Infektionen während der Schwangerschaft sind besonders gefürchtet, da nicht nur die Mutter, sondern auch das Kind gefährdet ist. Systemische mütterliche Infektionen sind häufig mit einem Abort, einer Früh- oder auch Totgeburt assoziiert. Eine präpartale Transmission ist während der akuten oder chronischen systemischen Ausbreitung einer Infektion im mütterlichen Organismus möglich. Einige Erreger besitzen die besondere Fähigkeit, über die Plazentaschranke oder die fetalen Membranen Zugang zum Fetus zu bekommen (Tab. 1). Infektionsbedingte Komplikationen für das Kind beinhalten u. a. eine direkte (Embryopathie, Fetopathie) sowie indirekte fetale (Frühgeburt, Spontanabort) Schädigung. Bei klinischem bzw. sonographischem Verdacht auf eine Infektion während der Schwangerschaft oder eine fetale Schädigung ist die sog. „TORCH-Serologie“ obligater Bestandteil der Diagnostik [12, 20]:

Tab. 1 Zusammenhang zwischen Erregern und Infektionen der Plazenta, Aborten, Frühgeburten und fetalen Infektionen. (Aus [12, 20])

T  Toxoplasmose;

O  “others“ (Hepatitis, HIV, Syphilis, Lues etc.?);

R  Röteln;

C  Zytomegalie;

H  Herpes simplex.

Toxoplasmose

Toxoplasma gondii, der Erreger der Toxoplasmose, gehört als Protozoon zu den Sporozoen. Die zyklische Entwicklung dieser Spezies spielt sich im Darm von Katzen oder katzenartigen Tieren ab, die den Hauptwirt von Toxoplasma gondii darstellen. Menschen und Säugetiere nehmen die Oozysten, die der Hauptwirt über den Kot ausscheidet, oral auf, z. B. Schwangere, die eine Katze versorgen und dabei in den Kontakt mit deren Kot gelangen. Eine weitere wichtige Infektionsquelle stellt der Verzehr von toxoplasmazystenhaltigem, rohem oder ungenügend erhitztem Fleisch dar [12].

Das Risiko für eine pränatale Infektion besteht bei immunkompetenten Frauen nur bei einer Erstinfektion während der Schwangerschaft.

Am häufigsten verläuft eine Toxoplasmoseinfektion bei einer Schwangeren symptomlos. Es können aber auch unspezifische, „grippeartige“ Anzeichen auftreten, z. B. Müdigkeit, Muskel- und Gliederschmerzen, Fieber. Schwere Verlaufsformen mit u. a. Enzephalitis, Pneumonie, Myokarditis treten extrem selten und vorwiegend bei immuninsuffizienten Menschen, z. B. Aids-Patienten, auf [12].

Das Risiko einer pränatalen Infektion steigt mit der Dauer der Schwangerschaft, gleichzeitig nimmt die Schwere des Krankheitsbildes beim Fetus im Verlauf der Schwangerschaft ab [12, 20]. Eine Erstinfektion der Schwangeren im 1. Trimenon führt in 5–25% der Fälle zu einer pränatalen Infektion, die häufig zu einer schweren Schädigung bzw. einem Abort führt. Im 2. Trimenon erfolgt die Übertragung auf bis zu 40% der Feten mit einem meist mittelschweren Krankheitsbild und im 3. Trimenon werden 65–100% der Kinder infiziert mit meist geringen Krankheitsfolgen. Nur etwa 1% erleidet die klassischen Manifestationen: Chorioretinitis, Hydrozephalus, intrazerbrale Verkalkungen mit postenzephalitischen Schäden. Jedoch können bei Geburt symptomarme Kinder im Verlauf ihres späteren Lebens unter einer mentalen Retardierung oder Chorioretinitis leiden.

