Die Prävalenz der alimentär bedingten Adipositas nimmt in den entwickelten Ländern stetig zu und ist als nachgewiesener Risikofaktor für viele Komorbiditäten, wie Arteriosklerose und Diabetes, zu einer der großen Herausforderungen in unserem Gesundheitssystem geworden [1]. In den Ländern der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) ist bereits jeder zweite Erwachsene übergewichtig und jeder fünfte adipös [2]. Konsekutiv wird bereits jetzt weltweit bei 20–30 % aller Intensivpatienten die Adipositas als Begleiterkrankung mit aufgeführt [3]. Doch nicht nur die steigende Prävalenz gilt als problematisch: Krankenhäuser und Rettungsdienste geraten, in Abhängigkeit von der Ausprägung der Adipositas, immer häufiger an logistische und technische Grenzen, sodass eine regelhafte Akutversorgung von schwer adipösen Patienten oft ohne Bereitstellung von zusätzlichen technischen und personellen Kapazitäten nicht möglich ist. Dieser vermehrte Aufwand wird jedoch durch die Tatsache entlohnt, dass gerade beatmete Intensivpatienten mit Adipositas ein besseres Outcome haben als maschinell beatmete nichtadipöse Patienten („obesity paradox“; [4,5,6]).

In diesem Artikel möchten wir speziell die Besonderheiten der invasiven und nichtinvasiven Beatmung von adipösen Patienten beleuchten. Grund für die erschwerten Beatmungsbedingungen sind hier vor allem die reduzierte Thoraxwandcompliance und der erhöhte intraabdominelle Druck. Um diesen Effekten entgegenzuwirken, kommen Maßnahmen wie eine frühzeitige NIV-Therapie, gezielte Lagerungsmanöver, die Anpassung des PEEP, die Beendigung bzw. Reduktion der Analgosedierung und eine evtl. frühzeitige Tracheotomie als Grundpfeiler der Behandlung in Betracht. Auf die besondere Herausforderung aber auch Chancen einer ECMO-Therapie im Rahmen eines schweren ARDS bei massiver Adipositas wird ebenfalls eingegangen.

Definition und Pathophysiologie

Adipositas definiert sich über den Body-Mass-Index (BMI), der sich aus der Formel „Gewicht in kg/(Körpergröße in m)2“ berechnet. Ein BMI von 25–29,9 kg/m2 wird als Übergewicht bzw. Präadipositas bezeichnet, wohingegen ein BMI von ≥30 kg/m2 als Adipositas bezeichnet wird. Bei Werten von ≥40 kg/m2 wird von Adipositas permagna oder morbider Adipositas (Abb. 1; Tab. 1) gesprochen [7]. Ausgenommen von dieser Einteilung sind Extremsportler, z. B. Bodybuilder, bei denen so viel Muskelmasse aufgebaut worden ist, dass formell ein erhöhter BMI, aber keine krankhafte Adipositas vorliegt.

Abb. 1
figure 1

Intensivpatient mit Adipositas Grad III (280 kg)

Tab. 1 Gewichtsklassifikation bei Erwachsenen anhand des Body-Mass-Index (BMI) (nach WHO 2000 [7])

Anatomisch und physiologisch gesehen bestehen hinsichtlich der Atmung viele und entscheidende Unterschiede zwischen adipösen und nichtadipösen Menschen: Neben einem verlängerten Sternum-Wirbelsäulen-Abstand (Sagittalachse), aber verkürztem Apex-Basis-Abstand (Longitudinalachse) ist es vor allem die größere Menge an Fettgewebe, die zu Problemen führt: Thorax, Diaphragma und Abdomen werden hierdurch von extern komprimiert, was zu einem signifikanten Abfall der Lungencompliance führt [8]. Hier gibt es Daten, die zeigen, dass vor allem die Fettverteilung Einfluss hat: Den abdominellen Adipositastyp unterscheidet man vom generalisierten Typ. Diese Unterscheidung hat auch eine prognostische Implikation: Diejenigen Patienten mit großen abdominellen Fettanteilen haben eine schlechtere Lungencompliance [9].

