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Die Rolle des medizinischen Sachverständigen – gesetzliche Vorgaben und Entscheidungen der Rechtsprechung

Teil 1

The role of medical experts with regard to German law and jurisprudence

Part 1

  • Medizinrecht
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Rechtsmedizin Aims and scope Submit manuscript

Zusammenfassung

Medizinische Sachverständige werden von den Justizbehörden und insbesondere von den Gerichten zur Entscheidungsfindung häufig benötigt. Nach ihrem Status sind die Gutachter keine einfachen Zeugen, sondern haben einen eigene prozessuale Position. Angefordert werden Sachverständige von der Staatsanwaltschaft, von Zivil-, Sozial- und Strafgerichten. Sie sollen das Gericht unterstützen, können dabei aber auch selbst Fehler machen. Unter besonderen Voraussetzungen ist es möglich, Sachverständige als nicht vorurteilsfrei abzulehnen.

Abstract

Medical experts are needed to help judges reach a decision. Experts writing their opinion are not simple witnesses, but authorities on a special subject. They ordered by, for example, the prosecution or a civil, social or criminal court, and although regarded as an auxiliary person to support the judges, experts can make mistakes. There is a civil law concerning the liability of medical experts and it is possible to refuse an expert named by the prosecution or a court.

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Notes

  1. Siehe auch: Detter K (1998) Der Sachverständige im Strafverfahren – eine Bestandsaufnahme. NZS 18, 57–61; Artkämper H (2001) Der Sachverständige im Strafverfahren – zugleich eine kritische Bestandsaufnahme der Qualität der den Verfahrensbeteiligten zu vermittelnden und vermittelten Sachkunde und der Qualifikation von Sachverständigen. Blutalkohol 38, 7–19; Bürger R (1999) Sachverständigenbeweis im Arzthaftungsprozeß. MedR 1999, 100–111; Sarstedt W (1968) Auswahl und Leitung des Sachverständigen im Strafprozeß (§§ 73, 778 StPO). NJW, 177182.

  2. Aus: Roxin, Strafverfahrensrecht, 23. Aufl. 1993, § 27 Rdnr. 7; zur Unterscheidung zwischen Sachverständigem und sachverständigem Zeugen siehe auch: OLG Koblenz, Urt. v. 19.05.2005 – 5 U 1470/04; Schlund in: Ehlers AFP (Hrsg.) Praxis des medizinischen Gutachtens im Prozeß. Jehle Rehm, München 1997, Rdnr. 7.

  3. Nach: Schlund, Das medizinische Gutachten im Zivilprozeß. In: Ehlers P.F. (Hrsg.) Praxis des medizinischen Gutachtens im Prozeß. Verlag Jehle Rehm, München 1997, Rdnr. 3.

  4. Schlund, a. a. O. Rdnr. 4.

  5. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 57. Aufl. 2014, Vor § 72 Rdnr. 4–7; Schlund, a. a. O., Rdnr. 5.

  6. BGHSt 9,293; in der Vergangenheit wurde bereits zum Teil ausführlich zur Bedeutung von Sachverständigengutachten Stellung genommen. Siehe nur folgende mit Blick auf die Sachverständigentätigkeit in Strafverfahren getroffene Auswahl: Schreiber HL, Müller-Dethard G (1977) Der medizinische Sachverständige im Strafprozeß. Dtsch Ärztebl Heft 6, 373–378; Spann W (1980) Die Stellung des medizinischen Sachverständigen im Verkehrsstrafprozeß. DAR Heft 10, 309–315; Stern M (1969) Die Ablehnung eines ärztlichen Sachverständigen. Münch Med Wschr Heft 12, 673–677; Müller K (1975) Das Aussageverweigerungsrecht des medizinischen Sachverständigen. Med Sach 71, 52–58; Kamcke A (1965) Der Ursprung des medizinischen Sachverständigen. Med Sach 61, 247–249; Kruse W (1978) Der ärztliche Sachverständige in der Rechtsprechung. Dtsch Ärztebl Heft 48, 2919–2924; Ulsenheimer K (1989) Stellung und Aufgaben des Sachverständigen im Strafverfahren. Gynäkologe 22, 401–405; Detter K (1998) Der Sachverständige im Strafverfahren – eine Bestandsaufnahme. NStZ 18, 57–61; Oehler K (1999) Zur Problematik der Sachverständigenauswahl. ZRP Heft 7, 285–288; Bürger R (1999) Sachverständigenbeweis im Arzthaftungsprozeß. MedR Heft 3, 100–111; Schorsch G (2000) Sachverständige und ihre Gutachten. Kriminalistik Heft 3, 174–179; Ulsenheimer K (1997) Unachtsamkeiten, Fehler und Probleme von seiten des Gutachters – die juristische Seite. Frauenarzt 38, 1003–1007; Artkämper H (2001) Der Sachverständige im Strafverfahren. Blutalkohol 38, 7–19; Wachsmuth W (1982) Zur Problematik des medizinischen Sachverständigen im Arzthaftungsprozeß. DRiZ Heft 11, 412–417; Rumler-Detzel P (1999) Anforderungen an ein ärztliches Gutachten aus der Sicht der Zivilgerichte. VersR Heft 28, 1209–1211; Carstensen G (1991) Der Arzt als Gutachter vor Gericht. In: Schütz H, Kaatsch HJ, Thomsen H (Hrsg.) Medizinrecht – Psychopathologie – Rechtsmedizin. FS für G. Schewe. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg, S. 37–48.

