Die physiologische Bedeutung der Leber bei der Stabilisierung des Blutzuckerspiegels, der Energiespeicherung durch Glykogenbildung und -speicherung, der Glukosebereitstellung nach Produktion aus Aminosäuren, Glyzerin, Laktat und anderen Zuckern sowie der Herstellung wichtiger Verbindungen aus Intermediärstoffen des Kohlenhydratstoffwechsels ist uns noch aus dem Biochemieunterricht in, manchmal auch nur blasser, Erinnerung. Jocelyn de Heer frischt unsere Kenntnisse auf und legt die Grundlage für eine interessante Betrachtung der Leber als Organ, das durch Diabetes mellitus beschädigt werden kann und auch – vice versa – die Dignität einer diabetischen Stoffwechselstörung massiv beeinflusst.

Bernhard Naunyn [1] prägte bereits 1889 den Begriff des „Leberdiabetes“, nachdem ihm das häufige Auftreten einer Glukosurie bei Personen mit Leberzirrhose aufgefallen war. Werner Creutzfeldt et al. [2] beschrieben 1971 wichtige pathophysiologische Zusammenhänge zwischen primärer Lebererkrankung und diabetischer Stoffwechsellage. Patienten mit Leberzirrhose haben zu 30–40 % einen Diabetes mellitus Typ 2. Andreas Pfeiffer belegt den aktuellen Stand zum „hepatogenen Diabetes“ und erinnert daran, dass das Auftreten eines Diabetes bei Leberzirrhose das Risiko für vorzeitigen Tod und die Komplikationen der Leberzirrhose (hepatische Enzephalopathie, spontane bakterielle Peritonitis und hepatozelluläres Karzinom) erhöht. Das hat Konsequenzen für die Behandlung von Leberpatienten.

Lange wurde die häufig festgestellte Fettleber als Kavaliersdelikt eines Ultraschallbefundes betrachtet. Christoph Grander und Herbert Tilg beschreiben das moderne diagnostische Vorgehen, um eine bessere Risikoabschätzung für Menschen mit Fettleber hinsichtlich Spätschäden an der Leber bis hin zu Leberkrebs, aber auch Störungen des Kohlenhydratstoffwechsels zu erreichen. Die Frage ist, ob und wie einer nichtalkoholischen Steatohepatitis (NASH) therapeutisch begegnet werden kann. Malte Wehmeyer et al. berichten über die prognostische Wertigkeit von Befunden im Verlauf der NASH und die aktuell diskutierten therapeutischen Optionen, diesen zu beeinflussen. Kálmán Bódis und Michael Roden fokussieren noch einmal explizit auf die sinnvolle bzw. notwendige Diabetestherapie bei NASH. Es wird ganz klar, dass sowohl die NASH-Therapie als auch die Diabetesbehandlung bei NASH der weiteren Optimierung bedürfen.

Die Therapie der NASH sowie die des Diabetes bei NASH müssen optimiert werden

Die pathophysiologische Kenntnis des Wechselspiels von Leber und Kohlenhydratstoffwechsel wird zunehmend profunder, das Dilemma der Spätschäden an der Leber, aber auch das Auftreten von Krebs und kardiovaskulären Ereignissen in diesem Zusammenhang macht die dringliche Notwendigkeit klar, bessere und wirksame Strategien zur Prävention und Behandlung zu entwickeln. Selbst die gutgemeinten Ratschläge zu Lebensstil, Ernährung und diagnostischer Begleitung bedürfen der eingehenderen wissenschaftlichen Prüfung. Nach meinem Eindruck wissen wir mittlerweile ziemlich gut um die Probleme, für deren Lösung jedoch ist noch viel zu tun.

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Burkhard Göke