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Wieviel Verwaltung benötigt der Bürger?

Eine Analyse der Bestimmungsfaktoren für den Personalbestand kommunaler Kernverwaltungen in Gemeinden bis 30.000 Einwohner

How much public administration does the citizen need?

An analysis of the determinants for the number of staff in core administration of municipalities up to 30,000 inhabitants

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Zusammenfassung

Ein wichtiges Element für die Effizienzbemessung öffentlicher Verwaltungen stellt die Personalbedarfsermittlung dar, die sowohl durch betriebswirtschaftliche als auch durch volkswirtschaftliche Instrumente unterstützt wird. Oftmals wird der Personalbedarf über den einwohnerbereinigten Personalbestand abgebildet. Allerdings dokumentiert bereits die wissenschaftliche Literatur, dass diese Darstellungsform unzureichend ist. Dieser Beitrag zeigt indessen, dass die Personalbedarfsermittlung um noch weitere Aspekte ergänzt werden muss. Neben den Effizienzberechnungen orientieren sich auch die Finanzausgleichssysteme an Abweichungen von der rein einwohnerbereinigten Betrachtung derartiger Fiskalgrößen und deklarieren hieraus mögliche Mehrbedarfe. So integrieren die Finanzausgleichssysteme diese Mehrbedarfe über das Instrument der Einwohnerveredelung und sprechen der betreffenden Gebietskörperschaft einen höheren Ausgleichsanspruch zu. Allerdings sind sowohl die Existenz als auch die spezifische Höhe dieser Mehrbedarfe sehr umstritten. So legitimiert das Bundesverfassungsgericht die Ausgleichsrelevanz von Mehrbedarfen ausschließlich im Pflichtaufgabenbereich der betreffenden Gebietskörperschaft. Im kommunalen Verwaltungsbereich ist hierfür zwischen Kernhaushalt und Kernverwaltung zu differenzieren. Während der kommunale Kernhaushalt das gesamte mit Pflichtaufgaben aber auch freiwilligen Aufgaben betraute Personal umfasst, konzentriert sich die kommunale Kernverwaltung insbesondere auf Pflichtaufgaben. Gleichwohl werden länderübergreifende Vergleiche durch die fehlende einheitliche Definition zum Begriff Kernverwaltung behindert. Dieses Defizit greift dieser Beitrag auf und stellt durch die detaillierte Analyse von 184 kommunalen Stellenplänen eine länderübergreifende Vergleichbarkeit der hierin enthaltenen kommunalen Kernverwaltungen her. In den empirischen Analysen für den Personalbestand sowie die Personalausgaben offenbaren sich für die selektierten Kernverwaltungen hoch signifikante Einflüsse der Siedlungsstruktur und weiterer Faktoren. Unter anderem können temporäre Mehrbedarfe durch Kostenremanenzen beobachtet werden. Eine Würdigung dieser Mehrbedarfe für den Personalsektor öffentlicher Verwaltungen fehlt jedoch in den Finanzausgleichssystemen sowie in den Effizienzmessungen bisher.

Abstract

An important element for measuring the efficiency of public administration is the demand for the number of staff. There are different economic methods to measure the demand. Typically, the determinations are based on the per capita staff. However, the scientific literature documents the insufficiency of per capita based determinations. This paper presents more necessary aspects for measuring the efficiency of public administrations. Besides the measuring of efficiency, the German financial equalization systems also consider differences by the per capita administration staff and deduce additional financial demand. So the German financial equalization systems integrates these additional financial demand by ‘upgrading’ the local population and increases the financial compensation in these upgraded regions. However, the existence and specific amount of the additional demands are discussed very controversially. The German Federal Constitutional Court authorizes the additional financial demand only for duty tasks of public expenditures. Therefore, in the municipal administration there is a need to differentiate between the total number of staff and the number of staff in core administration. The core administration operates only duty tasks of the municipality. Nevertheless, there are a lot of difficulties for interregional comparisons between the German States caused by a missing definition for the core administration. This paper eliminates this deficit by an analysis of 184 municipal staff appointment schemes and selects the core administration for these municipalities. The empirical estimations present highly significant influence of the settlement structure and other determinants for the per capita number of staff and the per capita staff expenditures. Inter alia overhead costs are noticed which cause temporary additional financial demands. A recognition of these additional financial demands in the public administration are still missed in the German financial equalization system and the measuring of efficiency.

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Abb. 1

Notes

  1. Vgl. Sächsischer Rechnungshof (2005), Sächsischer Rechnungshof (2008), Rheinland-Pfälzischer Rechnungshof (2001).

  2. Vgl. Art. 106 Abs. 2 Nr. 2 GG.

  3. Vgl. Art. 107 Abs. 2 GG.

  4. Nicht nur in Deutschland fließen Siedlungsstrukturen in den Finanzausgleich ein. So integriert der Schweizer Finanzausgleich geografisch-topografische Ausprägungen, indem hoch gelegene sowie disperse Siedlungsflächen durch den Bund einer besonderen Würdigung unterliegen. Vgl. Art. 7 FiLaG (Finanz- und Lastenausgleichsgesetz Schweiz).

