Hintergrund

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat am 1. Februar 2016 aufgrund eines möglichen epidemiologischen Zusammenhangs einer Zika-Virus-Infektion mit fetalen neurologischen Auffälligkeiten [66] eine „public health emergency of international concern“ (PHEIC) ausgerufen. Eine PHEIC ist als ein plötzliches Ereignis zu werten, dass sich weltweit ausbreiten kann und dadurch ein international relevantes Gesundheitsrisiko darstellt [65]. Vor allem die mögliche Assoziation zwischen einer Infektion während der Schwangerschaft und einer fetaler Mikrozephalie hat sowohl die WHO als auch die lokalen Gesundheitsbehörden der betroffenen Länder zum sofortigen Handeln geleitet. Mittlerweile ist die Kausalität zwischen dem Zika-Virus und einer fetalen Mikrozephalie oder auch einem Guillain-Barré-Syndrom (GBS) beim Erwachsenen wissenschaftlich (fast) gesichert.

Das Zika-Virus ist genetisch mit dem Dengue-Virus (DENV-1 bis DENV-4), dem West-Nil-Virus (WNV), dem Gelbfieber-Virus (YFV) und dem Japanischen Enzephalitis-Virus (JEV) verwandt [33, 41] und wurde im Jahre 1947 in Uganda bei einem Rhesusaffen isoliert [2123]. Bis zum Jahr 2007 wurden nur sporadisch auftretende Infektionen, meistens im tropischen Afrika und in Südostasien, beobachtet. Allerdings kam es in den letzten 10 Jahren zu einigen großen epidemischen Ausbrüchen. Zwischen Januar 2007 und Juni 2016 wurde in insgesamt 66 Staaten bzw. Regionen eine Zika-Virus-Übertragung beobachtet. Auf dem amerikanischen Kontinent hat sich die jetzige Epidemie in mittlerweile 25 Ländern ausgebreitet [66].

Die Kausalität zwischen Zika-Virus und fetaler Mikrozephalie gilt mittlerweile als gesichert

Durch die Globalisierung und die weltweit veränderten Reisegewohnheiten haben sowohl die WHO als auch lokale Gesundheitsbehörden das Risiko erkannt und unterschiedliche Maßnahmen ergriffen. Bekanntermaßen ist der primäre Ausbruch in Mittel- bzw. Südamerika zu lokalisieren. Allerdings nehmen die Bedenken der Verbreitung des Virus in den europäischen Ländern weiterhin zu. Vor allem aufgrund der anstehenden Urlaubszeit und der sportlichen Großereignissen (z. B. Olympische und Paraolympische Spiele in Brasilien) besteht ein sehr großer Informationsbedarf.

Epidemiologie

Bis zum Ende des letzten Jahrzehnts wurden nur vereinzelte Infektionen bzw. Ausbrüche beobachtet. Diese fanden v. a. im afrikanischen bzw. südostasiatischen Raum statt. Die ersten großen epidemischen Ausbrüche des Zika-Virus erfolgten im Jahr 2007 in Mikronesien, wobei keine schwerwiegenden bzw. tödlichen Verläufe beobachtet wurden [24, 35]. Im Jahr 2013 wurde ein weiterer Ausbruch in Französisch-Polynesien beobachtet, wobei wahrscheinlich über 29.000 Einwohner ärztliche Hilfe in Anspruch nahmen. Hier wurde auch erstmalig von 72 Fällen mit teils schwerwiegenden neurologischen Komplikationen berichtet [12, 18, 33, 40, 48].

Im Zeitraum zwischen Oktober 2015 und April 2016 wurden mehr als 7150 suspekte Fälle einer Mikrozephalie bzw. einer Fehlentwicklung des zentralen Nervensystems in den nordöstlichen Bezirken von Brasilien berichtet [66]. Dies ist ein deutlicher Anstieg der Fallzahlen, da im Zeitraum von 2001–2014 nur durchschnittlich 163 Fälle pro Jahr gemeldet wurden [66]. Dieser sehr beeindruckende epidemiologische Unterschied war der erste Anlass, einen Zusammenhang zwischen fetalen Fehlbildungen und einer Zika-Virus-Infektion zu vermuten. Diese Vermutung wurde zuerst von den lokalen brasilianischen Behörden gestellt und von der WHO übernommen und auch bestätigt.