Ein Screening auf Toxoplasmose im Rahmen der Schwangerschaft ist in den Mutterschaftsrichtlinien generell nicht vorgesehen, wird den Schwangeren aber in der Regel von ihren Frauenärzten empfohlen. Sinnvollerweise sollte eine Serologie möglichst früh in der Schwangerschaft erfolgen, um Probleme bei der Befundinterpretation möglichst zu vermeiden. Wünschenswert wäre natürlich die Kenntnis des Immunstatus vor einer geplanten Schwangerschaft. Schwangere ohne Immunität sollten über Präventionsmaßnahmen aufgeklärt und alle 8 bis 12 Wochen serologisch kontrolliert werden. Frauen mit einem positivem IgG- und negativem IgM-Titer besitzen eine Immunität und müssen nicht weiter untersucht werden. Der typische Ablauf einer Immunantwort je nach Infektionsstatus ist in Tab. 2 dargestellt. Probleme bei der Interpretation bereiten vorwiegend — teilweise über Jahre nach einer akuten Infektion — persistierende IgM- und IgA-Titer. Deren Nachweis bedeutet somit nicht immer eine akute Infektion. Die Titer müssen im Verlauf von 2 bis 3 Wochen nachkontrolliert werden, jedoch darf bei begründetem Verdacht auf eine Toxoplasmoseinfektion die Therapieeinleitung nicht verzögert werden [12]. Auf jeden Fall sollte bei einer vermuteten Infektion eine sonographische Verlaufskontrolle des Fetus auf Auffälligkeiten, z. B. zerebrale Verkalkung, erfolgen. Bei einem sonographisch unauffälligen Kind muss mit den Eltern eine invasive pränatale Diagnostik diskutiert werden mit der Möglichkeit eines direkten Erregernachweises durch PCR aus dem Fruchtwasser. Eine Fruchtwasseruntersuchung ist aussagekräftig, wenn die Infektion länger als 4 Wochen zurückliegt, das Gestationsalter mindestens 16 Wochen entsprechen und noch keine weitergehende Therapie als mit Spiramycin erfolgt sein.

Tab. 2 Serologische Stadien der Toxoplasmainfektion post infectionem. (Nach [20])

Ein Schwangerschaftsabbruch ist bei nachgewiesener pränataler Infektion, vor allem einer sonographisch festgestellten Schädigung, in Erwägung zu ziehen.

Auch bei hochgradigem Verdacht stellt die sofortige Einleitung einer Therapie bis zur weiteren Abklärung eine notwendige Maßnahme dar. Die medikamentöse Therapie sollte dabei nach folgendem Schema ablaufen:

Bis zum Ende der 15. Schwangerschaftswoche (SSW):

  • Spiramycin 3,0 g (=9 MIU) pro Tag in drei Teildosen;

ab der 16. SSW eine Kombinationstherapie aus:

  • Sulfadiazin: 50 mg/kg/Tag bis 4, 0 g oral in 4 Teildosen und

  • Pyrimethamin: 50 mg am ersten Tag, 25 mg an den weiteren Tagen oral als Einmaldosis und

  • Folinsäure: 10 bis 15 mg/Tag oral über 4 Wochen.

Falls sich eine Toxoplasmoseinfektion bestätigt oder weiterhin vermutet wird, sollte die Therapie bis zum Ende der Schwangerschaft erfolgen und zwar folgendermaßen: die vierwöchige Kombinationstherapie mit Sulfadiazin, Pyrimethamin und Folinsäure wird mit einer vierwöchigen Spiramycintherapie abgewechselt. Es müssen wöchentliche Blutbildkontrollen zur Überwachung der Hämatopoese erfolgen. Diese Angaben sind auch auf der Webseite des Robert-Koch-Instituts (http://www.rki.de) nachzulesen, dort finden sich auch Informationen über die Therapie des Neugeborenen (bis zu einem Jahr postpartal).

Eine Aufklärung der Schwangeren zu Präventionsmaßnahmen der Toxoplasmose sollte folgende Empfehlungen beinhalten:

  • kein Verzehr von rohem oder nicht gut durchgebratenem Fleisch,

  • rohes Gemüse oder Obst gut waschen,

  • regelmäßiges Händewaschen mit Seife, vor allem nach Küchen- oder Gartenarbeit und vor dem Essen,

  • Hauskatzen sollten nur mit Dosen-/Trockenfutter ernährt werden, und die Kotkästen sind von anderen Personen täglich mit heißem Wasser zu reinigen.

