Intensivmediziner in Krankenhäusern aller Versorgungsstufen können mit Patienten im akuten Lungenversagen („acute respiratory distress syndrome“, ARDS) konfrontiert werden. Einige Intensivstationen haben sich auf die Behandlung dieser Patientengruppe spezialisiert, um eine möglichst hohe Behandlungsqualität zu erzielen. Diese ARDS-Zentren verfügen über erweiterte Therapiemöglichkeiten, wie z. B. extrakorporale Lungenersatzverfahren zur Sicherung des Gasaustauschs bei schwerem akutem Lungenversagen. Mit einer Umfrage sollte ein Überblick über die aktuellen ARDS-Behandlungsstrategien an deutschen ARDS-Zentren geschaffen und die Ergebnisse anhand der aktuellen Literatur diskutiert werden.

Hintergrund

Die Therapie des ARDS besteht neben der spezifischen Behandlung der auslösenden Ursache aus einer lungenprotektiven Beatmung und einer Reihe von adjuvanten bzw. supportiven Maßnahmen. Der Schweregrad des ARDS wird gemäß der „Berlin-Definition“ abhängig vom Index arterieller Sauerstoffpartialdruck (paO2)/inspiratorische Sauerstofffraktion (FIO2) als „mild“, „moderat“ und „schwer“ angegeben [22]. Im Validierungsdatensatz dieser neuen Definition wurde entsprechend dieser Schweregrade eine Mortalität von 27, 32 resp. 45 % ermittelt [22]. Aufgrund der hohen Mortalität ist die Anwendung von technisch und personell sehr aufwendigen erweiterten Therapieverfahren notwendig, sodass insbesondere Patienten mit schweren ARDS häufig in ein entsprechendes ARDS-Zentrum verlegt werden müssen. Ausschlaggebend ist oftmals eine therapierefraktäre Gasaustauschstörung mit der daraus resultierenden Notwendigkeit des Einsatzes erweiterter Therapiestrategien, wie beispielsweise der Inhalation pulmonaler Vasodilatanzien oder der extrakorporalen Membranoxygenierung (ECMO, [23]).

Umfrage an deutschen ARDS-Zentren

Ziel

Die spezifischen diagnostischen Methoden und die konventionellen sowie erweiterten Therapiemaßnahmen, die in deutschen ARDS-Zentren bei Patienten mit ARDS eingesetzt werden, sollten ermittelt werden. Bei Zentren mit der Möglichkeit zur ECMO-Behandlung wurden die daraus folgenden Therapiemodifikationen erfragt.

Material und Methoden

Alle 39 im Jahr 2011 auf der Internetseite des deutschen ARDS-Netzwerks (http://www.ardsnetwork.de) verzeichneten Zentren wurden eingeladen, einen postalisch oder per E-Mail zugesendeten Fragebogen auszufüllen. Die Umfrage wurde bis Mai 2013 offengehalten und erweitert. In der Zwischenzeit hatte sich die Zahl der deutschen ARDS-Zentren auf 55 erhöht. Der Fragebogen bestand aus insgesamt 4 Teilen:

  1. I.

    allgemeine Fragen zu Klinik, Epidemiologie und Diagnostik des ARDS,

  2. II.

    allgemeine Beatmungstherapie,

  3. III.

    erweiterte und adjuvante Therapiemaßnahmen des ARDS,

  4. IV.

    ECMO-Therapie (Zusatzmaterial online: Fragebogen).

Die Fragen waren z. T. mehrteilig und mehrheitlich durch Ankreuzen vorgegebener Auswahlmöglichkeiten zu beantworten. Teilweise waren Mehrfachantworten möglich oder Freitexteingaben gefordert. Die Daten wurden in ein Tabellenkalkulationsprogramm übertragen (Microsoft Office Excel 2007, Microsoft Corporation, Redmond, USA) und deskriptiv ausgewertet. Die Werte sind als Median und Perzentilen (25.–75.) oder Bereich (Minimum bis Maximum) angegeben. Teile der Ergebnisse zum Unterpunkt ECMO-Therapie wurden bereits in einem Kurzbeitrag veröffentlicht [14].