Insgesamt wurden mittlerweile weltweit 1679 dokumentierte und bestätigte Fälle einer Mikrozephalie und/oder einer Malformation des zentralen Nervensystems (ZNS) bei Verdacht auf eine kongenitale Infektion in 12 Ländern berichtet [67].

Risiko einer Zika-Virus-Übertragung in Europa

Das Gesamtrisiko einer Zika-Virus-Übertragung im Frühjahr und im Sommer dieses Jahres scheint in Europa nur gering bis mäßig zu sein [30]. Allerdings haben laut WHO 3 europäische Länder ein höheres Risiko, da der primäre Vektor, die Mücke Aedes aegypti, dort vorkommt: die portugiesische Insel Madeira und die nordöstliche Schwarzmeerküste (Georgien und der südliche Teil der Russischen Föderation). Allerdings existiert auch ein moderates Risiko einer möglichen Zika-Virus-Ausbreitung in 18 europäischen Ländern v. a. im Mittelmeerraum, darunter beliebte Sommerferienziele, wie Frankreich, Griechenland, Italien oder Spanien, [30]. Diese Länder haben im Lauf der letzten Monate etliche Vorkehrungen getroffen. Die Minimierung der Mückenpopulation wurde, wie fast jedes Jahr in den europäischen Mittelmeerländern, verstärkt durchgeführt.

Eine Übertragung durch Geschlechtsverkehr auf Reisende in Endemiegebieten ist möglich

Für Mittel- und Nordeuropa gibt die WHO allerdings eine Entwarnung, da die primären Übertragungsvektoren dort nicht heimisch sind. Allerdings ist eine Übertragung durch andere Möglichkeiten (v. a. Geschlechtsverkehr) auf Reisende in Endemiegebieten weltweit möglich. Seit Einführung einer Meldepflicht in Deutschland im Mai 2016 sind durch das Robert Koch-Institut (RKI) bisher 17 Fälle von Zika-Virus-Infektionen, darunter 10 Frauen, erfasst [19]. Allerdings war keine dieser infizierten Patientinnen schwanger. Die Dunkelziffer müsste in Deutschland allerdings höher sein, da nicht alle Patientinnen und Patienten nach einer Rückreise bzw. mit einem oligosymptomatischen Verlauf einen Arzt aufsuchen.

Primäre Übertragung durch Mückenstiche

Das Zika-Virus wird hauptsächlich durch den Stich von infizierten Mücken v. a. der Gattung Aedes übertragen. Die Aedes-Arten können sich in sehr geringen Wassermengen vermehren, wobei die Eier sehr resistent gegenüber Umwelteinflüssen sind. Dabei spielt v. a. die Gelbfiebermücke (Aedes aegypti), die in den Subtropen und Tropen weit verbreitet ist, eine wesentliche Rolle.

Während die Gelbfiebermücke der wichtigste Vektor in Südamerika zu sein scheint, könnten auch die anderen Moskitoarten zur Übertragung des Virus beitragen. In Mitteleuropa sind v. a. die asiatischen Tigermücken (Aedes albopictus) vereinzelt anzutreffen und könnten somit einen möglichen Vektor darstellen. Vor allem eine mögliche Übertragung durch diese Mückenart beinhaltet etliche Probleme, da sie nicht nur tagaktiv ist, sondern auch mehrere Personen im Lauf ihres Lebenszyklus stechen kann und somit einen effizienten Überträger von Erkrankungen darstellt.

Sexuelle Übertragung

Mittlerweile wurde eine Übertragung durch Geschlechtsverkehr in 10 Ländern beschrieben [26, 32, 38, 63]. Auch in Deutschland ist ein Fall einer sexuellen Übertragung bekannt geworden [27]. Bei allen Übertragungen waren symptomatische Männer mit Reiseanamnese in die Endemiegebiete beteiligt.

Der Übertragungsweg erfolgte durch ungeschützten vaginalen Geschlechtsverkehr, wobei alle Frauen kurz danach Symptome einer Zika-Virus-Infektion entwickelten. Das Virus wurde in 2 Fällen aus dem Sperma isoliert [36, 43]. Interessanterweise konnte das Virusgenom sogar 62 Tage nach Beginn der Symptome nachgewiesen werden [4, 58], länger als bei einer bestehenden Virämie, die 7 Tage betragen kann. Somit wäre theoretisch eine Übertragung auch nach der virämischen Phase mittels sexueller Kontakte möglich.