Diese Effekte resultieren in einer Reduktion sämtlicher Lungenvolumina, vor allem aber der funktionellen Residualkapazität (FRC). Diese manifestiert sich durch vermehrte Atelektasenbildung vor allem in den untenliegenden basalen Abschnitten der Lunge und führt zu einer Störung des Ventilations-Perfusions-Verhältnisses im Sinne eines Rechts-Links-Shunts. Die Atelektasenbildung verschlimmert sich noch in liegender Position, unter Analgosedierung sowie mechanischer Beatmung und persistiert oft auch nach Extubation bei Adipositas im Vergleich zu nichtadipösen Patienten [10].

Dieselben pathophysiologischen Effekte führen zu einer häufigen und beatmungstechnisch sehr relevanten Komorbidität, nämlich dem Obesitas-Hypoventilations-Syndrom (OHS), definiert als BMI ≥30 kg/m2, Hyperkapnie am Tag (paCO2 > 45 mm Hg) und Ausschluss anderer Ursachen für eine Hypoventilation [11]. Die adipositasbedingte Hypoventilation führt zu einer CO2-Retention auch tagsüber und einer Hypoxämie, die wiederum zu einer pulmonalen Hypertonie und Rechtsherzinsuffizienz (Cor pulmonale) führen kann [12]. Patienten mit OHS müssen auch in Ruhe eine erhöhte Atemarbeit aufbringen und versuchen diese durch ein Atemmuster mit erniedrigten Atemzugvolumen, aber erhöhter Atemfrequenz wieder zu reduzieren. Dies resultiert jedoch erneut in einer vermehrten Totraumventilation und sich verschlechterndem Gasaustausch [13, 14].

Die Resistance, also der Strömungswiderstand in den Atemwegen, steigt bei Adipösen ebenfalls an. Aufgrund der gleichzeitigen Abnahme der Vitalkapazität (VC) bleibt das Verhältnis, der Tiffeneau-Index (FEV1%/VC) letztendlich jedoch unverändert [15,16,17].

Nichtinvasive Beatmung (NIV)

Die hyperkapnische akute respiratorische Insuffizienz ist eine der Paradeindikationen für den Einsatz der NIV [18]. Dabei konnten Carrillo et al. aufzeigen, dass Patienten mit OHS und respiratorischer Globalinsuffizienz ähnlich effektiv mit NIV wie Patienten mit chronisch obstruktiver Bronchitis (COPD) behandelt werden konnten, dabei aber sogar ein besseres Outcome bezüglich NIV-Versagen, Krankenhausmortalität und 1‑Jahres-Überleben aufwiesen [19]. Sequeira et al. zeigten bei OHS-Patienten, dass meist aufgrund der o. g. pathophysiologischen Veränderungen höhere inspiratorische und exspiratorische Atemwegsdrücke notwendig sind, um einen Kollaps der Atemwege zu verhindern. In verschiedenen Untersuchungen werden für den IPAP („inspiratory positive airway pressure“) Werte um 18 ± 3 cmH2O für den EPAP („exspiratory positive airway pressure“) Werte von 7 ± 3 cmH2O vorgeschlagen [20]. Sollte eine Intubation unvermeidlich sein, empfehlen De Jong et al., die NIV-Maske zur Präoxygenierung bei gleichzeitig halbsitzender Position bis zur Intubation zu belassen [21]. Verschiedene Studien nennen die OHS als zweithäufigsten Grund für eine (BiLevel‑)NIV-Therapie bei akuter respiratorischer Globalinsuffizienz nach der COPD [22, 23].