Ergebnisse

Den ausgefüllten Fragebogen sendeten 25 Zentren im Zeitraum 2011–2013 zurück (Zusatzmaterial online: Liste der teilnehmenden ARDS-Zentren).

Charakteristika der Zentren und Patienten

Es gehörten 20 Zentren der Maximal-, 3 der Schwerpunkt- und 2 der Regelversorgung an. Die behandelnde Fachabteilung war in 17 Fällen anästhesiologisch, in 3 Fällen interdisziplinär, in 3 Fällen internistisch und in jeweils einem Fall chirurgisch oder als eigene Abteilung geführt. Die Stationen verfügten über 18 Beatmungsplätze (25.–75. Perzentile: 12 bis 24 Beatmungsplätze) und therapierten im Jahr 2010 31 ARDS-Patienten (25.–75. Perzentile: 20 bis 59 ARDS-Patienten). Als häufigste Auslöser wurden Pneumonie (88 %), Sepsis bzw. extrapulmonale Infektion (80 %), Trauma (44 %) und Aspiration (8 %) angegeben.

Die Zentren übernahmen die Patienten häufig aus anderen Kliniken (Abb. 1). Extrakorporale Verfahren wurden von nahezu allen Zentren (96 %) angeboten. Der Anteil der Patienten, bei denen ein extrakorporales Verfahren angewendet wurde, ist in Abb. 2 dargestellt. Es verfügten 72 % der Kliniken über ein eigenes Transportteam für Einsätze in externen Kliniken, und 56 % der Teams hatten die Möglichkeit, extrakorporale Verfahren vor Ort anzulegen; dies wurde in 50 (25.–75. Perzentile: 21–70)% der Fälle durchgeführt.

Abb. 1
figure 1

Anteil der aus anderen Kliniken zuverlegten Patienten an der Gesamtzahl der Patienten mit akutem Lungenversagen

Abb. 2
figure 2

Anteil der Patienten, die ein extrakorporales Verfahren erhielten, der Gesamtzahl der Patienten mit akutem Lungenversagen

Allgemeine Diagnostik, Überwachung und Therapie

Die bildgebende Aufnahmediagnostik umfasste in 60 % der Kliniken eine Computertomographie (CT) des Thorax, in 56 % ein Ganzkörper-CT und in 52 % eine Röntgenübersichtsaufnahme des Thorax. Zusätzlich zum Thorax-CT wendeten 32 % der Zentren ein Abdomen- und 24 % ein kraniales CT an. Eine transösophageale Echokardiographie (TEE) wurde in 64 %, die Messung des pulmonalarteriellen Drucks in 56 % und eine zerebrale Gewebeoxymetrie in 12 % der Abteilungen durchgeführt. Die pulmonale Funktionsdiagnostik bestand aus den Bestimmungen des extravaskulären Lungenwasserindex (80 %), des transpulmonalen Drucks (8 %) und der Druck-Volumen-Kurve (48 %) sowie der Darstellung der Ventilation mithilfe der elektrischen Impedanztomographie (12 %). Zur standardmäßig erweiterten hämodynamischen Überwachung wurde in 76 % der Kliniken das „Pulse-contour-cardiac-output“(PiCCO)-System, in 56 % eine TEE und in 36 % der Pulmonalarterienkatheter (PAK) angewendet. Eine kontinuierliche Messung des zentralvenösen Drucks erfolgte in 48 %, des Herzzeitvolumens in 44 % und der gemischtvenösen Sättigung in 20 % der Kliniken. Der Sedierungsgrad wurde in allen Kliniken überwacht. Am häufigsten wurde hierzu mit 60 % die Richmond Agitation-Sedation Scale (RASS) und mit 44 % die Ramsey-Skala benutzt. Aufwachversuche wurden von 92 % der Zentren durchgeführt, in 68 % mindestens einmal täglich.