Da eine sexuelle Übertragung trotz der bislang geringen dokumentierten Fallzahl möglich ist [16, 32, 43, 63], müssen noch weitere klärende Studien bzw. Untersuchungen erfolgen. Vor allem sollte geklärt werden, ob eine Übertragung durch Geschlechtsverkehr auch von Frauen auf ihre Partner erfolgen kann und wie lange eine virale Ausscheidung im Genitalbereich stattfindet bzw. relevant ist.

Übertragung während Schwangerschaft und Wochenbett

Das Zika-Virus kann, auch wenn der Pathomechanismus noch derzeit unbekannt ist, die Plazentaschranke überwinden, da die virale RNA in der Amnionflüssigkeit bei schwangeren Frauen mit der Diagnose einer fetalen Mikrozephalie nachgewiesen wurde [49]. Kürzlich konnten Zika-Virus-IgM-Antikörper in der Gehirnflüssigkeit bei 97 % und im Serum bei 90 % von 31 untersuchten Neugeborenen mit Mikrozephalie festgestellt werden [14], was wiederum sowohl auf die Überwindung der Plazentabarriere als auch auf eine neurotrope Wirkung des Virus hinweist [14].

Obwohl das Virus in der Muttermilch nachgewiesen werden konnte, sind derzeit noch keine Übertragungsfälle auf das Neugeborene berichtet worden. Zurzeit wird Frauen in Endemiegebieten empfohlen, weiter zu stillen [9, 25, 62].

Klinischer Befund

Allgemeine Symptomatik

In bis zu 80 % der Fälle ist der Infektionsverlauf a‑ bzw. oligosymptomatisch, wobei die meisten Symptome nur 7 Tage anhalten [24, 26, 51, 60]. Die Inkubationszeit liegt zwischen 3 und 12 Tagen.

Die wichtigsten Symptome sind Fieber und Kopfschmerzen [7, 60]. Nach der Epidemie im Jahre 2007 wurden an 31 Patienten die folgenden Symptome ebenfalls beobachtet:

  • Hauterscheinungen,

  • Fieber,

  • Arthralgie bzw. arthritisähnliche Beschwerden,

  • nichteitrige Konjunktivitis [24].

Die derzeitige Definition des Erkrankungsbilds beinhaltet mindestens 2 dieser 4 Symptome [47]. Da die bestehenden Symptome sehr uncharakteristisch sind, sollten auch weitere Infektionserkrankungen differenzialdiagnostisch in Erwägung gezogen werden (Tab. 1). Vor allem Dengue- bzw. Chikungunya-Virus-Infektionen verursachen ähnliche Symptome, kommen in den gleichen geographischen Regionen vor und werden sogar vom gleichen Vektor übertragen [24, 31, 33], sodass bei bestehender Reiseanamnese und klinischer Symptomatik u. a. an diese Differenzialdiagnosen gedacht werden sollte.

Tab. 1 Infektiologische Differenzialdiagnosen einer Zika-Virus-Infektion

Mittlerweile sind makulopapulöse Hauterscheinungen die wichtigsten Symptome, die bei 90 % aller infizierten Patienten auftreten und die denen von Masern ähneln [29, 33, 68]. Die Arthralgie bzw. die arthritisähnlichen Symptome manifestieren sich an den kleinen Gelenken der Extremitäten und können bis zu einem Monat persistieren [68]. Seltenere Manifestationen einer Zika-Virus-Infektion beinhalten unspezifische Krankheitsgefühle, Druck hinter den Augen, Schwindel, Anorexie, Magenbeschwerden, Aphten, Hämatospermie oder Prostatitis [2, 12, 26, 33, 35, 43].

Schwere klinische Verläufe mit notwendigem Krankenhausaufenthalt sowie infektionsbedingte Todesfälle sind zwar möglich, werden aber als selten eingeschätzt und betrafen bislang nur Personen mit ausgeprägten Vorerkrankungen [24, 37, 68].

Neurologische Erkrankungen

Das Zika-Virus ist mit einer Reihe von neurologischen Erkrankungen beim Erwachsenen assoziiert. Das Virus kann die Plazenta infizieren und überwinden [39, 46, 56, 64] und somit durch die Infektion von kortikalen neuronalen Stammzellen über eine herbeigeführte Apoptose und Autophagie die neuronale Entwicklung beeinflussen [15].

