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Mechanik und anatomische Grundlagen der Fortbewegung bei Wasserralle(Rallus aquaticus L.), Teichhuhn(Gallinula chloropus L.) und Bläßhuhn(Fulica atra L.)

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E. Zusammenfassung

Die Aufgabe dieser Arbeit war festzustellen, bis zu welchem Grad die Bewegungen der Wasserralle (Rallus aquaticus), des Teichhuhns(Gallinula chloropus) und des Bläßhuhns(Fulica atra) an ihren Lebensraum angepaßt sind, und welche morphologischen Abänderungen durch charakteristische Bewegungsformen bedingt sind.

Die Analyse der Bewegungsphasen laufender Rallen hat folgendes ergeben:

  1. 1.

    Bei der Wasserralle und dem Teichhuhn liegt die Schwerlinie ungefähr an der Grenze des I. und II. Körperdrittels; beim Bläßhuhn ist sie rückwärts verschoben.

  2. 2.

    Im Laufen ist die Längsachse des Körpers bei Wasserralle und Teichhuhn ungefähr parallel zur Erdoberfläche gerichtet, beim Bläßhuhn jedoch schräg aufwärts.

  3. 3.

    Wasserralle und Teichhuhn laufen geradlinig, das Bläßhuhn zeigt schon Anzeichen eines watschelnden Ganges.

  4. 4.

    Wasserralle und Teichhuhn nicken im Laufen deutlich mit dem Kopf, das Bläßhuhn tut es kaum.

  5. 5.

    Die größte Beweglichkeit beim Laufen weisen die einzelnen Gelenke der Wasserralle auf, die geringste die des Bläßhuhns, wobei das Kniegelenk die größte Bedeutung hat, weil dessen Beweglichkeit die Größe des Schrittes bestimmt.

  6. 6.

    Die beschränkte Beweglichkeit der Tibia nach vorn und nach hinten im Kniegelenk des Bläßhuhns hängt mit dessen anatomischem Bau zusammen und ist durch die Größe des Winkels bestimmt, den die Basis der Crista tibiopatellaris mit der Gelenkfläche des proximalen Tibiakopfes bildet.

  7. 7.

    Die Rotation im Kniegelenk des Bläßhuhns ist durch die verbreiterte Basis der Crista tibiopatellaris eingeschränkt.

  8. 8.

    Wasserralle und Teichhuhn, die sich in dichter Vegetation bewegen, heben die Beine höher als das Bläßhuhn, das den Lauf beim Gehen niemals über die durch das Intertarsalgelenk gelegte Horizontalebene hebt.

Im Schwimmen unterscheiden sich Teichhuhn und Bläßhuhn in folgender Weise:

  1. 1.

    Das Teichhuhn taucht vorn tiefer ein als hinten, das Bläßhuhn, dessen Schwerpunkt weiter hinten liegt, gleichmäßiger.

  2. 2.

    Die Tibia wirkt beim Teichhuhn als Hebel und führt eine Vorwärtsbewegung aus, beim Bläßhuhn bewegt sie sich nur horizontal hin und her und dient nur zur Übertragung der Kräfte.

  3. 3.

    Das Teichhuhn hebt den Lauf beim Vorstoßen über die durch das Intertarsalgelenk gelegte Horizontalebene. Dadurch wird der Körper zunächst nur angehoben. Beim Bläßhuhn erreicht der Lauf die Horizontalebene nicht, weswegen der Vogel von vornherein gleich vorwärts getrieben wird.

  4. 4.

    Das Kopfnicken wird auch beim Schwimmen ausgeführt, und zwar immer dann, wenn das Bein beim Rückstoß ganz nach hinten ausgestreckt ist.

Dem Leben in verschiedenen Lebensräumen entsprechen bei den Rallen auch zahlreiche Anpassungen ihres Körperbaues.

  1. 1.

    Die Pteryla gastraei besteht bei der Wasserralle nur in schmalen Streifen, ist beim Bläßhuhn aber viel breiter und läßt nur eine schmale Apteria mesogastraei frei.

  2. 2.

    Der Körper der Wasserralle und des Teichhuhns hat die Gestalt eines „fallenden Tropfens“, der des Bläßhuhns hat ellipsoide Form. Die Verbreiterung des Körpers hat eine Abduktion der Femora bewirkt, was eine bessere Bewegung auf der Wasserfläche ermöglicht, aber eine Erschwerung der Bewegung auf dem Boden zur Folge hat (watschelnder Gang).

  3. 3.

    Die Processus laterales posteriores, auf denen die Last der inneren Organe ruht, divergieren beim breit gebauten Bläßhuhn bedeutend.

  4. 4.

    Der M. gastrocnemius wird beim Schwimmen stark beansprucht; demgemäß ist er beim Bläßhuhn am stärksten und bei der Wasserralle am schwächsten entwickelt.

  5. 5.

    Von den Knochen der hinteren Extremität ist das Femur am stärksten abgewandelt worden; auf die Länge der Brustwirbelsäule bezogen ist es bei der Wasserralle am längsten und beim Bläßhuhn am kürzesten. Die Verkürzung des Femur geht einher mit der Vergrößerung der Abduktion im Hüftgelenk.

  6. 6.

    Tibia und Lauf sind bei allen drei Arten relativ gleich lang.

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Sigmund, L. Mechanik und anatomische Grundlagen der Fortbewegung bei Wasserralle(Rallus aquaticus L.), Teichhuhn(Gallinula chloropus L.) und Bläßhuhn(Fulica atra L.). J Ornithol 100, 3–24 (1959). https://doi.org/10.1007/BF01671310

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