädophilie bezeichneten (Seto et al. 2006). Eine Befragung ambulanter Patienten (n = 39), die wegen sexueller Probleme mit Bezug auf das Internet freiwillig Hilfe suchten, kam zu dem Ergebnis, dass bei 82 % eine Paraphilie vorliegt, davon bei 25 % eine Pädophilie und bei weiteren 12 % entweder Voyeurismus oder Exhibitionismus. 50 % der Personen hatten Kinderpornografie aus dem Internet heruntergeladen, 25 % hatten einem Kind pornografisches Material zugestellt, und ca. 30 % hatten versucht, ein Kind für einen Sexualkontakt zu treffen (Galbreath et al. 2002).

Übereinstimmend wurde in verschiedenen Studien berichtet, dass Täter aus dem Bereich Kinderpornografie nahezu ausschließlich weiß und männlich sind, sowie eher jünger (25–50 Jahre), weniger oft vorbestraft und häufig besser ausgebildet als Hands-on-Täter (Merdian und Egg 2009; Wortley und Smallbone 2006; Frei et al. 2005; Webb et al. 2007; Elliott et al. 2009; Burke et al. 2002; Sheldon und Howitt 2007). Sie sind im Vergleich zu diesen weniger oft in Intimbeziehungen (McCarthy 2010; Reijnen et al. 2009), bzw. hatten in 33 bis 43,3 % der Fälle noch nie eine Beziehung zu einem erwachsenen Sexualpartner (Frei et al. 2005; Laulik et al. 2007). Durchschnittlich 22 % der Täter hatten Kinder, mit denen sie in einem gemeinsamen Haushalt lebten (Frei et al. 2005; Laulik et al. 2007; Endrass et al. 2009). Eine Metaanalyse zeigte, dass sowohl bei Hands-off- wie auch bei Hands-on-Tätern eigener sexueller Missbrauch in der Vorgeschichte häufiger ist als in der Allgemeinbevölkerung (Babchishin et al. 2011). Frauen als Täterinnen im Internet spielen in der Literatur nahezu keine Rolle; eine Umfrage mit kleiner Fallzahl unter Kinderpornografienutzern (n = 30) ergab, dass jede dritte teilnehmende Person angab, weiblich zu sein (Seigfried et al. 2008). Eine andere Befragung von 262 Frauen und 173 Männern (Allgemeinbevölkerung) berichtete darüber, dass etwa 3 % der Teilnehmerinnen im Gegensatz zu 9 % der Teilnehmer angaben, kinderpornografische Darstellungen im Internet anzusehen (Wurtele et al. 2013).

Internettäter weisen verglichen mit Hands-on-Tätern signifikant geringere Psychopathie-Werte in der Psychopathie-Screening-Version (PCL-SV) auf, aber höhere Werte für antisoziales Verhalten als in der Normalpopulation (Webb et al. 2007; Laulik et al. 2007). Bei Internetsexualstraftätern wurden verglichen mit der Normalpopulation außerdem signifikante Unterschiede in den Bereichen „interpersonelle Funktionsfähigkeit“ und „affektive Probleme“ sowie erhöhte Depressionswerte gefunden (Laulik et al. 2007). Dies korrespondiert mit der Hypothese zur Konsummotivation, dass Kinderpornografie als Strategie zur Regulation negativer Affekte genutzt wird (s. weiter unten). Eine Schweizer Studie, die psychometrische Befunde einer Population von Internetdelinquenten und Kontaktstraftätern mittels der SCL-90 untersuchte, kam zu dem Ergebnis, dass die Konsumenten illegaler Pornografie keine wesentlichen abweichenden Befunde zeigten (Graf et al. 2009).