Beatmungstherapie

Das Tidalvolumen wurde von allen Zentren auf das idealisierte Körpergewicht („ideal body weight“, IBW) bezogen und in einem Bereich von 2–8 ml/kg IBW angegeben (Abb. 3). Die meisten Abteilungen nutzten eine „Best-PEEP“-Methode und die ARDS-Netzwerk-Tabelle zur Adjustierung des positiven endexspiratorischen Drucks („positive end-expiratory pressure“, PEEP; Tab. 1). Es wurde mit einem PEEP von 5–25 cm H2O beatmet (Abb. 4). Die Einstellungen des Spitzen- und Plateaudrucks sowie des Druckunterschieds von In- zu Exspiration (∆P) sind in Tab. 2 angegeben. Die Beatmungsfrequenzen wurden von 20 % der Befragten auf < 20/min und von 44 % auf < 30/min eingestellt; dagegen begrenzten 28 % der teilnehmenden Kliniken die Atemfrequenz nicht. Das Atemzeitverhältnis (Inspiration zu Exspiration, I:E) wurde bei 48 % der Klinken routinemäßig auf 1:1 und bei den Übrigen variabel eingestellt. Bevorzugt wurden kontrollierte Beatmungsmodi [80 % „biphasic positive airway pressure“ (BIPAP)/BiLevel, 20 % „pressure controlled ventilation“ (PCV) und 4 % „airway pressure release ventilation“ (APRV)] eingesetzt, während 8 % der Antwortenden eine assistierte Beatmung mit Druckunterstützung bevorzugten, davon ein Zentrum mit „neurally adjusted ventilatory assist“ (NAVA). Rekrutierungsmanöver wurden von 28 % der Zentren insbesondere in der Initialphase angewendet.

Abb. 3
figure 3

Eingesetzte minimale und maximale Tidalvolumina bei Patienten mit akutem Lungenversagen

Abb. 4
figure 4

Eingesetzter positiver endexspiratorischer Druck (PEEP) bei Patienten mit akutem Lungenversagen

Tab. 1 Methoden zur Bestimmung des positiven endexspiratorischen Drucks (PEEP)
Tab. 2 Begrenzung der Beatmungsdrücke

Eine Muskelrelaxation wurde von 32 % der Zentren regelmäßig in der Frühphase des ARDS durchgeführt. Spontanatmungsversuche wendeten 88 % der Zentren an, 60 % mindestens täglich. Eine Tracheotomie wurde von 32 % der befragten Zentren innerhalb von 4 Tagen und von 36 % innerhalb von 5 bis 9 Tagen angestrebt.

Adjuvante Therapie

Eine spezielle Lagerungstherapie wurde von 96 % der Abteilungen regelhaft durchgeführt. Dabei wurde die 135°-Lagerung von 88 %, die Bauchlagerung von 60 % und die kinetische Lagerungstherapie im Schwenkbett von 16 % der Zentren angegeben. Die Dauer der Lagerungstherapie betrug mindestens 8 h (25.–75. Perzentile: 6–12 h) bis maximal 16 h (25.–75. Perzentile:12–20 h). Als inhalative pulmonale Vasodilatatoren kamen Stickstoffmonoxid (NO, 44 %) und Prostazyklin (48 %) zur Anwendung. Zusätzlich wurde Sildenafil von 3 und Milrinon von einem Zentrum verabreicht. Als antiinflammatorische Substanzen wurden Kortikosteroide in 52 % der Kliniken appliziert. Ein restriktives Flüssigkeitsregime setzten 48 % der Zentren ein. Ein spezielles Ernährungsregime für ARDS-Patienten wurde von 28 % der Zentren angegeben.

Extrakorporale Membranoxygenierung

Von den 25 Zentren boten 23 eine ECMO-Behandlung an. Die Indikationen zur ECMO Therapie sind in Tab. 3 aufgeführt. Ausschlusskriterien waren infauste Grunderkrankung (91 %), Multiorganversagen (59 %), Schädel-Hirn-Trauma oder intrakranielle Blutung (41 %), Patientenalter (27 %) und Gerinnungsversagen (9 %).

