Arthritiden der peripheren Gelenke stellen einen der häufigsten Gründe für eine Vorstellung beim Rheumatologen dar. Allerdings gelingt im klinischen Alltag bei einer großen Anzahl von Patienten mit Arthritis der peripheren Gelenke keine eindeutige differenzialdiagnostische Zuordnung zu einer definierten Entität. Dies ist insbesondere, wenn auch nicht ausschließlich, in frühen Erkrankungsstadien der Fall. In dieser Situation wird das Krankheitsbild zunächst als undifferenzierte periphere entzündliche Arthritis (UPIA) bezeichnet.

Für die betroffenen Patienten ist der Begriff einer undifferenzierten Arthritis häufig gleichbedeutend mit großer Verunsicherung hinsichtlich der weiteren Entwicklung der Erkrankung, der Krankheitsdauer, der möglichen funktionellen Beeinträchtigung und der Lebensqualität. Auch für den behandelnden Arzt stellt sich die Frage nach dem weiteren Verlauf, der Möglichkeit einer klaren diagnostischen Zuordnung und der Prognose. Die Antworten auf diese Fragen sind insbesondere für die Auswahl der adäquaten Therapie von großer Bedeutung.

Die 3e-Initiative („evidence, expertise, exchange“) in der Rheumatologie ist ein multinationales Projekt zur Erarbeitung evidenzbasierter Empfehlungen für klinische Fragestellungen von hoher praktischer Relevanz [1, 2]. Zielsetzung der 3e-Initiative von 2008/2009 war die Entwicklung evidenzbasierter praktischer Empfehlungen für die Untersuchung und Verlaufsbeobachtung der UPIA. Auch wenn der Begriff inflammatorisch bei der UIPA redundant erscheint, wurde er bewusst gewählt, um die entsprechende Patientengruppe klar von Patienten mit degenerativen Gelenkerkrankungen abzugrenzen.

Material und Methodik

An der 3e-Initiative von 2008/2009 nahmen 697 Rheumatologen aus 17 Ländern teil. Jedes Land wurde von einem wissenschaftlichen Komitee, bestehend aus einem Leiter und 5 bis 13 Teilnehmern, repräsentiert. Die Leiter der nationalen wissenschaftlichen Komitees wurden von der internationalen wissenschaftlichen Leiterin der 3e-Initiative, C. Bombardier, eingeladen und waren für die Zusammenstellung ihres jeweiligen wissenschaftlichen Komitees zuständig. Die Mitglieder der nationalen wissenschaftlichen Komitees nahmen an allen multinationalen Treffen der 3e-Initiative teil. Das internationale bibliographische Team bestand aus 10 sog. „bibliographic fellows“ (P. Machado, I. Castrejon, W. Katchamart, R. Koevoets, B. Kuriya, M. Schoels, L. Silva-Fernández, K. Thevissen, W. Vercoutere, E. Villeneuve) und 5 Mentoren (D. Aletaha, L. Carmona, R. Landewé, D. van der Heijde, C. Bombardier). Der Leiter des deutschen wissenschaftlichen Komitees war U. Müller-Ladner, der gleichzeitig die Aufgabe des Mentors für den nationalen „bibliographic fellow“ I.H. Tarner hatte, sowie M. Schneider und B. Manger als stellvertretende Leiter. Die übrigen Autoren dieser Arbeit waren die Mitglieder des deutschen wissenschaftlichen Komitees.

Während des ersten internationalen 3e-Treffens wurden von den 113 multinationalen Teilnehmern 10 klinisch relevante Fragestellungen bezüglich der Untersuchung und Verlaufskontrolle der UIPA formuliert und mittels eines modifizierten Delphi-Abstimmungsprozesses ausgewählt. Die 10 Fragestellungen verteilten sich dabei auf 4 Themengebiete:

  1. 1.

    Diagnosestellung und Differenzialdiagnose einer UIPA und die dazu notwendigen Untersuchungen,

  2. 2.

    diagnostische und prognostische Wertigkeit klinischer Messverfahren [Anamnese, körperliche Untersuchung, Akutphase Proteine, Autoantikörper, konventionelles Röntgen, Magnetresonanztomographie (MRT), Sonographie, genetische Marker und Synovialbiopsie],

  3. 3.

    Prädiktoren einer chronischen UPIA,

  4. 4.

    Messinstrumente für die Krankheitsaktivität der UPIA.

Die klinischen Fragestellungen wurden für die systematische Literaturrecherche (SLR) anhand des sog. PICO-Formats („patients, intervention, comparison, outcome“) strukturiert [3].

Die Patientengruppe für alle Fragestellungen war definiert als Erwachsene mit UPIA, unabhängig von der bisherigen Symptomdauer. Die Definition der UPIA ist kontrovers, und es gibt keine einheitlichen Klassifikationskriterien. Daher wurde während des ersten internationalen Treffens entschieden, dass nur Patienten eingeschlossen werden sollten, die als Leitsymptomatik Gelenkschwellung aufwiesen und bereits durch einen Rheumatologen beurteilt worden waren, deren Krankheitsbild jedoch nach der initialen rheumatologischen Untersuchung nicht eindeutig den Klassifikationskriterien einer spezifischen rheumatologischen Erkrankung entsprach. Publikationen mit gemischten Populationen (UPIA und Arthralgie, UPIA und frühe rheumatoide Arthritis) wurden eingeschlossen, um etwaige relevante Ergebnisse in die abschließende Entwicklung der Empfehlungen einbeziehen zu können. Die Intervention wurde je nach Fragestellung definiert, z. B. radiographisch nachweisbare Erosionen oder Nachweis von Anti-CCP-Antikörpern. Eine relevante Kontrollintervention („comparison“) gab es im Sinne der Fragestellungen bei der UPIA-Initiative nicht. Die Endpunkte („outcome“) umfassten in diagnostischer Hinsicht die Entwicklung einer definierten rheumatischen Erkrankung [z. B. rheumatoide Arthritis (RA) oder Psoriasisarthritis] und in prognostischer Hinsicht mögliche Endpunkte des Erkrankungsverlaufs (z. B. Remission oder radiographische Progression). Als Diagnose- bzw. Klassifikationskriterien wurden international validierte Kriterien (z. B. American College of Rheumatology Klassifikationskriterien für die RA) oder die Beurteilung des behandelnden Arztes/Rheumatologen in den publizierten Studien akzeptiert.