Hepatitis

Hepatitis A

Die Hepatitis A wird durch das Hepatitis-A-Virus (HAV) hervorgerufen. Das Virus wird fäkal-oral übertragen. Die Infektion verläuft akut und heilt bei Immunität aus, wobei eine Chronizität und Entwicklung einer Leberzirrhose nicht bekannt sind. Eine vertikale [29] und intrauterine Transmission [16] werden in Einzelfällen beobachtet. Die pränatale Infektion kann mit Hydrops fetalis und dem Bild einer Sepsis verlaufen [16]. Die postnatale Erkrankung ist gutartig. Ein Risiko für den Fetus besteht nur in Einzelfällen [25]. Selten wurde ein fulminanter Verlauf der akuten Hepatitis A mit letalem Ausgang für die Mutter (bis zu 0,14%) beobachtet. Bei Infektion in der Schwangerschaft besteht nur selten ein erhöhtes Risiko für den Fetus. Eine spezielle Therapie existiert nicht. Bei Gefährdung sollte eine aktive und passive Immunisierung erfolgen [18].

Bei einer akuten Hepatitis A der Mutter zum Geburtstermin ist eine passive Immunprophylaxe des Kindes anzustreben.

Eine Immunisierung des Kindes bei Erkrankung der Mutter ante partum ist sinnvoll, da die diaplazentar übertragenen maternalen Antikörper das Neugeborene nicht absolut schützten.

Hepatitis B

Die Hepatitis B wird durch das Hepatitis-B-Virus (HBV) verursacht und ist mit 200–300 Mio. infizierten Menschen weltweit die häufigste Hepatitisform. Die akute Infektion geht in 5–10% der Fälle in eine chronische Verlaufsform über und ist mit einem hohen Risiko für das Auftretens von Leberzirrhose und Leberzellkarzinom (HCC) vergesellschaftet. Der Verlauf einer akuten Hepatitis B wird durch eine Gravidität nicht beeinflusst. In der Schwangerschaft kann eine vertikale Transmission erfolgen, wobei das Risiko im 3. Trimenon stark ansteigt.

Bei Nachweis von maternalem HBeAg beträgt das Transmissionsrisiko 90%.

Bei einem HBsAg-Trägerstatus der Mutter besteht ein Risiko für den Feten von 40%, bei gleichzeitiger HBeAg-Positivität erhöht sich das Risiko auf 90% [15]. Unabhängig hiervon ist ein messbarer HBV-DNA-Spiegel im Serum der Mutter mit einer erhöhten Infektionsrate der Kinder assoziiert.

Bei Infektion in der Schwangerschaft steigt die Frühgeburtenzahl um das 3Fache. Die infizierten Kinder zeigen meist milde Verlaufsformen der Hepatitis B, allerdings sind chronische Verläufe mit den oben genannten Risiken in bis zu 90% der Fälle beschrieben. Die Diagnostik erfolgt serologisch bzw. molekularbiologisch. Entsprechend der Mutterschaftsrichtlinie sollte ein HBsAg-Screening im 3. Trimenon bei allen Schwangeren erfolgen. Bei Nachweis von HBsAg ist die Überprüfung des Anti-HDV-Antikörpers zur Diagnose einer akuten Hepatitis D notwendig. In der Schwangerschaft kann eine HBV-Impfung risikolos erfolgen. Alle Neugeborenen von HBsAg-positiven Müttern sollten bis maximal 12 h postpartal einer Simultanimpfung unterzogen werden (Tab. 3).

Tab. 3 Hepatitisinfektionen: diagnostische Antigen-/Antikörperbestimmungen. (Nach [20])

Da eine Übertragung des HBV von Müttern mit HBeAg und HBV-DNA-Positivität in fast allen Fällen angenommen werden muss, wird zur Prävention eine Kaiserschnittentbindung in Kombination mit einer simultanen Immunprophylaxe diskutiert [15].

