Zusammenfassung
Die klassische Mechanik wird gewöhnlich als Vorbild einer deterministischen Theorie angesehen: die Bewegungsgleichungen bestimmen die Koordinatenq und die Impulsep zu irgendeiner Zeit, wenn ihre Werte in einem Anfangsmoment gegeben sind. Es wird hier betont, daß das eine unrealistische Annahme ist, denn kleine UngenauigkeitenΔq, Δp sind unvermeidlich; ein Punkt im mathematischen Kontinuum hat keine physikalische Bedeutung. Die Unsicherheiten können ohne Verletzung der deterministischen Gleichungen berücksichtigt werden durch Einführung einer WahrscheinlichkeitsdichteP im Phasenraumq, p. Die FunktionP(q, p) genügt der partiellen Differentialgleichung, die denLiouvilleschen Satz ausdrückt. Man kann dann zeigen, daß eine Anfangsunsicherheit sich so im Phasenraum ausbreitet, daß am Ende alle Zustände des Systems, die mit den Anfangswerten der Bewegungskonstanten im Einklang sind, gleich wahrscheinlich sind. Das gilt geradeso wie für viele Freiheitsgrade auch für einen einzigen und ist nicht eine Folge unserer Unkenntnis, die von der großen Teilchenzahl herrührt. Der wesentliche Unterschied zwischen klassischer und Quantenmechanik besteht nicht in der Notwendigkeit einer statistischen Deutung, sondern in einem weiteren Schritt, nämlich der Einführung von Wahrscheinlichkeitsamplituden, deren Quadrate die Wahrscheinlichkeitsdichte bestimmen. Daraus folgt die Einschränkung der anfänglichen Ungenauigkeiten, wie sie durch die Ungenauigkeitsrelationen ausgedrückt werden, und die Erscheinung der Interferenz von Wahrscheinlichkeiten. Dies macht eine Revision des Begriffs der physikalischen Realität notwendig. Es ist bemerkenswert, daß das Produkt der Ungenauigkeiten eines Paares geeignet gewählter Variabeln in der klassischen Mechanik konstant ist, während natürlich der Wert des Produktes keine universelle Konstante ist wie in der Quantenmechanik.
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Born, M., Hooton, D.J. Statistische Dynamik mehrfach periodischer Systeme. Z. Physik 142, 201–218 (1955). https://doi.org/10.1007/BF01329422
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