Tab. 3 Grenzwerte für die Indikation zur extrakorporalen Membranoxygenierung

Während der ECMO-Therapie wurde bevorzugt kontrolliert beatmet (50 % BIPAP, 18 % PCV und 14 % APRV). In 14 % der Kliniken wurden assistierte Beatmungsmodi angewendet. Die Spitzen- bzw. Plateaudrücke sowie Tidalvolumina wurden von 96 und 91 % der Zentren reduziert. Die angegebenen Tidalvolumina reichten von 0 bis 8 ml/kg IBW (Abb. 5). Nur 9 % der Zentren gaben an, den PEEP während ECMO zu reduzieren. Der PEEP wurde durch einen „best PEEP trial“ (50 %), empirisch (46 %) oder gemäß der ARDS-Netzwerk-Tabelle (36 %) eingestellt. Seltener wurde der optimale PEEP mithilfe von Druck-Volumen-Kurven (18 %), CT (14 %) oder Elektroimpedanztomographie (5 %) bestimmt. Niedrigere Beatmungsfrequenzen wurden während ECMO regelhaft eingesetzt (Abb. 6). Das I:E-Verhältnis wurde sehr variabel eingestellt: I:E: 1:1 (32 %), 1:2 (14 %), 2:1 bis 4:1 (14 %). Es nutzten 14 % der Kliniken regelhaft Rekrutierungsmanöver.

Abb. 5
figure 5

Eingesetzte minimale und maximale Tidalvolumina unter extrakorporaler Membranoxygenierung

Abb. 6
figure 6

Routinemäßig angewendete Atemfrequenzen unter Extrakorporaler-Membranoxygenierung(ECMO)-Therapie

Eine spezielle Lagerungstherapie unter ECMO wurde von 82 % der Zentren bevorzugt (68 % 135°-Lagerung, 36 % Bauchlagerung, 27 % kinetische Lagerungstherapie). Regelhafte Aufwachversuche gaben 73 % der Zentren an, Spontanatmungsversuche 86 % der Zentren. Spezielle Weaning-Protokolle unter ECMO Therapie nutzen 82 % der Zentren. Bei den Patienten mit ECMO wurde in 41 % der Zentren die Tracheotomie innerhalb von 4 Tagen angestrebt, in 23 % innerhalb von 5 bis 9 Tagen.

Diskussion

Die ARDS-Zentren gehörten mehrheitlich Krankenhäusern höherer Versorgungsstufen an und wurden überwiegend anästhesiologisch geführt. Nahezu alle Zentren verfügten über die Möglichkeit, extrakorporale Lungenassistenz- und Lungenersatzverfahren anzuwenden. Die Hälfte der Zentren konnten diese Verfahren auch in auswärtigen Kliniken mithilfe mobiler ECMO-Teams einsetzen.

Allgemeine Diagnostik und Sedierungsregime

Aufgrund der multifaktoriellen Genese des ARDS wurde die Aufnahmediagnostik in der Regel nicht auf die Lungen beschränkt, sondern im Sinne einer Fokussuche auf weitere Organsysteme erweitert. Als häufigste Ursachen wurden Pneumonie, Sepsis, Trauma und Aspiration angegeben. Dies entspricht in etwa den Angaben aktueller Kohortenstudien [27]. Die Fokussuche erfolgte in der überwiegenden Mehrzahl mithilfe des CT, das im Vergleich zur konventionellen Röntgendiagnostik zusätzliche therapierelevante Informationen liefert [4]. In den meisten Zentren wurde ferner die Evaluation der kardialen Funktion mithilfe von TEE und/oder PAK vorgenommen. Neben dem Ausschluss eines kardial-bedingten Lungenödems bei Linksherzinsuffizienz erlaubt die TEE eine differenzierte Darstellung der rechtsventrikulären Funktion [8]. Insbesondere die rechtsventrikuläre Funktion ist beim schweren ARDS aufgrund der erhöhten pulmonalarteriellen Drücke im Sinne eines Cor pulmonale häufig beeinträchtigt. Der PAK kann im Einzelfall als erweitertes Instrument zur kardialen Funktionsdiagnostik, z. B. zur Bestimmung des Herzzeitvolumens und der rechtsventrikulären Drücke, dienen und zur Steuerung der Therapie herangezogen werden. Aufgrund der gegenwärtigen Literatur kann jedoch keine generelle Empfehlung zum Einsatz eines PAK beim ARDS gegeben werden [28].

