Trauma und sexuelle Störungen

Zusammenfassung

Hintergrund

Patienten mit komplexen Traumafolgestörungen leiden häufig an sexuellen Störungen, insbesondere wenn sie sexueller Gewalt ausgesetzt waren. Obwohl traumaassoziierte sexuelle Störungen mit erheblichen negativen Folgen für die Betroffenen einhergehen, findet das Thema bisher im wissenschaftlichen und klinischen Kontext nur wenig Berücksichtigung.

Material und Methoden

Untersucht wurde die Prävalenz sexueller Störungen und traumatischer Erfahrungen bei 189 Patienten (81 % Frauen, 19 % Männer) mit komplexer posttraumatischer Belastungsstörung. Sexuelle Störungen wurden mit dem Interview zur komplexen posttraumatischen Belastungsstörung (I-kPTBS) erfasst, die Traumaprävalenz mit dem Traumatic Antecedents Questionnaire (TAQ).

Ergebnisse

Über mindestens eine sexuelle Störung berichteten 77,2 % der Teilnehmer; hierbei waren hyposexuelle Störungen bei beiden Geschlechtern häufiger als hypersexuelle. Hyposexuelle Störungen waren bei Frauen, hypersexuelle Störungen bei Männern häufiger als beim jeweils anderen Geschlecht. Es berichteten 50,8 % der Teilnehmer über sexuelle Missbrauchserfahrungen; Frauen waren hiervon öfter betroffen als Männer. Das Auftreten hyposexueller Störungen war mit dem Vorliegen sexueller Gewalterfahrungen in der Kindheit assoziiert.

Schlussfolgerung

Es besteht Bedarf an weiterer Forschung zu traumaassoziierten sexuellen Störungen und wirksamen Konzepten zu deren Behandlung. Die Entwicklung neuer Behandlungsansätze sollte in interdisziplinärer Zusammenarbeit erfolgen.

Abstract

Background

Sexual disorders are common among patients with traumatic childhood experiences, especially when they were exposed to sexual abuse. Despite the fact that trauma-associated sexual disorders imply serious consequences for the persons concerned, to date the topic has not found much consideration in the research and clinical contexts.

Material and methods

This study investigated the prevalence and relationships of sexual disorders and experiences of sexual abuse in 189 patients (81 % women, 19 % men) with complex posttraumatic stress disorder. All participants completed the Interview zur Diagnostik der komplexen posttraumatischen Belastungsstörung (I-kPTBS, interview on diagnostics of complex posttraumatic stress disorder) and the traumatic antecedents questionnaire (TAQ).

Results

At least one sexual disorder was found in 77.2 % of the participants. In both sexes hyposexual disorders were more common than hypersexual disorders. Women showed more hyposexual disorders than men and men showed more hypersexual disorders than women. Of the participants 50.8 % reported experiences of sexual abuse and women were more often affected than men. The presence of hyposexual disorders was clearly associated with the existence of experiences of child sexual abuse.

Conclusion

There is a need for research on and effective treatment concepts for trauma-associated sexual disorders. The development of new therapeutic approaches should be realized in interdisciplinary cooperation.