Sehr geehrte Leserinnen und Leser, liebe Kolleginnen und Kollegen,

die pneumologische Rehabilitation (PR) stellt heute eine unverzichtbare und effektive Therapie bei Patienten mit chronischen Atemwegs- und Lungenerkrankungen dar. Für die Indikation COPD liegen zahllose Studien vor, die der PR ein hohes Maß an Evidenz attestieren. Aber auch für andere chronischen Atemwegserkrankungen finden sich zunehmend positive Daten.

Es haben Autoren aus Deutschland, Österreich und der Schweiz mitgewirkt, so dass wir das Thema PR unter einem „D.A.CH“-Aspekt zusammengefasst haben. Dies heißt allerdings nicht, dass unter diesem gemeinsamen „D.A.CH.“ eine einheitliche Rehabilitationsszene beherbergt ist. Vielmehr gehen die verschiedenen Gesundheitssysteme teils unterschiedliche Wege. Ganz im Gegensatz zur restlichen Welt ist in unseren drei Ländern die PR hauptsächlich stationär verankert. Ambulante Strukturen sind abgesehen von ein paar wenigen lokalen Einzelinitiativen bislang weder in Deutschland noch in Österreich existent. Dabei liegt in Deutschland seit 2010 ein umfangreiches DIMIDI-Gutachten (Versorgungssituation und Wirksamkeit der ambulanten im Vergleich mit der stationären pneumologischen Rehabilitation) zur ambulanten PR vor, welches vom IQWIG gutgeheißen wurde und der ambulanten PR ein hohes Maß an Effektivität attestiert. Hierfür notwendige Strukturen sind noch nicht geschaffen worden. Hingegen hat die Schweiz offenbar die Chancen einer ambulanten PR bereits erkannt und zu fördern begonnen.

Die Verordnungsrealität steht noch immer ganz im Gegensatz zu den nationalen und internationalen Therapieempfehlungen. Es mögen verschiedene Faktoren zusammenspielen, die dazu führen, dass ein Maßnahmenpaket, welches zumindest bei der COPD die positive Wirkung aller verfügbaren Medikamente übertrifft, so wenig genutzt wird.

Eine PR wird noch immer zu selten verordnet

Gerade für PR unmittelbar nach akuter Exazerbation (AE-COPD) liegen beeindruckende Daten für eine Reduktion von Krankenhauseinweisungen und Hinweise für eine geminderte Mortalität vor. Dennoch nehmen nur weniger als 10% der Patienten nach AE-COPD eine PR wahr. Ein auf Seiten der Verordnenden, Kostenträger und auch Patienten noch verbreiteter „therapeutischer Nihilismus“ mag ein Grund hierfür sein. Eine unzureichende Definition seitens der Leistungserbringer hinsichtlich dessen, was unter PR verstanden werden muss, kann eine weitere Ursache darstellen. Mit einfachen Worten: Da, wo außen Reha drauf steht, ist nicht immer wirklich gute Reha drinnen.

Es freut mich, dass mit diesem Themenheft der pneumologischen Rehabilitation eine breite Bühne geboten wird, um diese als eine wirkungsvolle, multimodale und interdisziplinäre Behandlungsform darzustellen.

Im ersten Beitrag von H. Buhr-Schinner und R.H. Zwick geht es zunächst um Definition und rechtliche Grundlagen der PR. Weiterhin werden die klassischen PR-Indikationen, deren Komponenten, die verwendbaren Ziel-/Messgrößen und nicht zuletzt die Evidenzlage der PR dargestellt. Zuletzt geben die Autoren noch einen Ausblick, wie die Zukunft der Rehabilitation aussehen könnte.

Die Effektivität der PR ist bei COPD gut belegt

M. Puhan stellt die PR-Historie der letzten 60 Jahre dar, wobei anfängliche Skepsis über zunehmende Wahrnehmung positiver Effekte von einer beeindruckenden Evidenz abgelöst wurde. Der Autor selbst hat dazu mit weltweit beachteten Cochrane Reviews bezüglich der PR nach Exazerbation bei COPD wesentlich beigetragen.

Der dritte Beitrag beleuchtet die Bedeutung Entwicklung der PR bei Indikationen jenseits der COPD. Bei der von K. Schultz skizzierten PR bei Asthma ist die Evidenz für den Gesamtprozess erstaunlicherweise nicht sehr belastbar, die Einzelkomponenten des multimodalen Ansatzes hingegen zeigen vielfach signifikant positive Effekte.

Als Musterbeispiel dafür, wie durch einen wissenschaftlichen Nachweis der Wirksamkeit eine neue PR-Indikation (pulmonale Hypertonie) kreiert werden kann, können die Arbeiten aus der Arbeitsgruppe von E. Grünig gelten. Diese Autoren geben ein aktuelles Update zur Datenlage.

R. Glöckl stellt abschließend aktuelle, teils neue Entwicklungen wie PR bei interstitiellen Lungenerkrankungen, Non-CF-Bronchiektasen und bei Patienten vor/nach Lungentransplantation dar.

I. Heinzelmann zeigt auf, wie körperliches Training aufgebaut werden sollte, und beleuchtet klassische wie auch neuere Trainingsmethoden jenseits von Ausdauer- und Krafttraining. Besonders betont wird, dass Training primär auf dessen Beibehaltung im Alltag fokussieren muss.

Ob ambulant oder stationär, mit dieser Frage befasst sich der Beitrag von M. Spielmanns, der die unterscheidenden Aspekte gegenüberstellt.

Der abschließende Artikel einer Autorengruppe um D.C. Keil aus Marburg/Leipzig hebt hervor, wie sehr psychische Komorbidität in Form von Angst und Depression den Krankheitsverlauf bei Lungenerkrankungen und auch die PR selbst beeinflussen kann.

Eine qualitativ gute PR ist keine umbenannte Form von „Kur“, sondern vielmehr eine extrem wirkungsvolle, unverzichtbare Behandlungsoption für unsere Patienten. Es würde mich freuen, wenn dieses Themenheft einen Beitrag dazu leisten kann, dies im klinischen Alltag umzusetzen.

Dr. Klaus Kenn