Die Analgosedierung wurde in allen Zentren gemäß den gegenwärtigen Leitlinienempfehlungen durch entsprechende Scores überwacht [10]. Obwohl regelmäßige Aufwachversuche Teil eines modernen Analgosedierungskonzepts sind und zur Outcome-Verbesserung beitragen [16], wurden diese nicht von allen Zentren bei dem untersuchten Patientengut durchgeführt. Dies könnte insbesondere beim schweren ARDS durch die teilweise sehr invasiven Beatmungseinstellungen begründet sein. Zudem wurden insbesondere auch in der Frühphase des ARDS mehrheitlich eine Lagerungstherapie und in einem Drittel der Zentren eine Muskelrelaxation angewendet. In aktuellen Studien konnten sowohl für die Bauchlagerung [13] als auch für die Muskelrelaxation eine Reduktion der Sterblichkeit beim schweren ARDS nachgewiesen werden [18]. Die positiven Ergebnisse zur Muskelrelaxation müssen jedoch aufgrund von Imbalancen zwischen den beiden Untersuchungsgruppen sowie den angewendeten Beatmungsmethoden kritisch betrachtet werden.

Beatmungstherapie

Die Beatmungstherapie erfolgte in allen Zentren nach dem ARDS-Netzwerk Standard mit 6 ml/kg IBW [2, 3]. Auch eine Begrenzung des Plateau- und Spitzendrucks wurde mehrheitlich berücksichtigt [9]. Die Mehrzahl der Zentren wählte einen minimalen PEEP > 5 cm H2O; die angegebenen Werte umfassten einen weiten Bereich zwischen 5 und 25 cm H2O. Um eine tidale Derekrutierung zu vermeiden, scheint ein erhöhter PEEP mit gleichzeitig erniedrigten Tidalvolumina beim schwereren ARDS vorteilhaft [7]. In den teilnehmenden Zentren (Zusatzmaterial online: Liste der teilnehmenden ARDS-Zentren) wurden zur Optimierung neben festen Schemata (ARDS-Netzwerk-Tabelle) individualisierte Methoden wie die „Best-PEEP“-Methode, Justierung nach Druck-Volumen-Kurven oder bildgebende Verfahren eingesetzt. Neuere Methoden wie die elektrische Impedanztomographie sind noch nicht etabliert. Die hinsichtlich Wirkdauer und hämodynamischen Nebenwirkungen sehr kontrovers diskutierten Rekrutierungsmanöver wurden von weniger als einem Drittel der Zentren durchgeführt.

Insgesamt wurde eine kontrollierte Beatmung der ARDS-Patienten bevorzugt; hierbei kamen ausschließlich druckgesteuerte Beatmungsmodi zum Einsatz. In kleineren Studien konnte in der druck- vs. volumenkontrollierten Gruppe ein Überlebensvorteil nachgewiesen werden [11]. Allerdings war dies durch die ungleiche Verteilung von Organdysfunktionen in beiden randomisierten Gruppen und nicht durch den Beatmungsmodus zu erklären. Der Zeitpunkt des Übergangs in Richtung assistierter Beatmungsmodi wurde in der aktuellen Umfrage nicht berücksichtigt. Gleichwohl ist die frühzeitige assistierte Spontanatmung ein wichtiges therapeutisches Ziel, da sie mit einer Verbesserung der Oxygenierung und kardialen Funktion einhergeht sowie die Beatmungsdauer reduziert [21].

