Art und Intensität einer modernen onkologischen Behandlung richten sich nach den biologischen Eigenschaften und dem mutmaßlichen Verlauf einer Tumorerkrankung. Das Motto „Viel hilft viel“ gehört dabei der Vergangenheit an und erspart vielen Patientinnen in der adjuvanten Therapiesituation unnötige Morbidität und Nebenwirkungen und der Solidargemeinschaft unnötige Kosten.

Fünf Beiträge in dieser Ausgabe von Der Gynäkologe fokussieren auf die wichtigsten Prognose und Prädiktionsmarker, nach denen in der gynäkologischen Onkologie Therapieentscheidungen sowohl in der primären als auch in der metastasierten Situation getroffen werden. Hierbei spielen klassische klinische Parameter, wie das Tumorstadium, ebenso wie Hormon- und Wachstumsfaktorrezeptoren sowie molekularbiologische Parameter, wie der BRCA-Status, eine entscheidende Rolle.

Noch werden Genexpressionsanalysen nicht nachhaltig von der GKV erstattet

Eine besondere Bedeutung haben Genexpressionsanalysen für die Therapieentscheidung beim frühen Mammakarzinom. Sie sind in der Lage, bei etwa 60 % aller Brustkrebspatientinnen mit hormonsensiblen, Her-2-negativen, nodal-negativen und N1–3 Lymphknoten diejenigen herauszufiltern, die mit einer alleinigen adjuvanten Antihormontherapie nur ein geringes Risiko (< 10 %) haben, innerhalb von 10 Jahren Fernmetastasen zu erleiden. In einer Nutzen-Risiko-Abwägung kann bei Frauen mit einem derartig geringen Risiko für die Entwicklung von Fernmetastasen auf eine adjuvante Chemotherapie verzichtet werden. Der Nutzen einer Chemotherapie liegt hier bei einem Überlebensvorteil von 3 %, wobei auch in gleichem Prozentsatz schwerwiegende Nebenwirkungen auftreten können.

Ökonomische Analysen attestieren dem Einsatz dieser Tests darüber hinaus ein immenses Einsparpotenzial an Therapie- und Chemotherapiefolgekosten. In internationalen Leitlinien, wie von NCNN, ESMO, St. Gallen und NICE, sind derartige Tests positiv bewertet und empfohlen. Und obwohl zu einigen dieser Tests bereits seit 2014 Level-Ib-Evidenz gemäß deutschen Leitlinien (S3 Mamma, AGO Mamma) vorliegt, ist eine Kostenerstattung im GKV-System noch nicht nachhaltig gewährleistet. Der Berliner Tagesspiegel griff diese Thematik im März 2015 auf. Drastisch wurde beschrieben, wie schwer man sich in Deutschland mit der Umsetzung medizinsicher Innovationen zugunsten der Patientenversorgung tut (http://www.tagesspiegel.de/wissen/brustkrebsgentest-endloses-pruefen-fahrlaessige-koerperverletzung/11485980.html).

Die Bewertung erfolgt aktuell durch das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG), der abschließende Bericht soll Ende 2015 vorliegen. Wir hoffen auf eine sachliche Entscheidung im Sinne unserer Patientinnen und wünschen Ihnen viel Freude bei der Lektüre der Schwerpunktartikel.

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Prof. Dr. Marion Kiechle

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Prof. Dr. Walter Jonat