Konsummotivation und Kognitionen

Das Internet ermöglicht es Personen, sich hinter verschiedenen wechselnden Identitäten zu verbergen und äußerliche Merkmale nach Belieben oder entsprechend ihrem Bedürfnis auszugestalten. Dadurch können sich pädophile Erwachsene kindliche Identitäten schaffen, in denen sie zwischen Bedürfnissen aus der eigener Kindheit (Wunsch nach Zuwendung) und der Identifikation mit einer versagenden oder aggressiven Elternfigur oszillieren („Selbstvertauschungsagieren“ nach Meyer 1976), wobei die damit verbundenen Anteile mit den Mitteln des Internets sehr konkret realisiert werden können (Hill et al. 2007). Das sog. „Cyber-Grooming“ bezeichnet die Verhaltensweisen, die dazu dienen, in der virtuellen Realität Kontakte zu Kindern zu knüpfen und somit die Voraussetzungen für einen späteren Übergriff zu schaffen, unter Umständen auch durch Generierung falscher Identitäten bzw. Tatsachen (Nitschke et al. 2011).

Es wird davon ausgegangen, dass eine sexuelle Präferenz für Kinder das Hauptmotiv für den Konsum von Kinderpornografie ist, daneben aber auch das Sammeln, Archivieren, Tauschen und Katalogisieren des Bildmaterials und Internetsucht (Seto und Ahmed 2014; Seto et al. 2010; Carr 2003). In einer Selbstbeurteilung gaben Täter hauptsächlich emotionale, sexuelle und situative (Zufall, Neugier) Gründe als Erklärungsmodelle für den Konsum an (Merdian et al. 2013).

Das Modell zur Entstehung strafbaren sexuell devianten Verhaltens von Ward und Siegert (2002) unterscheidet folgende Gruppen nach Motivation: (a) Intimitätsdefizite, (b) gestörte sexuelle Skripte, (c) emotionale Dysregluation, (d) antisoziale Kognitionen, (e) multiple Dysfunktionen und (f) mehrere dieser Pfade gemeinsam. Middleton et al. untersuchten mit diesem Modell 72 Kinderpornografiekonsumenten anhand der Akten und stellten fest, dass ein Großteil der Untersuchten den Kategorien „Intimitätsdefizite“ (35 %) und „Emotionale Dysregulation“ (33 %) zugeordnet werden konnten; allerdings konnten 40 % keiner Kategorie zugeordnet werden. Diese beiden Faktoren wurden auch in einer vergleichenden Untersuchung von 191 Kontaktsexualstraftätern (Kinder) mit 213 Internetsexualstraftätern identifiziert. Es wurde angenommen, dass der Konsum von Missbrauchsabbildungen bei „Intimitätsdefiziten“ zur Kompensation der Beziehungslosigkeit erfolgt und bei „emotionaler Dysregulation“ als Strategie zur Emotionsregulation eingesetzt wird, wobei sich hier der Konsum nicht nur auf Kinderpornografie beschränkt (Middleton et al. 2006). Auch andere Autoren vertreten die Hypothese, dass der Konsum zur Regulation negativer Affekte dient (Morahan-Martin und Schumacher 2000).

In der Population der Hands-on-Täter wurden mehr antisoziale bzw. deliktfördernde Kognitionen (z. B. übersteigertes Selbstbewusstsein, Verzerrungen bei Opferempathie, kognitive Impulsivität) festgestellt, bei den Internetpornografietätern eher erhöhte Werte bei der Identifikation mit fiktionalen Charakteren, Selbstunsicherheit und motorischer Impulsivität (Elliott et al. 2009; Bates und Metcalf 2007). Täter, die ausschließlich wegen Kinderpornografie verurteilt waren, wiesen außerdem eine signifikant geringere Wahrscheinlichkeit der Zustimmung zu typischen kognitiven Verzerrungen von Missbrauchstätern auf als Täter, die auch sexuelle Übergriffe begangen haben (Merdian et al. 2014). Unterschiede zwischen den beiden Gruppen wurden auch in einer Metaanalyse bestätigt, die zeigte, dass Internettäter eine höhere Opferempathie, weniger Selbstdarstellungsbedürfnis, aber eine stärker ausgeprägte sexuelle Devianz aufweisen (Babchishin et al. 2011).

