Am 27. September 2014 verstarb Dr. med. Wolfgang Oehmichen im 91. Lebensjahr in Mönchengladbach. Er war Träger der Rudolf-Virchow-Medaille der Deutschen Gesellschaft für Pathologie und Ehrenmitglied der Deutschen Gesellschaft für Pathologie sowie des Bundesverbandes Deutscher Pathologen.

Wolfgang Oehmichen hat sich nicht nur für den Berufsverband, sondern auch für die DGP in vielfältiger Weise verdient gemacht. Von 1983 bis 2001 hat er sich als Schatzmeister um die Finanzen der DGP, insbesondere um die der Rudolf- Virchow- Stiftung, gesorgt und auch nach seiner aktiven Zeit die jeweiligen Vorsitzenden der Gesellschaft in Finanzfragen weiterhin beraten und weit reichende Empfehlungen gegeben. 2007 hat Wolfgang Oehmichen 10.000 Euro an die Rudolf-Virchow-Stiftung gespendet, mehr als bis dato große Firmen. Ein außergewöhnlicher Akt, der seine große Verbundenheit zur DGP und Rudolf-Virchow-Stiftung unterstreicht. An der Verschlankung des Verhandlungsbandes ab 1998 und einer damit verbundenen Absenkung der Herstellungskosten war er maßgeblich beteiligt. Auch der Übergang vom Fischer-Verlag zum Springer-Verlag mit der Sonderausgabe „Der Pathologe“ wurde von ihm wohlwollend begleitet.

Unter den deutschen Pathologen war sein Name lange Zeit ein Synonym für den Berufsverband. Zunächst stand er als Landesobmann, dann als Schriftführer von 1971 bis 1998 an der Schnittstelle der Pathologen zur beruflichen Außenwelt. Er war liberal und stand eigentlich allen Pathologen, auch über den Berufsverband hinaus, mit Rat und Tat zur Seite. Während seiner 27-jährigen Tätigkeit im Berufsverband war Oehmichen an der Seite mehrerer Vorsitzender der eigentliche Manager. Er hatte klare und feste Ziele im Sinn. Als guter Diplomat gab er ihnen leise Ausdruck. Dennoch folgten ihm die anderen oft, in den Mitgliederversammlungen des Berufsverbandes, in den verschiedensten Gremien der Landes- und Bundesärztekammer, der KV Nordrhein und des Marburger Bundes. Ich habe ihn bei vielen angespannten Sitzungen begleitet und beobachten können: Mit seiner ihm eigenen Ruhe schlug er seine Pflöcke ein und konnte so manch gutes Ergebnis für das Fach und seine Fachkollegen selbst herausschlagen. Er war vorausschauend, ohne dass man das damals vielleicht so sah. Das sei an zwei Themen verdeutlicht: Ende der 80er Jahre bereits reklamierte er bei der Bundesärztekammer das Molekulare auch für die Pathologen. Auf seine Initiative hin wurde die Molekularpathologie erstmals 1993 in die Weiterbildungsordnung aufgenommen. Weiterhin ging es auf ihn und den damaligen Vorsitzenden Fritz Kößling, Bremen, zurück, dem Verband erstmals dauerhafte Strukturen über die damals übliche Führung eines Verbandes „in Nebentätigkeit mit Sekretärin“ hinaus zu geben. Er stellte 1984 Gisela Kempny ein, die 1990 die Geschäftsführung des Verbandes übernahm. Auf diesen Grundlagen konnte der Verband seine Struktur weiter ausbauen und zu seiner jetzigen Größe wachsen, die in der neuen, vielfältigeren und auch raueren Zeit der Berufspolitik unverzichtbar ist.

Niemand konnte so ernsthaft und unermüdlich den Abstand von der Labormedizin anmahnen und die individuelle ärztliche Rolle des Pathologen in den Mittelpunkt stellen. Folgerichtig betrieb er diese Philosophie auch in Europa. Er organisierte die Trennung der damals noch unter der Sektion Labormedizin zusammengefassten Pathologen Europas in eine eigen- und selbstständige Sektion Pathologie des Europäischen Facharztverbandes UEMS. Er war 1988 ihr Gründungsmitglied und erster Präsident, ein mutiger Schritt für den im Englischen nicht sehr Bewanderten. In seiner Zeit wurden von den europäischen Ländern wichtige Schritte in der Angleichung der Weiterbildungszeiten in der Pathologie gemacht.

Wolfgang Oehmichen leitete umsichtig, aber auch mit einer gewissen peniblen Strenge, ein großes freiberufliches Institut für Pathologie. Eine ganze Generation von Pathologen hat darin das damals noch vorgeschriebene Vorbereitungsjahr auf die kassenärztliche Tätigkeit absolviert und von ihm in puncto Organisation und Lebenslust gelernt. Denn trotz seiner vielfältigen Aufgaben war Oehmichen immer entspannt und fröhlich. Er wird sicher nicht nur als Berufsständler, sondern auch als dem Leben zugewandter Mensch in Erinnerung bleiben, der das Essen, den Wein, die Relais und Chateaux, das Ballonfahren und seine PS-starken Boliden genießen konnte. Er machte gerne anderen eine Freude mit Einladungen in einmalig gelegene Feinschmecker-Restaurants oder an Bord seines Schiffes auf der Zuiderzee und hinterlässt damit bei vielen freundliche Erinnerungen.

Am 28. Mai 1999 wurde Wolfgang Oehmichen auf Vorschlag des Präsidenten Werner Schlake zum Ehrenmitglied des Berufsverbandes Deutscher Pathologen ernannt. Die Laudatio hielt Ulrich Pfeifer, Bonn, im Namen des Berufsverbandes, der deutschen, österreichischen und schweizerischen Gesellschaften für Pathologie und der Internationalen Akademie für Pathologie, ein Zeichen seiner Wertschätzung im deutschsprachigen Raum.

Für seine besonderen Verdienste um die gesamte Pathologie wurde ihm 1993 in Würzburg die Rudolf-Virchow-Medaille als höchste Auszeichnung der Deutschen Gesellschaft für Pathologie verliehen.

Wolfgang Oehmichen war der passende Vertreter von Pathologen in einer Zeit, in der Berufspolitik eine Sache von wenigen Personen war, die einander vertrauten. Als permanentem Kämpfer für das Wohlergehen und die Einheit unseres interessanten Faches Pathologie gebührt ihm tiefer Dank.

Burkhard Helpap

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