Guillain-Barré-Syndrom

Während die meisten Zika-Virus-Infektionen selbstlimitierend ohne schwerwiegende Folgen waren, konnte aufgrund einer Fall-Kontroll-Untersuchung aus der Epidemie in Französisch-Polynesien im Jahre 2013 ein erster wissenschaftlich belegter Zusammenhang zwischen Zika-Virus-Infektion und GBS gezeigt werden [11]. Während dieses Ausbruchs war die Inzidenz eines GBS um das 20-Fache erhöht [48]. Das GBS ist eine Autoimmunerkrankung, die das periphere Nervensystem befällt und zu einem Verlust der neuronalen Markscheiden führt, was zu Gesichtslähmungen, Muskelschmerzen, Muskelfunktionsstörungen bis hin zur Paralyse der Extremitäten bzw. der Atemmuskulatur führt. Ein ähnlicher Zusammenhang konnte auch im derzeitigen Endemiegebiet beobachtet werden [48].

Mikrozephalie

Eine Mikrozephalie kann mehrere Ursachen haben (Tab. 2). Darunter zählen auch Toxoplasmose, Treponema pallidum, Windpocken, Parvovirus B19, Röteln, Zytomegalie-Virus (CMV) oder Herpes-simplex-Virus (HSV) [3, 28, 44]. Das Zika-Virus wird mittlerweile als eine neue infektiöse Ursache der Mikrozephalie angesehen [57]. Dabei werden die betroffenen Kinder mit einem zu kleinen Kopf geboren, schwerwiegende neurologische Störungen und geistige Behinderung kommen manchmal hinzu. Allerdings wird noch das genaue Ausmaß dieses Zusammenhangs der bereits beschriebenen Fälle diskutiert.

Tab. 2 Differenzialdiagnostische Ursachen einer Mikrozephalie [3, 28, 44]

Anhand der Zika-Virus-Epidemie in Französisch-Polynesien wurde das Risiko einer Mikrozephalie von Kindern, die von im ersten Trimenon infizierten Müttern geboren wurden, auf etwa 1 % geschätzt. Hingegen wurden in einer Kohortenuntersuchung aus Brasilien kindliche Auffälligkeiten (einschließlich Totgeburten, Wachstumsretardierungen und Mikrozephalie) bei 29 % der Feten von infizierten Müttern während aller Trimester beobachtet [10, 13].

Die Einschätzung des Risikos, nach einer Infektion ein Kind mit neurologischen Auffälligkeiten zu gebären, ist derzeit überaus schwierig. In einer Fall-Kontroll-Studie aus der Epidemie in Polynesien wurde die Häufigkeit einer Mikrozephalie nach Infektion im 1. Trimenon mit etwa 1:100 pro 10.000 infizierte Schwangere (95 Fälle (95 %-Konfidenzintervall [95 %-KI] 34–191)) angegeben mit einer normalen Mikrozephalieprävalenz von 0,02 % [13]. Nach Auswertung der Daten aus der Region Bahia (Brasilien) wird das Risiko, ein Kind mit Mikrozephalie nach einer Infektion im 1. Trimenon zu entbinden, ebenfalls auf 1–13 % geschätzt [34].

Das Risiko einer Mikrozephalie bei einer Infektion im 1. Trimenon wurde mit bis zu 46,7 % berechnet

In einer statistischen Analyse, in der die Sekundärdaten aus der Brasilienepidemie mithilfe mathematischer Modelle analysiert wurden, wurde eine Übertragungswahrscheinlichkeit von 30 % für eine Zika-Virus-Infektion bei einer seronegativen Erkrankung als Grundlage genommen [45]. Dabei wurde das Risiko einer Mikrozephalie bei einer Infektion im 1. Trimenon mit 46,7 % (95 %-KI: 9,1–84,2) berechnet [45], was mit dem Risiko eines kongenitalen Rubellasyndroms (CRS) nach Infektion im 1. Trimenon vergleichbar ist [28]. Allerdings variiert das generelle Risiko einer Mikrozephalie zwischen 14 und 100 % [45]. Während das Risiko einer Mikrozephalie bei einer Infektion im 1. Trimenon zwischen 1 und 47 % angegeben bzw. errechnet wurde, scheint das entsprechende Risiko bei einer Infektion im 2. und 3. Trimenon vernachlässigbar zu sein [34]. Dies wird durch eine aktuelle Untersuchung in Kolumbien bestätigt, wo Schwangere, die sich im 3. Trimenon infiziert hatten, alle gesunde und unauffällige Kinder zur Welt brachten [53].