  7. Schröter F (2014) Editorial: Die Neutralität des medizinischen Sachverständigen. Versicherungsmedizin 66, 1–2. Die Akzeptanz sozialpolitisch-gesetzgeberischer Vorgaben und der Verzicht auf das Einbringen eigener sozialpolitischer Vorstellungen zeigt sich beispielhaft an dem Streit um die forensische Altersdiagnostik unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge, dazu u. a.: Parzeller M (2010) Rechtliche Aspekte der forensischen Altersdiagnostik. Rechtsmedizin 21, 12–21.

  8. Zitiert nach Schlund, a. a. O., Rdnr. 20.

  9. Ausführlich am Beispiel der Rückrechnung der Blutalkoholkonzentration: Jessnitzer K (1978) Eigene Sachkunde des Richters bei der Rückrechnung. Blutalkohol 15, 315–322.

  10. Eine Missachtung der gerichtlichen Aufklärungspflicht, ggf. mithilfe eines Sachverständigengutachtens, wäre ein Verfahrensverstoß, der im Strafverfahren die Revision und im Bußgeldverfahren die Rechtsbeschwerde begründet. Zur Frage der Rückrechnung bei der Blutalkoholberechnung hieß es schon im Gutachten des damaligen Bundesgesundheitsamtes aus dem Jahre 1966 (S. 53 ff.): „Angesichts der hier nur in großen Zügen dargestellten Problematik wird die Rückrechnung im allgemeinen ein Teil des Sachverständigengutachtens sein müssen. Das schließt nicht aus, daß sie in besonders einfach gelagerten Einzelfällen oberhalb des Grenzwerts auch vom Richter vorgenommen werden kann.“ – Zitiert nach: Jessnitzer, a. a. O., S. 316.

  11. BGHSt 2, 165; 12, 18; OLG Stuttgart, DAR 1976, 23; BGHSt 12,18 für sachverständige Schöffen – zitiert nach: Jessnitzer, a. a. O., S. 321.

  12. OLG Karlsruhe, Urt. v. 25.2.1971 = Goltd. Arch. 1971, 214 unter Berücksichtigung des damaligen Grenzwertes für die Annahme der alkoholbedingten absoluten Fahruntüchtigkeit – zitiert nach Jessnitzer, a. a. O., S. 319.

  13. Vgl. dazu die Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage zu medizinischen Gutachten in Gerichtsverfahren, BT-DRs. 17/12947 v. 27.03.2013.

  14. Oehler K (1999) Zur Problematik der Sachverständigenauswahl. ZRP 7, 285–288.

  15. LG Trier, NJW 1978, 722.

  16. BGH, Urt. v. 22.4.1997 – VI ZR 198/96 = NZV 1997, 435–437.

  17. OLG Koblenz, Urt. v. 19.5.2005 – 5 U 1470/04 = MedR 2005: 473–474.

  18. Zöller, ZPO, 24. Aufl., § 411 Rdnr. 5a m. w. N.

  19. KG Berlin, Urt. v. 26.4.2004 – 20 U 57/03 – ArztRecht 2005, 273–274; Rosenberger in: Wenzel F (Hrsg.) Handbuch des Fachanwalts. Medizinrecht. 2. Aufl. 2008, Rdnr. 366 f.

  20. Rosenberger in: Wenzel F (Hrsg.) Handbuch des Fachanwalts. Medizinrecht, 2. Aufl. 2008, Rdnr. 368.

  21. BGH, Urt. v. 24.6.1980 – VI ZR 7/79 – ArztRecht 1981, 40–43.

  22. BGH, Urt. v. 24.6.1980 – VI ZR 7/79 = NJW 1980, 2751 f.

  23. Vgl. Breuer J (1982) Arzthaftungsrecht und Sachverständigengutachten. ArztRecht 4, 97–103.

  24. KG Berlin, Urt. v. 5.9.2013 – 20 U 80/10 = Versicherungsmedizin 66, 95.

  25. Lilie/Radke, Lexikon Medizin und Recht, Thieme, Stuttgart 2005, S. 77/78.

  26. Hingewiesen sei auf eine Befragung von Gutachtern, bei der etwa ein Viertel angab, beim Gutachtenauftrag durch das Gericht eine Tendenz signalisiert bekommen zu haben. Dazu: Jordan B, Gresser U (2014) Gerichtsgutachten. Oft wird die Tendenz vorgegeben. Dtsch Ärztebl 111, B 180–181 und dem Leserbrief von Widder B (2014) Gerichtsgutachten. Wird die Tendenz wirklich vorgegeben? Dtsch Ärztebl 111, B 1084–1085.