Für die internationalen Fragestellungen wurde eine SLR nach relevanten Artikeln, die bis Februar 2009 publiziert wurden, in Medline, EMBASE und Cochrane Library durchgeführt. Die entsprechenden Suchstrategien wurden von den internationalen „bibliographic fellows“ in Zusammenarbeit mit erfahrenen Bibliothekaren entwickelt. Für die Bearbeitung der deutschen Fragestellungen wurde die Suche auf Medline beschränkt. Die Suchstrategien wurden so formuliert, dass die Suche auf diagnostische und prognostische Studien bei erwachsenen Probanden limitiert war. Spracheinschränkungen wurden nicht vorgenommen. Zusätzlich wurden für alle Fragestellungen die Abstracts der ACR- und EULAR-Tagungen der Jahre 2007 und 2008 manuell durchsucht.

Die identifizierten Artikel wurden nach Titel und Abstract sowie Volltext hinsichtlich zuvor definierter Ein- und Ausschlusskriterien überprüft. Zusätzlich wurden gefundene Übersichtsarbeiten manuell nach zusätzlichen Referenzen durchgesehen. Die eingeschlossenen Publikationen wurden hinsichtlich ihres Evidenzgrads gemäß des Oxford Centre for Evidence-Based Medicine (http://www.cebm.net/index.aspx?o=1025) eingeteilt. Jede Fragestellung wurde unabhängig mithilfe einer separaten Suchstrategie bearbeitet. Für jede Frage wurden die relevanten Daten aus den gefundenen Publikationen extrahiert und eine statistische Kalkulation durchgeführt. Diese beinhaltete die statistischen Größen Odds-Ratio (OR), Sensitivität, Spezifität, positiver/negativer prädiktiver Wert und positive/negative Likelihood-Ratio (LR).

Jede Fragestellung wurde unabhängig mithilfe einer separaten Suchstrategie bearbeitet

In der 2. Runde wurde in jedem Land ein nationales Treffen durchgeführt (insgesamt 697 Teilnehmer), um die aus der SLR gewonnene Evidenz zu diskutieren und entsprechende Empfehlungen vorzuschlagen. Am Treffen der deutschen Expertenrunde in Berlin nahmen 71 Rheumatologen teil. Die Fragestellungen und Ergebnisse der systematischen Literatursuche wurden intensiv in Kleingruppen und im Plenum diskutiert. Abschließend wurde über die evidenzbasierten Empfehlungen nach dem Delphi-Verfahren abgestimmt.

In der 3. Runde trafen sich die 17 wissenschaftlichen Komitees (94 Teilnehmer) und führten die Ergebnisse anhand einer Diskussion und abschließenden Delphi-Abstimmung in 10 finale multinationale Empfehlungen zusammen. Für jede Empfehlung wurde der Grad der Empfehlung gemäß des Oxford Centre for Evidence-Based Medicine ermittelt und der Grad der Zustimmung der Teilnehmer auf einer numerischen Rating-Skala (0 = keine Übereinstimmung, 10 = volle Übereinstimmung) bestimmt. Abschließend wurde evaluiert, inwieweit die teilnehmenden Rheumatologen eine Beeinflussung der bisherigen klinischen Praxis durch die beschlossenen Empfehlungen erwarten.

Die 71 deutschen Experten formulierten und verabschiedeten nach der Delphi-Methode auch die Empfehlungen zu den 3 deutschen Fragestellungen, die sich mit der diagnostischen und prognostischen Wertigkeit eines Ansprechens auf antientzündliche Therapien (nichtsteroidale Antiphlogistika und Steroide), der Wertigkeit einer synovialen Flüssigkeitsanalyse und mit der Enthesitis befassten. Auch bei diesen Empfehlungen wurde der Grad der Zustimmung durch die Experten dokumentiert.

Ergebnisse

Für die multinationalen Empfehlungen wurden mit den Suchstrategien zu den einzelnen Fragen insgesamt 39.756 Artikel gefunden, von denen 250 systematisch bearbeitet werden konnten (Tab. 1). Die 10 multinationalen Empfehlungen sind mit dem korrespondierenden Evidenz- und Empfehlungsgrad in Tab. 2 aufgeführt. Der durchschnittliche Grad der Übereinstimmung unter den Rheumatologen war 8,7 (7,4–9,1). Der Anteil der multinationalen Rheumatologen, der befand, dass er sein klinisches Verhalten aufgrund der Empfehlungen ändern würde, ist in Tab. 3 angegeben. Die aus der SLR herangezogene Literatur ist im Detail in der englischsprachigen 3e-Publikation aufgeführt [1]. Hinsichtlich der Frage nach Verlaufsuntersuchungen bei UPIA beruhen die Empfehlungen aufgrund fehlender Evidenz auf Expertenmeinung.