Diagnostik

Die klinische Diagnose einer Zika-Virus-Infektion ist aufgrund von ähnlichen klinischen Symptomen anderer Erkrankungen durch Arboviren erschwert. Hinzu kommt, dass sowohl das Dengue-Virus als auch das Chikungunya-Virus in den gleichen geographischen Gebieten vorkommt. Auch können andere Infektionserkrankungen ähnliche Symptome auslösen (Tab. 1).

Demzufolge werden molekularbiologische Methoden genutzt, um die virale RNA nachzuweisen. Daneben können IgG- und IgM-Antikörper im Serum bestimmt werden. Für die Antikörperbestimmung stehen etliche Methoden, einschließlich indirekte Immunfluoreszenztest (IFT) oder Enzymimmunoassay (EIA), zur Verfügung. Allerdings kann es aufgrund der Fülle genetischer und antigener Ähnlichkeit mit anderen Flaviviren (z. B. Dengue-Virus) zu Kreuzreaktionen kommen. Ein positiver Antikörpernachweis kann mittels Neutralisationstest weiter abgeklärt werden [35], wobei dieser derzeit nur in Speziallaboratorien durchgeführt wird.

Molekularbiologischer Nachweis einer Zika-Virus-Infektion

Das virale Genom konnte im Blut (Serum und Plasma), Speichel, Sperma und Urin [17, 29, 42, 43] nachgewiesen werden. Interessanterweise konnte die virale RNA bis zu 3 Wochen nach Beginn der klinischen Symptome im Urin festgestellt werden, während zu diesem Zeitpunkt das Virus in Blutproben nicht nachweisbar war. Somit scheint eine Bestimmung des viralen Genoms im Urin v. a. bei einer länger zurückliegenden Infektion sinnvoll zu sein.

Die virale RNA kann bis zu 3 Wochen nach Beginn der klinischen Symptome im Urin nachgewiesen werden

Der erste Anhaltspunkt auf eine Infektion ist aufgrund der uncharakteristischen Symptome anamnestisch eine kürzlich durchgeführte Reise in Endemiegebiete (Abb. 1). Dabei sollte ebenfalls aufgrund einer möglichen sexuellen Übertragung auch ein eventueller Aufenthalt des Sexualpartners in „Zika-Virus-Gebieten“ bedacht werden.

Abb. 1
figure 1

Algorithmus bei Zika-Virus-Infektion. MRT Magnetresonanztomographie, PCR Polymerase-Kettenreaktion, RT reverse Transkription

Zu Beginn der Erkrankung lässt sich das Virus im Blut und im Urin direkt nachweisen (reverse Transkription mit nachfolgender Polymerase-Kettenreaktion, RT-PCR). Demzufolge wird bis zum 7. Tag nach Beginn der Symptome ein Virusnachweis aus Serum bzw. Plasma sowie Urin empfohlen. Vom 8. bis zum 27. Tag sollten ein Genomnachweis nur aus dem Urin sowie eine Antikörperbestimmung (IgM und IgG) aus dem Serum erfolgen. Falls der Symptombeginn länger als 28 Tage zurückliegt, kommt nur eine serologische Bestimmung (IgM- und IgG-Antikörper) zum Nachweis einer akuten bzw. abgelaufenen Infektion in Betracht (Abb. 1).

Prinzipiell kann bei Reiserückkehrern mit symptomatischer Erkrankung eine Diagnostik durchgeführt werden. Falls Reiserückkehrer keine Symptome zeigen, erscheint eine serologische Untersuchung nur bei aktuell schwangeren Frauen bzw. deren Geschlechtspartnern sinnvoll ([19 ,20, 47, 59]; Abb. 1).

Schwangere mit Reiseanamnese in Endemiegebiete

Schwangere, die kürzlich eine Reise in Endemiegebiete hinter sich haben, können getestet werden [47, 55]. Dabei ist zu beachten, ob die Schwangeren klinische Symptome aufweisen oder nicht (Infobox 1). Während das Center of Disease Control (CDC) den relevanten Zeitraum der zurückliegenden Reise auf 2–12 Wochen definiert [47, 55], gibt das Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin die zurückliegende Reise innerhalb der letzten 3 Wochen als sinnvollen Zeitraum für eine Testung an [8].