Risiko für sexuelle Übergriffe auf Kinder (Hands-on-Delikte) und Rückfallraten

Die Frage des Zusammenhangs von Konsum kinderpornografischer Darstellungen und tatsächlichen sexuellen Übergriffen auf Kinder steht unverändert im Mittelpunkt des Forschungsinteresses. Für gewalttätige Sexualdelikte allgemein wurde Pornografie als Vorläufer oder Katalysator von Sexualdelinquenz bezeichnet (Seto et al. 2001; Malamuth et al. 2000). Es gibt ebenfalls Hypothesen, wie der Konsum von Missbrauchsabbildungen Übergriffe auf Kinder erleichtern kann: Der Täter reproduziert Handlungen, die er auf Bildern gesehen hat, mit einem realen Opfer (Imitation), er gewinnt Mut und Ideen durch das, was er gesehen hat (Verstärkung), und/oder er wird dazu motiviert, sich seinen Bedürfnissen entsprechend zu verhalten ([Re-]Aktivierung bestehender Emotionen) (Aslan 2011). Dem gegenüber steht die Hypothese, dass Personen mit pädophiler Präferenz Kinderpornografie dazu nutzen, sexuelle Spannung abzubauen, ohne dass es zu einem Kontaktdelikt kommt (Carter et al. 1987). In einer anonymen Onlinebefragung von 290 homosexuellen pädophilen Männern (Vorliegen einer Paraphilie gemäß Selbstauskunft) gaben 84 % der Teilnehmer an, dass der Konsum von Kinderpornografie für sie als Ersatz für den realen Kontakt mit einem Kind stehe (Riegel 2004). In diesem Zusammenhang werden zum Teil auch epidemiologische Studien zitiert, die z. B. in Dänemark, Schweden und Deutschland (ehem. BRD) nach der Legalisierung bzw. Zunahme des Pornografiekonsums eine abnehmende Zahl von Sexualstraftaten, insbesondere sexueller Missbrauch von Kindern, aber auch voyeuristische und exhibitionistische Delikte, dokumentierten. Darüber hinaus wurde in der Tschechischen Republik während einer Zeit, in der der Besitz von Kinderpornografie nicht verboten war, ein signifikanter Rückgang der sexuellen Kindesmissbrauchsdelikte berichtet (Diamond 2009; Diamond et al. 2011). Aufgrund einer Vielzahl möglicher Einflussfaktoren ist davor zu warnen, aus diesen Daten Rückschlüsse auf kausale Zusammenhänge zu ziehen.

Eine Metaanalyse zeigte, dass ungefähr einer von acht Online-Kinderpornografietätern (12 %) ein Hellfeld-Kontaktdelikt mit einem Kind verübt hat. Demgegenüber steht die Zahl von 55 % der Internettäter, die gemäß Selbstauskunft Übergriffe im Dunkelfeld begangen haben (Seto et al. 2011). Eine Studie aus dem Jahr 2010 ergab, dass 84 % der untersuchten Kindesmissbraucher erst nach einem realen Übergriff Kinderpornografie besaßen (McCarthy 2010). In einer – methodisch kritisierten Studie (researcher demand effect) – wurde berichtet, dass die Zahl der verurteilten Internetpornografiestraftäter, die eine frühere Kontaktsexualstraftat mit einem Kind einräumten, zwischen Beginn und Ende der Therapie von 26 % auf 85 % anstieg (Burke et al. 2002).

Es gibt Hinweise für einen Zusammenhang zwischen dem Konsum von Pornografie und sowohl dem allgemeinen als auch dem spezifischen Rückfallrisiko bei Kindesmissbrauchstätern. In einer Population von 341 Hands-on-Tätern zeigte sich, dass die Häufigkeit und die Art von Pornografiegebrauch bei Hochrisikopersonen als Risikofaktor für Rückfälle gesehen werden kann und dass deviante Pornografie (Gewaltpornografie und Kinderpornografie) für alle Risikogruppen mit einer erhöhten Rückfallwahrscheinlichkeit assoziiert ist (Kingston et al. 2008). In einer amerikanischen Studie hatten von 349 Sexualstraftätern, die wegen einer Sexualstraftat gegen Kinder verurteilt wurden, 60 % auch ein Kinderpornografiedelikt (online) begangen; antisoziales Verhalten (außerhalb des sexuellen Kontexts) erhöhte die Wahrscheinlichkeit für ein Hands-on-Delikt an einem Kind erheblich (Carter et al. 1987).