Tab. 1 Ergebnisse der Literatursuche zu jeder Fragestellung. (Adaptiert nach [1])
Tab. 2 Multinationale Empfehlungen zur Untersuchung und Verlaufskontrolle der UPIA. (Adaptiert nach [1])
Tab. 3 Anteil der multinationalen Rheumatologen in der 3e-Initiative, die für jede Empfehlung angezeigt haben, ob sie ihre alltägliche Praxis aufgrund der multinationalen Empfehlungen ändern würden. (Adaptiert nach [1])

Die deutschen Experten haben eigene Empfehlungen zu den multinationalen Fragestellungen anhand der von den „bibliographic fellows“ vorgelegten Literatur formuliert. Diese deutschen Empfehlungen weichen bei bestimmten Fragestellungen von den in Tab. 2 zusammengefassten und in der englischsprachigen 3e-Publikation [1] diskutierten multinationalen Empfehlungen ab und sind zusammen mit den Empfehlungen zu den 3 nationalen Fragestellungen Gegenstand der vorliegenden Arbeit.

Nationale Empfehlungen zu den internationalen Fragestellungen

Fragestellung 1

Welche Differenzialdiagnosen sollten bei entzündlicher Arthritis in Betracht gezogen werden?

Welche klinischen, laborchemischen und bildgebenden Untersuchungen sind für die Bestätigung und die Verlaufskontrolle einer UPIA mindestens erforderlich und wie häufig sollten sie durchgeführt werden?

Empfehlung 1

Abhängig von der Anamnese, der Krankheitsdauer und den klinischen Manifestationen sind zahlreiche Differenzialdiagnosen zu berücksichtigen.

Mittlerer Grad (Standardabweichung, SD) der Zustimmung: 8,0 (3,26)

Zu bestimmende Laborwerte sind:

  • Entzündungsparameter: BSG und CRP

  • Allgemeine Laborparameter: Differenzialblutbild, Kreatinin, Leberwerte, Urinstatus, Harnsäure, CK, Serumeiweißelektrophorese

  • Rheumatologisches Labor: RF, ACPA, ANA

  • Wenn nach Anamnese/Befund erforderlich: ENA/Anti-dsDNA-Ak, ANCA, ggf. weitere Auto-Ak, HLA-B27, Infektdiagnostik, Immunglobuline, Komplement, Ferritin, ggf. Eisenbindungskapazität, TSH, Schilddrüsen-Autoantikörper

Mittlerer Grad (SD) der Zustimmung: 8,1 (2,1)

Da die UPIA eine Arbeitsdiagnose nach Ausschluss aller definierten rheumatischen Erkrankungen ist, wurde hinsichtlich der Frage nach den Differenzialdiagnosen und notwendigen Untersuchungen vor Diagnosestellung einer UPIA analysiert, welche definierten Erkrankungen in der Literatur bei Patienten mit UPIA ausgeschlossen wurden, welche Ein- und Ausschlusskriterien für die publizierten Studien verwendet wurden und welche Untersuchungen in diesen Studien durchgeführt wurden, bevor die Diagnose einer UPIA gestellt wurde. Dabei zeigte sich, dass die RA das häufigste Ausschlusskriterium war und es in der Literatur keinen Standard für Untersuchungen vor Diagnosestellung einer UPIA gab (Tab. 4).

Tab. 4 Übersicht über in der Literatur berichtete Differenzialdiagnosen, die ausgeschlossen wurden, und Untersuchungen (sortiert nach Häufigkeit in der Literatur), die durchgeführt wurden, bevor die Diagnose einer UPIA gestellt wurde, sowohl in Studien mit ausschließlich UPIA Patienten als auch in gemischten Kollektiven, die eine definierte Subgruppe von Patienten mit UPIA eingeschlossen hatten. (Adaptiert nach [1])

Wenn sich ein Patient erstmalig zur Abklärung einer Arthritis vorstellt, müssen alle Diagnosen berücksichtigt werden, da es sich bei der UPIA um eine Ausschlussdiagnose handelt. Sowohl bei den multinationalen als auch den deutschen Experten bestand Konsens, dass es unmöglich ist, alle Diagnosen zu nennen. Daher befanden es die multinationalen Experten als hilfreich, größere Kategorien zu benennen, damit diese in jedem Fall bedacht werden. Dazu konnte sich die deutsche Expertenrunde nicht entschließen. Es wurde außerdem angeraten, die Diagnose einer UPIA zu jedem Zeitpunkt zu überdenken, da Patienten jederzeit eine spezifische Erkrankung entwickeln können. Diese Empfehlung gilt nur, wenn die UPIA andauert und nicht selbstlimitierend verläuft. Im Gegensatz zu der multinationalen Empfehlung wurde in der deutschen Empfehlung ein Set an Laborparametern erarbeitet, das die Expertengruppe im Rahmen der Diagnostik bei UPIA als notwendig und sinnvoll erachtet, das jedoch, je nach Kontext und klinischem Befund, variabel eingesetzt werden kann.

Fragestellung 2

Was ist der diagnostische Wert der Anamnese und körperlichen Untersuchung bei UPIA?

Was ist der prädiktive Wert der Anamnese und körperlichen Untersuchung bei UPIA?

Empfehlung 2

Weibliches Geschlecht sowie anhaltende und ausgeprägte Morgensteifigkeit sind die wichtigsten anamnestischen Parameter für eine Entwicklung zur RA. Eine hohe Anzahl druckdolenter Gelenke („tender joint count“, TJC) sowie geschwollener Gelenke („swollen joint count“, SJC) und typisches Gelenkverteilungsmuster (symmetrisch, kleine Gelenke der Hände/Füße) sind die wichtigsten Untersuchungsbefunde für eine Entwicklung zur RA.

