Die Abklärung von Anämien ist das häufigste hämatologische Problem in der internistischen Praxis. Umso erstaunlicher ist es, dass zu diesem Thema noch nie ein Schwerpunkt in Der Internist erschienen ist. Diese Lücke soll nun geschlossen werden.

In den vergangenen Jahren ist das Wissen zur Entstehung von Anämien erheblich gewachsen. Die Pathogenese von Anämien wird im Beitrag von Fandrey u. Hallek zusammengefasst. In dieser Arbeit wird außerdem eine einfache, praxisrelevante Vorgehensweise zur Abklärung von Anämien dargestellt. Dieser praxisrelevante Algorithmus erlaubt eine strukturierte Abklärung von Anämien mit Parametern der Erythrozyten, insbesondere anhand des mittleren Erythrozytenvolumens. Die Pathogenese der Anämie der chronischen Erkrankungen [“anemia of chronic disorders“ (ACD)] verstand man bis vor zehn Jahren nicht, mit der Identifikation essenzieller Mechanismen hat sich die Situation aber deutlich gewandelt. Hierzu hat insbesondere die Charakterisierung von Hepcidin beigetragen, das für die Entstehung der sog. Eisenverwertungsstörung eine wichtige Bedeutung hat. Die Abklärung der häufigsten Anämie – der Eisenmangelanämie – sowie der Eisenverwertungsstörung oder ACD wird im Beitrag von Metzgeroth u. Hastka didaktisch prägnant wiedergegeben.

In den vergangenen Jahren ist das Wissen zur Entstehung von Anämien erheblich gewachsen

Die aplastische Anämie ist eine seltene Bluterkrankung und Störung der Erythropoese, die häufig auch mit Störungen der anderen Zellreihen vergesellschaftet ist. In schweren Fällen erfordert sie eine intensive Behandlung mit immunsuppressiven Therapeutika oder eine Stammzelltransplantation. Der Beitrag von Schrezenmeier et al. gibt den aktuellen Wissenstand zu diesem Thema wieder.

Im Gegensatz zur aplastischen Anämie besteht bei hämolytischen Anämien ein erhöhter Verbrauch der Erythrozyten durch deren frühzeitigen oder verstärkten Abbau. Am häufigsten wird dieses Krankheitsbild durch autoimmunhämolytische Anämien verursacht, aber auch andere Ursachen wie mechanische Hämolysen kommen infrage. Im Beitrag von Tuchscherer u. Chemnitz wird die Differenzialdiagnose dieser Erkrankungen dargelegt. Abschließend wird über die Behandlung der häufigsten Hämolyseformen referiert. Auch auf diesem Gebiet gab es in den letzten Jahren zahlreiche Neuerungen. Beispielsweise ist es nun möglich, bei therapierefraktären Hämolysen den Antikörper Rituximab einzusetzen. Auch Erkenntnisse zur thrombotisch-thrombozytopenischen Purpura und dem hämolytisch-urämischen Syndrom haben in den letzten Jahren Aufmerksamkeit erregt, insbesondere vor dem Hintergrund der EHEC-Epidemie im Jahr 2011 in Deutschland. Die aktuellen Behandlungskonzepte werden in diesem Beitrag zusammengefasst.

Die Erkrankungen der Hämoglobinsynthese, die häufig erblich sind, werden im Beitrag von Dickerhoff referiert. Aufgrund des verstärkten Migrationsverhaltens in Europa in den vergangen Jahren werden diese Krankheiten in Deutschland größere Bedeutung erlangen. Deshalb ist es wichtig, auch das Management dieser Hämoglobinopathien im Erwachsenenalter zu beherrschen. Die Symptome sollten frühzeitig erkannt und einer Behandlung zugeführt werden.

Es ist zu hoffen, dass eine wesentliche inhaltliche Lücke in Der Internist, einer Zeitschrift, die sich als ein fortgeschriebenes Lehrbuch für Innere Medizin versteht, mit dieser Ausgabe geschlossen ist.

M. Hallek