Zur Entwicklung der Rückfälligkeit bei Personen, die wegen Kinderpornografie vorbestraft sind, gibt es wenige Studien mit prospektivem Design. Eine Untersuchung von kanadischen Straftätern (n = 201) kam zu dem Ergebnis, dass nach einem Beobachtungszeitraum von 29,7 Monaten von insgesamt 17 % rückfälligen Straftätern 4 % mit einem sexuellen Kontaktdelikt und 6 % mit Kinderpornografie rückfällig wurden. Vorbestrafte Täter wurden signifikant häufiger rückfällig (32,2 % vs. 9,0 %, p < .01). Die Rückfallrate der Täter, die ausschließlich wegen mit Kinderpornografie assoziierten Delikten verurteilt wurden, war deutlich niedriger als die Rückfallrate derer, die auch wegen sonstiger Straftaten oder sexueller Kontaktdelikte in Erscheinung getreten sind (6,6 % vs. 18,4 % vs. 26,3 %, p = .005). Außerdem wurden die Täter, die sowohl wegen Pornografie als auch wegen eines Kontaktdelikts verurteilt wurden, signifikant häufiger mit einem sexuellen Kontaktdelikt rückfällig als diejenigen Täter, die ursprünglich ausschließlich wegen Kinderpornografie verurteilt wurden (9,2 % vs. 1,3 %, p = <.05; Seto und Eke 2005). Eine Studie an 210 (Auswertung: 190) Sexualstraftätern in England, von denen 43 % wegen Kinderpornografie und 57 % wegen sexuellen Missbrauchs an einem Kind unter 16 Jahren verurteilt worden waren, dokumentierte, dass nach 18 Monaten von den ursprünglich wegen Kinderpornografie verurteilten Personen (n = 73) 2 wegen erneuter Kinderpornografie und 1 wegen eines sonstigen Delikts wieder verurteilt wurden. Von der Vergleichsgruppe der übrigen Sexualstraftäter (n = 117) wurden 14 erneut straffällig, davon 2 mit Kontaktdelikten, 3 mit gewalttätigen Delikten und 9 wegen sonstiger Delikte (Webb et al. 2007).

Retrospektive Studien ergaben ein ähnliches Profil. Endrass et al. untersuchten zwischen 2002 und 2008 die Daten von allen 231 Schweizer Tätern, die im Rahmen der Landslide-Ermittlungen verurteilt wurden. Insgesamt wurden 3 % erneut mit einer Gewalt- oder Sexualstraftat auffällig, 2,6 % davon mit illegaler Pornografie. Eine Analyse aller zwischen 1973 und 2008 wegen illegaler Pornografie verurteilten Schweizer (n = 4249, davon n = 363 zusätzlich mit sexuellem Kontaktdelikt an Kindern) zeigte, dass nur 0,2 % der wegen illegaler Internetpornografie in Erscheinung getretenen Täter später wegen eines Kontaktdelikts und signifikant weniger häufig wegen eines Rückfalls mit illegaler Pornografie verurteilt wurden als die Vergleichsgruppe (2,6 % Wiederverurteilungen wegen eines erneuten Kontaktdeliktes) (Goller et al. 2016).