Lagerung

Einer der wesentlichen Therapieeckpfeiler bei der invasiven Beatmung von adipösen Patienten besteht darin, die Lagerung zu optimieren. Hier steht die Oberkörperhochlagerung im Vordergrund, für die jedoch eine einheitliche Definition bis dato fehlt. Ob dies nun in Form der Anti-Trendelenburg-Lagerung, der „Herzbettlagerung“ oder auch „beach chair position“ geschieht, macht bezüglich des entscheidenden gewünschten physiologischen Effekts keinen Unterschied: In aufrechter Position drückt schwerkraftbedingt weniger abdominelles und viszerales Fettgewebe auf das Diaphragma, wodurch ein deutlicher Wiederanstieg der Lungencompliance und auch der funktionellen Residualkapazität resultiert [8, 24, 25]. Auch der adipositasbedingte krankhaft erhöhte Auto-PEEP in diesem Patientenkollektiv lässt sich durch erhöhte Lagerung des Oberkörpers positiv beeinflussen [25]. Vor allem beim hypoxämischen Lungenversagen im Rahmen eines ARDS können durch diese Lagerungsmaßnahmen wertvolle Anteile der funktionellen Residualkapazität zurückgewonnen werden, indem Atelektasen wiedereröffnet werden [4, 26]. Konkret wird in der aktuellen S2-Leitlinie „Lagerungstherapie zur Prophylaxe oder Therapie von pulmonalen Funktionsstörungen“ aufgeführt, dass bei invasiv beatmeten Patienten mit schwerer Adipositas (BMI > 35 kg/m2) eine Oberkörperhochlagerung von >45° erfolgen sollte, weil sie zu einer Verbesserung der Atemmechanik beitragen kann [27]. Im nächsten Schritt stellt bei schwerer Gasaustauschstörung (Oxygenierungsindex paO2/FIO2 < 150) auch die Bauchlagerung eine wichtige Therapieoption dar: Sie ist nachweislich in der Lage, das Ventilations-Perfusions-Missverhältnis zu reduzieren und wertvolle Oxygenierungsreserven zu schaffen [27,28,29]. Während die o. g. „Oberkörperhochlagerung“ mit modernen Bettensystemen ohne größeren pflegerischen Aufwand gut durchführbar ist, stellt die Bauchlagerung bei schwerer Adipositas hingegen eine logistische Herausforderung dar, zumal mögliche Komplikationen, die hierbei auftreten können (Tab. 2), nochmal deutlich schwerwiegender sein können, als bei normgewichtigen Patienten [28]. Aufgrund des nachgewiesenen Benefits und Potenzials dieser Maßnahme sollte sie in diesen Fällen jedoch immer versucht bzw. zumindest auf ihre Machbarkeit hin geprüft werden. Detaillierte Studien gibt es hierzu bisher nicht.

Tab. 2 Mögliche Komplikationen bei der Bauchlagerung [28]

PEEP

Die Verwendung eines positiv-endexspiratorischen Drucks (PEEP) gehört heutzutage zum Goldstandard im Rahmen der mechanischen Beatmung [30]. Ein PEEP verhindert den endexspiratorischen Alveolarkollaps, die Atelektasenbildung kann somit effektiv verhindert und z. T. sogar therapiert werden [31]. Dabei ist die optimale PEEP-Einstellung von zentraler Bedeutung: Ein zu niedrig gewählter PEEP birgt die Gefahr einer Ausbildung von Atelektasen („de-recruitment“), wodurch es über einen vermehrten Rechts-Links-Shunt zu einer zusätzlichen hypoxischen Vasokonstriktion (Euler-Liljestrand-Mechanismus) in der Lungenstrombahn kommen kann, die dann zu einer (zusätzlichen) Rechtsherzbelastung führen kann. Ein zu hoher PEEP birgt vor allem hämodynamische Risiken, weil er die rechtsventrikuläre Pumpfunktion beeinträchtigen kann. Somit ist sowohl einem zu niedrigen als auch zu hohem PEEP gemein, dass sich ein akutes Cor pulmonale bzw. eine Dekompensation eines chronischen Cor pulmonale sowie ein erhöhter Rechts-Links-Shunt (intrapulmonal oder bei Vorhandensein eines Foramen ovale; [32]) entwickeln kann. Bei einer akuten Oxygenierungsstörung stellt aber ein zu niedrig gewählter PEEP die größere Gefahr dar.

