Was müssen wir tun, um das Simulatortraining in Deutschland umfassend zu etablieren?

  • Simulatortraining ist die Methode der Wahl, um risikobehaftete Prozeduren in der Patientenbehandlung unter realistischen Bedingungen im Team zu trainieren. Das gilt interprofessionell sowohl für die medizinische Ausbildung als auch für die Weiter- und Fortbildung. Für die „Maintenance of Competence“ ist es ein wichtiges didaktisches Element. Beim Ausbau der Patientensicherheit ist es ein wertvolles und bislang nicht ausreichend genutztes Instrument.

  • In medizinischen Fachkreisen ist diese These inzwischen gut akzeptiert. Der 119. Deutsche Ärztetag hat sich damit 2013 beschäftigt, das Traumanetzwerk der DGU fordert es für die Zertifizierung, die S3-Leitlinie Sedierung in der Endoskopie sieht es vor und die DGAI fordert es als integralen Bestandteil der Weiterbildung, das APS für die Ausbildung. So haben das APS und der MDK Bayern mit weiteren Partnern das Projekt SimParTeam auf den Weg gebracht, um durch simulatorgestütztes Kreißsaaltraining die Sicherheit für Mutter und Kind unter der Geburt zu erhöhen. Mehrere Landesärztekammern haben das Simulatortraining in ihre Weitebildungsordnung aufgenommen. 25 der 50 geforderten Einsätze im Notarztdienst, die für die Zusatzweiterbildung Notfallmedizin gefordert werden, können im Simulatortraining abgeleistet werden. Diese Aufzählung solcher Beispiele ließe sich ohne Schwierigkeiten noch erweitern.

An vielen Krankenhäusern haben sich Teams gefunden, die das Thema Patientensicherheits- und Simulationstraining aufgegriffen haben.

Simulationstraining hat noch keinen „Routineplatz“ im deutschen Gesundheitswesen gefunden

Trotz dieser positiven Beispiele muss aber leider konstatiert werden, dass das Thema Patientensicherheits- und Simulationstraining noch keinen „Routineplatz“ im deutschen Gesundheitswesen gefunden hat. Woran liegt das?

In anderen Industrien, z. B. in der Energiewirtschaft, der Chemie, aber natürlich auch in der Luftfahrt, ist es Industriestandard, dass die Mitarbeiter, die komplexe Anlagen und Verfahren steuern, regelmäßig in einer Simulationsumgebung trainiert werden. Das wird nicht aus altruistischen Gründen gemacht. Diese Firmen sind überzeugt, dass das kostspielige und aufwendige Simulatortraining effizient, effektiv und wirtschaftlich sinnvoll für den Erfolg des Unternehmens ist.

Auch in der Medizin ist ein qualifiziertes und hochwertiges Patientensicherheits- und Simulationstraining mit nicht unerheblichen Kosten verbunden. Hohe Investitionen für die Simulationsumgebung, erheblicher Personalbedarf an Trainern durch Kleingruppentraining und Abwesenheitskosten der Teilnehmer summieren sich. Diese Kosten sind in den meisten Fortbildungs- und Patientensicherheitsbudgets nicht eingeplant. Ohne auskömmliche Finanzierung ist das Training aber nicht realisierbar.

In unserem Gesundheitssystem brauchen wir deshalb viele Übersetzer und Botschafter, die die Sinnhaftigkeit und den wirtschaftlichen Nutzen von Patientensicherheits- und Simulationstrainings an die Entscheidungsträger im Gesundheitswesen überzeugend herantragen und damit dies bei Politik, Kostenträgern und Klinikführungen zu einem selbstverständlichen Element der Personalentwicklung und Sicherheitskultur machen, das entsprechend budgetiert ist. Patientensicherheits- und Simualtionstrainings bedürfen nicht zuletzt auch einer systematischen Finanzierung innerhalb des Gesundheitssytems.

Der verstärkte Einsatz von Simulationstechniken ist für den von allen Seiten geforderten Ausbau der Patientensicherheit ethisch und gesundheitswissenschaftlich gefordert. Unser gemeinsamer Einsatz für das Patientensicherheits- und Simulationstraining wird in wenigen Jahren in Deutschland die Aus-, Weiter- und Fortbildung in den medizinischen Fachberufen sowie die Sicherheits- und Zusammenarbeitskultur in der Gesundheitswirtschaft insgesamt positiv weiterentwickeln.

Fangen wir alle mit dieser Überzeugungsarbeit noch heute an.

Prof. Dr. Heinzpeter Moecke

Hardy Müller