Es vergeht kaum ein Monat, in dem die Medien nicht über Hygieneprobleme in deutschen Krankenhäusern berichten. Gelegentlich sind die Reportagen erschütternd: Neugeborene erkranken aufgrund mangelnder Hygiene an schwer beherrschbaren lebensgefährlichen Infektionen, mehr als 15.000 Erwachsene sollen jährlich an multiresistentem Keimbefall versterben. Die Ursachen sind mannigfaltig. Um nur einige zu nennen: Die Arbeitsverdichtung und der Mangel an Pflegekräften fördern die Keimübertragung von einem Patienten auf den nächsten, das Personal desinfiziert sich zu selten die Hände, viele Ärzte pflegen nach wie vor einen zu unkritischen Umgang mit Antibiotika.

Auf den Stationen sind es meist die mit Bakterien besiedelten Hände des Personals, die während einer Wundbehandlung oder beim Katheterlegen die Keime auf den Patienten übertragen. Doch auch über verunreinigte O2-Insufflationsschläuche, Venen- oder Blasenkatheter gelangen die Keime in den Blutkreislauf. Die Folge sind Lungenentzündungen, Harnwegsinfektionen oder Abszesse an der Einstichstelle von Zugängen.

Sind Anästhesisten ein Hygienerisiko?

Im Anästhesiebereich dürften es neben der sparsamen Händedesinfektion v. a. der nachlässige Umgang mit dem Mund-Nasen-Schutz, das nicht zu unterschätzende Potenzial des Narkosearbeitsplatzes für eine Keimübertragung [1] sowie die Nichteinhaltung von sterilen Kautelen sein, von denen Gefahr ausgeht. Sie lassen die anästhesiologischen Maßnahmen zu einem unnötigen Risiko für den Patienten werden, das wir nicht gerne wahrhaben wollen. Wir merken es i. d. R. ja nicht, wenn ein Patient beispielsweise wegen eines zunächst im Ösophagus platzierten Tubus, der dann doch noch richtig platziert wird, postoperativ an einer Pneumonie erkrankt, oder wenn eine Sepsis nach einem Baucheingriff auf einen nur scheinbar steril eingebrachten zentralen Venenkatheter zurückzuführen ist.

Anders sieht es in der Regionalanästhesie aus: Hier überprüfen wir unsere Standards, wenn es an der Einstichstelle für eine Periduralkatheteranlage oder für einen N.-ischiadicus-Katheter zu einer lokalen Infektion gekommen ist. Glücklicherweise tritt eine solche Komplikation selten auf … oder? Kennen wir die realen Zahlen? Und welche Rolle spielen hierbei die eingesetzten Materialien und technischen Hilfsmittel, die konsequente Durchführung der Händedesinfektion, die korrekte Anwendung des Mund-Nasen-Schutzes und der Kopfhaube sowie der Gebrauch von sterilen Handschuhen und gegebenenfalls einem sterilen Kittel?

Man darf getrost von einer Dunkelziffer für regionalanästhesiologisch assoziierte lokale Infektionen ausgehen, die es lohnt, unseren Umgang mit bestimmten Techniken und Gebräuchen einmal kritisch zu würdigen. Der in der vorliegenden Ausgabe von Der Anaesthesist veröffentlichte Artikel „Hygieneaspekte in der ultraschallgestützten Regionalanästhesie“ hat diesen Weg eingeschlagen und konfrontiert uns mit einem nicht zu vernachlässigenden Thema [2]. Ausgehend von der manchen Lesern provokativ erscheinenden Feststellung, dass die tägliche Praxis der ultraschallgezielten Regionalanästhesie den Grundsätzen des sterilen bzw. sauberen Arbeitens in der Medizin nicht immer Rechnung trägt, erheben Marhofer et al. folgende Frage zum Leitthema:

Welche Anforderungen müssen wir bei sonographischen Untersuchungen in der Anästhesiologie und Intensivmedizin an die Hygiene stellen, speziell bei den ultraschallgesteuerten Punktionen und Katheteranlagen in der Regionalanästhesie?

Die Frage ist aktuell, denn die Sonographie hält seit den späten 1990er-Jahren unaufhörlich Einzug in die Regionalanästhesie. Große Aufmerksamkeit im Hinblick auf potenzielle Hygieneprobleme hat sie bislang nicht erfahren, vielleicht zu Recht. In einer von Marhofer et al. zitierten Studie aus dem Toronto Western Hospital fanden sich bei etwa 7500 ultraschallgesteuerten Nervenblockaden keine infektiösen Komplikationen [3]. Doch das soll nichts heißen, denn die Arbeit stammt aus einer renommierten Klinik, die seit Jahren wichtige wissenschaftliche Beiträge zur sonographisch gesteuerten Regionalanästhesie liefert. Man darf davon ausgehen, dass die Hygiene bei der Durchführung der Regionalanästhesie in einer solchen Einrichtung einen hohen Stellenwert einnimmt. Wie aber sieht es in den „normalen“ anästhesiologischen Kliniken und Abteilungen aus?