Mittlerer Grad (SD) der Zustimmung: 9,1 (1,39)

Höheres Alter, weibliches Geschlecht, längere Symptomdauer, anhaltende und ausgeprägte Morgensteifigkeit sowie hohe funktionelle Einschränkungen sind die wichtigsten anamnestischen Parameter für eine ungünstige Prognose. Hoher TJC und SJC, typisches Gelenkbefallsmuster mit Befall der kleinen Gelenke der Hände und Füße sowie Vorhandensein extraartikulärer Manifestationen sind die wichtigsten Untersuchungsbefunde für eine ungünstige Prognose.

Mittlerer Grad der Zustimmung: 9,4 (0,85)

Obwohl die verfügbaren Studien von guter Qualität waren, zeigte sich die Art der beschriebenen Anamnesen und körperlichen Untersuchungen sehr heterogen. Von den quantitativen Parametern waren fortgeschrittenes Alter, weibliches Geschlecht und längere Morgensteifigkeit prädiktiv für die spätere Diagnose einer RA. Ein höherer TJC und SJC, die Beteiligung kleiner Hand- und Fußgelenke, die Beteiligung der oberen und unten Extremität und ein symmetrisches Auftreten waren auch mit dem Übergang in eine RA assoziiert. Dieselben Parameter waren mit einer Chronifizierung der Arthritis und der Entwicklung von Erosionen assoziiert. Der HAQ-Score, eine extraartikuläre Beteiligung, fortgeschrittenes Alter, weibliches Geschlecht und eine längere Symptomdauer waren prädiktiv für eine Funktionseinschränkung.

Bei der multinationalen Empfehlung wurden neben der Evidenz aus der Literatur von den Experten aufgrund klinischer Erfahrungswerte auch die geographische Region des Patientenwohnortes als relevant erachtet und gegenüber dem allgemeinen Begriff der extr aartikulären Manifestationen in den deutschen Empfehlungen noch das Vorhandensein einer axialen/enthesitischen Beteiligung und einer systemischen Beteiligung abgegrenzt. Mit der Enthesitis beschäftigte sich die unten dargestellte nationale Fragestellung Nr. 3 der deutschen Expertenrunde.

Fragestellung 3

Was ist der diagnostische und prädiktive Wert der Akut-Phase Reaktanden?

Empfehlung 3

BSG und CRP sollten aus diagnostischen und prognostischen Gründen sowohl bei der Erstvorstellung wie auch im Verlauf bestimmt werden.

Eine hohe BSG und ein hohes CRP, auch im Verlauf, erhöhen die Wahrscheinlichkeit einer persistierenden und aggressiven Erkrankung.

Mittlerer Grad (SD) der Zustimmung: 9,3 (1,56)

Eine erhöhte Blutkörperchensenkungsgeschwindigkeit (BSG) besitzt eine diagnostische Wertigkeit für die Entwicklung einer RA, hat allerdings keine prognostische Bedeutung hinsichtlich Chronifizierung oder struktureller Schäden. Das C-reaktive Protein (CRP) scheint kein guter Marker für eine persistierende Arthritis, einen radiologischen Progress oder funktionelle Einschränkungen zu sein. Allerdings ergaben sich Hinweise, dass deutlich erhöhte CRP-Werte als Prädiktor für die RA gewertet werden können. In einer Studie zeigte das CRP keine diagnostische Wertigkeit für den Übergang in eine Spondylarthropathie. Somit geht die Aussage der deutschen Experten, dass eine hohe BSG und ein hohes CRP, auch im Verlauf, die Wahrscheinlichkeit einer persistierenden und aggressiven Erkrankung erhöhen, über die vorliegende Evidenz hinaus. Da es für andere Akute-Phase-Proteine keine ausreichende Evidenz gab, wurde von den multinationalen und den deutschen Experten in gleicher Weise empfohlen, lediglich BSG und CRP als Ausgangs- und Verlaufsparameter zu erheben.

Fragestellung 4

Was ist der diagnostische und prädiktive Wert von Antikörpern und löslichen Biomarkern?

Empfehlung 4

Aufgrund der klaren Assoziation mit der Diagnose und Prognose sollten Rheumafaktoren und ACPA bei der Erstvorstellung bestimmt werden. Zur Abgrenzung weiterer Differenzialdiagnosen sollten auch ANA bestimmt werden. Bei fortbestehender Symptomatik und/oder negativen Befunden kann eine Wiederholung dieser Parameter sinnvoll sein.

Mittlerer Grad (SD) der Zustimmung: 9,5 (0,93)

Die Assoziation von Anti-CCP-Antikörpern (Antikörper gegen citrullinierte Peptide, ACPA) und Rheumafaktoren (RF) mit der Diagnose einer RA im Verlauf ist eindeutig aus der Literatur zu belegen. Das Vorhandensein von ACPA und RF erhöht außerdem die Wahrscheinlichkeit einer persistierenden Synovitis und einer stärkeren radiographischen Progression. Das Fehlen von ACPA oder RF scheint jedoch diagnostisch weniger hilfreich zu sein. Für Anti-Keratin-Antikörper (AKA) und antiperinukleäre Faktoren scheint eine diagnostische Bedeutung vorzuliegen. AKAs haben auch eine prognostische Wertigkeit. Für alle übrigen Marker, einschließlich der Biomarker für Knochen und Knorpel, liegt keine ausreichende Evidenz vor. Das gilt sowohl für die Differenzialdiagnose RA wie auch für alle anderen Arthritisentitäten.

