Fortschritte in der multimodalen Therapie haben die Prognose der Patienten mit onkologischen Erkrankungen in den letzten Jahren deutlich verbessert. Es ist aber weiterhin vor allem die chirurgische Resektion, die bei vielen Tumorerkrankungen die Chance auf Kuration oder zumindest eine signifikante Lebensverlängerung ermöglicht. Die Weiterentwicklung der chirurgischen Techniken und der perioperativen Betreuung haben zudem dazu geführt, dass komplexe Operationen heute mit einer höheren Sicherheit angeboten werden können, als dies noch vor wenigen Jahren der Fall war. Dementsprechend wurden auch die Indikationen zur Resektion immer weiter ausgedehnt bzw. frühere Kontraindikationen werden infrage gestellt und/oder überprüft.

Gefäßresektionen stellen häufig eine große Herausforderung dar, die nur von sehr erfahrenen Chirurgen durchgeführt werden sollten. Häufig handelt es sich dabei um Operationen, die einen intensiven interdisziplinären Austausch erforderlich machen.

Das Februarheft von Der Chirurg widmet sich daher den gefäßchirurgischen Maßnahmen in der Viszeralchirurgie, die vor allem im Rahmen komplexer onkologischer Eingriffe und der Transplantationschirurgie vorgenommen werden. Es werden sowohl die Indikationen diskutiert als auch Anleitungen für das operative Vorgehen gegeben. Eine eigene Arbeit widmet sich am Schluss dem Komplikationsmanagement.

Die Grenzen der Resektabilität verschieben sich

Den Beginn machen die Gefäßresektionen und -rekonstruktionen in der Pankreaschirurgie. Wie Klose et al. in ihrem Beitrag zeigen, sind Resektionen der Pfortader oder Vena mesenterica superior im Rahmen der Whipple-Operation aufgrund von Pankreastumoren mit Veneninfiltration eine weithin akzeptierte Option. Deutlich kontroverser wird die Resektion bei Infiltration zentraler arterieller Gefäße wie dem Truncus coeliacus oder der Arteria mesenterica superior gesehen. Die bisherigen Erfahrungen werden zusammengetragen und anhand der aktuellen Literatur diskutiert.

Lang et al. geben einen Überblick über die Möglichkeiten und Indikationen der Gefäßresektion in der Leberchirurgie. Auch hier gehören Infiltrationen von Pfortader, Lebervenen und Leberarterien zu den chirurgischen und onkologischen Herausforderungen. Hinzukommt die Beurteilung der Funktion des verbleibenden Restlebergewebes und die Möglichkeit der Induktion einer Hypertrophie des Lebergewebes durch einen selektiven Pfortaderverschluss.

Gefäßresektionen sind auch eine Herausforderung in der komplexen Sarkom-/Beckenchirurgie wie Pistorius et al. in ihrem Beitrag darlegen. Es müssen nicht nur die onkologische Gesamtsituation (z. B. Fernmetastasen), sondern auch die Möglichkeit der Resektabilität in sano präoperativ beurteilt werden. Die Indikationen für Gefäßresektionen und deren Rekonstruktionsmöglichkeiten werden in diesem Zusammenhang ausführlich diskutiert.

Ein weiterer Artikel dieser Ausgabe beleuchtet die Gefäßresektionen in der viszeralen Transplantationschirurgie. Olschewski et al. beschreiben neben den routinemäßigen Gefäßrekonstruktionen, die bei allen soliden Organtransplantationen erforderlich sind, auch die im Rahmen der Organknappheit immer häufiger auftretenden Sonderfälle. Diese setzen aufgrund ihrer Individualität eine hohe gefäßchirurgische Expertise voraus.

Den Abschluss machen Böckler et al. mit einer Zusammenstellung der möglichen Komplikationen nach Gefäßrekonstruktionen. Hier sind vor allem Blutungen, Leckagen, Fisteln und Infektionen zu nennen. Das Management der verschiedenen Komplikationen wird ausführlich beschrieben und diskutiert.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Viszeralchirurgie entwickelt sich weiter, die Grenzen der Resektabilität verschieben sich durch die zusätzlichen multimodalen Therapieoptionen und das hochkompetente perioperative Management der Patienten. Der Anteil an komplexen Resektionen mit Gefäßbeteiligung nimmt entsprechend zu. Das Februarheft 2016 zeigt Ihnen den aktuellen Stand der Möglichkeiten und diskutiert Indikationen und deren Risiken kritisch. Im Zweifelsfall sollten Patienten an einem Zentrum vorgestellt werden, um ggf. hochkomplexe Therapieoptionen wahrnehmen zu können.

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Prof. Dr. Markus W. Büchler

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Prof. Dr. Alexis Ulrich