Die Sonde ist das Problem

Der Aufbereitung von Schallsonden in deutschen Krankenhäusern wird erst seit etwa 10 Jahren die erforderliche Aufmerksamkeit zuteil [4]. Nachdem eine Erhebung des Referats für Gesundheit und Umwelt der Stadt München zutage förderte, dass endovaginale Schallköpfe in überwiegender Zahl neben der Anwendung von Schutzhüllen keiner Desinfektion zugeführt wurden [5], sahen sich das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) und das Robert Koch-Institut (RKI) veranlasst, eine gemeinsame Stellungnahme zum hygienischen Einsatz von Schallsonden in der Gynäkologie zu veröffentlichen [6]. Das wiederum bewog die Hersteller von Sonographiegeräten, sich intensiver mit der Hygiene auseinanderzusetzen und die Angaben zur Aufbereitung der Schallköpfe, einschließlich Empfehlungen zur Wahl von Reinigungs- und Desinfektionsmitteln zu präzisieren. Letztere dienen nicht nur der Vermeidung von Keimverbreitung und Infektionen, sondern müssen uns vom Hersteller heute im Rahmen der technischen Sicherheit und des Schutzes der Schallsonden klar benannt werden.

Auch die Krankenhäuser sind längst gefordert: Sie müssen die Rahmenbedingungen für hygienisches Arbeiten in Form von allgemeinen Hygienemaßnahmen und einem Hygieneplan gewährleisten. Die gemeinsamen Empfehlungen der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) von RKI und BfArM schreiben vor, welchen Hygieneanforderungen die Aufbereitung von Medizinprodukten standhalten muss, und decken damit auch den Umgang mit Ultraschallsystemen im ambulanten wie stationären Bereich hinreichend ab [7]. Demnach müssen Ultraschallsonden nach einer transkutanen Anwendung obligat mit entsprechenden Tüchern und Lösungen gereinigt und desinfiziert werden. Dennoch verbleiben Keime auf der Oberfläche der Schallköpfe, wie mikrobiologische Untersuchungen zeigen (Abb. 1).

Abb. 1
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Nachweis verschiedener koagulasenegativer Staphylokokkenstämme, die einen Linearschallkopf auch nach Reinigung mit einem desinfektionsmittelgetränkten Tuch noch besiedelten

Ergänzend zu den bestehenden Richtlinien informiert der Beitrag von Marhofer et al. [2] über die spezifischen Erfordernisse für den Einsatz von Ultraschallsonden in der Regionalanästhesie. Unter anderem empfehlen die Autoren zur Infektionsvermeidung dringend die Nutzung von sterilen, selbstklebenden Ultraschallsondenüberzügen (Abb. 2). Das ist eine Praxis, die auf den ersten Blick sinnvoll und ökonomisch erscheint, weil sie keimassoziierte Komplikationen und deren Folgen vermeidet und die Haltbarkeit der Ultraschallsonden wahrscheinlich erhöht. Doch sind Schutzhüllen auch wirklich sichere Verhüter einer Keimübertragung? Wir wissen es nicht, denn bundesweit existieren beispielweise keine von den Herstellern verbindlich einzuhaltende Normen, etwa zur Mikrodurchlässigkeit des Materials oder zur Defektrate. Von einer deutlichen Erhöhung der Patientensicherheit dürfen wir bei der Anwendung von qualitätsgeprüften Produkten jedoch ausgehen.

Abb. 2
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Interskalenäre Plexuskatheteranlage mit sonographischer Unterstützung unter sterilen Kautelen

Es bleibt festzuhalten, dass Anästhesisten und Intensivmediziner beim zunehmenden Einsatz der Sonographie die Infektionsrisiken nicht unterschätzen und die Hygiene nicht vernachlässigen dürfen.

Auch wenn die Komplikationsraten gering sein mögen, sollten wir nichts unterlassen, um sie komplett zu eliminieren. Speziell bei den ultraschallgesteuerten Punktionen, ob für zentralvenöse und arterielle Punktionen oder in der Regionalanästhesie gilt: Der Schallkopf muss mit einer geeigneten sterilen Hülle versehen werden. Es darf zur Verbesserung der Schallqualität nur steriles Ultraschallgel oder andere sterile Flüssigkeit benutzt werden. Das ist im Wortlaut nachzulesen in den aktuell gültigen Hygieneempfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin e. V. (DGAI) für die Regionalanästhesie, einer neben dem Leitartikel von Marhofer et al. weiteren empfehlenswerten Publikation [8].

Neben allen Kenntnissen um die Existenz von Richtlinien und Handlungsempfehlungen sollten wir jedoch eines nicht vergessen: Es kommt darauf an, wie aufmerksam wir mit ihnen umgehen und wie intensiv wir sie umsetzen. In diesem Sinn wünsche ich Ihnen beim Lesen des Artikels von Marhofer et al. [2] einen unterhaltsamen und informativen Einblick in die Hygieneaspekte der ultraschallgestützten Regionalanästhesie.

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C.-A. Greim