Hepatitis C

Das Hepatitis-C-Virus (HCV) ist für etwa 90% der posttransfusioneIl akquirierten Hepatitiden verantwortlich, wobei allerdings das größte Risiko einer HCV-Infektion bei i.v.-Drogenkonsum besteht. Etwa 80% der Infektionen sind klinisch inapparent, 60–85% gehen über in eine chronische Verlaufsform mit erhöhtem Risiko für die Entwicklung einer Leberzirrhose und eines HCC. Der Infektionsnachweis gelingt nur serologisch bzw. molekularbiologisch mit hochsensitiven Testsystemen. Anti-HCV-IgM-Antikörper können nicht nachgewiesen werden.

Die Möglichkeit einer vertikalen HCV-Transmission wird kontrovers beurteilt. Insgesamt scheint das Risiko für das Neugeborene, sich perinatal zu infizieren, gering zu sein (<5%). Entscheidend ist aber, dass die vertikale Transmission bei bis zu 33% der Neugeborenen bei einer hohen Virusreplikation (>106Virionen/ml) der Mutter beobachtet wird [23]. Das potenzielle perinatale Infektionsrisiko für das Neugeborene scheint gering zu sein, steigt aber mit hoher maternaler Virusreplikation.

Insbesondere sollte bei der HCV-Infektion das Risiko einer Virusübertragung durch die Muttermilch bedacht werden, in Abhängigkeit von der quantifizierten Virämie der Mutter wurde in bis zu 31% der Fälle HCV-RNA als direkter Virusnachweis in der Muttermilch gefunden. Allerdings ist noch keine HCV-Transmission durch das Stillen beobachtet worden. Vor dem Stillen sollte bei Anti-HCV-positiven Müttern deshalb der HCV-RNA-Nachweis durchgeführt werden und bei einem positiven Testergebnis das Abstillen empfohlen werden.

Stillen sollte nur für Mütter ohne HCV-RNA-Nachweis diskutiert werden

HIV/Aids

Auf die besondere Situation HIV-positiver Schwangerer soll im Folgenden nur sehr kurz eingegangen werden, da im letzten Jahr ein Themenheft „Die HIV-Patientin in Gynäkologie und Geburtshilfe“ erschienen ist („Der Gynäkologe“, Bd. 38, Heft 8, August 2005) erschienen ist.

Lebensqualität und Überlebenszeit HIV-positiver Frauen ist in den letzten Jahren in der westlichen Welt dank einer verbesserten antiretroviralen Therapie so gestiegen, dass die HIV-Infektion heutzutage als eine chronische Erkrankung angesehen wird. Unter diesen veränderten Bedingungen entschließen sich immer mehr HIV-Infizierte, ein Kind zu bekommen, zumal im selben Zeitraum die vertikale Transmission mit geeigneten Maßnahmen auf 1–2% gesenkt werden konnte. Als medizinische Interventionen zur Reduktion der Übertragung des HI-Virus von der Mutter auf ihr Kind erwiesen sich folgende Maßnahmen als sinnvoll:

  • antiretrovirale Therapie/Prophylaxe für Mutter (je nach Immunstatus der Mutter) und Kind,

  • geplante Kaiserschnittentbindung vor Wehenbeginn (37+0–37+6 SSW) und

  • Stillverzicht, stattdessen Flaschennahrung,

  • Betreuung der Schwangerschaft an einem Schwerpunktzentrum:

Der letzte Punkt erscheint zur Transmissionssenkung sehr wichtig, da nur an einem Schwerpunktzentrum die interdisziplinäre Betreuung der Schwangeren durch Gynäkologen und Pädiater gewährleistet ist.

Syphilis

Die Syphilis wird durch Treponema pallidum ssp. pallidum hervorgerufen und kann praktisch nur sexuell übertragen werden. Die Häufigkeit einer kongenital erworbenen Syphilis ist in den westlichen Ländern extrem zurückgegangen, in Ländern der Dritten Welt stellt sie nach wie vor eine große Herausforderung dar. So wird angenommen, dass jedes Jahr ca. 1 Mio. Schwangerschaften von einer maternalen Syphilisinfektion betroffen sind: ca. 270.000 Kinder werden mit eine kongenitalen Syphilis geboren, 460.000 Schwangerschaften enden in einen Abort oder perinatalen Fruchttod und etwa 270.000 Kinder werden vorzeitig geboren oder haben ein geringeres Geburtsgewicht [10, 28]. Diese Zahlen sind um ein Vielfaches höher als bei anderen neonatalen Infektionen, einschließlich HIV und Tetanus (540.000 und 300.000 Fälle/Jahr) [28].