Adjuvante Therapie

Obwohl die Datenlage bezüglich Lagerungstherapie zum Zeitpunkt der Umfrage nicht eindeutig war [24], kam diese in nahezu allen Zentren zur Anwendung. In einer aktuellen Studie von Guerin et al. [13] konnten die positiven Effekte der Bauchlagerung auf die Überlebensrate erstmals in einer prospektiven randomisierten Multizenterstudie bei Patienten mit moderatem und schweren ARDS (paO2/FIO2 < 150 mmHg) nachgewiesen werden. Trotz der geringeren Effekte auf die Oxygenierung wurde die inkomplette – im Gegensatz zur kompletten – Bauchlagerungstherapie von den Zentren deutlich häufiger angegeben [5]. Die Anwendungsdauer stellt einen weiteren entscheidenden Faktor für die positiven Effekte der Lagerungstherapie dar [13]. Dies spiegelt auch die prolongierte mediane Lagerungszeit der ARDS-Zentren wider, die mit ca. 16-h-Anwendungsdauer der oben genannten Studie entspricht.

Kortikosteroide wurden in der Hälfte der Zentren verabreicht. In einer Metanalyse konnte bei früher und niedrig-dosierter Anwendung im moderaten bis schweren ARDS ein guter Effekt auf die Lungenfunktion und auf die Mortalität gezeigt werden [25]. Eine niedrig-dosierte Steroidgabe kann evtl. auch bei persistierendem ARDS innerhalb von 14 Tagen nach dessen Beginn erwogen werden [17]. Pulmonale Vasodilatatoren wurden in ca. 50 % der Zentren eingesetzt. Obwohl insbesondere inhalativ verabreichtes NO zur Verbesserung der Oxygenierung effektiv und sicher nutzbar ist, sind Überlebensvorteile hier nicht nachweisbar [1].

Ein restriktives Flüssigkeitsregime verbesserte in einer Studie des ARDS Clinical Trials Network die Oxygenierung und beschleunigte die Entwöhnung von der Beatmung [29]. Allerdings besteht weiterhin keine einheitliche Definition, wie viel Flüssigkeit „restriktiv“ bzw. „liberal“ bedeutet. Zusätzlich verlangen die Genese des ARDS (z. B. extrapulmonale Sepsis vs. Pneumonie) und das Krankheitsstadium ein differenziertes sowie individualisiertes Vorgehen. Spezielle immunmodulierende Diäten (reich an ω3-Fettsäuren und γ-Linolensäure) wiederum verringerten in einer Metanalyse von 3 kleineren Studien Mortalität sowie Dauer des Intensivaufenthalts und der Beatmung nach 28 Tagen [20].

Extrakorporale Membranoxygenierung

Die positiven Outcome-Daten des Conventional Ventilatory Support versus Extracorporeal Membrane Oxygenation for Severe Adult Respiratory Failure Trial (CESAR Trial, [19]) sowie der H1N1-Pandemie von 2009 haben zu einer Renaissance der ECMO in der Behandlung des schweren ARDS geführt. Hauptsächlich wird diese als Ultima Ratio bei Versagen konventioneller Therapiemaßnahmen eingesetzt. Neuere Ansätze beinhalten jedoch einen frühzeitigeren Einsatz extrakorporaler Verfahren (EV), um eine lungen- bzw. ultraprotektive Beatmung zu ermöglichen. Nichtsdestotrotz ist die optimale Beatmungsstrategie während EV noch nicht evaluiert. Peek et al. [19] wählten in der bis dato größten prospektiven randomisierten Multizenterstudie unter ECMO-Therapie einen reduzierten PEEP und Spitzendruck von 10 bzw. 25 cm H2O. Um die „ventilatorassoziierte Lungenschädigung“ möglichst zu minimieren, wählten die Zentren in der vorliegenden Umfrage deutlich geringere Tidalvolumina und Beatmungsdrücke, als dies während konventioneller Beatmung möglich ist. Diese auch als „ultraprotektiv“ bezeichneten Tidalvolumina von ca. 3–4 ml/kg IBW führten in bisherigen Studien sowohl zu einer Reduktion der proinflammatorischen Zytokinexpression in den Lungen als auch zu einer Senkung der Beatmungsdauer bei Patienten mit moderaten bis schwerem ARDS [6, 26]. Die Wahl des optimalen Tidalvolumens während EV ist jedoch im Hinblick auf negative Effekte einer weiteren Reduktion der Tidalvolumina, wie beispielsweise eine pulmonale Derekrutierung, noch nicht untersucht. Auch die Einstellung des PEEP ist völlig unklar. Aufgrund der negativen Effekte auf die Lungen, der Nachteile einer prolongierten Analgosedierung und der Immobilisation unter kontrollierter Beatmung werden zunehmend assistierte Beatmungsmodi bis hin zur Spontanatmung unter EV eingesetzt. Diese Strategie führte insbesondere bei Patienten vor Lungentransplantation zu einer Verbesserung des Outcomes [12]. In der vorliegenden Umfrage wendeten nur wenige Zentren eine frühzeitige assistierte Beatmung bzw. eine Spontanatmung an. Ob und wann eine assistierte Spontanatmung bei Patienten mit schwerem ARDS unter EV Vorteile bietet, ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt ungeklärt. Die Daten von Papazian et al. [18] propagieren im Gegensatz dazu sogar eine Muskelrelaxation in der Frühphase des schwereren ARDS. Ungeachtet dessen kann aufgrund der bereits erwähnten methodischen Limitationen keine generelle Empfehlung zur Muskelrelaxation gegeben werden.