Neben der evidenzbasierten Wertigkeit der ACPA und RF bei UPIA empfahlen die multinationalen Experten aufgrund klinischer Erfahrung, dass bei Verdacht auf das Vorliegen einer Nicht-RA-Systemerkrankung weitere Autoantikörpertests in Erwägung gezogen werden sollten. Welche Autoantikörper dabei als sinnvolle Marker zu erachten seien, wurde jedoch nicht näher spezifiziert. Die deutschen Experten hingegen haben hier klar die ANA benannt und sind zudem der Ansicht, dass eine erneute Antikörpertestung im Verlauf sinnvoll sein kann, während dieser letzte Punkt von den multinationalen Experten nicht berücksichtigt wurde.

Fragestellung 5

Was ist der diagnostische und prädiktive Wert konventioneller Röntgenaufnahmen?

Empfehlung 5

Bei Beteiligung oder entsprechendem differenzialdiagnostischem Verdacht wird eine Röntgendiagnostik der Hände und Füße empfohlen. Andere Gelenke sollten abhängig von der Differenzialdiagnose (z. B. bei V. a. Spondyloarthritis die Iliosakralgelenke) geröntgt werden.

Mittlerer Grad (SD) der Zustimmung: 9,4 (1,03)

Radiologisch nachweisbare Erosionen und ein Röntgenstadium Larsen Grad 1 (in einer Population ohne Erosionen zum Ausgangszeitpunkt) erhöhen die Wahrscheinlichkeit für die Entwicklung einer RA. Beim Vergleich von milde vs. progressiv verlaufender Erkrankung nach einem Jahr waren die Sharp/van-der-Heijde-Scores zum Ausgangszeitpunkt signifikant höher bei Patienten mit progressiver RA. In einer anderen Studie waren Erosionen dagegen nicht prädiktiv für eine RA (univariate Analyse). Studien mit gemischten Populationen erbrachten eine gewisse Evidenz für die Nutzung von Röntgenaufnahmen zur Prädiktion einer RA. Zusammengenommen erachteten die multinationalen Experten diese Daten als überzeugend genug, um in ihrer Empfehlung explizit darauf hinzuweisen, dass Erosionen an Händen und Füßen prädiktiv für eine RA und einen chronischen Verlauf sind. Zudem legen die Daten nahe, dass größere strukturelle Veränderungen bei der Ausgangsuntersuchung mit einer schlechteren Prognose assoziiert sind.

Der radiologische Status von Händen und Füßen hat somit seine klinische Wertigkeit bei UPIA. Aufgrund klinischer Erfahrung wurde daher von den multinationalen Experten empfohlen, Röntgenbilder der betroffenen Gelenke zum Ausgangszeitpunkt durchzuführen und bei Persistenz der Erkrankung innerhalb von einem Jahr zu wiederholen. Darauf konnten sich die deutschen Experten nicht festlegen, und auch bei den multinationalen Experten bestand hier nur ein geringerer Konsens (mittlerer Grad der Zustimmung: 7,4). Zudem war nur ein Teil der multinationalen Experten der Ansicht, dass Röntgenbilder der Iliosakralgelenke insbesondere bei RF- und ACPA-negativen Patienten bzw. bei Verdacht auf das Vorliegen einer Spondyloarthritis in Betracht gezogen werden sollten, während die deutschen Experten diese Untersuchung in ihre Empfehlung aufgenommen haben.

Fragestellung 6

Was ist der diagnostische und prädiktive Wert der bildgebenden Verfahren Ultraschall und MRT?

Empfehlung 6

MRT der Hände, ggf. auch anderer Gelenke, kann bei UPIA bei diagnostisch nicht weiterführenden Röntgen- und Ultraschallbefunden zur Diagnosestellung und Prognoseabschätzung hilfreich sein.

Ultraschall (Power-Doppler) kann zur Einschätzung einer Aktivität und Prognose der Arthritis hilfreich sein.

Mittlerer Grad (SD) der Zustimmung: 9,1 (1,57)

Bei dieser Fragestellung zeigte sich die größte Divergenz zwischen der multinationalen und der deutschen Empfehlung. Während die deutschen Experten beide Verfahren als hilfreich bei der Diagnostik und auch Prognoseabschätzung der UPIA erachteten, waren die multinationalen Experten der Ansicht, dass nur im Fall eines Verdachts auf das Vorliegen einer RA eine MRT der Hände sinnvoll sein kann.

In den gefundenen Studien konnte in der Tat das sog. Knochenmarködem als unabhängiger Prädiktor für die Entwicklung einer RA nachgewiesen werden. Zudem zeigte sich, dass das Vorhandensein typischer MRT-Zeichen für Synovitis und Erosionen an mehreren Gelenken der Hände (mit Ausnahme des Daumensattelgelenks) ebenfalls die Wahrscheinlichkeit für den Übergang in eine RA erhöhen. Das Fehlen einer Synovitis in der MRT verminderte dagegen die Wahrscheinlichkeit für die Entwicklung einer RA. Auch Studien mit gemischten Populationen lieferten eine gewisse Evidenz, dass die MRT-Untersuchung (Knochenmarködem, Synovitis und Erosionen) für die Prädiktion einer RA hilfreich ist. Zwei gemischte Populationen zeigten Power-Doppler-Signale im Ultraschall und das Vorhandensein einer Synovitis als potenzielle Marker.

Für die MRT-Untersuchung von Hand- und Fingergelenken wurde damit ausreichend Evidenz für die Prädiktion einer RA-Entwicklung nachgewiesen, während der Wert der Ultraschalldiagnostik noch überprüft werden muss. Nach Meinung der multinationalen Experten sind die Daten zu MRT und Ultraschall jedoch nicht ausreichend, um eine routinemäßige Anwendung zu empfehlen. Auch bei den deutschen Experten gab es keinen Konsens für eine eindeutige Routineempfehlung. Es war jedoch unstrittig, dass MRT und Ultraschall im Vergleich zur körperlichen Untersuchung und Röntgendiagnostik aufgrund des sensitiveren Nachweises entzündlicher und struktureller Veränderungen klare Vorteile besitzen.

