Zusammenfassung
Hintergrund
Zu keinem Zeitpunkt des Medizinstudiums lernen Studierende so praxisbezogen wie im Praktischen Jahr (PJ). In diesem letzten Studienjahr sollen theoretische Kenntnisse und Erfahrungen angewandt und vertieft werden. Auch in der Rechtsmedizin gewinnen praktische Fertigkeiten in der studentischen Lehre an Bedeutung.
Ziel der Arbeit
Die vorliegende Arbeit stellt die Qualitäten der PJ-Ausbildung in Leipzig und die generelle Situation an den deutschen Instituten dar. Es werden Vorschläge für die Gestaltung eines PJ-Tertials in der Rechtsmedizin herausgearbeitet. Diese können Argumente für die notwendige Anerkennung einer Pflichtassistenz für Medizinfakultäten ohne bisherige Erlaubnis liefern.
Material und Methoden
Mithilfe von Evaluationsfragebogen wurden 52 ehemalige PJ-Studierende der Rechtsmedizin in Leipzig und alle weiteren deutschen Institute für Rechtsmedizin zum Nutzen und zur Gestaltung eines PJ-Tertials in der Rechtsmedizin befragt. Daneben wurden die Gründe der Zuerkennung oder der Ablehnung des Fachs Rechtsmedizin als PJ-Fach seitens der Landesprüfungsämter (LPA) ermittelt.
Ergebnisse
Ein PJ-Tertial in der Rechtsmedizin würden 95,6 % der ehemaligen Studierenden weiterempfehlen oder erneut ablegen. Die Studierenden wurden hinsichtlich rechtsmedizinischer Kernkompetenzen des Arztberufs intensiv geschult. Eine Weiterbildungsstelle in der Rechtsmedizin konnten 8,9 % der ehemaligen PJ’ler erhalten. In 66,7 % der universitären Institute für Rechtsmedizin ist die Ableistung eines PJ-Tertials möglich. Hier liegen jeweils lokale Logbücher zur Definition der Lehrinhalte vor. Dabei ist die Anerkennung vielerorts an die klinische Rechtsmedizin als Teil der „Patientenversorgung“ gebunden. Die formale Akzeptanz durch die LPA geschieht gegenwärtig trotz ärztlicher Approbationsordnung uneinheitlich.
Schlussfolgerung
Die Ergebnisse zeigen, dass sowohl Studierende als auch Institute von der PJ-Ausbildung profitieren. So kann diese ein wichtiges Rekrutierungsinstrument zukünftiger ärztlicher Mitarbeiter sein. Es sollte berufspolitisch gegenüber den LPA nachgewiesen werden, dass auch die forensische Tätigkeit einen klinisch-praktischen Bezug aufweist, der zur Anerkennung eingefordert wird.
Abstract
Background
At no time during their medical studies do the students learn more in practice-related aspects than during their final clinical year. In this last academic year, theoretical knowledge and experiences should be applied and deepened in practice and even in legal medicine practical skills are gaining importance in the students’ training.
Objectives
The present study presents the qualities of the practical education in Leipzig as well as the situation in German institutes in general. Suggestions for improvements of an elective practical period in legal medicine during the final clinical year are made. These proposals can provide arguments for the necessary recognition of a mandatory postgraduate residency training for medical faculties without a previous permission.
Material and methods
By means of a questionnaire 52 former practical year students of the Institute of Legal Medicine in Leipzig and all other German Institutes of Legal Medicine were questioned about the use and the structure of the elective practical period in legal medicine. Additionally, the arguments of the national audit offices for and against approval for that elective period were collated.
Results
Of the former practical year students in legal medicine, 95.6% would recommend an elective period or would do it again. All students were intensely schooled concerning core medicolegal skills in the medical profession and 8.9% of the former students could obtain employment in legal medicine. Of the German university-based institutes, 66.7% offer an elective period in legal medicine during the final clinical year and local manuals are provided for the definition of the teaching contents. In many instances the recognition is bound to clinical legal medicine in the institutes as part of the patient care. It was shown that the formal approval by the national audit offices was not uniform despite the Medical Licensure Act.
Conclusion
The results show that both students and institutes can profit from the practical training during the final clinical year. Thus, an elective period in legal medicine can be an important recruitment tool for prospective medical employees. Since a clinical practical relation of legal medicine is necessary for a formal recognition, this link has to be proven to the national audit offices to be important for the career.
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Danksagung
Die Autoren möchten sich an dieser Stelle recht herzlich bei den ehemaligen Studierenden des IRM Leipzig, bei den Lehrbeauftragten der Institute und den Sachbearbeitern der Landesprüfungsämter für ihre freundliche Beteiligung an der Studie bedanken.
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Interessenkonflikt
B. Ondruschka, M. Henze, M. Schwarz und J. Dreßler geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Alle im vorliegenden Manuskript beschriebenen Befragungen wurden im Einklang mit nationalem Recht sowie gemäß der Deklaration von Helsinki von 1975 (in der aktuellen, überarbeiteten Fassung) durchgeführt. Die Autoren bestätigen die Einhaltung ethischer Richtlinien. Die Teilnahme an den Befragungen war freiwillig und wurde nicht durch Aufwendungen vergütet.
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Ondruschka, B., Henze, M., Schwarz, M. et al. Wahltertial Rechtsmedizin im Praktischen Jahr. Rechtsmedizin 27, 98–105 (2017). https://doi.org/10.1007/s00194-017-0149-y
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