Am 14.05.2014 ist Prof. em. Dr. med. Ernst Kern (Abb. 1) in seiner Wahlheimat Zürich im 92. Lebensjahr verstorben.

Abb. 1
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Prof. em. Dr. med. Ernst Kern

Kern wurde am 13. Januar 1923 in Gleisenau, Unterfranken, geboren und wuchs in Augsburg auf. Nach dem Abitur 1941 wurde er zur Wehrmacht eingezogen und diente bis zu einer schweren Verwundung 1945 bei den Gebirgsjägern.

Seine Zeit im elterlichen Pfarrhaus, aber auch besonders seine Jahre als Kriegsteilnehmer haben ihn nachhaltig geprägt und, wie er selbst sagte, seinen „Kreiselkompass“ festgelegt.

Von 1945–1949 studierte er Medizin in München und Erlangen; hier arbeitete er anschließend bei O.F. Ranke im Institut für Physiologie. Dieses Fach faszinierte ihn; es prägte mit der Physiologie und der Pathophysiologie seine spätere wissenschaftliche Karriere.

Von 1952–1954 war Kern Assistent bei W. Wachsmuth an der Chirurgischen Universitätsklinik Würzburg, danach wechselte er zu H. Kraus nach Freiburg. Dort habilitierte er 1959 mit einer beeindruckenden Arbeit über Pankreaserkrankungen. Im Jahr 1956 veröffentlichte er zusammen mit K. Wiemers die erste Monografie über chirurgische Intensivmedizin mit dem Titel Die postoperativen Frühkomplikationen.

Zum 01.09.1969 erhielt Ernst Kern nach 2-jähriger Tätigkeit als Chefarzt der Chirurgie am Klinikum Lörrach den Ruf an die Chirurgische Klinik der Julius-Maximilians-Universität, Würzburg. Dort wurde er am 31.03.1991 emeritiert.

Mehr als 120 Chirurgen hat Ernst Kern ausgebildet, 27 davon wurden habilitiert, und über 30 seiner Schüler konnten in herausragende Positionen platziert werden, sowohl als Ordinarien und Chefärzte, aber auch als Präsidenten der zentralen Gremien der Deutschen Chirurgie. Kern selbst hatte nie besonderes Interesse an einer intensiven Verbandstätigkeit, und trotzdem war er 1972 und 1990 Präsident der Bayerischen Chirurgenvereinigung und 1980 Präsident der Vereinigung Mittelrheinischer Chirurgen, deren Ehrenmitglied er war. Mit Stolz erfüllte ihn die Mitgliedschaft in der ehrwürdigen Academia-Leopoldina-Halle, und mit großer Freude sowie Engagement nahm er über viele Jahre erfolgreich die Aufgabe des Herausgebers der wichtigen wissenschaftlichen Zeitschrift Der Chirurg wahr. Nicht zuletzt war er Mitherausgeber von Breitner Chirurgische Operationslehre.

Ernst Kern war ein besonderer Mensch, ausgestattet mit einer hohen analytischen Intelligenz, mit einer bis zuletzt bewundernswerten Neugierde und einer unvergleichlichen Intellektualität, nicht nur auf dem Gebiet der Chirurgie. Über seine vielseitigen musischen Begabungen finden wir Belege in zahlreichen Veröffentlichungen auf dem Gebiet der Kunst, besonders der Musik – er war seit seiner Kindheit ein durchaus bemerkenswerter Pianist und Organist – aber auch der Malerei, der Naturkunde und der Literatur. Einen Meilenstein unter den literarischen Arbeiten von Ernst Kern bildet die faszinierend gelungene Biografie von Theodor Billroth, die 1994 erschien. Über seine ihn bis zuletzt so bestimmenden Kriegserlebnisse berichtete er in dem beeindruckenden Buch Der Soldat an der Ostfront, das auf Tagebuchaufzeichnungen für seine Eltern basiert. Seine umfassenden literarischen Werke umfassen Prosa und Gedichte, und 2012 überraschte er mit seinem letzten Werk Versuch einer Autobiographie – Dreizehn Leben parallel.

Ernst Kern besaß eine besondere Maxime für sein Leben: „Alles im Leben ist ersetzbar, nur nicht die Zeit“. Mit dieser Philosophie, der er immer treu geblieben ist, war ihm ein erfülltes Leben beschert. Trotz seiner herausragenden Erfolge und Lebensleistungen ist er immer ein bescheidener Mann geblieben, dem Eitelkeiten fremd waren. Wenn Ernst Kern uns allen das Zitat von Bertolt Brecht: „Der Mensch ist erst tot, wenn niemand mehr an ihn denkt“ ins Gedächtnis ruft, so werden wir, seine Freunde, Kollegen, Schüler und Weggefährten ihn nicht vergessen und ihm ein ehrenvolles Angedenken bewahren.

R. Arbogast