Der optimale PEEP sollte ungefähr auf dem Niveau des Auto-PEEP liegen [25, 33]. Da dieser jedoch im klinischen Alltag schwer zu eruieren ist, bietet als vielleicht zukunftsweisende Methode die PEEP-Titration anhand der transpulmonalen Druckmessung eine Lösungsmöglichkeit. Mittels eines kommerziell erhältlichen nasal eingeführten Ballonkatheters wird der Ösophagusdruck gemessen, der als Surrogatparameter für den Pleuradruck herangezogen werden kann. Ziel ist es, dass der endexspiratorische transpulmonale Druck (PEEP – Pleuradruck) positiv wird. Je höher also der entgegenwirkende Pleuradruck ist (z. B. durch erhöhten intraabdominellen Druck, ausgeprägte Pleuraergüsse etc.), desto höher sollte der PEEP als gegenwirkende Kraft eingestellt werden [34].

Als weitere diagnostische Möglichkeit soll an dieser Stelle noch die elektrische Impedanztomographie (EIT) erwähnt werden: Hier wird über einen Elektrodengürtel (16 Elektroden) die thorakale Bioimpedanz am beatmeten Patienten gemessen. Änderungen des Lungenvolumens gehen mit einer Änderung der Impedanz einher, sodass der optimale PEEP anhand von Messungen zu verschiedenen PEEP-Niveaus bettseitig ermittelt werden kann [35]. Stehen diese Methoden nicht zur Verfügung, haben sich die ARDS-Network-Tabellen [36] als probates Mittel etabliert (Tab. 3 und 4): Hier orientiert sich die PEEP-Einstellung an den zur Beatmung notwendigen FIO2-Werten. Eine multizentrische Studie zum Vergleich der beiden ARDS-Network-Tabellen („lower PEEP/higher FIO2“ vs. „higher PEEP/lower FIO2“) bei ARDS-Patienten zeigte keine Letalitätsunterschiede [37], sodass beide als gleichwertig anzusehen sind.

Tab. 3 ARDS-Network-Tabelle („lower PEEP/higher FIO2“; [36])
Tab. 4 ARDS-Network-Tabelle („higher PEEP/lower FIO2“; [36])

Plateaudruck

Bei einem Teil der kritisch kranken adipösen Patienten ist es aufgrund der oben beschriebenen pathophysiologischen Gegebenheiten oftmals nicht möglich, den Plateaudruck auf den geforderten Bereich von ≤30 cm H2O einzustellen. Für das Ausmaß der mechanischen Stressbelastung auf die Alveolen ist jedoch eher nicht der am Respirator eingestellte Plateaudruck, sondern der „driving pressure“, d. h. der ∆P zwischen in- und exspiratorischem Druckniveau, entscheidend [38]. Rein physikalisch bedingt ist jedoch vor allem bei sedierten und flachgelagerten massiv adipösen Patienten ein höherer „driving pressure“ notwendig, um Thorax und Zwerchfell zu bewegen, als bei Normalgewichtigen. Diese den Beatmungsdrücken entgegenwirkenden Kräfte schützen die Lunge jedoch auch gleichzeitig vor Überdehnung und beatmungsassoziierter Lungenschädigung [3, 39,40,41].

Tidalvolumen

Bezüglich der optimalen Tidalvolumina in der Beatmung von adipösen Patienten wird zum Teil die Ansicht vertreten, dass für dieses Kollektiv erhöhte Tidalvolumen notwendig sind, um die erhöhten auf den Thorax und das Diaphragma wirkenden Kräfte zu überwinden [42]. Hierbei wird jedoch das Risiko von beatmungsassoziierten Lungenschäden („ventilator associated lung injury“, VALI) in Kauf genommen. Erhöhte Beatmungsvolumina führen weder zu einer besseren Oxygenierung [42], noch sind sie grundsätzlich bei der Beatmung von adipösen ARDS-Patienten indiziert [33]. Erhöhte Tidalvolumina können jedoch möglicherweise ein Rechtsherzversagen induzieren oder aggravieren [32]. In Anbetracht dessen sollten das Tidalvolumen sich auch beim adipösen Patienten am Idealgewicht des Patienten orientieren, da die Lungenkapazität sich nicht mit Zunahme des Fettgewebes erhöht (Vt = 6 ml/kgKG) [43].

