Sehr geehrte Leserinnen und Leser,

liebe Kolleginnen und Kollegen,

im zweiten Heft über die Forschung im Netzwerk Muskuloskelettale Biomechanik (MSB-Net) dürfen wir eine Auswahl von Artikeln vorstellen, die einmal mehr die Interdisziplinarität der Aktivitäten des MSB-Net in der Orthopädie und Unfallchirurgie und ihrer Grundlagenforschung im Besonderen hervorhebt. Mit der Auswahl der Beiträge in diesem zweiten Themenheft aus dem MSB-Net werden weitere Facetten der aktuellen Forschung in unserem Fachgebiet dargestellt.

In der Industrie hat die Anwendung der numerischen Simulation zur Bauteiloptimierung einen festen Platz. Auch in unserem Fach findet sie zunehmend Anwendung. Am Rechner können die Folgen von Parameteränderungen abgeschätzt werden und experimentelle Ansätze damit so vorbereitet werden, dass Zielkriterien wie die Implantat- oder Strukturbeanspruchung mittels einer Spannungsanalyse (Finite-Elemente-Methode, FEM) oder kinematische Abläufe mit der Mehrkörpersimulation (MKS) detailliert abgestimmt werden können. Das Cluster numerische Simulation hat sich als eines der ersten in unserem Netzwerk MSB-Net etabliert und stellt ein echtes Bindeglied zwischen der Analyse biologischer Strukturen, dem Implantatdesign und dem operativen Vorgehen dar.

Wie biomechanische Experimente gestaltet sein können und wie die Ergebnisse daraus zu interpretieren sind, ist Gegenstand der Übersichtsdarstellung zur Charakterisierung von Knorpelgewebe, dessen mechanisches Verhalten nur mit mehrphasischen Modellen präzise beschrieben werden kann. Dennoch sollten die Tests möglichst einfach durchführbar sein, um daraus Ergebnisse aus vergleichenden Analysen ableiten zu können.

Um die biomechanische Kompetenz neu gebildeten Knorpelgewebes zu beurteilen, d. h. quantitativ bestimmen zu können, müssen beispielweise Knorpelersatzmaterialien präklinisch getestet werden. Großtiermodelle bieten dazu eine Möglichkeit, da hier regeneriertes Knorpelgewebe in ausreichender Größe vorliegt. Die Dimension des Knorpelgewebes kommt zudem der menschlichen am nächsten. Der Übersichtsartikel zu den Großtiermodellen möchte zu einer Standardisierung von Defektmodellen für die Regeneration des Gelenkknorpels beitragen. Besonderer Wert wurde auf eine Zusammenstellung der Publikationen gelegt, die eine biomechanische Charakterisierung von Regeneraten beschreiben.

Neben den Übersichtsartikeln werden auch zwei Originalarbeiten aus dem Verbundprojekt QuReGe (funktionelle Qualitätssicherung von Regenerativen Gewebeersatzmaterialien für Knorpel und Meniskus) vorgestellt. Dabei handelt es sich um eine Studie, in der ein Verfahren zur biomechanischen Beurteilung von Konstrukten vorgestellt wird, welches diese intakt lässt, so dass sie nach dem Test in einen Organismus eingebracht werden können. Damit lässt sich die mechanische Kompetenz nach einer Vorkultvierung in vitro mit der nach einer Einheilungsphase vergleichen. Es wurde ein ektopes Modell genutzt, um die Wechselwirkung zwischen der Ausprägung von Matrixproteinen und dem biomechanischen Verhalten zu evaluieren.

In einem weiteren Beitrag wird ein In-vitro-Modell beschrieben, in dem Konstrukte zur Regeneration von Gelenkknorpel in bovinen Knorpelringen eingebracht werden und nach einer Kultivierungsphase von mehren Wochen herausgedrückt werden. Damit soll auf die Integration der Konstrukte v. a. im Randbereich geschlossen werden können. Das Vorgehen macht eine isolierte Betrachtung des sog. „bonding“ der Konstrukte mit dem umgebenden Knorpelgewebe möglich, was in dieser Form in einem Versuch im lebenden Organismus limitiert wäre. Es wird ein Vorgehen beschrieben, welches, angepasst an die Fragestellung, keine Tierversuche erfordert.

Mit den Darstellungen hoffen wir eine Klammer zu bilden, die zeigt, auf wie vielfältige Art unterschiedlichste aktuelle Forschungsfragen in unserem Fachgebiet beantwortet werden können. Das Methodenspektrum hat sich erweitert, ohne jedoch etablierte Methoden ersetzen zu können. Daher wird der Austausch zwischen Experten umso wichtiger, je mehr neue Teildisziplinen sich etablieren. Netzwerke scheinen dies leisten und eine Plattform zum Wissensaustausch und zum gegenseitigen Verständnis bieten zu können, so dass Wissen komplementär verfügbar ist und eingesetzt werden kann.

Wissenschaftler aus Grundlagenforschung und Klinik, die in der muskuloskelettalen Forschung tätig sind, möchten wir ermuntern, mit einem der Netzwerke der Sektion für Grundlagenforschung der DGOU in Kontakt zu treten. Informationen dazu finden Sie z. B. unter: http://www.MSB-Net.org.

Wir wünschen viel Freude beim Lesen der Artikel

Ihre

M. Schwarz

C. Hurschler