Fettstoffwechselstörungen betreffen die Mehrzahl der Patienten mit Diabetes mellitus und bestimmen wesentlich deren kardiovaskuläre Prognose. Die evidenzbasierte Therapie von Fettstoffwechselstörungen ist daher ein zentraler Aspekt des umfassenden Managements von Diabetespatienten. Da noch immer viele Diabetespatienten mit Dyslipidämie nicht adäquat behandelt sind, muss das Bewusstsein gefördert werden, dass die optimale glykämische Kontrolle bei Weitem nicht ausreicht, um die hohe kardiovaskuläre Morbidität und Mortalität dieser Patienten zu minimieren. Voraussetzung dafür ist das Wissen um die Entstehung, Diagnose, klinischen Symptome und effiziente Therapie der diabetesassoziierten Fettstoffwechselstörungen.

Evidenzbasierte Lipidtherapie senkt das vaskuläre Risiko von Diabetespatienten

Klinisch ist von besonderer Bedeutung, den Diabetespatienten mit sehr hohem kardiovaskulärem Risiko, der speziell von einer intensiven lipidsenkenden Therapie mit tatsächlichem Erreichen evidenzbasierter Zielwerte profitieren sollte, erkennen zu müssen. Aber welche Zielwerte mit welchen Mitteln erreicht werden sollen oder können, um die bestmöglichen Vorteile für den Patienten zu erreichen, ist nicht ausreichend bekannt. Erschwerend kommt hinzu, dass gerade beim bereits behandelten Patienten mit diabetischer Dyslipidämie das „Low-density-lipoprotein“-Cholesterin (LDL-C) das klinische Risiko nicht adäquat widerspiegelt. Weitere Indikatoren wie „Non-high-density-lipoprotein“-Cholesterin (Non-HDL-C) oder Apolipoprotein B (ApoB) dürfen gerade bei diesen Patienten als weitere Ziele nicht außer Acht gelassen werden.

Die diabetische Dyslipidämie ist eng mit Insulinresistenz und Typ-2-Diabetes verwoben. So tritt die Dyslipidämie oft schon vor dem Typ-2-Diabetes auf, kann dessen Auftreten beschleunigen und trägt schon im Prädiabetesstadium zum erhöhten kardiovaskulären Risiko bei. Aber nicht jede Dyslipidämie des Diabetespatienten sollte vom Diabetologen unkritisch als diabetische Dyslipidämie klassifiziert werden. Kriterien wichtiger Differenzialdiagnosen (erhöhte Serumtriglyzeridkonzentrationen und/oder erniedrigte HDL-C-Werte) müssen uns bewusst sein, um die Konsequenzen für Prognose, Therapie und ggf. Familienscreening nicht zu übersehen.

Der Großteil des vorliegenden Themenhefts von Der Diabetologe widmet sich im Besonderen dem therapeutischen Vorgehen. Auch bei der diabetischen Dyslipidämie bilden Maßnahmen zur Lebensstiländerung die Basis jeder Behandlung. Die einzelnen Interventionen auf Basis von Ernährungsmodifikation und Steigerung der körperlichen Aktivität sind allerdings unterschiedlich erfolgreich und erfordern eine genaue Analyse, nicht zuletzt, um die häufigen Fragen der Patienten adäquat beantworten zu können.

Letztlich benötigen die meisten – wenn nicht alle – Patienten mit Typ-2-Diabetes eine Lipidsenkertherapie. Hier gilt es, keine Kosmetik der Laborwerte zu betreiben, sondern evidenzbasiert das klinische Risiko durch das Erreichen von Zielwerten zu minimieren. Eine praxisorientierte Darstellung fasst den rationalen Einsatz verfügbarer Wirkstoffe in der Klinik zusammen. Angesichts der zuletzt publizierten – negativen – Studiendaten wird auch der Stellenwert der medikamentösen Erhöhung von HDL-C ausgeführt. Darüber hinaus werden neue Substanzen vorgestellt, die aktuell in der klinischen Entwicklung stehen und hoffentlich in naher Zukunft weitere therapeutische Möglichkeiten eröffnen.

Das vorliegende Themenheft gibt damit dem klinisch tätigen Diabetologen einen aktuellen Überblick über die wesentlichen Aspekte der diabetischen Dyslipidämie, um zur „awareness“ für Fettstoffwechselstörungen bei Diabetes beizutragen und die evidenzbasierten Therapieempfehlungen in Erinnerung zu rufen.

Prof. Michael Roden

Prof. Thomas Stulnig