Rekrutierungsmanöver

Der Stellenwert von Rekrutierungsmanövern ist nicht vollständig geklärt. Im operativen Setting vermögen Rekrutierungsmanöver (kurzfristige Erhöhung des inspiratorischen Drucks auf >55 cm H2O), eine Atelektasenbildung zu reduzieren und die Oxygenierung zu verbessern [44]. Auch für Intensivpatienten mit einem BMI >35 kg/m2 konnten in einer kleinen Fallzahl (n = 14) hierfür kurzfristig positive Effekte auf den pulmonalen Gasaustausch verzeichnet werden [45]. Insgesamt konnte jedoch kein mortalitätsreduzierender Effekt nachgewiesen werden [46], sodass Rekrutierungsmanöver in den Leitlinien nicht grundsätzlich empfohlen werden.

Sedierung, Relaxierung, Tracheotomie

Fehlende oder nur geringe Sedierung und der Verzicht auf eine Relaxierung ebenso wie eine frühzeitige Tracheotomie könnten Eckpfeiler in der invasiven Beatmungstherapie sein, die sich gerade bei der Behandlung von adipösen Patienten gegenseitig positiv verstärken: So ist bei erhaltenen Atembemühungen des Patienten bei Verwendung von Spontanatmungsverfahren die Lungencompliance deutlich erhöht [47] und die notwendige Beatmungsdauer signifikant reduziert. Beide Effekte spiegeln sich in einem kürzeren Intensivaufenthalt und geringerer innerklinischer Letalität wider [48, 49].

Invasive Beatmung unter Verzicht auf Sedierung bzw. Relaxierung im ARDS und vor allem der Zeitpunkt einer Beendigung derselben wird in der aktuellen Literatur sehr kontrovers diskutiert [48, 50]. Oben genannte physiologische Vorteile unter spontanen Beatmungsformen sind möglicherweise bei adipösen Patienten von deutlich größerer Bedeutung als bei Normalgewichtigen, da der Einsatz der patienteneigenen Atemmuskulatur die Höhe der notwendigen Beatmungsdrücke reduziert.

Da es nach Beendigung der Sedierung unter Fortführung der invasiven Beatmung gelegentlich zu einer schlechten Tubustoleranz kommt, sollte eine frühzeitige Tracheotomie, vor allem bei zu erwartender längerer Beatmungsdauer, in Betracht gezogen werden. Grund hierfür ist die deutlich bessere Toleranz einer Trachealkanüle durch den Patienten im Vergleich zum Endotrachealtubus. Neben einem vermindertem Stressniveau und Agitation auf Seiten des Patienten können auf Respiratorebene durch eine verminderte Resistance (durch größeren Innendurchmesser der Trachealkanüle) und ein vermindertes Totraumvolumen (durch kürzere Trachealkanüle verglichen mit dem Endotrachealtubus) weniger invasive und lungenschonendere Beatmungsparameter etabliert werden [51]. Neben der klassisch chirurgischen Tracheotomie hat sich die perkutane Dilatationstracheotomie (PDT) zum Standardverfahren auf den Intensivstationen entwickelt.