Infobox 1 Diagnostik bei Schwangeren mit Reiseanamnese in Endemiegebietea

  • Mit Symptomen:

    • Eine Testung auf Zika-Virus mithilfe einer Polymerase-Kettenreaktion (RT-PCR) oder durch Nachweis von IgM wird empfohlen

  • Ohne Symptome:

    Eine Antikörpertestung nach einer Reise in Endemiegebiete kann angeboten werden (IgG und IgM)

Ultraschalluntersuchungen

Erweiterte Ultraschalluntersuchungen werden für alle Schwangeren empfohlen, die in Zika-Virus-Endemiegebieten leben oder dorthin gereist sind. Schwangere mit Exposition zu Zika-Virus sollten eine Basisultraschalluntersuchung erhalten [6]. Es erscheint sinnvoll, die 1. Ultraschalluntersuchung 3–4 Wochen nach Auftreten der Symptome bzw. nach der Reise durchzuführen [35]. Bei Schwangerschaften >14 + 0 Schwangerschaftswochen (SSW) sollte diese:

  • eine allgemeine Beurteilung der fetalen Anatomie;

  • eine fetale Biometrie mit Bestimmung des biparietalen Durchmessers (BPD), des Kopfumfangs (KU), des Abdomenumfangs (AU), der Femurlänge (FL) und des transzerebellären Durchmessers (TCD) sowie

  • eine gezielte Beurteilung der zerebralen Anatomie (Weite der Seitenventrikel, Suche nach Echogenitätsvermehrung)

beinhalten [19, 54]. Da die häufigsten Auffälligkeiten das fetale Gehirn betreffen, sollte sich der Fokus der Ultraschalluntersuchung u. a. auch auf intrakranielle Verkalkungen, Mikrozephalie bzw. auch andere sonographische Auffälligkeiten erstrecken.

Bei Müttern mit positivem Testergebnis sollten sequenzielle Ultraschalluntersuchungen alle 3–4 Wochen erfolgen. Auch Schwangere, die negativ getestet wurden, aber eine positive Reiseanamnese haben, könnten ebenfalls mit sequenziellen Ultraschalluntersuchungen beobachtet werden, da der Verlauf einer Zika-Virus-Infektion und die klinische Manifestation beim ungeborenen Kind derzeit noch unklar sind. Allerdings gibt es für die sonographischen Kontrolluntersuchungen dieser Schwangeren derzeit keine Empfehlungen. Ein negativer Zika-Virus-IgM-Befund 2–12 Wochen nach einer Reise kann eine Zika-Virus-Infektion nicht komplett ausschließen, wobei allerdings serielle Ultraschalluntersuchungen überflüssig werden.

Mittlerweile wurden auch Empfehlungen für die sonographische Beurteilung und Diagnose einer Mikrozephalie während der Schwangerschaft veröffentlicht [1, 54, 61]. Falls auffällige Befunde auftreten, könnte eine Amniozentese mit einer Zika-Virus-Testung erfolgen. Allerdings sind einige Aspekte, wie z. B. die Dauer einer möglichen vertikalen Transmission nach mütterlicher Primärinfektion oder die Sensitivität und Spezifität einer RT-PCR in der Amnionflüssigkeit, noch weitgehend unklar. Ebenfalls wäre eine fetales Magnetresonanztomographie (MRT) möglich, um das genaue Ausmaß bzw. weitere Auffälligkeiten zu evaluieren [54].

Neugeborene

Mittlerweile sind v. a. aus dem amerikanischen Bereich Empfehlungen über das Vorgehen bei Neugeborenen aus Risikoschwangerschaften erschienen [62]. Demnach sollten Neugeborene von Frauen mit einer Reise in Endemiegebieten, die während der Schwangerschaft eine fetale Mikrozephalie bzw. andere sonographische ZNS-Auffälligkeiten zeigen, bzw. Neugeborene von positiv bzw. unklar getesteten Schwangeren untersucht werden. Eine Testung des Neugeborenen mittels RT-PCR und IgM-Antikörper auf Zika-Virus sollte möglichst innerhalb der ersten 2 Tage nach Geburt erfolgen. Ebenfalls sollte eine Testung auf IgM-Antikörper gegen das Dengue-Virus durchgeführt werden. Die amerikanische Leitlinie empfiehlt ebenfalls die histopathologische Evaluation der Plazenta bzw. der Nabelschnur mit immunhistochemischen bzw. molekularbiologischen Methoden an paraffinfixiertem bzw. gefrorenem Gewebe. Solche Untersuchungen sind aber häufig nur in Speziallaboren möglich.