Die erworbene Syphilis (S. aquisita) wird von der angeborenen (S. connata) unterschieden. Die erworbene Syphilis ist eine zyklische Infektionskrankheit, bei der sich klinisch auffällige und klinisch unauffällige Stadien abwechseln, unterschieden werden 4 Stadien (Tab. 4). Die angeborene Syphilis tritt nur bei zu spät erkannter und nicht behandelter Infektion der Schwangeren auf.

Tab. 4 Stadien der Syphilis. (Nach [20, 24])

Zu jedem Zeitpunkt der Schwangerschaft, bevorzugt aber ab der 18. SSW, kann T. pallidum ssp. pallidum transplazentar übertragen werden.

Bei der frühen latenten und der späten latenten Syphilis sind die Patienten bis auf wenige Ausnahmen symptomfrei. Schwangere sollten in jedem Fall im 1. Trimenon und kurz vor der Geburt serologisch auf Syphilisantikörper untersucht werden. Es empfiehlt sich auch, bei Frauen nach einem Abort, einer Totgeburt und nach Frühgeburten eine Syphilisserologie durchführen zu lassen.

Syphilis kann jedes Krankheitsbild vortäuschen

Der direkte Erregernachweis kann im Dunkelfeld erfolgen. Als serologischer Suchtest gelangt der Treponema-pallidum-Hämagglutinations(TPHA)-Test zur Anwendung. Eine negativer Test schließt eine Infektion aus, wenn klinisch kein Verdacht auf eine Frühinfektion besteht. Nach Infektion bleibt der Test lebenslang positiv. Als Bestätigungstest wird der FTA-ABS(Fluoreszenz-Treponema-Antikörper-Absorptions)-Test genutzt. Zur Therapiekontrolle gelangen der VDRL(„veneral disease research laboratory“)-Test und der RPR(Rapid-Plasma-Reagin)-Test zur Anwendung.

Die Therapie erfolgt durch hochdosierte parenterale Penicillin-G-Gaben. Bei Penicillinallergie gelangen Cephalosporine oder Erythromycin zur Anwendung [19].

Röteln

Die durch das Rubellavirus hervorgerufenen Röteln zählen wegen ihrer hohen Fehlbildungsrate, das kongenitale Rubellasyndrom (CRS), welches primär Herz-, Augen- und Ohrfehlbildungen umfasst, zu den am meisten gefürchteten Infektionen in der Schwangerschaft. Die Übertragung des Erregers erfolgt durch Tröpfcheninfektion. Das Rötelnvirus befällt überwiegend die lymphadenoiden Organe, die Haut, Schleimhäute und Synovialgewebe, gelegentlich das perivaskuläre Gewebe und — in der Schwangerschaft — die Plazenta. Die Infektion ist mit einem Exanthem vergesellschaftet (Tab. 5).

Tab. 5 Charakteristika des Rötelnvirus. (Nach [12, 20])

Der Fetus kann diaplazentar infiziert werden. Bei der mütterlichen Erstinfektion liegen die fetalen Infektionsraten wesentlich höher als die Raten für Embryopathien. Die Häufigkeit des CRS liegt bei ca. 1:6000–120.000 Lebendgeborenen [4, 5, 6, 8, 9, 14, 17]. Das Risiko des CRS sinkt von etwa 70–90% in der 1. SSW auf etwa 3,5% in der 18. SSW, wobei das Risiko bei Infektionen nach der 18. SSW in der Regel <3,5% beträgt (Tab. 5). Die klassischen Organfehlbildungen treten primär bei Infektionen während der 1. bis 11. SSW. auf. Bei Infektionen zwischen der 12. und 17. SSW. sind in abnehmendem Maße vor allem ZNS-Schädigungen und Beeinträchtigungen des Hörens zu erwarten. Bei mütterlichen Röteln nach der 18. SSW wurden in Studien keine signifikanten Auffälligkeiten beim Neugeborenen oder Säugling beobachtet.