Fragestellung 7

Was ist der diagnostische und prädiktive Wert genetischer Marker (z. B. HLA-B27, HLA-DR4, „shared epitope“) bei UPIA?

Empfehlung 7

HLA-B27 soll bei UPIA aus diagnostischen und prognostischen Gründen bestimmt werden, insbesondere bei zusätzlichen Hinweisen auf Spondyloarthritiden. Andere genetische Marker einschließlich des shared epitope besitzen keine ausreichende Aussagekraft.

Mittlerer Grad (SD) der Zustimmung: 9,0 (2,23)

Es zeigte sich eine große Variabilität unter den getesteten genetischen Markern. Das „shared epitope“ (SE) war der am häufigsten untersuchte Marker. Acht Studien haben seine diagnostische Aussagekraft untersucht, jedoch mit schlechten Resultaten. Kein anderer Marker war für eine spezifische Diagnose nützlich. Hinsichtlich der Prognose zeigte das SE eine schwache Assoziation mit einer Entwicklung von Erosionen, Mortalität, funktioneller Einschränkung und persistierender Synovitis.

Aufgrund mangelnder Evidenz wurde auf klinischen Erfahrungen basierend die Empfehlung ausgesprochen, dass HLA-B27 bei entsprechenden klinischen Fragestellungen hilfreich sein kann, insbesondere bei V. a. eine Spondyloarthritis. Diesbezüglich herrschte Übereinstimmung zwischen den multinationalen und deutschen Experten.

Fragestellung 8

Welchen Beitrag leistet eine Synovialbiopsie bei UPIA?

Empfehlung 8

Eine Synovialbiopsie ist im Allgemeinen nicht erforderlich, kann aber in Einzelfällen hilfreich sein.

Mittlerer Grad (SD) der Zustimmung: 7,9 (2,58)

Die Studienlage zu dieser Frage war heterogen. Drei synoviale Befunde wurden in den Studien untersucht: ACPA-Anfärbung, Immunhistochemie und vaskuläre Befunde. Im Gegensatz zum serologischen Test auf das Vorliegen von ACPA zeigte sich eine histologische Anfärbung in Synovialbiopsien nicht hochspezifisch für die Diagnose einer RA. In einer Studie konnte anhand der synovialen Histopathologie zwischen RA und nicht-RA differenziert werden. Die vaskulären Befunde waren dagegen nicht spezifisch genug, um zwischen RA und Spondylarthritis zu differenzieren. Die genaue Rolle der Synovialbiopsie bei einer UPIA muss noch näher untersucht werden, so dass sowohl von den multinationalen als auch den deutschen Experten keine routinemäßige Empfehlung ausgesprochen wurde. Die deutschen Experten gingen sogar noch etwas weiter, indem sie formulierten, dass eine Synovialbiopsie im Allgemeinen nicht erforderlich ist. Allerdings befanden alle Experten, dass eine Biopsie in einigen Fällen (aus Sicht der multinationalen Experten z. B. persistierende/chronisch refraktäre Monarthritis, Verdacht auf Malignität oder chronische Infektionen wie Tuberkulose) wertvolle Informationen liefern kann.

Fragestellung 9

Welche Parameter sind Prädiktoren für eine persistente (chronische) periphere entzündliche Arthritis?

Empfehlung 9

Die wichtigsten Prädiktoren sind: Morgensteifigkeit; Synovitis der kleinen Gelenke; Synovitis an 3 oder mehr Gelenken; positiver Querdruckschmerz der MTP-Gelenke; hoher HAQ; positive RF; positive ACPA, früher Nachweis von Erosionen; HLA-B27. Es sind bisher keine Daten zum Wert genetischer Marker sowie der MRT/Sonographie vorhanden

Mittlerer Grad (SD) der Zustimmung: 8,2 (1,87)

Die Frage zur Chronifizierung wurde anhand prognostischer Studien untersucht, die mittels multivariater Analyse unabhängige Prädiktoren für eine Persistenz identifizierten. Zum Ausgangszeitpunkt wurden folgende Faktoren ermittelt: Krankheitsdauer, Dauer der Morgensteifigkeit, funktioneller Status und Funktionsveränderung in den ersten 3 Monaten (HAQ), lokales Therapieversagen 14 Tage nach intraartikulärer Glukokortikoidinjektion, Beteiligung kleiner Gelenke, Kniegelenksbeteiligung, Vorhandensein von RF, Vorhandensein und Spiegel von ACPA, Arthritis in ≥3 Gelenken, Beteiligung der proximalen Interphalangealgelenke (PIP) und der Metatarsophalangealgelenke (MTP) sowie radiographische Erosionen an Händen und Füßen. Das Ausmaß der Korrelation variierte in Abhängigkeit der Studienkonstellation. Für genetische Marker und die bildgebenden Verfahren MRT und Sonographie lagen keine Daten vor.

Von diesen Faktoren wurden eine Krankheitsdauer von ≥ 6 Wochen und ein lokales Therapieversagen 14 Tage nach intraartikulärer Glukokortikoidinjektion seitens der deutschen Experten im Rahmen einer Wertung der Wichtigkeit nicht als Prädiktoren in die Empfehlung aufgenommen. Dagegen wurden das HLA-B27 und das Gaenslen-Zeichen an den MTP-Gelenken als wichtige Prädiktoren angesehen.

Fragestellung 10

Welche klinischen Instrumente zur Messung der Krankheitsaktivität (z. B. DAS, SDAI, CDAI) sollten zum Ausgangszeitpunkt bei Patienten mit UPIA angewendet werden, und im Verlauf zu welchen Zeitpunkten wiederholt werden?

