Hintergrund

Schwangerschaften, die mit Techniken der assistierten Reproduktion [„assisted reproductive technology“ (ART)] herbeigeführt werden, tragen mittlerweile zu etwa 1–2 % der Lebendgeburten bei und sind somit zahlenmäßig von relevanter Bedeutung [1]. Sie zeigen jedoch eine erhöhte Assoziation mit Frühgeburtlichkeit und intrauteriner Wachstumsretardierung, sowohl bei Mehrlings- als auch bei Einlingsschwangerschaften [2, 3]. Die Ursachen hierfür sind bislang nicht vollständig geklärt – einerseits scheinen die Mechanismen der Sterilität selbst eine Rolle zu spielen, andererseits aber auch weitere Kofaktoren. Vor diesem Hintergrund ist von Interesse, das Frühgeburtlichkeitsrisiko bei Einlingsschwangerschaften nach ART genauer zu analysieren und zu klären, welche Rolle verschiedene Infertilitätsursachen spielen.

Retrospektive Kohortenstudie

Mit der vorgestellten retrospektiven Kohortenstudie wurde der genannten Fragestellung nachgegangen, wobei insgesamt etwa 20.000 ART-Schwangerschaften rückwirkend betrachtet wurden. Verglichen wurden diese hierbei mit Nicht-ART-Schwangerschaften sowie weiter untergliedert nach gynäkologischer, andrologischer oder kombinierter Genese. Dabei zeigte sich bei ART-Einlingen eine signifikant erhöhte Rate an Frühgeburten, wobei das Risiko bei rein gynäkologisch bedingter Sterilität um den Faktor 1,95 (95 %-Konfidenzintervall: 1,59–2,39) und bei kombinierter gynäkologisch-andrologischer Sterilität sogar um den Faktor 2,21 (95 %-Konfidenzintervall: 1,62–3,00) erhöht war – jeweils verglichen mit Schwangerschaften in der Durchschnittsbevölkerung.

Die Autoren der Arbeit schlussfolgern, dass bei Einlingsschwangerschaften, die durch Anwendung von ART entstanden sind, ein erhöhtes Frühgeburtsrisiko besteht und dass dies auch bei lediglich andrologisch bedingter Sterilität der Fall ist.

Kommentar

Die vorgestellte Arbeit adressiert eine interessante Fragestellung in der Reproduktions- und Perinatalmedizin. Ihre Ergebnisse unterstreichen die Komplexität der Einflussfaktoren, die für eine komplikationslose Schwangerschaft verantwortlich sind. Sowohl die ART-Maßnahmen an sich als auch die zugrunde liegenden Sterilitätsursachen beeinflussen den Schwangerschaftsverlauf und insbesondere das Risiko für eine Frühgeburt.

Sowohl die ART als auch die Sterilitätsursachen beeinflussen den Schwangerschaftsverlauf

Einschränkend wirkt sich aus, dass die Ursachen der Frühgeburtlichkeit, z. B. vorzeitige Wehentätigkeit, Zervixinsuffizienz, vorzeitiger Blasensprung oder Präeklampsie, in der vorgestellten Arbeit nicht weiter aufgeschlüsselt werden. Dies wäre aber ergänzend von großem Interesse.

Von entscheidender Bedeutung wird die Identifikation von Parametern sein, die im Kontext von ART-Behandlungen erfassbar sind und die eine Stratifizierung hinsichtlich des Frühgeburtlichkeitsrisikos erlauben. Darauf aufbauend kann dann eine individualisierte Vorsorge und ggf. auch Prophylaxe erfolgen.