Therapie

Es gibt keine gezielte Therapie einer Zika-Virus-Infektion. Eine manifeste Erkrankung wird symptomatisch mit Schmerzmitteln, fiebersenkenden Medikamenten und der Zufuhr von reichlich Flüssigkeit behandelt. Allerdings sollte der Einsatz von nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR) aufgrund ihrer gerinnungshemmenden Wirkung erst nach Ausschluss eines Dengue-Fiebers erfolgen. Da Paracetamol keine Gerinnungskomponente besitzt, wäre diesem NSAR, v. a. während einer Schwangerschaft, der Vorzug zu geben.

Eine aktive oder passive Immunisierung steht derzeit nicht zur Verfügung. Eine bereits durchgemachte Zika-Virus-Infektion schützt aller Voraussicht nach vor einer weiteren Infektion mit demselben Erreger.

Prävention

Schwangerschaft nach abgelaufener Zika-Virus-Infektion

Eine bereits durchgemachte Zika-Virus-Infektion scheint kein erhöhtes Risiko für eine zukünftige Schwangerschaft darzustellen [47]. Es gibt keinerlei Hinweise, dass eine abgelaufene Infektion vor der Schwangerschaft zu einem erhöhten Risiko von kindlichen Fehlbildungen führt. Allerdings wird empfohlen, bis etwa 8 Wochen nach letzter Exposition keine Schwangerschaft anzustreben [47].

Frauen mit Kinderwunsch

Frauen mit Kinderwunsch sollten mindestens 8 Wochen nach Symptombeginn warten, um schwanger zu werden. Bei Männern liegt der derzeitige empfohlene Zeitraum bei 6 Monaten. Diese Zeiträume basieren auf einer Berechnung der höchstmöglichen Inkubationszeit von 2 Wochen sowie der Verdreifachung der längsten vorläufig beobachteten Virämie von 11 Tagen. Dabei wird bei Paaren mit bestehendem Kinderwunsch nach einer Reise in Endemiegebiete ohne klinische Symptome keine Zika-Virus-Testung empfohlen [28, 47, 55].

Schutz des Personals in geburtshilflichen Einheiten

Auf den geburtshilflichen Stationen und in Kreißsälen sollten die regulären Vorsichtsmaßnahmen und Hygienevorschriften beachtet werden [50].

Übertragung durch Geschlechtsverkehr

Da eine Übertragung durch Geschlechtsverkehr möglich ist, sind mittlerweile einige Empfehlungen zur Prävention erschienen [52]. Männer von schwangeren Frauen, die in Zika-Virus-Endemiegebieten wohnen oder dorthin reisen, sollten entweder keinen Geschlechtsverkehr haben oder konsequent Kondome über den gesamten Zeitraum der Schwangerschaft nutzen [52].

Vermeidung von Reisen

Fast alle nationalen und internationalen Organisationen empfehlen, berufliche und private Reisen in Zika-Virus-Endemiegebiete während der Schwangerschaft zu vermeiden. Auch das Auswärtige Amt der Bundesrepublik Deutschland [5], die Deutsche Gesellschaft für Tropenmedizin [20] sowie die Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG) raten Schwangeren von Reisen in Verbreitungsgebiete des Zika-Virus ab.

Vermeidung von Mückenstichen

Ist eine Reise in Endemiegebiete nicht vermeidbar, sollten Vorkehrungen zum Schutz vor Mückenstichen getroffen werden. Auch Personen, die gerade eine Zika-Virus-Infektion durchmachen oder gerade aus Endemiegebieten zurückkehren, sollten sich vor Mückenstichen schützen, um eine Weiterverbreitung des Virus zu vermeiden (Infobox 2).

Infobox 2 Wirksame Maßnahmen zur Vermeidung von Mückenstichen

  • Meidung von ruhenden/stillen Gewässern.

  • Nutzung von Moskitonetzen; häufig wird eine Imprägnierung mit Insektiziden (z. B. Permethrin) empfohlen.

  • Bedeckung des Körpers mit Kleidung (z. B. lange Hosen und Hemden).

    • Dabei ist zu beachten, dass die Mücken, die das Zika-Virus übertragen, auch weitere Viren (Dengue-Virus und Chikungunya-Virus) übertragen können und tagaktiv sind. Somit sollte die lange Kleidung v. a. tagsüber und in den Abendstunden getragen werden.

  • Schutz von Hautstellen, die nicht durch Kleidung bedeckt sind, durch Gebrauch eines Antimückensprays (Repellent).

