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„Einmischung unerwünscht“ – Das Scheitern der Zusammenberufung der Topologen Herbert Seifert und William Threlfall an die Universität Frankfurt im Jahr 1939

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Mathematische Semesterberichte Aims and scope Submit manuscript

Zusammenfassung

Der Artikel dokumentiert den gescheiterten Versuch der Zusammenberufung von Herbert Seifert und William Threlfall an die Universität Frankfurt im Jahr 1939.

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Abb. 1
Abb. 2
Abb. 3

Notes

  1. Keine der Arbeiten zu Leben und Werk von Seifert und Threlfall enthält einen Hinweis auf die versuchte Zusammenberufung. Fündig diesbezüglich wird man im „Tagebuch von H. und W.“ (künftig zitiert als Tagebuch), das Threlfall ab 1930 bis zu seinem Tod akribisch geführt hat und in dem der gemeinsame Alltag mit Seifert beinahe minutiös dokumentiert ist, vgl. dazu [13]. Darüber hinaus gibt es zu dem Plan der Zusammenberufung Akten in den Universitätsarchiven Erlangen, Frankfurt und Heidelberg sowie im Hauptstaatsarchiv München, die für diese Arbeit ausgewertet wurden. Die Akten aus den Universitätsarchiven (UA) werden künftig abgekürzt zitiert als UA ER für Erlangen, UA F für Frankfurt und UA HD für Heidelberg, für Akten aus dem Bayerischen Hauptstaatsarchiv München wird das Kürzel HStA München verwendet. An dieser Stelle danke ich Maria Remenyi, Volker R. Remmert und Klaus Volkert für ihre kritische Durchsicht des Manuskripts sowie ihre hilfreichen Anregungen. Für die Gewährung der Einsichtnahme in das Tagebuch danke ich Klaus Volkert.

  2. Die folgenden biographischen Informationen sind entnommen aus [14, S. 1–3], [1] und [3].

  3. Frances Walsh, eine weitläufige Verwandte Threlfalls, hat mir freundlicherweise Auszüge aus einer Familiengeschichte zur Verfügung gestellt, die sie selbst verfasst hat, vgl. [17].

  4. Für das Jahr seines Rückzugs gibt es widersprüchliche Angaben von Threlfall selbst, mal schrieb er 1916 und mal 1918.

  5. Zum offenen und interdisziplinären Charakter des Dresdner Mathematischen Kolloquiums siehe [15, S. 257 ff.].

  6. Laut der Grabrede von Wilhelm Süss hatte Threlfall wegen familiären Reichtums keine Geldsorgen, siehe [14, S. 2].

  7. Siehe [9, S. 3].

  8. Die folgenden biographischen Informationen sind entnommen aus [14, S. 4–6] sowie [2] und [8].

  9. Als Begründung für Seiferts freiwillige Meldung zum Dienst in der Luftfahrtforschung gibt Jung unter anderem diverse Auseinandersetzungen mit seinem Heidelberger Nazi-Kollegen Udo Wegner an. Außerdem habe er sich rechtzeitig in Sicherheit bringen wollen, da er befürchtete zum Kriegsdienst eingezogen zu werden, siehe [5, S. 63] und [6].

  10. Der Beginn ihrer Freundschaft in der gemeinsamen Dresdner Zeit wird ausführlich beschrieben in [16].

  11. Gutachten der mathematisch-naturwissenschaftlichen Abteilung der TH Dresden vom 30.10.1933, in: UA F, Abt. 14, Nr. 697, Bl. 75.

  12. An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass weder an Hand des Tagebuchs noch durch andere Quellen bestätigt werden kann, dass zwischen den beiden eine über ein freundschaftliches und professionelles Lehrer-Schüler-Verhältnis hinausgehende Liebesbeziehung bestanden haben könnte. Dies lässt sich höchstens vermuten, spielt aber für die Argumentation in diesem Aufsatz keine Rolle.

  13. Threlfall an Rektor Platzhoff am 04.10.1938, in: UA F, Abt. 4, Nr. 1770, Bl. 24 (Hervorhebung im Original).

  14. Dekan Schumacher an Rektor Platzhoff am 15.07.1938, in: UA HD, PA 8615.

  15. Vgl. Dekan Vogt an Rektor Krieck am 04.10.1938, in: UA HD, PA 8615.

  16. Vgl. Seifert an Rektor Krieck am 14.02.1938 und an das Reichserziehungsministerium am 15.03.1938 sowie die ablehnenden Antworten vom 08.03.1938 und vom 01.11.1938, in: UA HD, PA 8615.

