Zusammenfassung
Ontologie versteht sich als die Lehre vom ,,Seienden“ – damit scheint ihr Weltbezug klar: Alles was ist, ist – zumindest bei wörtlicher Auslegung – Gegenstand der Ontologie. Damit wird diese zur Universallehre par excellence und – sofern man will – zur Urquelle aller Philosophie. Trotzdem hat sie keineswegs immer im Mittelpunkt der Philosophie gestanden und außerhalb der Philosophie wurde sie noch bis vor Kurzem eher einer esoterisch-weltfremden Sphäre zugerechnet.
Es brauchte erst die neu aufkommende Techno-Wissenschaft Informatik, um den Begriff Ontologie wiederzubeleben – allerdings auf Kosten ihrer ursprünglichen Ausrichtung und mit einer radikalen Neudefinition und veränderten Zielrichtung. War die klassisch-philosophische Ontologie eine vorwiegend deskriptive, auf die existierende Welt, ihre Ursprünge und Hintergründe gerichtete und damit vorwiegend metaphysische Denkschule, so ist die neue, ,,informatische“ Ontologie fast ausschließlich der materiellen Existenz verhaftet und zielt vielfach auf präskriptive Festlegungen und Beschreibungen, die sich an künftigen möglichen, zu konstruierenden (Teil-)Welten orientieren. Die neue Ontologie ist also eine ,,physische“ und beschreibt eher das So-sein-Sollende als das Seiende.
In diesem Beitrag werden die Denkansätze und Zielrichtungen der beiden um Ontologie kreisenden Disziplinen – der Philosophie und der Informatik – beleuchtet und einige ihrer Gemeinsamkeiten und Gegensätze herausgearbeitet.
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Hesse, W. Ontologie und Weltbezug – vom philosophischen Weltverständnis zum Konstrukt der Informatik. Informatik Spektrum 37, 298–307 (2014). https://doi.org/10.1007/s00287-014-0795-3
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