Sehr geehrte Leserinnen und Leser,

abhängig vom politischen Tagesgeschehen steht das Gesundheitssystem unseres Landes, dessen Stärken und Schwächen sowie der Finanzierungsbedarf immer wieder einmal im Fokus des Medieninteresses. Als Orthopäden und orthopädische Chirurgen haben wir dies im vergangenen Jahr unter der Überschrift „Es wird zu viel und unnötig operiert“ erleben müssen. Es ist nicht damit zu rechnen, dass sich dieses grundsätzliche Interesse der Öffentlichkeit an unserer Arbeit in absehbarer Zeit ändert, schon gar nicht in einem Wahljahr wie dem jetzigen. Der Vorwurf, es werde zu viel operiert, mag an Einzelfällen gut dokumentiert sein, ist jedoch in seiner flächendeckenden Aussage nicht belegt. Widerlegt ist er allerdings auch nicht. Kaum verwundern darf die Tatsache, dass organbezogene Steigerungen von Operationsfrequenzen in zweistelligem Bereich (Wirbelsäulenchirurgie) Medienaufmerksamkeit auf sich ziehen. Dies gilt umso mehr, wenn von Komplikationsraten von bis zu 20% berichtet wird. Wir tun also gut daran, zur Sicherstellung einer angemessenen, an den Bedürfnissen der Patienten orientierten und überprüfbaren medizinischen Versorgung unbeirrbar das fortzusetzen, dem wir uns in selbstverständlicher Weise verpflichtet fühlen: der kontinuierlichen Überprüfung der von uns gestellten Behandlungsindikationen, der Festlegung unserer Behandlungsziele, der Erfassung unserer Behandlungsergebnisse, der Entwicklung von Prädiktoren für gute und schlechte Resultate, der ständigen Überprüfung und Weiterentwicklung unserer Behandlungsverfahren und der sorgfältigen Prüfung von Neuentwicklungen jeglicher Art im Sinne eines Wirksamkeitsnachweises.

Auch in diesem Sinne erfolgen Veröffentlichungen wissenschaftlicher Arbeiten in unserer Zeitschrift:

  • Die Wiederherstellung eines physiologischen sagittalen Profils bei der operativen Korrektur einer thorakalen adoleszenten Skoliose muss als wesentliches Operationsziel definiert werden und scheint ein wichtiger Prädiktor für die gewünschte postoperative Patientenzufriedenheit zu sein.

  • Die Anwendung der elektromagnetischen Navigation als Hilfsmittel für transpedikuläre Implantatplatzierungen in der Wirbelsäulenchirurgie erweist sich in der experimentellen Analyse als unzuverlässig. Für die klinische Anwendung in der Wirbelsäulenchirurgie kann sie zunächst nicht empfohlen werden.

  • In der operativen Behandlung nichtrekonstruierbarer Humeruskopffrakturen erweist sich bei der Verwendung anatomischer Frakturschulterendoprothesen die anatomiegerechte knöcherne Einheilung der Tubercula als bedeutender Prädiktor für Patientenzufriedenheit. Eine misslungene Refixierung der Tubercula oder deren Resorption führt zuverlä ssig zu mehr oder weniger ausgedehntem Verlust der Rotatorenmanschettenfunktion, Instabilität und Dezentrierung des Implantatkopfes und schließlich schmerzhafter Beweglichkeitseinschränkung.

  • Die Vorteile sog. bioaktiver Knochenzemente werden beeinträchtigt durch reduzierte mechanische Belastbarkeit. Die Verwendung eines Polymer-Glaskeramik-Zementes zeigt demgegenüber in vitro eine schlechtere Biokompatibilität, so dass eine ideale Kombination zwischen physikalischen und biologischen Qualitäten noch nicht erreicht werden konnte.

Ich hoffe, dass wir Ihnen eine Reihe von nützlichen Informationen zur Verfügung stellen können, die bei Ihren klinischen Entscheidungen hilfreich sein mögen. Dies gilt auch für den Algorithmus einer therapierelevanten Bildgebung degenerativer Erkrankungen des Schultergelenks. Der Artikel von R.M. Krifter wurde aus der Zeitschrift Der Radiologe übernommen. Er mag einiges enthalten, was Ihnen als orthopädischen Experten selbstverständlich ist. Ungeachtet dessen enthält diese kompakte Zusammenstellung einer stadiengerechten Bildgebung zahlreiche Hinweise und Empfehlungen, auf die Sie, sehr geehrte Leserinnen und Leser, in Ihrem klinischen Alltag in sinnvoller Weise zurückgreifen können.

Ich wünsche Ihnen eine gewinnbringende Lektüre und verbleibe mit besten Grüßen

Prof. Dr. V. Ewerbeck

Schriftleitung