  5. Vgl. BVerfG (1999), Absatz 295, 319.

  6. Berechnet aus Daten des Statistischen Bundesamtes für das Jahr 2011.

  7. Vgl. Sächsischer Rechnungshof (2005), S. 22.

  8. Berechnet aus Daten des Statistischen Bundesamtes für das Jahr 2011.

  9. Ähnlich gehen auch weitere Gutachten bei der Bestimmung der Kernverwaltung vor, um aus Vergleichsgründen auf die reinen Kerntätigkeiten abzustufen. Vgl. hierzu Rheinland-Pfälzischer Rechnungshof (2001), S. 13.

  10. Vgl. Bundesministerium des Innern (2013).

  11. Vgl. Rheinland-Pfälzischer Rechnungshof (2001), S. 4.

  12. Vgl. Sächsischer Rechnungshof (2005), S. 35 f. sowie Sächsischer Rechnungshof (2008), S. 41.

  13. Vgl. Sächsischer Rechnungshof (2005), S. 35 f. sowie Sächsischer Rechnungshof (2008), S. 42.

  14. Vgl. Rheinland-Pfälzischer Rechnungshof (2001), S. 25.

  15. Vgl. Rheinland-Pfälzischer Rechnungshof (2001), S. 25.

  16. Vgl. Kalb et al. (2012), S. 203.

  17. Vgl. Kalb et al. (2012); Bönisch et al. (2011).

  18. Vgl. Kalb et al. (2012); Haug (2009); Deno und Mehay (1988); Bönisch et al. (2011).

  19. Vgl. Haug (2009).

  20. Vgl. BVerfG (1999), Absatz 295, 319.

  21. Vgl. BVerfG (1999), Absatz 295, 319.

  22. Vgl. BVerfG (1999), Absatz 317.

  23. Vgl. Eltges et al. (2001), S. 36.

  24. Vgl. Eltges et al. (2001), S. 103.

  25. Vgl. Eltges et al. (2001), S. 93 ff.

  26. Die grundsätzlichen Ergebnisse bei der Ermittlung von Mehrbedarfen innerhalb des Länderfinanzausgleichs besitzen ebenfalls eine Vorbildfunktion für die kommunalen Finanzausgleichssysteme, um die Einnahmen zu den strukturell benachteiligten Gemeinden zu transferieren.

  27. Vgl. Sächsischer Rechnungshof (2005), S. 40 bzw. Sächsischer Rechnungshof (2008), S. 41.

  28. Vgl. Seitz (2004), S. 25 für die kumulierten Gesamthaushalte Sachsens bzw. Seitz (2004), S. 32 für die Gemeinden Sachsens.

  29. Vgl. Kalb et al. (2012); Haug (2009); Bönisch et al. (2011); Deno und Mehay (1988).

  30. Vgl. Sächsischer Rechnungshof (2005), S. 35 bzw. Sächsischer Rechnungshof (2008), S. 41.

  31. Die dichtespezifische Trennung der Gemeinden orientiert sich an den bisherigen Vorgaben des BBSR (2011). So bewegt sich das Kriterium für die Einwohnerdichte dünn besiedelter Regionen bei unter 100 Einwohner je km2 sowie dicht besiedelter Regionen bei über 500 Einwohner je km2.

  32. Vgl. Haug (2009).

  33. Vgl. Vesper (1996); Färber et al. (1999); Bundesrechnungshof (1996).

  34. Eine deskriptive Gegenüberstellung der Schätzvariablen erfolgt im Anhang. Ferner sind die jeweiligen Schätzmodelle in Bezug auf Multikollinearität mittels der Varianzinflationsfaktoren (VIF) sowie auf räumliche Autokorrelation mittels des Durbin-Watson Tests untersucht worden. Diese Tests blieben jeweils unauffällig. Ein Setzen von Dummy-Variablen für einzelne Bundesländer führt zu keinen weiterführenden Schlussfolgerungen, so dass sich auf reinen einen Ost-West-Vergleich sowie auf die Dichtekategorien beschränkt werden kann.

  35. Für analoge Schätzmodelle im Bereich der Kernhaushalte, die den gesamten kommunalen Personalbestand umfassen, ist lediglich ein korrigiertes Bestimmtheitsmaß von unter 0,1 zu erzielen. Dies dokumentiert die Notwendigkeit, spezifische Outputgrößen in derartige Schätzungen zu integrieren, um aussagekräftige Ergebnisse zu erhalten.

  36. Die deskriptiven Statistiken für die Schätzung der Ausgabenintensität sind im Anhang zu finden.

  37. Vgl. Kalb et al. (2012).

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Ich bedanke mich für die kritische Durchsicht und die Bereitstellung wertvoller Hinweise bei zwei anonymen Gutachtern.

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Mudrack, T. Wieviel Verwaltung benötigt der Bürger?. Rev Reg Res 35, 211–240 (2015). https://doi.org/10.1007/s10037-014-0093-1

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