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Dynamiken der Wahlkampfberichterstattung

Eine longitudinale Analyse der deutschen TV-Berichterstattung 2005 bis 2013

Dynamics of campaign coverage

A longitudinal study of German TV news coverage 2005 to 2013

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Zusammenfassung

Der vorliegende Beitrag untersucht die Fernsehberichterstattung während der letzten drei Bundestagswahlkämpfe aus zwei Längsschnitt-Perspektiven: Neben der Entwicklung über mehrere Wahlkämpfe hinweg analysieren wir die Entwicklung der Berichterstattung innerhalb der drei Wahlkämpfe und Veränderungen dieser Dynamiken über Zeit. Basis unserer Analysen sind die im Projekt „Kampagnendynamik“ (2005) und der German Longitudinal Election Study (2009, 2013) erhobenen feinkörnigen Inhaltsanalysedaten zu den Hauptnachrichtensendungen von ARD, ZDF, Sat.1 und RTL. Die Ergebnisse widersprechen der Vermutung linearer Trends, die unter Schlagworten wie „Amerikanisierung“ diskutiert werden. Über den Zeitraum 2005 bis 2013 lässt sich keine zunehmende Ausrichtung auf den Wettbewerbscharakter einer Wahl beobachten; im Gegenteil, es stehen vermehrt politische Inhalte im Mittelpunkt. Auch eine wachsende Personalisierung ist nicht festzustellen. Im Verlauf der einzelnen Kampagnen konzentriert sich die Berichterstattung zunehmend auf Kandidaten und Politics-Themen. Zudem konstatieren wir Unterschiede zwischen öffentlich-rechtlichen und privaten Sendern.

Abstract

This paper examines the TV coverage of the last three federal election campaigns employing two longitudinal perspectives: For one, we analyze long-term developments across several election campaigns. In addition, we study dynamics of media coverage during the course of each campaign and how they evolve over time. We use content analytical data from the “Kampagnendynamik” (campaign dynamics) project 2005 and the German Longitudinal Election Study 2009 and 2013. These allow for a fine-grained analysis of the main evening newscasts of the two public broadcasters ARD and ZDF and the main commercial stations Sat.1 and RTL. The results contradict the assumption of linear trends that have been discussed using catchwords like “Americanization”. Over the course of the 2005 to 2013 period, no increased focus on the competitive character of an election could be detected; quite to the contrary we can observe an increasing focus on policy issues. Neither can we detect an increasing personalization. Looking at the dynamics throughout the campaigns, however, an increasing focus on candidates as well as on politics can be observed. Moreover, public and private broadcasting stations differ in their style of reporting.

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Notes

  1. In der Literatur wird eine Vielzahl an Begriffen zur Beschreibung langfristiger Trends der politischen Kommunikation im Allgemeinen und der politischen Medienberichterstattung im Speziellen verwendet; jedoch hat sich kein einheitliches Verständnis dieser vielfältigen „-ierungs“-Termini herausgebildet (vgl. z. B. Schulz 2014; Lengauer 2007).

  2. Detaillierte Darstellungen der erhobenen Variablen sowie die Codeerläuterungen und Darstellungen der Reliabilitätstest können den bei GESIS Leibniz-Institut für Sozialwissenschaften frei zugänglichen Methodenberichten der einzelnen Studien entnommen werden.

  3. Untersuchungszeitraum 2005: 15. Juli bis 17. September 2005. Untersuchungszeitraum 2009: 28. Juni bis 26. September 2009. Untersuchungszeitraum 2013: 23. Juni bis 21. September 2013. Die Nachrichtensendungen wurden nach intensiven Schulungen von jeweils mehreren Codierern verschlüsselt. Die Codierungen für die Inhaltsanalysen 2005 und 2009 wurden im Auftrag (und unter kontinuierlicher Supervision) der Projektgruppe am Institut Göfak Medienforschung mit jeweils zwei Codierern 2005 bzw. acht Codierern 2009 vorgenommen. Für die Codierung der TV-Inhalte 2013 wurden zwölf studentische Codierer an der Universität Mannheim geschult. Die Codierungen wurden in allen Studien erst nach mehrtägigen Schulungen und zufriedenstellenden Intercoder-Reliabilitätswerten (Krippendorff‘s Alpha) für alle in der Analyse erhobenen Variablen freigegeben. Zur kontinuierlichen Qualitätskontrolle wurden im Verlauf aller drei Codierungen mehrere laufende Reliabilitätstests durchgeführt. In allen Studien lagen die Intercoder-Reliabilitätswerte (Krippendorff‘s Alpha) für die im Rahmen dieser Studie verwendeten Variablen, sowohl insgesamt als auch zu spezifischen Zeitpunkten während der Codierungen, oberhalb eines kritischen Werts von 0,69.

  4. Wir sprechen bei der Ergebnisbetrachtung von „im Kampagnenverlauf“ oder „im Verlauf der Kampagnen“, um auf Dynamiken innerhalb der Kampagnen hinzuweisen, demgegenüber meint „im Zeitverlauf“ die Veränderungen über die Kampagnen hinweg.

  5. Der „locally weighted scatterplot smoother“ (lowess) glättet die Datenpunkte in einem Streudiagramm, indem er für jeden Punkt eine lokale Regression berechnet, die einen Teil der umliegenden Datenpunkte einbezieht. Dabei werden die einbezogenen Datenpunkte entsprechend ihrer Distanz zum vorliegenden Wert gewichtet, sodass benachbarte Werte ein stärkeres Gewicht erhalten als weit entfernte. In unseren Darstellungen wird immer jeweils die Hälfte aller Datenpunkte zur Berechnung der lokalen Regressionen herangezogen.

  6. Berichte mit Schwerpunkt auf politischen Strukturen (Polity) sowie unpolitische Berichte mit einem reinen Akteursbezug, bspw. der Besuch von Spitzenpolitikern einer Sport- oder Kulturveranstaltung, haben wir nicht berücksichtigt. Daher belaufen sich die Anteile zusammen nicht auf 100 Prozent.

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Schäfer, A., Schmidt, S. Dynamiken der Wahlkampfberichterstattung. Publizistik 61, 105–122 (2016). https://doi.org/10.1007/s11616-016-0259-7

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