Zum Infektionsnachweis und zur Beurteilung der Immunitätslage werden IgM-, IgA- und IgG-Antikörper bestimmt (Abb. 1). Standardtest ist der Hämagglutinationshemmtest (HAH). Eine gezielte pränatale Diagnostik ist mittels PCR (Polymerasekettenreaktion) aus Chorionzotten, Fruchtwasser und Fetalblut sowie durch Virusnachweis möglich. Da die IgM-Antikörperproduktion vor der 21. SSW zu geringfügig für einen Nachweis sein kann, sollte zur Vermeidung falsch-negativer Befunde die Chordozentese keinesfalls vor der 22. SSW erfolgen. Bei akuten Röteln in den ersten 10 SSW sollte wegen des hohen Risikos für die Entwicklung eines CRS eher ein Schwangerschaftsabbruch in Betracht gezogen werden.

Abb. 1
figure 1

Vorgehen bei vermuteter Rötelninfektion. (Aus ACOG [2, 13])

Differenzialdiagnostische Schwierigkeiten bereiten die durch das Parvovirus B19 und durch Entero-, Ebstein-Barr- und Adenoviren bedingten Exantheme sowie Arzneimittelallergien und auch die bei einer Parvovirus-B19-lnfektion auftretenden Gelenkaffektionen.

Die Rötelnprophylaxe erfolgt durch aktive bzw. passive Impfung. Reinfektionen nach einer Impfung sind bei Kontakt mit dem Wildvirus wegen fehlender lokaler Immunität im Nasopharynx vor allem bei niedrigen HAH- und IgG-Titern relativ häufig. Reinfektionen sind in der Regel asymptomatisch. Dabei kommt es zu einem hohen Anstieg der IgG-Antikörper mit mehr oder weniger ausgeprägter IgM-, aber meist signifikanter IgA-Antikörperbildung. Reinfektionen können trotz präexistierender HAH- und IgG-Antikörper zu fetalen Infektionen führen, jedoch nur in Ausnahmefällen zu einem CRS [1, 5]. Die versehentliche Impfung seronegativer Frauen perikonzeptionell oder in der Frühschwangerschaft kann in etwa 2% der Fälle zur fetalen Infektion führen, bisher wurden jedoch keine Schädigungen des Kindes nachgewiesen. Allerdings sollte nach einer Impfung eine Kontrazeption über 3 Monate empfohlen werden.

Zytomegalie (CMV)

Weltweit sind 0,2–2,3% aller Neugeborenen mit dem hCMV infiziert [12]. Das Hauptrisiko für eine kindliche Erkrankung bei Geburt mit evtl. Spätfolgen ist eng mit einer mütterlichen Primärinfektion verbunden, wobei diese durch den Nachweis einer IgG-Serokonversion und erhöhten IgM-Antikörpertiter definiert ist. Rekurrierende Infektionen werden anhand von IgG-Antikörpern vor Konzeption und dem Nachweis einer kongenitalen Infektion beim Neugeborenen (Tab. 6) erfasst [12]. Häufigste Ursache kongenitaler Infektionen mit Erkrankung des Kindes bei Geburt und von Spätschäden ist das humane Zytomegalievirus (hCMV).

Tab. 6 Klinische Manifestationen und Auffälligkeiten bei Kindern mit kongenitaler CMV-Infektion. (Nach [7, 20, 21])

Die postnatale Übertragung erfolgt durch Schmier- und Tröpfcheninfektion, Urin, Speichel, Genitalsekrete, Blut, Blutprodukte sowie Muttermilch. Die perinatale Infektion wird durch infizierte Sekrete bei der Passage durch den Geburtskanal erworben. Das Risiko der Geburt von kongenital infizierten Kindern ist bei Müttern aus niedrigeren sozialen Schichten am höchsten. Junge Erwachsene (14 bis 20 Jahre) erwerben die primäre Infektion meist durch Sexualverkehr [11], während sich schwangere Frauen aus mittleren und höheren Schichten erstmals im Alter zwischen 20–30 Jahren hauptsächlich durch Kontakt mit virusausscheidenden Säuglingen und Kleinkindern infizieren [3].