  17. In der Dozentenschaft wurden nach 1933 zwangsweise alle nichtbeamteten Dozenten und Assistenten einer Hochschule zusammengefasst, ordentliche Professoren konnten freiwillig Mitglied werden.

  18. Dekan Schwemmle an Rektor Wintz am 12.12.1938, in: UA ER, C5/5 Nr. 2.

  19. Vgl. Tagebuch, Bd. 15, S. 219.

  20. Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen, Cod. Ms. H. Hasse 25:1, Bl. 67.

  21. Vgl. Tagebuch, Bd. 15, S. 248 f.

  22. Tagebuch, Bd. 15, S. 249.

  23. Entwurf eines Schreibens Threlfalls an das Reichsministerium, in: UA ER, C5/5 Nr. 2.

  24. Dieses Lehrbuch wurde für einige Generationen ein Standardwerk für die Einführungsvorlesungen in der Mathematik und erlebte noch zwei weitere Auflagen (21948−1955, 31974−1983).

  25. Zum mathematischen Publizieren und insbesondere zu Göschens Lehrbücherei siehe [11, S. 173 ff.].

  26. Vgl. Tagebuch, Bd. 15, S. 253.

  27. Dekan Schwemmle an Rektor Wintz am 05.02.1939, in: UA ER, C5/5 Nr. 2.

  28. Tagebuch, Bd. 15, S. 256.

  29. Vgl. Tagebuch, Bd. 15, S. 258–262.

  30. Zur fachpolitischen Bedeutung von Süss in seiner Rolle als Vorsitzender der DMV im „Dritten Reich“ siehe [10].

  31. Molitoris war approbierter Arzt und Assistent an der Universitäts-Frauenklinik Erlangen. Er ist 1931 in die SA und 1932 in die NSDAP eingetreten. 1934 wurde er Dozentenbundführer in Erlangen und von 1936 bis 1943 war er Gaudozentenbundführer in Franken, siehe [4, S. 121].

  32. Cordes war von 1932 bis 1938 Assistent am Institut für physikalische Chemie und wurde später Professor in Braunschweig. Er war seit Juli 1932 Mitglied der NSDAP und 1935/1936 sowie 1938/1938 Dozentenbundführer in Frankfurt sowie 1939 kurzzeitig Gaudozentenbundführer von Hessen-Nassau, siehe [4, S. 35 f.].

  33. Gaudozentenbundführer Molitoris an Dozentenbundführer Cordes am 14.02.1939, in: UA F, Abt. 14, Nr. 698, Bl. 7.

  34. Vgl. Dekan Schumacher an Dozentenbundführer Cordes sowie Rektor Platzhoff an unbekannten Empfänger, vermutlich Cordes, am 17.02.1939, in: HStA München, MK 58756.

  35. Dekan Schumacher an Dozentenbundführer Cordes am 17.02.1939, in: HStA München, MK 58756.

  36. Vgl. Tagebuch, Bd. 15, S. 265 f.

  37. Vgl. Threlfall an Dekan Schwemmle am 23.02.1939, in: UA ER, C5/5 Nr. 2.

  38. Hauptamtsleiter der Reichsleitung des NS-Dozentenbunds an Dozentenbundführer Cordes am 27.02.1939, in: UA F, Abt. 14, Nr. 698, Bl. 5.

  39. Vgl. Rektor Wintz an bayerisches Staatsministerium für Unterricht und Kultus am 13.01.1939, in: HStA München, MK 72184.

  40. Molitoris an Rektorat der Universität Erlangen am 11.01.1939, in: HStA München, MK 72184.

  41. Vgl. Krull an Molitoris am 05.12.1938, in: UA ER, C5/5 Nr. 2.

  42. Staatssekretär Boepple an Reichsminister für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung am 13.03.1939, in: HStA München, MK 72184.

  43. Bayerisches Kultusministerium an Reichsministerium für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung am 09.08.1939, in: HStA München, MK 72184.

  44. Vgl. UA HD, 104a, B-7877/2.

Literatur

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Kranz, P. „Einmischung unerwünscht“ – Das Scheitern der Zusammenberufung der Topologen Herbert Seifert und William Threlfall an die Universität Frankfurt im Jahr 1939. Math Semesterber 62, 231–243 (2015). https://doi.org/10.1007/s00591-015-0154-8

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