Am 19.07.2014 verstarb Prof. Dr. med. habil. Werner Kühne, langjähriger Direktor des Instituts für Pathologie der Medizinischen Akademie Magdeburg.

Er wurde am 17.09.1930 in Esperstedt/Kyffhäuser in Thüringen geboren. Von 1941 bis 1948 besuchte er das Humanistische Gymnasium zu Schulpforte. Die Internatsschule zeichnete sich durch Strenge, Disziplin und hohe Anforderungen aus. Dies ermöglichte ihm eine umfassende humanistische Bildung. Noch Jahrzehnte nach der Schulzeit konnte er aus Texten von Ovid oder Homer zitieren. Eine enge Bindung an die von ihm verehrte Schule bestand bis an sein Lebensende. Die jährlich dort stattfindende ECCE-Feier für ehemalige Alumni widmete ihm 2014 ein Gedenken in Form der Verlesung der Vita.

Er bewarb sich gleichzeitig an mehreren Universitäten zum Studium für Veterinär- oder Humanmedizin. Die Zusage für Humanmedizin kam zuerst, so dass er ab 1948 an der Friedrich-Schiller-Universität Jena Humanmedizin studierte und mit dem Staatsexamen 1954 abschloss. Danach begann seine Tätigkeit im Institut für Pathologie an der Universität Jena unter Prof. Dr. Dr. Bolck, welcher langjährig über mehrere Amtsperioden auch Dekan, Prorektor und Rektor an der Friedrich-Schiller-Universität war. 1956 promovierte Prof. Kühne über das Thema: „Morphologische statistische Untersuchungen über Wachstumsformen des unbehandelten Mäusekrebses“. 1959 erfolgten die Facharztanerkennung und die Ernennung zum Oberarzt, 1963 dann zum Prosektor. Er habilitierte sich Ende 1964 mit dem Thema: „Staubinhalation und Lungenemphysem, Untersuchung zur Frage der Emphysemgenese“. 1965 wurde er zum Dozenten und 1969 in den Wissenschaftlichen Rat der Universität Jena berufen. Während seiner Tätigkeit in Jena war er intensiv am studentischen Unterricht beteiligt, zuerst als Lehrbeauftragter, dann vertretungsweise für die Hauptvorlesungen und zuletzt hauptamtlich für die Vorlesungen zuständig. Neben der Tätigkeit im Institut gab es oft Außensektionen in entfernten Krankenhäusern, mit Fahrten teils tief in den Thüringer Wald und zu jeder Jahreszeit. Zur Neustrukturierung der „Allgemeinen Krankheitslehre“ des Medizinstudiums in der DDR wurde er 1970 vom Ministerium für Hochschulwesen mit der Leitung einer Arbeitsgruppe beauftragt.

Von 1971 bis 1974 leitete Prof. Kühne als Chefarzt das Institut für Pathologie am Bezirkskrankenhaus „Heinrich-Braun“ in Zwickau. Es galt hier, die Arbeit in diesem Institut neu zu organisieren.

1974 erfolgte dann die Berufung zum ordentlichen Professor und zum Direktor des Institutes für Pathologie der Medizinischen Akademie Magdeburg. Dieses Institut war eines der größten Pathologischen Institute der DDR mit Versorgung der überwiegenden Teile des damaligen Bezirkes Magdeburg. Diese Position bekleidete er bis 1992.

Unter seinem Direktorat entstanden zunehmend selbständige Abteilungen, wie z. B. die Kinder- bzw. Neuropathologie, Elektronenmikroskopie, Zytologie und Eingangshistologie. Jede Abteilung hatte eigenständige Arbeitsmöglichkeiten. Allen Fachärzten stand es von nun an offen, an anderen Instituten zu hospitieren und an Tagungen im In- und sozialistischen Ausland teilzunehmen. Bei über 3000 Obduktionen und etwa 35.000 Einsendungen jährlich gab es auch einen immensen Fundus für weitere Forschungen.

Von 1975 an gehörte er zum Wissenschaftlichen Rat der Medizinischen Akademie Magdeburg, 1978 wurde er Vorsitzender der Arbeitsgruppe Erziehung und Ausbildung. 1975 erfolgte die Berufung in die zentrale Facharztprüfungskommission der DDR, deren Mitglied er lange Jahre war. Die Facharztprüfungen in der Pathologie erfolgten jährlich zentral für die gesamte DDR mit schriftlichen und mündlichen Prüfungen über zwei Tage.

