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„Alles Verstehen ist daher immer zugleich ein Nicht-Verstehen“

Wilhelm von Humboldts Beitrag zur Hermeneutik und seine Bedeutung für eine Theorie interkultureller Bildung

  • Schwerpunkt: Hermeneutik und Bildung
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Zusammenfassung

Im Mittelpunkt des Beitrags steht die Frage, was Humboldts Theorie des Verstehens im Blick auf die Herausforderung der Erziehungswissenschaft durch die zunehmende sprachlich-kulturelle Pluralität moderner Gesellschaften zu leisten vermag. Zur Klärung dieser Frage wird zunächst Humboldts hermeneutische Auffassung des Verstehens als Methode der historischen Forschung erörtert (1), um dann die Bedeutung seiner Sprachtheorie für eine Konzeption des Verstehens als grundlegender Form menschlichen Welt-und Selbstbezugs zu rekonstruieren (2) und im Blick auf eine Theorie interkultureller Bildung zu interpretieren (3). Die zentralle These lautet, dass Humboldts Auffassung der Sprachen als je verschiedener Weltansichten seiner Konzeption des Verstehens insofern eine entscheidende Wendung gibt, als darin die Vielfalt der Sprachen nicht nur als MLoglichkeitsbedingung, sondern zugleich auch als Grenze interkulturellen Verstehens begriffen wird. Sofern Bildung mit Humboldt als Transformation der eigenen Weltansicht durch die Auseinandersetzung mit fremden Sprachen gefasst werden kann, stellt diese Grenze des Verstehens auch eine unhintergehbare Bedingung von )interkultureller) Bildung dar.

Summary

„All understanding is simultaneously a noncomprehension — Wilhelm von Humboldt’s contribution to hermeneutic and its significance for a theory of intercultural education”

At the centre of this paper lies the question of what Humboldt’s theory of understanding has to offer in terms of the challenges facing educational sciences as a result of increasing linguistic cultural plurality in modern society. To clarify this question, Humboldt’s concept of understanding will be discussed as a historical research method (1). His theory of language will then be reconstructed as a concept, which views understanding as a fundamental form of human world-and self-reflection (2) and interpreted from the perspective of a theory of intercultural education (3). The main argument is that Humboldt’s view of languages as different world views gives this concept of understanding a decisive turn, since the multiplicity of languages is not only seen as a facilitating condition, but equally as the boundary of intercultural understanding. As far as education can be seen with Humboldt as a transformation of one’s own world-view through confrontation with foreign languages, this boundary of understanding is also an unavoidable condition for (intercultural) education.

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Koller, HC. „Alles Verstehen ist daher immer zugleich ein Nicht-Verstehen“. ZfE 6, 515–531 (2003). https://doi.org/10.1007/s11618-003-0055-9

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