Falls eine längerfristige außerklinische Beatmung mit höchster Wahrscheinlichkeit abzusehen ist, wird ein chirurgisch angelegtes Tracheostoma empfohlen [52]. Die Vorteile der Tracheotomie müssen jedoch im Verhältnis zu einem erhöhten periprozeduralen Risiko für Blutungen, Pneumothorax, Pneumomediastinum oder Ösophagusruptur vor allem bei adipösen Patienten gesehen werden. Aufgrund der erschwerten anatomischen Verhältnisse sind diese Hauptkomplikationen bei adipösen Patienten im Rahmen der perkutanen Tracheotomie häufiger zu beobachten als bei normgewichtigen Patienten (12 % vs. 2 %, p = 0,04), was jedoch nicht zu einer erhöhten Zahl an irreversiblen Schäden oder zu einer erhöhten Mortalität führt [53, 54]. Insgesamt ist der Stellenwert der Frühtracheotomie jedoch stark umstritten [55, 56] sodass dieses Konzept hier zunächst nur als individuelle Therapieoption aufgeführt werden kann. Weitere Multizenterstudien sind hier von Nöten, da insbesondere für adipöse Patienten kaum Daten vorliegen.

ECMO

Beim schweren Lungenversagen, das unter konservativer Beatmung und Einhaltung der lungenprotektiven Beatmungsparameter nicht beherrschbar ist, besteht in spezialisierten Zentren die Möglichkeit einer extrakorporalen Lungenunterstützung mittels Membranoxygenierung (ECMO). Dieses Verfahren ermöglicht eine rasche und effiziente extrakorporale Sicherstellung von Oxygenierung und Decarboxylierung in sonst ausweglosen Situationen. Eine ECMO sollte jedoch nur angewendet werden, wenn die Grunderkrankung des Patienten potenziell kurabel ist, oder als Bridging zur Lungentransplantation. Aus diesem Grund bleibt die Letalität des ARDS trotz dieses Therapieverfahrens mit 58 % nach wie vor sehr hoch [57]. Bei adipösen Patienten wird die extrakorporale Zirkulation im klinischen Alltag meist zurückhaltend eingesetzt, da anatomische Veränderungen oft potenzielle Hinderungsgründe für die Anlage großer zentralvenöser Kanülen darstellen [58]. In mehreren Studien konnte jedoch gezeigt werden, dass die ECMO-Unterstützung bei adipösen Patienten nicht mit einem schlechteren Outcome einhergeht. Eine massive Adipositas mit einem BMI > 40 kg/m2 war in einigen Studien sogar mit einem besseren Überleben als bei den normgewichtigen Patienten assoziiert [59, 60]. Ein erhöhter BMI stellt somit an sich keine Kontraindikation zum Einsatz einer ECMO dar (Abb. 2).

Abb. 2
figure 2

57-jähriger Patient mit ARDS und Rechtsherzversagen unter veno-arterieller ECMO (ECLS)

Fazit für die Praxis

  • Die Adipositas spielt eine zunehmende Rolle in der globalen Bevölkerung und ist somit auch zunehmend häufiger als Komorbidität auf der Intensivstation zu finden.

  • Das Regime in der Beatmung adipöser Patienten muss den veränderten pathophysiologischen Bedingungen Rechnung tragen.

  • Die NIV-Therapie sollte speziell bei OHS und hyperkapnischer akuter respiratorischer Insuffizienz frühzeitig zum Einsatz kommen.

  • Von großer Bedeutung ist die Oberkörperhochlagerung (>45°), die die Compliance und die funktionelle Residualkapazität v. a. bei Patienten mit schwerer respiratorischer Insuffizienz verbessert.

  • Der optimale PEEP ist bei der invasiven Beatmung wesentlich und kann mittels transpulmonaler Druckmessung oder annähernd unter Zuhilfenahme der ARDS-Network-Tabellen (Tab. 3 und 4) bestimmt werden.

  • Die Einstellung der Tidalvolumina sollte anhand des Idealgewichts des Patienten erfolgen (Vt = 6 ml/kgKG). Unter Umständen können vorübergehend auch Inspirationsdrücke >30 cm H2O toleriert werden.

  • Die frühzeitige Tracheotomie mit der Möglichkeit der Beendigung bzw. Reduktion von Analgosedierung und Relaxierung wird in der Literatur kontrovers diskutiert und verbleibt aktuell eine Einzelfallentscheidung.

  • Beim therapierefraktären Lungenversagen ist die Anwendung einer venovenösen ECMO auch bei Patienten mit morbider Adipositas eine Therapieoption.