Seine wissenschaftlichen Arbeiten befassten sich mit verschiedenen Themen. Er wandte sich in den 1950er und 1960er Jahren vorrangig Lungenerkrankungen zu mit besonderer Konzentration auf Pneumokoniosen, den Formen des Emphysems, der chronischen Bronchitis sowie derer Entstehungsweisen. Verbesserte Techniken der Bronchoskopie und Thorakotomie brachten neue Herausforderungen betont für die Biopsiediagnostik. Ein spezielles Thema waren Schäden der Atmungsorgane nach Inhalation quarzfreier Stäube. Diese Ergebnisse trugen dazu bei, dass die Lungenschäden der Schleifer in der Schmalkaldener Werkzeugindustrie als „Schmalkaldener Schleiferlunge“ versicherungsrechtlich als Berufserkrankung anerkannt wurden. Enge und langjährige Kooperationen mit Arbeitsmedizinern waren dafür sehr wichtig. Hospitationsaufenthalte in den 1960er Jahren bei Prof. Sandritter in Gießen, Prof. Otto in Erlangen und Prof. Uehlinger in Zürich boten Möglichkeiten zur Erweiterung der Kenntnisse.

Andere Themen waren die Geschwulstpathologie von Lungen-, Schilddrüsen- und Knochentumoren sowie die Tuberkulose im Wandel der Zeiten. Medizinhistorisch befasste er sich u. a. mit dem Magdeburger Pathologen Gustav Ricker, seinen Forschungen und deren naturwissenschaftliche und philosophische Auswirkungen auf die Pathologie. Bereits in den 1960er Jahren setzte er sich in Vorträgen mit dem Thema „Fehldiagnosen, Entstehung und Folgen“ auseinander einschließlich der Angabe eigener Erfahrungen.

Diese Arbeiten und Untersuchungen fanden ihren Niederschlag in der Habilitationsschrift, Monografien, Lehrbuchbeiträgen sowie Publikationen in ost- und westeuropäischen Fachzeitungen und zahlreichen Vorträgen im In- und Ausland.

Über 50 Jahre war er Mitglied der Deutschen Gesellschaft für Pathologie. Er trat der Gesellschaft bei noch vor deren Trennung in eine west- und eine ostdeutsche Gesellschaft. Einige Jahre war er Sekretär der Gesellschaft für Pathologie der DDR. In den Vorständen der Gesellschaften für Bronchologie, Bronchopulmologie und Tuberkulose der DDR und im Redaktionskollegium der Zeitschrift für Erkrankung der Atmungsorgane war Prof. Kühne aktiv. Weitere Mitgliedschaften bestanden in den Arbeitsgemeinschaften für Chronische Bronchitis, für Pathophysiologie der Atmung, der Gesellschaft für Osteologie sowie der „European Society of Pathology“.

Am Herzen lag ihm immer die Aus- und Weiterbildung. Er betreute zahlreiche Doktoranden und Habilitationen. Fünf Oberärzte wurden unter seiner Leitung zu außerordentlichen Professoren ernannt. Viele Auszeichnungen, zahlreiche Ehrungen seiner wissenschaftlichen Tätigkeit waren Ausdruck der Wertschätzung seines beruflichen Engagements.

Aus der Hochschule schied er 1992 aus und ging mit 62 Jahren noch mit zwei weiteren Kollegen in die private Niederlassung.

Mit 71 Jahren trat er in den Ruhestand. Nun konnte er sich intensiver anderen Interessen wie der Literatur, Musik, Reisen und ausgedehnten Wanderungen widmen.

Er erwarb sich große Achtung bei Kollegen und Mitarbeitern durch sein außerordentlich breites, ständig anwendungsbereites fachliches und Allgemeinwissen und seinen sachlichen Führungsstil.

Er war seit 1955 mit der Kinderärztin Dr. Felicitas Kühne verheiratet. Aus der Ehe gingen zwei Söhne hervor, die ebenso im ärztlichen Beruf tätig sind.

Stephan Kühne,

Magdeburg

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Abbildungslegende: Werner Kühne