Zwei der Risikofaktoren, die bei Hands-On-Missbrauchstätern gefunden wurden, nämlich Defizite in der Opferempathie und deliktfördernde Ansichten gegenüber Sex zwischen Kindern und Erwachsenen konnten auch bei Kinderporngrafiekonsumenten nachgewiesen werden (Laulik et al. 2007; Henry et al. 2010, O’Brien und Webster 2007). Ein Vergleich von Internettätern (n = 113), Hands-on-Tätern (n = 176) und Tätern, die in beiden Bereichen delinquierten („mixed offenders“) (n = 60), zeigte, dass sich die drei Gruppen bezüglich antisozialer Verhaltensweisen und Beschäftigung mit dem Internet unterschieden, dass ein höherer Score bei „Beschäftigung mit dem Internet“ die Zugehörigkeit zur Gruppe der Internettäter wahrscheinlicher machte, während zusätzlich hohe Werte auf einer Skala „antisoziale Verhaltensweisen“ ein guter Prädiktor für die Zugehörigkeit zu der Gruppe der „mixed offenders“ war (Lee et al. 2012).

Tätertherapie

Angesichts der hohen Fallzahl von Personen, die jährlich wegen Delikten im Zusammenhang mit Kinderpornografie verurteilt werden, der Rückfallraten, der Risikokonstellation für Hands-on-Übergriffe und der begrenzten therapeutischen Ressourcen stellt sich die Frage, bei welchen Tätern eine Therapie angeordnet werden soll. Niedrigschwellige Therapieangebote bei problematischer, sexuell süchtiger Nutzung des Internets sollten sich gezielt an Risikogruppen richten, z. B. Personen mit devianter Sexualität bzw. Paraphilien, Persönlichkeitsstörungen oder Suchterkrankungen. Hingegen sollten als Sexualstraftäter identifizierte Personen, die das Internet zur Vorbereitung bzw. Begehung von Delikten nutzen, genauso wie andere Sexualstraftäter therapiert werden, gegebenenfalls auch unter Einsatz medikamentöser Strategien (Hill et al. 2007).

Es existieren verschiedene störungsspezifische Therapiemanuale für die Behandlung (Briken et al. 2005; Delmonico et al. 2002; Quayle 2006), aber keine evidenzbasierten Behandlungsleitlinien. Die therapeutischen Interventionen fußen meist auf einer Kombination von klassischen verhaltenstherapeutischen Maßnahmen wie Stimuluskontrolle (Reduktion der Verfügbarkeit von Internetpornografie) und der Bearbeitung von kognitiven Verzerrungen, auslösenden und aufrechterhaltenden Faktoren und Aufbau von Alternativverhalten. Außerdem wird die Behandlung komorbider psychischer Störungen empfohlen.

Middleton berichtete über die Evaluation eines 2006 akkreditierten Therapieprogramms für Internetsexualstraftäter („Internet Sex Offender Treatment Programme“ i‑SOTP), mit einer Stichprobe von 264 Straftätern. Das Programm fokussiert auf Motivationsförderung, kognitive Verzerrungen, deliktfördernde Einstellungen, Opferempathie, Reduktion von Sex als Bewältigungsstrategie, Aufbau von Alternativverhalten, adäquate Beziehungsgestaltung, Selbststeuerung und prosoziale Lebensgestaltung. Die Indikation für dieses Therapieprogramm wurde unabhängig von der Risikobeurteilung (tief, mittel, hoch), aber abhängig vom Schweregrad einer allfälligen Devianz gestellt. Für die Personen mit sehr hohem Risiko und ausgeprägter Devianz, wie z. B. bei Personen, die das Internet zur Anbahnung realer Kontakte genutzt hatten, wurde die Indikation für längere, auf Sexualstraftäter zugeschnittene Therapien gestellt. Die Ergebnisse der Internetsexualstraftätergruppe wiesen auf eine Verbesserung von sozioaffektivem Funktionsniveau und auf eine Abnahme von deliktfördernden Einstellungen nach der Therapie hin (Middleton et al. 2009).

Zusammenfassung und Diskussion

Delikte im Zusammenhang mit Herstellung, Konsum und Verbreitung von Kinderpornografie – vor allem über das Internet – sind von anhaltender Häufigkeit und Aktualität. Dabei fanden in den deutschsprachigen Ländern in den vergangenen Jahren verschiedene Anpassungen des Strafrechts statt, um technischen und inhaltlichen Besonderheiten (z. B. volatile Speichermedien, Umgang mit sog. „Posing“-Darstellungen) Rechnung zu tragen. Die Bemühungen von verschiedenen Seiten, die Verfügbarkeit einzudämmen und Strafverfolgung zu erleichtern, haben in den letzten Jahren möglicherweise zu einem Ausweichen von Kinderpornografieanbietern und -abnehmern auf Verschlüsselungssoftware bzw. nicht öffentlich zugängliche Systeme/Netzwerke geführt.

