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Vorausverfügungen im klinischen Alltag

Patientenverfügung, Vorsorgevollmacht und Betreuungsverfügung

Advance directives in clinical practice

Living will, healthcare power of attorney and care directive

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Zeitschrift für Rheumatologie Aims and scope Submit manuscript

Zusammenfassung

Im klinischen Alltag entstehen immer wieder Situationen, in denen das Behandlungsteam und die Angehörigen mit der Frage der Therapieausweitung bzw. -begrenzung bei schwer kranken Patienten konfrontiert werden. In solchen Fällen kann eine Patientenverfügung oder eine Vorsorgevollmacht eine wichtige Hilfestellung zur Entscheidungsfindung im Sinne der Patienten leisten. Jedoch liegt einerseits nicht für jeden Patienten eine Patientenverfügung oder eine Vorsorgevollmacht vor; andererseits besteht unserer Erfahrung nach sowohl von ärztlicher Seite als auch von Patientenseite häufig Unsicherheit im Umgang mit diesen Dokumenten. Im vorliegenden Beitrag werden daher die aktuell verfügbaren Dokumente (Patientenverfügung, Vorsorgevollmacht, Betreuungsverfügung) vorgestellt sowie ihre (juristischen) Anwendungsmöglichkeiten und -grenzen im klinischen Alltag aufgezeigt.

Abstract

In clinical practice, situations continuously occur in which medical professionals and family members are confronted with decisions on whether to extend or limit treatment for severely ill patients in end of life treatment decisions. In these situations, advance directives are helpful tools in decision making according to the wishes of the patient; however, not every patient has made an advance directive and in our experience medical staff as well as patients are often not familiar with these documents. The purpose of this article is therefore to explain the currently available documents (e.g. living will, healthcare power of attorney and care directive) and the possible (legal) applications and limitations in the routine clinical practice.

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Literatur

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Danksagung

Wir danken Herrn Rechtsanwalt Jens Kasper (Kanzlei Becker, Schmidt & Kollegen, Marburg) für die Unterstützung bei den rechtlichen Aspekten.

Author information

Authors and Affiliations

Authors

Corresponding author

Correspondence to C. A. Kühne.

Ethics declarations

Interessenkonflikt

J. Hack, B. Buecking, C.L. Lopez, S. Ruchholtz und C.A. Kuehne geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Dieser Beitrag beinhaltet keine von den Autoren durchgeführten Studien an Menschen oder Tieren.

Additional information

Redaktion

J. Wollenhaupt, Hamburg (Leitung)

O. Distler, Zürich

M. Fleck, Bad Abbach

J. Grifka, Bad Abbach

Erstveröffentlichung in Unfallchirurg (2017)120:153–161. doi:10.1007/s00113-016-0308-8. Die Teilnahme an der zertifizierten Fortbildung ist nur einmal möglich.

CME-Fragebogen

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Eine Patientenverfügung muss bestimmte formale Voraussetzungen erfüllen. Welche Aussage zu den formalen Anforderungen an eine rechtskräftige Patientenverfügung trifft nicht zu?

Sie muss schriftlich verfasst werden.

Sie muss eigenhändig unterschrieben werden.

Sie kann notariell beglaubigt werden.

Sie muss turnusmäßig nach Ablauf von 5 Jahren erneuert werden.

Sie kann nur von volljährigen Personen verfasst werden.

Welche Aussage zum Verfassen einer rechtskräftigen Vorsorgevollmacht trifft zu?

Das Verfassen einer Vorsorgevollmacht ist nur für ältere Menschen sinnvoll.

Als Vorsorgebevollmächtigter ist ein Angehöriger zu benennen.

Eine Vorsorgevollmacht hat eine Gültigkeit von 2 Jahren und wird anschließend erneuert.

Eine Vorsorgevollmacht wird bei gleichzeitigem Vorliegen einer Betreuungsverfügung automatisch außer Kraft gesetzt.

Sie kann sinnvoll mit anderen Dokumenten der Vorausverfügung, z.B. einer Patientenverfügung, kombiniert werden.

Welche Aussage zum praktischen Umgang mit Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht trifft zu?

Das Vorhandensein von Dokumenten der Vorausverfügung sollte standardisiert bereits bei der stationären Aufnahme erfragt und dokumentiert werden.

Die vorsorgebevollmächtigte Person hat die medizinische Behandlung so zu gestalten, wie es ihrer Meinung nach am besten für den Patienten ist.

Eine Patientenverfügung ist rechtlich nicht bindend, wenn sie nicht mit einer Vorsorgevollmacht kombiniert wird, da in diesem Fall niemand die Patientenverfügung durchsetzen kann.

Auch allgemein gehaltene Formulierungen ohne Benennung konkreter Situationen sind stets rechtlich bindend.

Eine Patientenverfügung kann nur schriftlich vom Patienten widerrufen werden.

Welche Aussage zum Verfassen von Patientenverfügungen und Vorsorgevollmacht trifft nicht zu?

Der Patient sollte sein Umfeld über das Vorhandensein und den Aufbewahrungsort der Dokumente informieren.

Mündliche Äußerungen des Patienten dürfen bei der Entscheidungsfindung bezüglich des vermutlichen Patientenwillens nicht beachtet werden.

Eine Patientenverfügung sollte Behandlungswünsche und -anweisungen für verschiedene, möglichst konkrete Situationen enthalten.

Beim Erstellen einer Patientenverfügung kann für den Patienten die Rücksprache mit dem Hausarzt sinnvoll sein.