  27. OLG Hamm, Urt. v. 21.10.1968 = VRS 36, 290 – zitiert nach: Jessnitzer, a. a. O., S. 319.

  28. Deutsch/Spickhoff, Medizinrecht, Springer, 6. Aufl., Rdnr. 554.

  29. OLG Bremen, VersR 2001, 785.

  30. Deutsch/Spickhoff, a. a. O., Rdnr. 555.

  31. LG Bochum, Beschl. V. 29.10.1985 – 7 T 644/85 = NJW 1986, 2890.

  32. OLG München, Beschl. v. 27.10.2006 – 1 W 2277/06 = MedR 2006: 359–361.

  33. So § 407a Abs. 2 ZPO; vgl. OLG Zweibrücken, Urt. v. 27.10.1998 – 5 U 5/98 = ArztRecht 1999: 336–337; dazu bereits Hanack EW (1961) Zum Problem der persönlichen Gutachterpflicht, insbesondere in Kliniken. NJW 14, 2041–2045.

  34. Müller K (1975) Das Aussageverweigerungsrecht des medizinischen Sachverständigen. Med Sach 71, 52–58.

  35. SG Dresden, Beschl. v. 15.5.2003 – S1 RJ 251/100 unter Bezugnahme auf BGHZ 127, 378, 384.

  36. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, § 75 Rdnr. 1, 3.

  37. BGH, Urt. v. 3.7.2002 – IV ZR 205/01 = NJW 2002, 516.

  38. BGH, Urt. v. 12.3.1981 – IV a ZR 108/80 = NJW 1981, 2009–2010.

  39. Die Möglichkeit der Akteneinsicht durch den Sachverständigen war in der Vergangenheit keineswegs unumstritten, auch der aktuelle Wortlaut des § 80 StPO ist nur eine „Kann“-Regelung. Zu der dazu in den 1970er-Jahren geführten Diskussion: Händel K (1976) Akteneinsicht durch den Sachverständigen. Kriminalistik Heft 11, 494–497.

  40. Ausführlich: Stillig M (2007) Die Haftung des gerichtlich bestellten Sachverständigen. Europäische Hochschulschriften, Reihe II, Bd. 4596, Internationaler Verlag der Wissenschaften, Frankfurt a.M.

  41. Vgl. OLG Hamm, NJW-RR 1998, 1686.

  42. Deutsch E (1999) Zivilrechtliche Verantwortlichkeit ärztlicher Sachverständiger. RPG 5, 3–8; ausführlicher: Deutsch/Spickhoff, Medizinrecht, Springer 2008, Rdnr. 559 f.

  43. Gaidzik P (2004) Gravierende Haftungsverschärfung für den gerichtlichen Sachverständigen durch § 839a BGB? Med Sach 100, 129–132; dazu auch: Dettmeyer R (2005) Die Haftung des gerichtlichen Sachverständigen. Rechtsmedizin 13, 329–330; Barnikel W (1980) Haftung für die Folgen einer grob fahrlässigen Falschbegutachtung. Z Rechtsmed 84, 239–247.

  44. BT-Drs. 742/01, S. 66 ff.

  45. BGH, Urt. v. 6.3.2014 – III ZR 320/12.

  46. Siehe Dettmeyer R (2015) Rechtsreport, Anm. zu BGH, Urt. v. 6.3.2014 – III ZR 320/12. Rechtsmedizin 25, 83–87.

  47. BGBl. I, S. 3341.

  48. Dettmeyer R (2014) Rechtsreport. Anm. zu OLG Düsseldorf, Hinweisbeschl. v. 24.6.2013 – 1‑8 U 45/13, Rechtsmedizin 24, 422–423 = MedR 2013, 734–735; zur Sachverständigenhaftung bei aussagepsychologischen Gutachten siehe: OLG Köln, Hinweisbeschl. v. 29.8.2012 und Beschl. v. 4.10.212 – 5 U 104/12 = MedR 2013, 529–532.

  49. BGH, Beschl. v. 23.2.1995 – III ZR 205/94 – Recht & Psychiatrie 13, 184–185.

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Dettmeyer, R. Die Rolle des medizinischen Sachverständigen – gesetzliche Vorgaben und Entscheidungen der Rechtsprechung. Rechtsmedizin 26, 316–324 (2016). https://doi.org/10.1007/s00194-016-0099-9

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