Die entscheidende Frage für die forensische Psychiatrie bleibt, inwieweit von einer wegen illegaler Internetpornografie verurteilten Person die Gefahr ausgeht, auch in der Realität Kinder zu missbrauchen. Zusammenfassend weisen die bisherigen pro- und retrospektiv erhobenen Daten aus der Analyse der Strafregisterauszüge darauf hin, dass Personen, die bereits und ausschließlich wegen Kinderpornografie verurteilt wurden, ein eher geringes Risiko haben, im Verlauf eine reale sexuelle Missbrauchshandlung zu begehen. Kritisch zu hinterfragen sind die kurzen Katamnesezeiträume von max. 2,5 Jahren und die Annahme, dass die Straftäter mit Kinderpornografie eine homogene Gruppe darstellen (Elsner 2008). Die Auswertungen von Selbstauskünften von Personen mit pädophiler Sexualpräferenz (insbesondere wenn die Behandlung freiwillig erfolgte) weisen auf das Vorhandensein von Hands-on-Delikten im Dunkelfeld hin. Die Zahlen lassen sich somit entweder dadurch erklären, dass es sich um eine selektierte Stichprobe handelt, die aufgrund ihres sozioökonomischen Status, der übereinstimmend als höher als bei Kontaktstraftätern beschrieben wird, sehr strafsensibel ist; andererseits besteht die Möglichkeit, dass diese Population wegen der Unfreiwilligkeit des Behandlungs- bzw. Abklärungskontexts das Ausmaß möglicher sexueller Präferenzstörungen dissimulierte. Dafür würden auch die unterschiedlichen Befunde in der Häufigkeit der Diagnose einer Pädophilie sprechen, abhängig davon, ob die diagnostische Beurteilung im Rahmen einer freiwilligen oder angeordneten Behandlung erfolgte. Die vergleichsweise günstige Prognose von Internetpornografietätern kann möglicherweise auch mit einer höheren Kooperationsbereitschaft dieser Gruppe bei der Einhaltung von Bewährungsauflagen im Vergleich zu anderen Straftäterpopulationen erklärt werden (Webb et al. 2007).

Unter den Kinderpornografietätern befindet sich wahrscheinlich eine Anzahl von Personen mit zumindest teilweiser pädophiler Sexualpräferenz, die trotz oder wegen des Konsums zu besserer Verhaltenskontrolle (i. S. von weniger antisozialem Verhalten) in der Lage sind. Herausfordernd bleibt weiterhin die Identifikation derjenigen, die ein Risiko für Progression zu Hands-on-Straftaten aufweisen und bei denen eine Behandlungsindikation besteht, gerade wenn die diagnostischen Einschätzungen im strafrechtlichen Kontext erfolgen und die Beurteilungsgrundlage aus Selbstauskünften und gefundenem Bildmaterial besteht. Das Management von sexuell aggressivem Verhalten und paraphilen Interessen bleibt eine Angelegenheit individueller klinischer Beurteilung, die prädisponierende Faktoren wie auch den Gebrauch von pornografischem Material berücksichtigen muss (Fisher et al. 2013). Eine entsprechende Disposition im Sinne einer Paraphilie ist der kritische Faktor, der durch Konsum von Missbrauchsabbildungen zu Risikokonstellationen führen kann (Seto et al. 2001). Die praktisch zu lösende Frage, wie die Täter, bei denen eine Therapieindikation besteht, mit verhältnismäßigem Aufwand identifiziert werden können und wer eine eventuelle Indikation stellt, bleibt offen. Es besteht Bedarf an weiterer Forschung vor allem hinsichtlich verschiedener Konsumententypen und möglicher differenzieller Risikobeurteilungen.