  • Aufenthalt in geschlossenen Räumen mit Insektengitter oder Klimaanlage.

Globale Großveranstaltungen

Da das Zika-Virus sich rasant weltweit ausbreitet, wurden zahlreiche Beurteilungen zur möglichen Ausbreitung über Großveranstaltungen, wie die Olympischen und Paraolympischen Spiele in Brasilien diskutiert. Nach Zusammentragen aller Informationen zur internationalen Ausbreitung, Großveranstaltungen, reisemedizinische Besonderheiten u. a. ist das Internationale Olympische Komitee zu dem Schluss gekommen, dass das Risiko einer Ausbreitung des Zika-Virus als Folge der internationalen Veranstaltung der Olympischen und Paraolympischen Spiele in Brasilien nur gering ist. Einerseits wird die Übertragung der Viren im brasilianischen Winter als (im Vergleich zum Sommer) geringer eingestuft und andererseits werden die verstärkten Kontrollmaßnahmen zur Verminderung der Ausbreitung der Vektoren in und um die Austragungsorte weiterhin durchgeführt, sodass das Übertragungsrisiko weiter reduziert wird [67].

Mittlerweile sind etliche Maßnahmen in den allgemeinen Medien bekannt geworden. So möchte das brasilianische Organisationskomitee unter den Sportlerinnen und Sportlern kostenlos Kondome verteilen. Ebenso sollte im Olympischen Dorf nun jedes Zimmer, im Vergleich zur vorangegangenen Planung, mit einer Kühlanlage (Aircondition) ausgestattet werden. Aus diesem Grund gab es keinen Anhalt, die Olympischen Spiele zeitlich oder geographisch zu verschieben. Mittlerweile sind die Olympischen Spiele in Rio/Brasilien erfolgt, ohne dass von vermehrten Zika-Virus-Infektionen und möglichen Komplikationen berichtet wurde. Allerdings gelten weiterhin die Vorsichtsmaßnahmen wie z. B. die Vermeidung von Reisen in Endemiegebieten von Schwangeren.

Weiterführende Literatur ist Infobox 3 zu entnehmen.

Infobox 3 Weiterführende internetbasierte Literatur

Allgemeine Informationen

  • Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin: www.bnitm.de. Zugegriffen: 26. August 2016

  • Centers for Disease Control and Prevention (CDC): http://www.cdc.gov. Zugegriffen: 26. August 2016

  • Deutsche Gesellschaft für Tropenmedizin (DTG): www.dtg.org. Zugegriffen: 26. August 2016

  • Europäisches Zentrum für die Prävention und Kontrolle von Krankheiten (ECDC): http://ecdc.europa.eu/en/Pages/home.aspx. Zugegriffen: 26. August 2016

  • Pan American Health Organization: www.paho.org. Zugegriffen: 26. August 2016

  • Robert Koch-Institut (RKI): www.rki.de. Zugegriffen: 26. August 2016

  • Weltgesundheitsorganisation (WHO): www.who.int. Zugegriffen: 26. August 2016

  • Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG): www.dggg.de. Zugegriffen: 26. August 2016

Aktuelle Karten zu Ländern mit bekannter Übertragung

Fazit für die Praxis

  • Die Übertragung des Zika-Virus erfolgt über infizierte Mücken (insbesondere Aedes aegypti). Auch eine Übertragung durch Geschlechtsverkehr ist möglich. Zika-Virus-Endemiegebiete liegen derzeit v. a. auf dem amerikanischen Kontinent. Das Erkrankungsrisiko in Europa ist gering.

  • Die Zika-Virus-Infektion verläuft meist a‑ bis oligosymptomatisch, ist aber auch mit einer Reihe von neurologischen Erkrankungen (z. B. Guillain-Barré-Syndrom) beim Erwachsenen assoziiert. Schwangere haben insbesondere im 1. Trimenon ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung einer fetalen Mikrozephalie.

  • Das Virus kann molekularbiologisch oder durch Antikörpertestung nachgewiesen werden. Bei Schwangeren mit positivem Testergebnis werden regelmäßige Ultraschalluntersuchungen empfohlen.

  • Schwangere sollten Reisen in Endemiegebiete meiden. Aus Endemiegebieten kommende oder dort wohnende Partner von Schwangeren sollten über den gesamten Zeitraum der Schwangerschaft bei Geschlechtsverkehr konsequent Kondome nutzen.