Zusammenfassung
Hintergrund
Das Zweitmeinungsprojekt „testikuläre Keimzelltumoren“ ist ein internetbasiertes nationales deutsches Netzwerk, welches sich an Ärzte von Hodentumorpatienten richtet. Es ermöglicht die Einholung einer Zweitmeinung vor der weiteren Therapiefestlegung nach Orchiektomie und Durchführung der Ausbreitungsdiagnostik. Im Jahr 2015 wurden etwa 22 % aller neu diagnostizierten Keimzelltumoren in Deutschland in diesem Netzwerk vorgestellt.
Thema
Die Diskrepanz von erst- und leitlinienkonformer Zweitmeinung in >30 % der Fälle spricht für einen hohen Bedarf für eine verbesserte Verbreitung von Therapieleitlinien. Die Zweitmeinungsplattform ist nach der aktuellen Zwischenbilanz in der Lage, die Versorgungsqualität bei Keimzelltumoren nachhaltig zu verbessern. Die hohe Akzeptanz des Projekts und die ermutigenden Daten der Zwischenbilanz sind für einzelne Krankenkassen Anlass, sich in Zukunft an der Finanzierung des Netzwerkes zu beteiligen. In diesem Kontext werden erstmals in Deutschland Urologen systematisch dazu aufgefordert, eine Zweitmeinung einzuholen. Patienten werden zukünftig ebenfalls aufgefordert, eine Zweitmeinung zu veranlassen. Die Einholung wie auch die Abgabe der Zweitmeinung wird seitens einiger Krankenkassen in Zukunft extrabudgetär honoriert. Die Zwischenbilanz des Zweitmeinungsnetzwerks „Testikuläre Keimzelltumoren“ war Anlass, es auch auf das Peniskarzinom zu übertragen. Anhand von Daten aus Großbritannien und den Niederlanden erscheint ein Zweitmeinungszentrumsprojekt auch für Patienten mit einem Peniskarzinom für eine Verbesserung der Therapiestandards und Therapieergebnisse in Deutschland Erfolg versprechend. Im Folgenden werden aktuelle Daten diskutiert und über die zukünftige Weiterentwicklung des Systems berichtet.
Abstract
Background
The second-opinion network for testicular cancer is an internet-based platform addressing physicians treating testicular cancer patients. They are offered a second-opinion before determining further therapy after orchiectomy and completion of staging.
Theme
The high rate of discrepancies between the first and second opinion in more than 30 % supports the assumption of a deficit in the implementation of treatment guidelines. In 2015, approximately 22 % of the newly diagnosed cases with testicular cancer in Germany were covered by this system. According to the present interim analysis, the second-opinion platform helps to avoid overtreatment of testicular cancer patients. The high acceptance of the project and the encouraging results of this interim analysis gave rise to considerations to apply the second-opinion model to penile carcinoma. Data from the UK and the Netherlands show that the second-opinion network for penile cancer could help to improve treatment standards and results in Germany. Current data and the intended further development of the system are discussed.
Literatur
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Förderung
Gefördert durch die Deutsche Krebshilfe e. V.
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M. Schrader, F. Zengerling, O. W. Hakenberg und C. Protzel geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Dieser Beitrag beinhaltet keine von den Autoren durchgeführten Studien an Menschen oder Tieren.
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Schrader, M., Zengerling, F., Hakenberg, O.W. et al. Nationale Zweitmeinungsnetzwerke Hodentumoren und Peniskarzinom. Urologe 55, 1192–1198 (2016). https://doi.org/10.1007/s00120-016-0201-7
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DOI: https://doi.org/10.1007/s00120-016-0201-7