Die jährliche Rate für Primärinfektionen liegt bei etwa 1–4%, wobei eine fetale Schädigung bei klinisch auffälligen Neugeboren bei etwa 90% und bei asymptomatischen Kindern 15% beträgt [26, 27]. Pränatal infizierte Neugeborene sind bei Geburt zu etwa 10% symptomatisch und weisen zu etwa 5% die klassischen Stigmata der kongenitalen hCMV-Erkrankung auf bzw. ein oder mehrere ihrer Symptome (neurologische Auffälligkeiten, Frühgeburt, Hepatosplenomegalie, Pneumonie, Petechien, Hörverlust, Chorioretinitis). Von ihnen sterben 12–30%. Mehr als 90% der Überlebenden weisen Spätfolgen auf. Von den asymptomatischen Neugeborenen zeigen 8–15% Spätmanifestationen.

Die pränatale Diagnostik wird in zunehmendem Maße bei asymptomatischen und symptomatischen schwangeren Frauen mit auffälligen serologischen Befunden (insbesondere wegen grenzwertiger bis positiver IgM-Befunde) oder aufgrund abnormaler Befunde im Ultraschall bei unbekannter oder unauffälliger hCMV-Serologie durchgeführt (Abb. 2). In der Frühschwangerschaft (11. bis 19. SSW) kommen als fetale Untersuchungsproben Chorionzotten und Fruchtwasser, in der späteren Schwangerschaft (22. bis ≥23. SSW) vor allem fetales EDTA-Blut und Amnionflüssigkeit in Betracht.

Abb. 2
figure 2

Vorschlag für das Management von schwangeren Frauen mit primärer CMV-Infektion. (Aus [7, 13, 20, 21])

Für die Therapie stehen heute vor allem Ganciclovir bzw. Foscarnet oder Aciclovir zur Verfügung. Impfstoffe sind zzt. in klinischer Erprobung. Für seronegative Schwangere, insbesondere nach beruflichem hCMV-Kontakt, wird auch die Gabe von i.v.-IG in Betracht gezogen. Erst kürzlich konnte demonstriert werden, dass eine Behandlung von Schwangeren mit einem spezifischen hCMV-Hyperimmunoglobulin mit einem signifikant geringeren Risiko einer kongenitalen Infektion des Neugeborenen einherging [22]. Somit könnte diese Behandlung in der Prävention und Therapie einer kongenitalen hCMV-Infektion von Vorteil sein. Allerdings ist der Wert dieser Maßnahme zur Verhinderung einer hCMV-Infektion bisher nicht abschließend zu beurteilen, da entsprechende randomisierte Studien mit größeren Fallzahlen fehlen und die Behandlung noch als sehr kostspielig einzustufen ist.

Ausblick

Neben den bekannten Erregern sind etliche weitere systemische Infektionserkrankungen während der Schwangerschaft in der Geburtshilfe und Perinatologie von Bedeutung. So stellt z. B. die Malaria oder eine Infektion mit methicillinresistenten Staphylokokken vor allem wegen der eingeschränkten therapeutischen Möglichkeiten eine große Herausforderung dar. Auch das West-Nile-Virus (WNV), SARS und die Vogelgrippe werden im Zusammenhang mit Schwangerschaft und fetalen Schädigungen in den letzten Jahren viel diskutiert. Noch spielen diese Erreger in unseren Breiten eine eher untergeordnete Rolle. Angesichts der zunehmenden Mobilität der Bevölkerung einerseits und therapeutischen sowie teils diagnostischen Einschränkungen andererseits wird die Bedeutung dieser Erreger in den nächsten Jahren sicherlich zunehmen.

Die vielfältigen und oft schwerwiegenden Folgen einer systemischen Infektion während der Schwangerschaft haben nicht nur für die Betroffenen erhebliche individuelle somatische und psychische Konsequenzen, sondern sind auch ein erhebliches „Public-health-Problem“, epidemiologisch wie gesundheitsökonomisch. In Zeiten demographischer Entwicklungen, die schon seit Längerem von einem Geburtenrückgang gekennzeichnet sind, ist dieses Problem, das jedem bewusst sein sollte, nicht nur von gesundheitspolitischer, sondern auch von familienpolitischer Bedeutung.