Empfehlung 10

Die in der Rheumatologie häufig benutzten Instrumente zur Messung der Aktivität wie DAS, CDAI, SDAI, ACR, BASDAI sind für eine UPIA nicht validiert. Es liegt eine nur unvollständige Validierung teilweise neu entwickelter Fragebögen wie WHODAS II, DRP, LHS sowie HAQ und Indices wie McROMI, NOAR-DJC, RADAI bei UPIA vor. Für die UPIA ist ein neues Instrument („UPIA-DAS“) zu entwickeln. Nach jetzigem Erkenntnisstand ist bei der UPIA der HAQ ein leicht durchführbares Messinstrument, das in 6-monatigen Intervallen wiederholt werden sollte.

Mittlerer Grad (SD) der Zustimmung: 7,5 (2,35)

Es konnten nur 5 Studien identifiziert werden, welche die Validität verschiedener klinischer Messmethoden bei Patienten mit UPIA untersucht haben. Vier Fragebögen [WHO Disability Assessment Schedule (WHODAS II), London Handicap Scale (LHS), Disease Repercussion Profile (DRP) und der HAQ] und drei physische Messmethoden [RA Disease Activity Index (RADAI), McGill Range of Motion Index (McROMI) und Norfolk Arthritis Register Damage Joint Count (NOAR-DJC)] wurden untersucht, aber keines dieser Messverfahren wurde vollständig für seine Anwendung bei der UPIA validiert. Für alle anderen gängigen Indices, insbesondere DAS28 und BASDAI, gibt es im Zusammenhang mit UPIA keine Literatur.

Die multinationalen Experten waren der Ansicht, dass eine Dokumentation von Krankheitsaktivität wichtig sei, konnten jedoch mangels Daten kein spezifisches Instrument empfehlen. Die deutschen Experten fordern daher die Entwicklung eines eigenen Instruments für die UPIA und konnten sich in der Diskussionsrunde darauf einigen, dass der HAQ ein nützliches Instrument darstellen könnte, das auch im Gegensatz zu den in der Literatur untersuchten Instrumenten für Praxis leicht anwendbar ist. Die Empfehlung des 6-monatigen Intervalls beruht rein auf Expertenmeinung. Das Ausmaß der Zustimmung zu dieser Empfehlung war unter den deutschen Experten jedoch sehr heterogen und insgesamt deutlich geringer als zu den anderen Empfehlungen.

Nationale Empfehlungen zu den deutschen Fragestellungen

Zu den 3 deutschen Fragestellungen erbrachte die entwickelte Suchstrategie in PubMed insgesamt 5542 Artikel, von denen 35 für die weitere Bearbeitung herangezogen werden konnten (Tab. 1). Allerdings konnte für die Beantwortung der ersten Teilfrage (Wertigkeit eines Ansprechens auf nichtsteroidale Antiphlogistika) keine relevante Studie identifiziert werden. Die 3 nationalen Empfehlungen sind im Folgenden mit den jeweiligen Evidenz- und Empfehlungsgraden (in eckigen Klammern) sowie dem mittleren Grad der Zustimmung unter den deutschen Rheumatologen (in runden Klammern) angegeben.

Fragestellung G1

Besitzt das Ansprechen auf eine medikamentöse Therapie mit Steroiden oder nichtsteroidalen Antiphlogistika (NSAR) einen diagnostischen oder prognostischen Wert?

Empfehlung G1

Eine diagnostische oder prognostische Bedeutung kommt dem Ansprechen auf NSAR oder Steroide aus Sicht der Experten nicht zu [5, D].

Mittlerer Grad (SD) der Zustimmung: 7,6 (2,84)

Die SLR ergab keine evidenten Daten bezüglich einer diagnostischen oder prognostischen Wertigkeit des therapeutischen Ansprechens auf NSAR oder Steroide bei UPIA [4, 5, 6, 7, 8]. Dieses Ergebnis wurde von der Einschätzung der Experten überwiegend geteilt, wenngleich etwa 18 % nach ihrer persönlichen Erfahrung anderer Meinung waren.

Fragestellung G2

Besitzt die Analyse der Synovialflüssigkeit einen diagnostischen oder prognostischen Wert?

Empfehlung G2

Makroskopische Analyse (Viskosität, Farbe Trübungsgrad) und mikroskopische Untersuchung (Zellzahl/-differenzierung) geben wichtige Hinweise zur Abgrenzung entzündlicher von nichtentzündlichen Gelenkerkrankungen. Der Nachweis spezifischer Kristalle (Polarisationsmikroskopie), der PCR-gestützte Nachweis intraartikulär persistierender Erreger und der Erregernachweis (Gramfärbung, Kultur) erlauben bei passender Klinik die ätiologische Zuordnung und dadurch prognostische Aussagen [2b, B].

Mittlerer Grad (SD) der Zustimmung: 9,6 (0,95)

Die vorliegenden Daten ergaben Hinweise, dass die Gesamtzahl der Proteine, die Spiegel der Immunglobuline des Typs IgG und des Komplementfaktors C3 bei RA-Patienten im Vergleich zu Patienten mit Osteoarthrose in der Synovialflüssigkeit erhöht sind. Allerdings zeigte sich in den Untersuchungen eine große Varianz dieser Werte, insbesondere bei den RA-Patienten [9, 10, 11]. Zudem war eine Abgrenzung zur UPIA nicht möglich. Es fanden sich Studien, die die Rolle von Zytokinen, Chemokinen und Wachstumsfaktoren als prognostische Marker für eine erosive RA untersucht haben. Die Daten hierzu waren jedoch heterogen [12, 13, 14, 15, 16, 17, 18]. Eine synoviale Lymphozytenproliferation als Immunantwort und spezifische DNA Analysen mittels PCR können hingegen wichtige Hinweise auf das Vorliegen einer infektiösen/reaktiven Arthritis geben [19, 20, 21, 22, 23, 24, 25, 26, 27, 28, 29, 30].