In einer Studie zu Bauchlagerungstherapie und ARDS konnte ein positiver Outcome-Effekt insbesondere bei Patienten mit schwerem ARDS nachgewiesen werden [13]. Auch während ECMO wurde diese additive Maßnahme aufgrund ihrer vielfältigen positiven Effekte auf die Lungen in der Mehrzahl der Zentren durchgeführt. Die Bauchlagerung unter ECMO-Therapie ist jedoch technisch erschwert, sodass in der Mehrzahl eine inkomplette Bauchlagerung favorisiert wurde. In kleineren retrospektiven Untersuchungen zur Lagerungstherapie während ECMO lag keine Assoziation zur Zahl der Komplikationen vor [15].

Limitationen

Die Umfrage wurde 2011 an alle auf der Internetseite des deutschen ARDS-Netzwerks befindlichen Zentren verschickt. Die Umfrage wurde jedoch nur von einem Teil der Kliniken beantwortet, sodass die Angaben nur als bedingt repräsentativ für das Management des akuten Lungenversagens im ARDS-Netzwerk anzusehen sind. Zudem wurden Kliniken außerhalb des ARDS-Netzwerks nicht befragt, sodass keine Aussagen über die Therapiestrategien in diesen Kliniken gemacht werden können. Darüber hinaus werden Angaben aus Umfragen nicht notwendigerweise auch in der Praxis umgesetzt. Dennoch stellt die durchgeführte Umfrage eine Übersicht über die möglichen und angewendeten Therapiemaßnahmen in sog. ARDS-Zentren dar.

Fazit für die Praxis

  • Eine lungenprotektive Beatmung mit begrenzten Tidalvolumina und Inspirationsdrücken darf als Standard in der Behandlung des ARDS angesehen werden. Diese lungenprotektive Beatmung wurde in den ARDS-Zentren überwiegend mit druckkontrollierten Beatmungsmodi umgesetzt. Der PEEP wurde meist individuell oder gemäß der ARDS-Netzwerk-Tabelle titriert.

  • Die Lagerungs- und insbesondere die Bauchlagerungstherapie ist bei schwerem ARDS (paO2/FIO2-Index < 150 mmHg) indiziert und wurde in fast allen befragten Zentren durchgeführt.

  • Nicht eindeutig benefizielle Methoden wie die kurz- und frühzeitige Muskelrelaxierung, restriktive Flüssigkeitstherapie, immunmodulierende Diät und Kortikosteroidgabe wurden nur z. T. eingesetzt.

  • Die optimale Beatmungsstrategie während ECMO ist noch unklar. Unter ECMO wurden die Tidalvolumina und die Beatmungsdrücke von den Zentren im Sinne einer „ultraprotektiven“ Beatmung weiter reduziert. Teilweise wurde frühzeitig eine assistierte Spontanatmung angestrebt.