Beim Erstellen einer Vorsorgevollmacht können ein oder mehrere Vertreter der bevollmächtigten Person benannt werden.

Welche Aussage zur Vorsorgevollmacht trifft nicht zu?

Sie kann mehrere Bereiche umfassen, z. B. gesundheitliche und finanzielle Angelegenheiten.

Sie kann in Form einer Generalvollmacht alle Lebensbereiche abdecken.

Sie setzt den Bevollmächtigten ab dem Moment des Verfassens ein, unabhängig von der Einwilligungsfähigkeit des Verfassers.

Die Einrichtung einer gesetzlichen Betreuung kann trotzdem erforderlich werden.

Sie ist nur rechtskräftig, wenn sie von einem einwilligungsfähigen Patienten verfasst wurde.

Sie betreuen einen volljährigen Patienten, der aktuell nicht einwilligungsfähig ist, jedoch keine Patientenverfügung oder Vorsorgevollmacht besitzt. Sie wollen für den Patienten deshalb die Einrichtung einer gesetzlichen Betreuung beantragen. Welche Aussage zur gesetzlichen Betreuung trifft nicht zu?

Der Antrag auf Bestellung einer gesetzlichen Betreuung wird beim zuständigen Amtsgericht gestellt.

Als gesetzlicher Betreuer kann ein Angehöriger des Patienten eingesetzt werden.

Als gesetzlicher Betreuer kann ein Berufsbetreuer (z.B. ein Rechtsanwalt) eingesetzt werden.

Als gesetzlicher Betreuer kann ein Freund des Patienten eingesetzt werden.

Als gesetzlicher Betreuer kann die zuständige Altenpflegerin aus dem Seniorenheim des Patienten eingesetzt werden.

Auf der Intensivstation betreuen Sie einen 87-jährigen, polytraumatisierten Patienten, der intubiert und beatmet ist und dessen Zustand sich aktuell deutlich verschlechtert. Es liegt keine Patientenverfügung oder Vorsorgevollmacht vor. Der Sohn des Patienten, von dem Sie jedoch wissen, dass er seit mehreren Jahren keinen Kontakt mehr zu dem Patienten hatte, fordert nun die umgehende Beendigung aller lebenserhaltenden Maßnahmen. Er ist der einzige nahe Verwandte des Patienten. Wie ist das korrekte weitere Vorgehen in diesem Fall?

Sie folgen der Anweisung des Sohnes und beenden umgehend alle lebenserhaltenden Maßnahmen.

Sie entscheiden in Ihrer Funktion als behandelnder Arzt aufgrund des hohen Lebensalters und der schlechten Prognose des Patienten, alle lebenserhaltenden Maßnahmen sofort zu beenden.

Sie bitten den zuständigen klinischen Ethiker um Unterstützung, z.B. in Form einer Ethikvisite. Parallel dazu beantragen Sie die Bestellung einer gesetzlichen Betreuung. Bis dahin führen Sie die lebenserhaltenden Maßnahmen zunächst fort (im Zweifel Entscheidung „pro vita“).

Da keine Patientenverfügung oder Vorsorgevollmacht vorliegt, müssen die lebenserhaltenden Maßnahmen zwingend dauerhaft weitergeführt werden.

Da keine Patientenverfügung oder Vorsorgevollmacht vorliegt, müssen die lebenserhaltenden Maßnahmen zwingend abgebrochen werden.

Ihr Patient hat eine eigenhändig unterschriebene Patientenverfügung, die lediglich die Aussage enthält, dass er keine lebenserhaltenden Maßnahmen wünscht, sofern er so krank sei, dass er kein selbstständiges Leben mehr führen könne. Welche Aussage zum Umgang mit dieser Patientenverfügung trifft zu?

Sie ist uneingeschränkt rechtskräftig.

Im Gespräch mit Angehörigen des Patienten sollte das Behandlungsteam versuchen, den vermutlichen Willen des Patienten herauszufinden.

Sie muss bei der Entscheidungsfindung nicht berücksichtigt werden.

Die Aussage in der Patientenverfügung kann, aufgrund der Unbestimmtheit der Aussage, keinerlei Hinweis zur grundlegenden Einstellung und dem vermutlichen Willen des Patienten geben.

Da die Patientenverfügung nicht notariell beglaubigt wurde, ist sie ungültig.

In Deutschland existiert das Zentrale Vorsorgeregister (ZVR). Welche Aussage trifft zu?

Das ZVR ist der Bundesrechtsanwaltskammer angegliedert.

Im ZVR sind aktuell über 5.000.000 Dokumente registriert.

Ärzte können bei dem ZVR das Vorliegen einer Patientenverfügung anfragen.

Privatpersonen können keine Anfrage bei dem ZVR stellen.

Das ZVR hat den Status eines eingetragenen Vereins.

Für die Patientenverfügung, Vorsorgevollmacht oder Betreuung gilt:

Der Patientenwunsch ist immer rechtlich bindend.

Die Patientenverfügung gilt meist nicht für passagere Erkrankungen.

Mündliche Äußerungen in der Vergangenheit sind juristisch wirksam und binden den Arzt.

Kontrollbetreuer werden eingesetzt, um die betreute Person zu überwachen.

Die Vorsorgevollmacht kann in Einzelfällen auch von einem Minderjährigen übernommen werden.

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Hack, J., Buecking, B., Lopez, C.L. et al. Vorausverfügungen im klinischen Alltag. Z Rheumatol 76, 425–433 (2017). https://doi.org/10.1007/s00393-017-0318-0

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