Fragestellung G3

Besitzt Enthesitis einen diagnostischen oder prognostischen Wert?

Empfehlung G3

Enthesitis und extraartikuläre Manifestationen sind aus Expertensicht bei der Differenzialdiagnose der UPIA hilfreich [5, D].

Mittlerer Grad (SD) der Zustimmung: 9,7 (1,21)

Es gab lediglich eine Kohortenstudie, die keine differenzialdiagnostische Aussage bei Vorliegen einer Enthesitis erlaubte [31]. Dennoch wurde das Vorliegen von Enthesitiden und anderen extraartikulären Manifestationen aufgrund klinischer Erfahrungen von den Experten mit hoher, homogener Zustimmungsrate als hilfreich für die differenzialdiagnostische Einordnung einer UPIA angesehen.

Diskussion

Basierend auf der bis zum Jahr 2009 international publizierten Evidenz wurden insgesamt 13 Empfehlungen zur Untersuchung, Differenzialdiagnose und Verlaufskontrolle der UPIA entwickelt, welche von einer großen Gruppe von deutschen Rheumatologen befürwortet werden. Zehn dieser Empfehlungen wurden in z. T. etwas modifizierter Form auch von einem internationalen Expertenteam ratifiziert. Die Bewertung der Daten durch mehrere nationale Arbeitsgruppen mit anschließender Synthese in einem internationalen Plenum mittels mehrerer Runden eines Delphi-Prozesses für die Formulierung der Empfehlungen und ein Erreichen eines vordefinierten Mindestmaßes an Übereinstimmung stellt sicher, dass die Empfehlungen entsprechend dem Ziel der 3e-Initiative sowohl evidenzbasiert als auch klinisch praktikabel sind.

Durch ein striktes methodisches Vorgehen bei der SLR kann davon ausgegangen werden, dass alle verfügbare Literatur für jede Fragestellung gefunden wird.

Dennoch zeigte sich, dass trotz einer hohen Anzahl an Artikeln die verwertbare Evidenz zur UPIA sehr gering ist, so dass der überwiegende Teil der Empfehlungen auf Expertenmeinungen beruht.

Aus diesem Grund gibt es auch einige Abweichungen zwischen den nationalen und internationalen Formulierungen, die durch unterschiedliche klinische Erfahrungswerte und teils divergierende Untersuchungsabläufe in den einzelnen Ländern hervorgerufen wurde. Das deutlichste Beispiel hierfür ist die Bewertung von MRT und Ultraschall in Fragestellung 6. Dennoch ist die Grundlage jeder einzelnen Empfehlung identisch und wird sowohl auf nationaler als auch auf multinationaler Ebene von einem hohen Grad der Übereinstimmung der teilnehmenden Rheumatologen getragen.

Eine Schwierigkeit bei der Bearbeitung des Themas lag in der Definition der UPIA als ein Krankheitsbild, das als Leitsymptomatik Gelenkschwellung aufweist und bereits durch einen Rheumatologen beurteilt worden ist, ohne dabei einer spezifischen rheumatologischen Erkrankung zugeordnet werden zu können. Diese Definition setzt voraus, dass bereits die wichtigsten Differenzialdiagnosen (Fragestellung 1) von einem qualifizierten Facharzt in Erwägung gezogen worden und verschiedene klinische und technische Methoden der Diagnostik (Fragestellungen 1–5 und 7), in Deutschland sicherlich auch häufig der Ultraschall (Fragestellung 6), zur Anwendung gekommen sind. Dadurch scheint sich zunächst ein Paradox zu ergeben, da die Methoden, die zur Einordnung einer Gelenkentzündung als UPIA verwendet werden, in den 3e-Fragestellungen bezüglich ihrer Wertigkeit und Bedeutung bei der rheumatologischen Abklärung einer UPIA hinterfragt werden.

Die Definition der UPIA wurde jedoch bewusst gewählt, um eine Abgrenzung von der sog. Früharthritis zu gewährleisten, für die sich in der Literatur zwar die meisten Daten finden, die jedoch nicht das ganze Spektrum der nosologisch unklaren Arthritiden abdeckt. Legt man die ACR/EULAR-Klassifikationskriterien von 2010 zugrunde, sind unter Berücksichtigung der Eingangsvoraussetzungen, dass andere Erkrankungen ausgeschlossen wurden und eine gesicherte Arthritis besteht, alle Patienten, die < 6 Punkte erreichen, zunächst als Patienten mit einer UPIA einzuordnen. Trotzdem sollte bedacht werden, dass sich die UPIA nicht allein über die Dauer der Leitsymptomatik Gelenkschwellung, sondern über die unklare differenzialdiagnostische Zuordnung, und die so definierte UPIA stellt im rheumatologischen Alltag ein relevantes Problem dar, wie sich im Rahmen der nationalen und internationalen Diskussionsrunden gezeigt hat.

Die hier vorgestellten multinationalen und nationalen Empfehlungen für die Untersuchung und Verlaufskontrolle von Patienten mit UPIA können aufgrund der begrenzten Datenlage das klinische Problem UPIA zwar nicht vollständig lösen, stellen aber aus unserer Sicht eine wertvolle Hilfestellung für das Herangehen an Patienten mit UPIA und zur Bewertung der verfügbaren diagnostischen Methoden und Parameter im rheumatologischen Alltag dar.